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Mit 17 vergew***, plötzlich war sie schwanger und wurde Mutter #69 Nelli

Shownotes

Triggerwarnung: Diese Folge enthält sensible Themen wie sexuelle Gewalt, religiösen Druck, Schuldgefühle und ungewollte Schwangerschaft. Bitte höre sie nur, wenn du dich stabil genug fühlst.

Mit 17 Jahren wird Nelli vergewaltigt und schwanger. In einem streng christlichen Elternhaus, in dem Scham, Schweigen und Gehorsam herrschen, bedeutet das den absoluten Bruch mit allen Regeln. Doch anstatt Unterstützung zu finden, kämpft Nelli mit Schuldgefühlen, Angst und dem Gefühl, selbst schuld zu sein. 20 Jahre lang spricht sie mit niemandem über das, was ihr passiert ist. Erst heute findet sie die Kraft, offen über ihre Geschichte zu sprechen, über den Moment des Übergriffs, die Schwangerschaft, die Geburt ihrer Tochter und den langen Weg der Heilung.

SexualisierteGewalt #SchwangerInNot #TraumaHeilung

GewaltGegenFrauen #Hilfetelefon #UngewollteSchwangerschaft #Mutterschaft #Traumaverarbeitung

Zeitstempel: 00:00 - 00:36: Unterstützt vom Hilfetelefon „Schwangere in Not“ 00:36 - 02:13: Triggerwarnung & Intro 02:16 - 04:01: Vorstellung & Nellis Glaube im Elternhaus 04:01 - 07:46: Kindheit in einer streng religiösen Gemeinde 07:46 - 16:32: Auflehnung, Streit & erste Freiheit 16:32 - 24:00: Der Übergriff: Die Nacht, die alles veränderte 24:00 - 29:11: Verdrängung & der Schock der Schwangerschaft 29:11 - 33:09: Der Moment des Glaubens und der innere Frieden 33:09 - 37:41: Unterstützung durch die Eltern 37:41 - 44:23: Die Geburt & die ersten Monate als Mutter 44:23 - 52:10: Polizeibefragung & erneute Ohnmacht 52:10 - 1:05:32: Familie, Tochter & der Weg in die Heilung 1:05:32 - Ende: Mut, Glaube & Botschaft an andere Betroffene

Nellis Instagram: https://www.instagram.com/ganzheitlich.gesund.nelli/

Nellis Online-Kongress: https://abgelehntunddochgeliebt.de

*Hinweis: Diese Folge enthält bezahlte Werbung und wird unterstützt vom Hilfetelefon Schwangere in Not.

Wenn du ungewollt schwanger bist und nicht weißt, an wen du dich wenden kannst, dann du bist nicht allein. Das Hilfetelefon ist rund um die Uhr kostenlos erreichbar, anonym und auf Wunsch auch mehrsprachig.

Telefonnummer: 0800 40 40 020 Website: https://www.hilfetelefon-schwangere.de


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Transkript anzeigen

00:00:00: Diese Folge wird unterstützt vom Hilfe-Telefon Schwangere in Not.

00:00:05: Wenn du ungewollt schwanger bist und nicht weißt, an wen du dich wenden kannst, du bist nicht alleine.

00:00:11: Das Hilfe-Telefon ist rund um die Uhr kostenlos erreichbar, anonym und auf Wunsch auch mehrsprachig.

00:00:18: Unter der Nummer Nullachthundert vierzigvierzig Nullzwanzig findest du Hilfe.

00:00:24: Ganz gleich, ob du unsicher bist, Unterstützung brauchst oder einfach jemanden zum Reden.

00:00:30: Mehr Informationen findest du auf hilfetelefon-schwangere.de.

00:00:36: Ich hatte weiß ihn auch, als ich in dieser Nacht da rumgeirrt bin, hatte ich in meinem Kopf, du bist schwanger.

00:00:42: Angst, pure Angst.

00:00:45: Mein Gedanke war, wie, wie?

00:00:48: Wie soll ich das meinen Eltern erzählen?

00:00:50: Wie soll ich das der Gemeinde sagen, dass ich uneilig schwanger bin mit siebzehn?

00:00:55: Was sagen die Leute da draußen über mich?

00:00:56: Also ich hab mich so geschämt, ich hab mich gar nicht... getraut, mich zu zeigen.

00:01:25: Falls du denkst, dass das genannte Thema für dich persönlich belastend sein könnte, dann möchten wir dich bitten, die Folge direkt zu beenden.

00:01:34: Stell dir vor, du kommst in einen Raum, vor dir sitzt ein Mensch und du hast keine Ahnung, wer das ist.

00:01:40: Das

00:01:40: passiert mir in jeder Folge bei unserem Podcast von Bohne

00:01:43: zu Bohne.

00:01:44: Mein Name ist Charlotte und ich weiß vorher nichts über unsere Gäste.

00:01:48: Keine Name, keine Information, keine Themen.

00:01:51: Also werden meine Fragen auch deine Fragen sein.

00:01:55: Ich bin Zanya und ich suche die Gäste.

00:01:57: Hier achte ich darauf, dass es Menschen mit spannenden Persönlichkeiten und faszinierenden Erlebnissen sind.

00:02:03: Und genau die wollen wir mit euch teilen.

00:02:06: Bist du bereit, gemeinsam mit Charlotte neue Geschichten kennenzulernen?

00:02:15: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge.

00:02:17: Mein Name ist Charlotte.

00:02:18: Mein Name ist

00:02:18: Zanya.

00:02:19: Mein Name ist Nelly und ich bin durch eine Vergewaltigung schwanger geworden.

00:02:23: Hi Nelly, oh, ich habe ganz arg Gänsehaut gekriegt.

00:02:26: Es freut mich, dich kennenzulernen und ich muss sagen, Krass, dass du dich traust, hier heute dabei zu sein.

00:02:32: Und ich bin gespannt, was kommt.

00:02:34: Wo würdest du sagen, wo beginnt deine Geschichte?

00:02:36: Die beginnt sehr früh tatsächlich.

00:02:39: Weil das Ganze, als es passiert ist, davor gibt es ja eine Vorgeschichte.

00:02:42: Es ist auch schon tatsächlich lange her.

00:02:43: Ich habe zwanzig Jahre gebraucht, damit ich heute sprechen kann.

00:02:46: Meine Geschichte beginnt als Kind eigentlich, kann ich sagen.

00:02:50: Ich hatte eine sehr idyllische Kindheit.

00:02:53: Da war noch alles schön und liebevoll sozusagen.

00:02:57: Aber ich bin in einem sehr streng christlichen Zuhause groß geworden.

00:03:03: Ich war in einer Russland-Deutschen Brüdergemeinde.

00:03:06: Und dadurch habe ich von Anfang an ein anderes Leben gehabt wie die meisten, was man so kennt.

00:03:13: Für mich als Kind war das sehr schön, weil wir waren immer in einer geschlossenen Gesellschaft, also wir waren immer unter uns mit den ganzen anderen Kindern, Familien, und es waren immer sehr große Familien, das war immer sehr schön.

00:03:25: Aber ich habe als Kind gelernt, was mir gesagt wird, das muss ich tun.

00:03:31: Aufgrund des Glaubens oder war das eine grundsätzliche Einstellung?

00:03:36: Nee, aufgrund des Glaubens.

00:03:37: Also allgemein gehorsam gehört natürlich zur Erziehung auch dazu, dass Kinder immer schön gehorsam sind.

00:03:43: Es ging eher darum, dass ich als junges Mädchen gelernt habe, wenn ein Mann mir was sagt, also jemand, der älter ist und eine männliche Person ist eine Autoritätsperson, dann habe ich zugehorchen.

00:03:56: Das kann ich heute sagen, weil ich sehr viel reflektiert habe und sehr viel Therapie auch gemacht habe, um mich selbst zu verstehen.

00:04:04: Und als Mädchen, als kleines Mädchen habe ich das nie schlimm empfunden.

00:04:10: Aber als ich dann in die Pubertät kam, so in dieses Alter, wo man dann im eigenen Entscheidung treffen will, und ich war ziemlich rebellisch, also ich war schon jemand, der, ich wollte mir nichts, also andersherum, wenn mir jemand was gesagt hat, was ich tun sollte, ich wollte es verstehen.

00:04:25: Und ich bin so groß geworden, dass ich immer lange Röcke getragen habe.

00:04:29: Ja, wir durften zum Beispiel auch nicht ins Schwimmbad gehen oder ich hatte auch außerhalb keine Freunde und das waren so Dinge, wo ich mich dann irgendwann dagegen aufgelehnt habe.

00:04:40: Hast du dich aufgelehnt, weil du das Gefühl hattest, deine Identität so nicht finden zu können.

00:04:45: oder was war der genaue Grund der Auflehlung?

00:04:48: Ja, ich nehme mal die Kleidung, die damals einfach, ja.

00:04:53: die, wie soll ich sagen, die Norm war, die langen Röcke.

00:04:56: Ich fand die einfach furchtbar.

00:04:57: Also ich fand mich nicht schön.

00:04:59: Ich fand mich immer hässlich.

00:05:01: Und ich wollte halt engere Klamotten anziehen.

00:05:03: Ich wollte sie selber aussuchen.

00:05:06: Ich hatte ein Hobby, ich habe genäht, also habe ich mir die Röcke selber genäht und die waren dann einfach kürzer.

00:05:11: Und ich wollte einfach schön sein.

00:05:12: Und das ist so ein Punkt, wo mir genommen worden ist.

00:05:16: Weil wenn man diese langen Röcke tragen muss, dann nicht fand die einfach draußen.

00:05:19: Findest du oder in deiner Erinnerung kam das von beiden Elternteilen?

00:05:24: Es kam nicht nur von den Elternteilen, es kam auch hauptsächlich von der Gemeinde.

00:05:29: Es war so vorgegeben.

00:05:30: Es war das Bild, was ich als Mädchen, als Christian, haben sollte.

00:05:37: Dass es falsch war, eine Hose zu tragen.

00:05:39: So bin ich groß geworden und du kannst dir vorstellen, wie es in der Schule war.

00:05:42: Also als kleines Mädchen hat mich das nicht gestört, da war mir das egal.

00:05:45: Aber je älter man wird, man wird gefragt, warum trägst du immer Rücke?

00:05:48: Zieh doch meine Hose an, warum darfst du keine Hosen tragen?

00:05:51: Und das war für mich dann irgendwann schon peinlich und unangenehm, dass ich dann angefangen habe, heimlich die Dinge zu tun.

00:05:57: Als du dich aufgelehnt hattest, haben deine Eltern darauf reagiert?

00:06:01: Ja klar, es gab viele Diskussionen, es gab viel Streit.

00:06:04: Ich habe es einfach nicht verstanden und ich bin so ein Mensch, ich will es verstehen.

00:06:06: Wenn ich es verstehe, kann ich es.

00:06:08: Wenn es wirklich Sinn macht für mich, das ist bis heute noch so, ich muss Dinge einfach verstehen.

00:06:14: Und das hat für mich keinen Sinn gemacht, weil ich dachte, es kann doch nicht sein, dass Gott mich nicht liebt, wenn ich eine Hose anziehe.

00:06:20: Und das war halt so.

00:06:21: das, was mir beigebracht worden ist, dass ich nach den Dingen handeln muss.

00:06:26: Ansonsten komme ich nicht in den Himmel, weil es ist ja dann Sünde.

00:06:29: Und es hat mich unheimlich geprägt, dass ich mit einer Angst groß geworden bin.

00:06:33: Ich muss alles richtig machen und dann bin ich ein gutes Mädchen.

00:06:36: sozusagen, dann bin ich eine oder dann auch später ja eine junge Frau.

00:06:40: Und dadurch, dass ich angefangen habe, das zu hinterfragen und das nicht mehr wollte, hieß es dann zu mir, ja, warum bist du nicht mehr die tolle junge Frau, die du früher warst?

00:06:51: Oder das junge Mädchen, was du früher warst?

00:06:53: Hattest du ähnliche Erfahrungen mit deinen Geschwistern ausgetauscht?

00:06:57: Ja, die waren um einiges jünger.

00:06:58: Ich hatte nach mir zwei Brüder.

00:07:02: Die hatten diese Probleme noch nicht.

00:07:04: später als wir älter waren, ja klar, mit meinen Schwestern natürlich.

00:07:08: Das war für alle dann ein Thema und mir wurde halt beigebracht.

00:07:11: Wenn das gesagt wird, dann soll ich das tun, weil meine Eltern haben natürlich auch Schwierigkeiten durch mich dann, weil sie wurden ja dann auch aufmerksam gemacht.

00:07:18: Guck mal, deine Tochter redet mal mit ihr und es war mir egal, ich wollte es nicht.

00:07:22: Also ich bin dann dagegen gegangen und dann hatte ich natürlich auch Stress mit meinen Eltern.

00:07:27: Wär es ein Kompromiss gewesen, dass du das innerhalb der Gemeinde dich an die Richtlinien hältst, aber außerhalb dessen, wenn du zum Beispiel in die Schule gehst, in Sport, was auch immer, dich so kleidest, wie du das vorwichtig empfindest.

00:07:40: Das

00:07:40: wäre ein guter Kompromiss gewesen, ja.

00:07:42: Aber den gab's nicht.

00:07:43: Also wenn, dann überall.

00:07:45: Genau.

00:07:46: Und von dem her war das dann ein Problem für mich und ich bin dann auch immer weiter weg davon, dass ich dann auch nicht mehr in die Gemeinde mit wollte.

00:07:54: Ich bin zwar schon gegangen und ich hatte ja auch meine Freunde da.

00:07:56: Ich war ja nicht die Einzige mit dem Problem.

00:07:58: Es waren ja auch andere Mädchen.

00:08:00: Ich war nur die, die sich damals getraut hat, was anderes zu tun.

00:08:03: Dafür habe ich halt auch am meisten Ärger gekriegt.

00:08:05: Das war all das Problem.

00:08:07: Was bedeutet es denn, wenn du sagst, du hast Ärger bekommen?

00:08:10: Wie können wir uns das vorstellen?

00:08:12: Ja, genau.

00:08:12: Da kommen wir nämlich jetzt zu dem Thema Ärger bekommen, heißt ... Mir wurde die Weiblichkeit abgesprochen, würde ich heute sagen, in dem ... Also, mein Aussehen ist ja, das bin ja ich.

00:08:23: Wenn mir gesagt wird, dass es falsch ist, was ich trage, das macht was mit dem jungen Mädchen.

00:08:28: Ich hatte auch ein Erlebnis, damals war so in, dass man auch ein bisschen bauchfrei hatte, so wie heute.

00:08:33: So krass, wie die Mona sich wiederholt.

00:08:36: Aber ich hatte keinen bauchfrei.

00:08:37: Aber es war, das Oberteil war halt ganz nah an der Grenze von, sag mal, vom Bund.

00:08:43: Und dann wurde mir das Oberteil so wirklich weggezogen.

00:08:46: und wie siehst du aus, so laufen nur Noten rum.

00:08:49: Das ist jetzt eine krasse Aussage, aber das wurde mir gesagt.

00:08:52: Oder was das ich, ich hatte, sagst du jetzt wie es ist, damals kam die Legends, die waren ganz cool.

00:08:58: Und die hatten wir unter den Rücken an, wenn wir dann kürzer Rücken hatten, weil ich mit einem Rock kannst du dich nicht so sportlich betätigen.

00:09:04: So, ich war aber überall dabei, ich wollte immer alles mitmachen.

00:09:08: Und dann hieß es, so was tragen nur Hexen.

00:09:10: Früher war das mal so.

00:09:12: Und das hat was mit mir gemacht.

00:09:14: Weil ich war ja damals in der Entwicklung.

00:09:18: Mit vierzehn Jahren macht das was mit dir.

00:09:21: Ja, ich wurde missbildend angeschaut.

00:09:24: Wenn ich die Gemeinde betreten habe, dann wurde von oben nach unten geschaut.

00:09:30: Die Augen wurden verdreht.

00:09:31: Es wurde getuschelt.

00:09:33: Dann wurden Aussagen getroffen, wie du mit deinem Aussehen verführst, die Männer, die verheirateten Männer, und dadurch begehe ich Ehebruch.

00:09:40: Also ich bringe die Männer zum Ehebruch, und das war für mich so schlimm, weil das wollte ich ja nie.

00:09:44: Ich habe es nie verstanden, mit vierzehn versteht man so was überhaupt nicht.

00:09:48: Und ich habe so eine richtige Wut gegenüber den Männern schon bekommen.

00:09:51: Ich sage, was sind das für Männer?

00:09:53: Man hat auch kein Ausschnitt gesehen oder sonst irgendwas.

00:09:55: Für mich, ich konnte es nicht verstehen.

00:09:58: Und dann habe ich damals schon nicht verstehen können, warum Männer so sind.

00:10:01: Warum schauen die mich so an?

00:10:03: Was wollen die von mir?

00:10:04: Das ist das eine.

00:10:06: Und andererseits denke ich mir auch, das ist auch super übergriffig von den Personen, die dir das gesagt haben.

00:10:11: Also wer sind sie, dass sie jetzt das Recht sich rausnehmen, um mit dir zu sprechen?

00:10:16: Ja, richtig.

00:10:16: Und das war beschämend.

00:10:18: Und das war so der erste Punkt, wo ich im Nachhinein weiß, es hat mit meiner Weiblichkeit was gemacht.

00:10:24: Ich war sehr eingeschüchtert.

00:10:26: Ich habe lange gebraucht, auch danach.

00:10:28: Wenn Männer was gesagt haben in einer höheren Position, die ich bin, was weiß ich, Chef oder jemand außerhalb, ich war immer, wie soll ich sagen, schüchtern und hab's gemacht, ich war wie eingeschüchtert.

00:10:42: Und ich hab lange gebraucht, bis ich das verstanden hab und daraus komme.

00:10:44: Und deswegen sage ich meine, das hat in der Kindheit angefangen, dass ich gelernt habe, eine Autoritätsperson habe ich zugehorchen.

00:10:53: Und das war meine Prägung.

00:10:54: Ich hab's zwar oft nicht gemacht, aber das ist ja das, was mir beigebracht worden ist.

00:10:58: Und das erklärt einfach auch vieles.

00:11:03: Es ist keine Entschuldigung, aber ich musste mich irgendwann verstehen, warum ich Opfer geworden bin und wie ich da wieder rausgekommen bin.

00:11:12: Waren Autoritätspersonen bis dato primär Männer?

00:11:16: Ja, genau.

00:11:19: In der Gemeinde vor allem.

00:11:20: Also Männer sind die Brüder, nennen sie sich, die sagen oder die sind dafür da, dass sie die Gemeinde führen, genau.

00:11:29: Als du für dich beschlossen hast, nicht mehr so oft in die Gemeinde zu gehen, wie alt warst du da?

00:11:34: Ich hatte die Chance nicht, nicht zu gehen.

00:11:36: Also ich bin gegangen.

00:11:38: Ich bin wegen meinen Freunden gegangen.

00:11:39: Wir haben auch zwischenzeitlich eine Gemeinde gewechselt, wo es dann auch nochmal anders war, wo es besser war, wo es dann, wir mit der Jugend sozusagen viel gemacht haben und das war eine richtig schöne Zeit.

00:11:51: Und die kamen danach?

00:11:52: Genau.

00:11:53: Okay, aber das... Das vorherige war das sehr prägende Bild für dich in deiner Jugend, was du dann mitgenommen hast.

00:11:59: Ja, genau.

00:12:00: Wie weit ist in deine rebellische Phase gegangen?

00:12:03: Was hast du da gemacht?

00:12:04: Du hast jetzt schon gesagt, du hast heimlich angefangen, diese Klamotten zu tragen.

00:12:08: Wie können wir uns das weiter vorstellen?

00:12:10: Ja, es hat angefangen mit heimlich umziehen und schminken und zu Hause wieder kurz bevor zu Hause abschminken und umziehen.

00:12:17: Genau, das war so das erste.

00:12:18: Im Endeffekt nach meinem Abschluss.

00:12:20: Nach meinem Realschulabschluss habe ich dann FSJ gemacht in einem Klinikum und das war so meine erste Freiheit.

00:12:26: Das war total cool.

00:12:28: Allein die Arbeit hat mir unheimlich viel Spaß gemacht und wir waren ja so ganz viele.

00:12:32: Wir waren ja ein Team, die FSJ alle zusammen und dann gab es die ganzen Zivis und das war einfach cool.

00:12:37: Also wir haben uns dann meistens danach getroffen.

00:12:39: Die hatten dann so Räume, wo wir zusammen kochen konnten, chillen konnten.

00:12:42: Das war richtig schön.

00:12:44: Das war so meine Phase, wo ich dann Heimlich jetzt nicht.

00:12:47: Ich habe meinen Eltern schon gesagt, dass ich dahin gehe.

00:12:49: Aber ich sollte halt um eine gewisse Uhrzeit zu Hause sein.

00:12:51: Was habe ich gemacht?

00:12:52: Ich bin nicht um die Uhrzeit nach Hause gekommen, sondern immer die Stunde später.

00:12:56: Also bewusst.

00:12:56: Ich habe das bewusst gemacht, weil ich wollte es selbst entscheiden.

00:12:59: Ich wollte mein Leben genießen.

00:13:02: Und ich habe ja daran nichts Verbotenes gefunden.

00:13:04: Ich habe zu meinen Exzellen gebracht, durch keine Sorge machen.

00:13:06: Wir sind alle total harmonisch, aber da waren natürlich auch Jungs.

00:13:11: Ja, das war oft das Problem, Mädchen und Junge, so in dem Pubertär.

00:13:15: Nee, damals waren wir schon junglich, wir waren in den Sechzehn, siebzehn, genau.

00:13:19: Und ich sollte halt zu Hause sein und das habe ich nicht gemacht und dadurch gab es halt auch wieder Streit.

00:13:24: Weil ich halt nicht gehört habe, weil ich halt meistens um elf mit dem letzten Bus oder Zug gefahren bin, manchmal auch halb zwölf.

00:13:31: Ich bin dann aber bewusst zu spät nach Hause, weil dann bin ich einfach ins Bett, die haben alle schon geschlafen.

00:13:34: Morgens bin ich als Erster gegangen, also ich bin glaube ich um fünf aus dem Haus.

00:13:38: Aber das habe ich auf mich genommen, weil es mir einfach so Spaß gemacht hat.

00:13:42: Wenn du sagst, dass es da sehr viel Stress gab, wenn du zu spät nach Hause gekommen bist, wie hat dein Vater in dem Moment reagiert?

00:13:49: Was hat er getan, um dich einzuschränken?

00:13:53: Ja gut, erstmal war ja viele Diskussionen.

00:13:56: Ich konnte gut diskutieren.

00:13:59: Ja, und dann war im Endeffekt so, dass er mir angedroht hat, dass er mir die Stelle kündigt, wenn ich es nicht mache.

00:14:04: Und das hat er tatsächlich auch dann gemacht.

00:14:06: Ich war siebzehn, dadurch durfte er das, weil er erziehungsberechtigt ist und das hat in mir ganz viel gemacht.

00:14:13: Also ich war echt enttäuscht und ich habe damals weiß ich noch, ich war völlig verzweifelt, weil das ein Ort war, wo ich sein konnte und ich muss aber auch sagen, sehr viel Anerkennung bekommen habe, was ich so nicht kannte und die Menschen mich so genommen haben, wie ich war.

00:14:29: Also war das für mich ein ganz wichtiger Platz.

00:14:32: Genau und dann hat er mir gekündigt.

00:14:34: Und ich hatte dann aber damals einen Sozialarbeiter, der mir geholfen hat.

00:14:39: Da habe ich die Stelle wieder bekommen.

00:14:40: Dann war erst mal wieder alles gut.

00:14:42: Aber es wurde ja nicht besser.

00:14:43: Ich bin ja trotzdem immer später gekommen.

00:14:45: Ich habe dann auch mal bei jemand übernachtet.

00:14:47: Und dann war es aber so, dass das zum zweiten Mal gekündigt hat.

00:14:49: Dann habe ich gesagt, so, jetzt reicht es mehr.

00:14:51: Und dann bin ich nicht mehr nach Hause gekommen.

00:14:53: Also ich habe dann, bin bei der Freundin, die ich durch das FCJ kennengelernt habe, bei ihr habe ich dann gewohnt.

00:14:59: Zwei Wochen weiß ich, waren es noch circa und habe meinen Eltern aber nicht gesagt, wo ich bin.

00:15:03: Ich hab, glaub ich, meinen Mutter in der Nachricht geschrieben.

00:15:06: Ich komm nicht mehr heim, ich bleib hier.

00:15:09: Und hab dann erst mal dort gewohnt, genau.

00:15:11: Und das Problem war aber, dass die Mutter dann irgendwann gefragt hat, irgendwie ist das komisch, warum geht sie nie nach Hause?

00:15:17: Und meine Freundin musste ihr das sagen.

00:15:20: Und die hat mich heimgeschickt.

00:15:22: Und ja, ich wollte aber nicht nach Hause, ich konnte auch nicht nach Hause, weil wir waren ja im Streit.

00:15:29: Meine Eltern haben mich zwar gelassen, aber ich wusste ja, dass sie darunter leiden, vor allem meine Mutter.

00:15:33: Zu meiner Mutter hatte ich ja eine gute Verbindung.

00:15:37: Ja, und dann habe ich es erst mal heimlich gemacht, dass ich mich noch unter das Bett von meiner Freundin versteckt habe, damit sie nicht merkt, dass ich da war, aber irgendwann ging das auch nicht mehr.

00:15:47: Genau, das war dann diese eine Abend, wo wir dann auf Karlsruhe in der Stadt waren.

00:15:51: Es war Winter und es war kalt, aber wir waren dann auf den Weihnachtsmerkten unterwegs.

00:15:57: Genau.

00:15:58: Und dann haben wir jemanden kennengelernt.

00:16:00: Und da waren diese Stände, wo alle möglichen Schnickschnack verkauft worden sind.

00:16:04: Und da ich wusste, heute Nacht weiß ich nicht, wo ich schlafen soll, hab ich mir erst mal keine Gedanken gemacht.

00:16:09: Aber ich wusste, ich muss heute Nacht irgendwas ist, muss schauen, wo ich heute schlafe.

00:16:15: Sind wir aber da rumgelaufen und haben halt dann diesen einen gewissen Menschen kennengelernt, der uns angesprochen hat.

00:16:21: Der war um einiges älter.

00:16:22: Ich glaube, er muss irgendwas mit dreißig gewesen sein.

00:16:25: Der war total nett.

00:16:27: der dann uns eingeladen hat, uns die ganzen Produkte anzuschauen und so kam er halt ins Gespräch, dann hatte er uns was zu trinken angeboten, der war total nett.

00:16:34: und ich mit meinen siebzehn Jahren bin da voll drauf reingefallen, weil es war ein Mann, der nett zu mir war, der mich schön fand, der hat mir Komplimente gemacht und so kam er ins Gespräch und ich habe ihm dann auch erzählt, dass ich nicht nach Hause kann.

00:16:46: und so kam das Ganze, wir waren bestimmt zwei, drei Stunden dort, meine Freundin musste aber dann irgendwann nach Hause und er hat mir dann angeboten, hey weißt du was, du kannst ja bei mir schlafen.

00:16:54: Mach dir keine Sorgen.

00:16:56: Ich tu dir nichts.

00:16:57: Hallo, guck mal.

00:16:58: Was soll ich dir denn tun?

00:16:59: Musst keine Angst haben.

00:17:01: Ich hab noch ein Zimmer.

00:17:02: Ich muss eh noch sehr spät arbeiten.

00:17:04: Ich geb dir einen Schlüssel.

00:17:05: Du kannst in meine Wohnung, du bist nicht alleine.

00:17:07: Mein Kumpel mit seiner Freundin ist auch dort.

00:17:10: Das Zimmer hat er mir noch erklärt.

00:17:11: Kannst da hin.

00:17:13: Ich hab so in mir schon gespürt.

00:17:14: Nelly machst nicht.

00:17:15: Aber in dem Moment wusste ich nicht, was ich tun soll.

00:17:18: Dann nach Hause gehen war keine Option.

00:17:20: Also da war ich echt stolz, dass ich gesagt hab, heim gehe ich nicht.

00:17:24: Und dann bin ich dahin gefahren und bin auch in die Wohnung reingekommen, bin auch in das Zimmer reingekommen und hab mich da noch schlafen gelegt, weil es war kurz vor Mitternacht, das war sehr spät.

00:17:34: Der Kumpel hat mich eigentlich auch nicht nach mir gefragt oder so, der wusste ja Bescheid, dass ich kommen.

00:17:38: Und bin dann ins Bett und bin dann noch eingeschlafen.

00:17:41: Und nachts irgendwann kam der Typ dann auch nach Hause und ist ins Zimmer reingekommen.

00:17:45: Ich war noch so im Halbschlaf und hab mich nach gewunderten, wann kommt er jetzt in dieses Zimmer hier rein.

00:17:50: Und dann hat er sich einfach zu mir ins Bett gelegt.

00:17:52: Und dann war ich natürlich erstmal komplett erstarrt und habe gesagt, warum kommst du jetzt hierher?

00:17:57: Und dann hat er, ich kann nicht an die genauen Wortleite, laute weiß ich nicht immer, aber er hat auf jeden Fall gesagt, ich soll mich nicht so anstellen, ich will es doch auch.

00:18:04: Und er hat mich angefangen zu küssen und ich bin natürlich dann weg und hat angefangen mich an, also mich zu berühren.

00:18:12: Und ich hab noch versucht, mich zu wehren, aber da komme ich wieder an den Punkt, dass ich irgendwann so ... Wie soll ich das erklären?

00:18:18: Ich war so geschockt, ich war unter so einer Starre, dass ich nicht mehr ... Ich hab das Gefühl gehabt, ich hab mich von der Seite beobachtet.

00:18:26: Ja, und dann hat er mich irgendwann festgehalten und dann hat er dann das gemacht, was er wollte.

00:18:31: Genau.

00:18:32: Und es war ... Es war nicht lang, aber es war mitten in der Nacht.

00:18:35: Ich hab auch nicht ... geschrien oder irgendwas.

00:18:38: Ich war still und habe es über mich ergehen lassen und bin in mir irgendwie, ja wie so ein Schutz, in mir verschwunden und habe es einfach.

00:18:50: Ich habe mich zwar schon so verkrampft, dadurch hat es auch nicht richtig funktioniert und das ist das Krasse.

00:18:55: Er konnte nicht wirklich in mich eindringen, weil ich so verkrampft war und trotzdem bin ich schwanger geworden.

00:19:02: Also das war echt krass.

00:19:04: Klar, er hatte seinen Orgasmus dann schon gehabt, fragt mich bis heute, wie das funktioniert, aber ich bin trotzdem schwanger geworden.

00:19:13: Dann hat er natürlich sofort von mir abgelassen, ist dann ins Bett, ich bin dann ins Bad, also er war ja im Bett, aber hat sich dann umgedreht.

00:19:20: Ich bin dann ins Bad gegangen und ich wusste gar nicht, was mit, also es war wie ein Film.

00:19:26: Ich weiß noch, ich habe mich dann noch mehr Wasser ins Gesicht und ich war unter Schock.

00:19:31: Ich konnte gar nicht reagieren und ich habe dann noch meine Sachen genommen.

00:19:35: Und dann hat er mich noch einmal gepackt und hat gesagt, wenn du jemanden davon irgendwas erzählst, bringe ich dich um.

00:19:40: Und so bin ich aus dieser Wohnung geflüchtet nachts.

00:19:43: Und ich kann mich noch gut erinnern, ich bin dann in die Stadt raus und habe auf die Kirchturm Uhr geschaut.

00:19:48: Das war fünf Uhr morgens.

00:19:51: Ja, und dann bin ich noch rumgeirrt, bis dann der erste Bus kam und bin dann tatsächlich nach Hause gefahren.

00:19:57: Und meine Mama war dann auch schon wach und ich bin ja einfach nur in die Arme gefallen.

00:20:01: Hast du sie erzählt?

00:20:03: Meine Mama hat, die hat nichts gefragt.

00:20:07: Tatsächlich, die hat mich einfach nur in den Arm genommen und war froh, dass ich zu Hause war.

00:20:13: Und ich weiß noch, ich hab mich bei ihren Schulden liegt.

00:20:15: Also ich hab mich, in der Zeit, wo ich dann rumgeirrt bin, ich hab mich so schlecht gefühlt, ich hab mich so schuldig gefühlt, hat ja das mehr nur passiert, weil ich abgehauen bin von zu Hause.

00:20:25: Ist ja klar.

00:20:26: Also in meinem Kopf ging es so ab, du wurdest bestraft, weil du von zu Hause abgehauen bist.

00:20:31: Das ist deine Strafe.

00:20:32: Das hat mich allerlang geprägt auch.

00:20:34: Und von dem her bin ich mit dieser Einstellung nach Hause gekommen und habe mich bei meinen Eltern entschuldigt, dass ich abgehauen bin.

00:20:40: Und es tut mir so leid, das mache ich nie wieder.

00:20:41: Und ich werde jetzt gehorchen, ich werde alles machen, was ihr wollt.

00:20:45: Aber bitte vergibt mir.

00:20:47: So war das.

00:20:49: Jetzt ist es ja auch so, dass deine Eltern dir gesagt haben, wenn du zu kurze Klamotten trägst, verführst du die Männer.

00:20:56: Wie war es da?

00:20:57: Hast du dich dafür auch schuldig gefühlt?

00:20:59: Natürlich.

00:21:00: Ich hatte an dem Tag sogar noch einen kurzen Rock an mit Stiefeln.

00:21:04: Das war schön.

00:21:08: Und deswegen habe ich mich ja auch schuldig gefühlt.

00:21:11: Und deswegen war das ja der Punkt, du bist selbst schuld.

00:21:15: Wenn du die Männer so verführst, dann musst du halt damit rechnen, dass so was passiert.

00:21:18: Und in meinem Kopf damals, ich war noch nicht wirklich aufgeklärt.

00:21:22: Aber ich wusste ja, wie das, also durch Bravozeitschriften und sonst was, weißt du ja, wie das funktioniert, ne?

00:21:28: Aber für mich war schon der Punkt damals so, dass Männer nur das eine wollen.

00:21:32: Und ich weiß noch, damals hat mir eine Person öfters gesagt, Nelly, du musst den Männern das geben, was sie wollen, weil dann bist du glücklich.

00:21:41: Und die Männer sind glücklich.

00:21:43: Und das habe ich damals nicht verstanden.

00:21:44: Ich weiß noch, ich war vierzehn, glaube ich, dreizehn, vierzehn.

00:21:48: Genau, und das war eine Frau, die ... auch schon einiges durch hatte und jemand zu mir gesagt hat, wenn du willst, dass du glücklich bist, musst du schauen, dass der Mann glücklich ist.

00:21:59: Und du musst ihm das geben, was er möchte.

00:22:01: Und ich dachte, ich habe ja nicht an Sex oder so gedacht, mit Vierzehn.

00:22:06: Aber die Prägung war ja drin.

00:22:08: Das sind so Lebenslügen in meinem Leben, die ich denen nicht geglaubt habe, die mich komplett geprägt haben.

00:22:16: dass die ganze Summe zusammen verstehe ich heute, warum ich zum Opfer geworden bin.

00:22:22: Ich glaube, wenn ich anders geprägt worden wäre, oder ich glaube, wenn ich meine Identität eine andere wäre, und das ist auch das, was ich heute weitergebe, eine starke Frau, eine Frau, die weiß, wer sie ist, die weiß ihre Geschlechtsteile, sie weiß, dass sie nicht berührt werden darf, der wäre, glaube ich, so was nicht passiert.

00:22:39: Und das war halt so der Punkt, wo ich jahrelang gebraucht habe, um da überhaupt wieder rauszukommen.

00:22:46: Aber in dem Moment habe ich das so verdrängt, als ich dann bei meinen Eltern wieder war, dass ich habe nie gesagt, dass für mich war das nicht meine Vergewaltigung damals.

00:22:55: Das war so, das war meine Strafe.

00:22:57: An Vergewaltigung habe ich überhaupt nicht gedacht.

00:22:59: Da habe ich Therapie gebraucht, um das zu benennen.

00:23:02: Von dem her war das meine Strafe und meine Eltern haben mir vergeben und dann war ja alles gut.

00:23:08: Und das Thema war verdrängt.

00:23:10: Wie hast du das verarbeitet in den Tagen, Wochen und Monaten danach?

00:23:14: Also du musst dich ja, also du musst ja irgendwie auch so Flashbacks oder so Bilder immer in deinem Kopf gehabt haben oder nicht?

00:23:21: Die kam später.

00:23:22: Ich hab's so krass verdrängt.

00:23:24: Natürlich hast du, wenn du abends im Bett gelegen bist oder so, kam das schon mal.

00:23:28: Aber ich hab dann zum Beispiel mit Musik, bin ich eingeschlafen, ich hatte Licht an.

00:23:33: Ich hab immer gelesen, zum Beispiel, damit ich einschlafe, Musik gehört, solche Sachen.

00:23:39: Aber jetzt im Nachhinein hab ich damals ... schon eigentlich meine ersten Panikattacken gehabt.

00:23:45: Das wusste ich nur damals nicht.

00:23:46: Ich hatte oft so ein Gefühl, wie soll ich das erklären?

00:23:50: Das kam von jetzt auf gleich so eine Unruhe in mir.

00:23:54: Und dann hatte ich das Gefühl, dass ich mich von der Seite beobachte.

00:23:57: Und ich war ganz zappelig.

00:23:58: Und diese Phasen hatte ich immer wieder mal und dann waren sie wieder weg.

00:24:02: Jetzt habe ich damals nicht verstanden.

00:24:03: Ich dachte, wir stimmen mir nicht.

00:24:05: Im Nachhinein weiß ich, dass es meine ersten Attacken waren, die ich jahrelang später, wo die alle hochkam.

00:24:09: Ich habe sehr lange an Panikattacken gelitten.

00:24:12: Aber ich habe wirklich verdrängt.

00:24:14: Und ich hatte, weiß ich noch, als ich in dieser Nacht da rumgeirrt bin, hatte ich in meinem Kopf, du bist Schwanger.

00:24:20: Das war drin.

00:24:21: Also es war so krass.

00:24:23: Und das hat mir unheimlich viel Angst gemacht und ich habe verdrängt.

00:24:28: Und habe so lange verdrängt, bis ich meine Tage nicht mehr bekommen habe.

00:24:32: Und dann wusste ich, okay, du musst einen Test machen.

00:24:36: Und dann bin ich zu meiner damaligen besten Freundin gegangen und habe ihr halt erzählt, dass ich glaube, dass ich Schwanger bin.

00:24:43: Aber ich habe ihr auch nicht gesagt, wie es passiert ist.

00:24:46: Und dann sind wir noch zusammen zum Deben gefahren, haben uns einen Test geholt und es war ein Ort auf der Toilette.

00:24:52: Und ich habe einen Test gemacht, der war positiv und da war ich geschockt.

00:24:57: Ich weiß noch, ich habe gelacht.

00:24:59: Aber nicht gelacht, weil ich mich gefreut habe, sondern weil ich geschockt war.

00:25:03: Ja, und im Endeffekt, sie konnte nicht damit umgehen.

00:25:07: Sie hat zwar... Sie hat auch gesagt, dass sie, glaube ich, für mich da ist oder so und hat mich auch in Arm genommen.

00:25:11: Aber ich habe es ja gar nicht an mich ran gelassen.

00:25:13: Ich habe ja gelacht und so.

00:25:14: Das war ja, weiß ich nicht, das war, ich war unter Schock.

00:25:18: Was war das Erste, was du dir gedacht hast in Bezug auf deine Familie?

00:25:22: Angst, pure Angst.

00:25:25: Mein Gedanke war, wie, wie?

00:25:27: Wie soll ich das meinen Eltern erzählen?

00:25:29: Wie soll ich das der Gemeinde sagen, dass ich unehelig schwanger bin mit siebzehn?

00:25:34: Was sagen die Leute da draußen über mich?

00:25:36: Also ich habe mich so geschämt, ich habe mich gar nicht getraut, mich zu zeigen.

00:25:40: Also es war für mich jetzt nicht, dass sie in mir drin ist, sondern wie soll ich das nach außen sagen?

00:25:48: Wie überlebe ich das?

00:25:49: Wie soll ich?

00:25:50: Also gar nicht der Punkt, wie soll ich sie großziehen, sondern was sagen die Menschen über mich?

00:25:55: Und ich habe mir beschlossen, ich werde kein Menschen erzählen, was mir damals passiert ist.

00:26:00: Die Geschichte habe ich zwanzig Jahre verheimlicht.

00:26:02: Krass.

00:26:04: Wenn du sagst, dass sie in dir drin war, was meinst du damit?

00:26:09: Ich hab gespürt, dass sie ein Mädchen ist, das weiß ich noch.

00:26:12: Damals, ich wusste, es wird ein Mädchen.

00:26:14: Aber das ist so krass, ich hab keine Ablehnung gehabt.

00:26:19: Gar nicht.

00:26:20: Sondern die Angst war im Vordergrund.

00:26:23: Ich hab noch gar nicht so weit gedacht, das kommt erst später.

00:26:26: Aber in dem Moment, ich wusste ja, da ist irgendwas in mir.

00:26:29: Aber da hab ich mir noch keine Gedanken gemacht, das kam erst.

00:26:32: Weil ich hab ja noch nichts gesehen, ich hab nichts gefühlt.

00:26:34: Ich wusste es ja nur laut dem Test.

00:26:36: Ich hab noch gedacht, ah, vielleicht war der falsch.

00:26:39: Hab ich noch mal eingekauft.

00:26:40: Nee, der war positiv.

00:26:42: Und ich bin dann auch nicht zum Frauenarzt oder so am Anfang.

00:26:45: Also ich hab das einfach dann, okay, ich bin jetzt schwanger, aber was mach ich jetzt?

00:26:49: Also ich war, ich hab echt gebraucht, weil ... Ich muss erst mal mit Gedanken klarkommen, wie sage ich es meinen Eltern, aber das Schöne war, man sieht ja erst mal noch nichts, also brauche ich ja erst mal noch nichts sagen.

00:26:58: Und ich bin gut gewesen im Verdrängen.

00:27:01: Erst wenn es dann soweit ist und wenn ich es muss, dann tue ich es, aber jetzt muss ich ja noch nichts ändern.

00:27:06: Das heißt für dich kam auch gar nicht der Gedanke in Kopf, dass du das hättest vielleicht abtreiben wollen?

00:27:12: Nein.

00:27:13: Nein, soweit war ich noch gar nicht.

00:27:15: Nee.

00:27:15: Okay, weil man hätte ja auch die Überlegung haben können, so viel wie... Scheiße, es ist passiert.

00:27:21: Ich kann es aber auch für mich behalten und kann den Weg zur Abtreibung suchen.

00:27:25: Und dann bekommt es keiner raus.

00:27:27: Nee, den Gedanken hatte ich tatsächlich nicht.

00:27:30: Mir ging es wirklich primär um die eine Sache.

00:27:32: Wie erzähle ich das jetzt meinen Eltern?

00:27:33: Wie?

00:27:35: Wie?

00:27:36: Und wie gehe ich mit dem Scham, mit dieser Scham mit mir selbst um?

00:27:39: Weil das war ja die Sünde, ne?

00:27:42: Mit der ich damals klarkommen musste.

00:27:44: Und damals war es ja so, dass ich ja auch nicht mehr FSJ war.

00:27:49: in dem Krankenhaus.

00:27:51: Aber ich habe mir eine neue Stelle gesucht.

00:27:53: Und ich habe tatsächlich auch eine bekommen und da bin ich von zu Hause ausgezogen.

00:27:56: Und das war im Januar.

00:27:58: Und ich hatte dann nur noch zwei, drei Monate, bis man was sieht.

00:28:00: Aber ich habe halt niemand was gesagt.

00:28:02: Ich habe vorgespielt.

00:28:03: Das ist alles super.

00:28:05: Und bin dort auch hingezogen.

00:28:07: Und da war ich viel in Gedanken.

00:28:09: Also klar, ich habe gearbeitet, neue Arbeit.

00:28:11: Da bist du ja voll drin und die neuen Leute kennenlernen.

00:28:15: Da war das erst mal weg.

00:28:17: Aber es wurde dann irgendwann sichtbar.

00:28:19: Ich habe gemerkt, ich habe zugenommen.

00:28:21: Und die Klamotten haben ja irgendwann nicht mal gepasst.

00:28:22: Und da ich sehr schlank war, sieht man ja jede Wölbung.

00:28:27: Und dann musste ich mich mit dem Thema auseinandersetzen.

00:28:30: Und dann habe ich überlegt, wie machst du das jetzt?

00:28:32: Wie soll ich jetzt den neuen Chef sagen, das ist schwanger, bin die fallen doch um.

00:28:35: Das glaubt mir doch kein Mensch.

00:28:36: Ja, und dann weiß ich noch, weil dann kamen irgendwann die Gedanken, ich muss mich damit auseinandersetzen.

00:28:40: Und da bin ich eines nachts wirklich, ich hatte so eine Angst.

00:28:44: Und dann bin ich auf dem Boden gefallen und habe nur zu Gott geschrieben.

00:28:47: Ich habe die ganze Nacht gebetet und habe mit Gott gesprochen und hatte so eine Angst.

00:28:51: Aber ich habe das Gefühl, er hört mich überhaupt nicht.

00:28:53: Meine Gebete gingen nur bis zur Decke.

00:28:55: Und ich wusste, ich habe ja immer gebetet.

00:28:57: Mein Glaube war ja ein Teil von mir.

00:29:00: In der Zeit zwar eher weniger.

00:29:02: Und dann habe ich halt in dieser Nacht geweint und habe Gott um Hilfe geschrien und habe ihn um Vergebung gebeten.

00:29:07: Weil ich dachte, ich habe einen Fehler gemacht.

00:29:09: Ich bin ja es ja nur passiert, weil ich was falsch gemacht habe.

00:29:12: Und irgendwann, ich weiß es nicht, stundenlang, ich weiß, ich lag die ganze Nacht auf dem Boden, sowieso ein Embryo zusammengepfercht, so zusammengerollt meine ich.

00:29:21: Und irgendwann habe ich so ein Friede gespürt, so einen richtigen Frieden, wo ich gemerkt habe, er hört mich und er ist nicht sauer auf mich und er liebt mich und ich bin immer noch sein Kind.

00:29:34: Das war für mich so ein ganz krasses Gefühl.

00:29:36: Und ich habe damals, weil sie noch die Bibel aufgeschlagen, und dann ging es im Psalm, um den König David, und der hat damals Ehebruch begangen und hat darüber geschrieben und hat auch, es geht darum, dass Gott ihm vergeben hat und immer noch für ihn ist und ihn nicht verurteilt so.

00:29:53: Und es war für mich so, oh Gott, verurteilt mich ja gar nicht.

00:29:56: Er liebt mich erst ja bei mir.

00:29:57: Und es war für mich damals mit meinem Denken das wertvollste überhaupt.

00:30:01: Und ich wusste, egal was, er ist da.

00:30:04: Und für mich war an dem Tag, habe ich so eine krasse Liebe zu diesem Kind gespürt.

00:30:09: Also es war ja dann auch, ich glaube, ich war im vierten Monat circa.

00:30:12: Ich habe ja dann auch die ersten Bewegungen.

00:30:15: Und es war für mich so, ich kann es dir nicht erklären, aber da war so eine Annahme da.

00:30:20: Es war klar.

00:30:21: Ich behalte sie.

00:30:22: Sie ist meins.

00:30:23: Und für mich war das so was ganz Besonderes.

00:30:25: Dieses Kind gehört nur mir.

00:30:27: Und kein Mensch wird erfahren, was passiert ist.

00:30:30: Und ich werde sie lieben.

00:30:31: Das war für mich ganz klar.

00:30:32: Und ich hab mich.

00:30:33: Und dann kam so langsam Freude.

00:30:35: Ganz, ganz langsam.

00:30:36: Ich hab gar nicht über den Erzeuger nachgedacht.

00:30:38: Sondern ich war so voll in diesem... Ich bin schwanger, ich bin Mama, so.

00:30:41: Jetzt muss ich aber nur erzählen, ne?

00:30:43: Weil das war so der nächste Schritt.

00:30:44: Aber in dieser Nacht ist etwas durch mich durch.

00:30:46: Und das war so ein ganz, ganz tiefer Friede.

00:30:49: Wann hast du dich dazu entschieden, es deinen Eltern zu sagen?

00:30:52: Danach.

00:30:54: Weil ich hatte ja so Angst, aber mit diesem Frieden wusste ich, mir passiert nix, weil ich hatte echt Angst.

00:30:59: Ich wusste auch gar nicht, wie es meinem Vater sagen soll, aber ich bin zu meiner Mama gegangen.

00:31:02: Und meine Mama wusste es, es war krass.

00:31:05: Sie hat zu mir dann gesagt, ich hab's geahnt.

00:31:08: Und gesagt, wie merkst du so was?

00:31:11: Und weil meine Mama genäht hat, hat sie ja für mich die Röcke genäht.

00:31:15: Und sie musste ja dann Maß nehmen.

00:31:17: Ich habe zwar den Bauch eingezogen, total verrückt, dass ich beim Bauch eingezogen habe, aber sie hat es jetzt gemerkt.

00:31:23: Und hat aber nichts gesagt.

00:31:24: und die hat natürlich geweint, hat mich aber in den Arm genommen und hat gesagt, sie steht hinter mir, sie hilft mir.

00:31:31: Und dann habe ich sie gebeten, es ist Papa zu sagen, weil ich mich das nicht getraut habe.

00:31:35: Ja, und dann bin ich auch wieder in das FSJ damals gefahren, ich habe ja dort gewohnt und sie hat mit Papa dann gesprochen.

00:31:42: Und dann kurze Zeit später, ich hatte oft Ich musste Wochenende arbeiten und dann hatte ich unter der Woche so ein, zwei Tage frei.

00:31:50: Dann war ich wieder zu Hause und dann haben meine Eltern, wollten die mit mir reden.

00:31:54: Und dann hat Papa mir zwei Entscheidungen.

00:31:57: Also ich hätte mich für einen entscheiden sollen.

00:31:59: Und das war genau richtig für mich.

00:32:01: Er hat zu mir gesagt, es gibt eine Möglichkeit entweder du gehst zu diesem Mann zurück.

00:32:05: Sie wussten ja nichts.

00:32:07: Sie dachten ja, ich habe jemanden kennengelernt oder so.

00:32:09: Keine Ahnung.

00:32:10: Wir haben nie darüber gesprochen.

00:32:12: Du gehst zu diesem Mann zurück.

00:32:14: Und du heiratest ihn und ihr seid eine Familie, weil das war ja aus dem, wie ich das kenne, du heiratest, bist mit ihm zusammen.

00:32:21: Und ihr werdet damit leben mit dieser Schande, oder du kommst nach Hause.

00:32:26: Ich will nie wieder was davon hören und wir stehen hinter dir.

00:32:30: Wir helfen dir mit dem Kind und für mich war das ja perfekt.

00:32:35: Ich muss dir nichts sagen, ich muss dir nichts erzählen.

00:32:37: Meine Eltern haben mich angenommen, sie waren für mich, sie helfen mir und dann habe ich gesagt, ich komme nach Hause.

00:32:43: Und dann haben meine Eltern mich aber sehr krass unterstützt, weil ich hatte dann im FSJ auch Probleme, weil ich war ja schwanger und mir war so übel und ich habe in der Küche gearbeitet und musste schwere Sachen tragen und da ich so extrem, ich habe extrem zugenommen, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen, ich war wie so eine Tonne, konnte ich nicht mehr stehen und solche Dinge.

00:33:02: Und da hat Papa mich auch total unterstützt, gerade auch Mutterschutzgesetz, wir haben geguckt, dass ich dann früher einen Mutterschutz gehen kann, solche Dinge, dass ich meinen FSJ noch bekommen.

00:33:11: Also die haben mich echt unterstützt.

00:33:12: Die haben nicht einmal die Rückfrage gestellt, wer überhaupt der Mann

00:33:15: war,

00:33:16: wie du ihn kennengelernt hast.

00:33:17: Nein,

00:33:18: nie hat mich jemand das gefragt.

00:33:21: Ach krass.

00:33:21: Selbst deine Freundinnen nicht?

00:33:24: Später, als ich viel später ... Lass mich mal überlegen.

00:33:29: Nein!

00:33:30: Das war ein Tabuthema.

00:33:31: In diesen Gemeinden ist das ein Tabuthema.

00:33:35: Und da ich nie was gesprochen habe, wurde ich nicht gefragt.

00:33:38: Ganz später, wo sie dann älter wurde.

00:33:41: Gut, ich muss auch dazu sagen, sie wurde ja dann von damals, ich hab ja danach geheiratet und sie wurde adoptiert.

00:33:46: Und dadurch war das dann kein Thema mehr.

00:33:48: Das war dann ihr Papa und später im Erwachsenen, aber da kommen wir ja noch hinzu, wie sie das erfahren hat.

00:33:53: Da wurde dann gefragt, wer ist eigentlich dein richtiger Vater?

00:33:56: Kennst du ihn?

00:33:57: Und dann hieß es, hab ich gesagt, nein, und dann wurde keine Frage mehr gestellt.

00:34:00: Das ist echt krass.

00:34:02: Okay, du hast jetzt erzählt, ne?

00:34:04: Du hast total die Unterstützung von deinen Eltern bekommen.

00:34:07: Wie war die erste Zeit für dich auch unter der Prämisse?

00:34:10: Du hattest ja nie wirklich sexuelle Erfahrungen oder was auch immer und da ist so eine Geburt auch nochmal was ganz Extremes und das ist auch nochmal eine extreme Weiblichkeit, die du da erfährst.

00:34:21: Wie war das für dich?

00:34:23: Es war krass.

00:34:23: Also ich habe vieles nicht verstanden, was damit mir passiert.

00:34:26: Meine ganze Körper hat sich verändert.

00:34:28: Man kriegt plötzlich Oberweite, der Bauch.

00:34:30: Man wird überall breit.

00:34:31: Aber meine Mama hat mich damit reingenommen.

00:34:32: Sie hat mir das erklärt.

00:34:34: Sie hat mir dann erklärt, was in mir drin ist.

00:34:35: Sie hat mir erklärt, wie man sich ernähren muss, was für Nährstoffe ich brauche.

00:34:39: Und da meine Mama selber sieben Kinder hat, acht Kinder auf die Welt gebracht hat und ich die älteste bin, war sie für mich die beste Hebamme.

00:34:47: Das war wirklich leicht für mich.

00:34:49: Und ich hab es, muss ich dir auch ganz ehrlich sagen, dann angefangen zu genießen.

00:34:53: Weil ich hab auch Aufmerksamkeit von meiner Mama gehabt.

00:34:54: Die hat mir die Sachen gekauft, die ich wollte.

00:34:56: Ich hatte dann was, was ich gelöst habe, die ganze Nektarine.

00:34:58: Also das war ganz verrückt.

00:35:00: Und das hat die mir dann gekauft.

00:35:01: Also die hat mich dann schon unterstützt und hat dann, hat mir dann was, was.

00:35:05: ich hab dann irgendwann Wassereinlagerung bekommen, hat sie mir Kompressionsstrümpfe.

00:35:08: ist mit mir spazieren gegangen, solche Dinge.

00:35:10: Mein Papa hat dann mit mir das Zimmer renoviert.

00:35:13: Ich wollte ja dann alles, ich wusste ja, es wird ein Mädchen.

00:35:16: Das war ja mein Geschenk, dann ein Mädchen.

00:35:20: Ja, und dann haben wir das Zimmer schön gemacht.

00:35:22: Ich habe dann damals auch noch für die Wiege und für ... wie heißen das?

00:35:27: Wickelkommode, die ganzen Sachen genäht, weil das war ja mein Hobby.

00:35:30: Und das war ... Ich habe es genossen.

00:35:33: Klar, ich war aber auch nicht mehr viel draußen.

00:35:35: Wenn ich rausgegangen bin, war das schon schwer für mich.

00:35:37: Die Leute haben mich echt krass angeschaut.

00:35:39: Die Blicke waren nicht ohne.

00:35:40: Oft waren so Menschen, die die Augen verdreht haben.

00:35:44: Aber ich war nie alleine draußen.

00:35:46: Und dadurch ging es dann.

00:35:47: Meine Mädels in der Jugend, die haben mich ja so angenommen, wie ich war.

00:35:52: Und das war dann, ich weiß noch, nee, stimmt, das habe ich noch vergessen.

00:35:54: Im FSJ, das war noch total cool, als ich denen das dann erzählt hatte.

00:35:57: Irgendwann hatte ich auch so eine schlimme Angst.

00:35:59: waren die so nett zu mir, die haben gesagt, weißt du was, Nelly, die hat keinen Papa, aber wir werden alle ihr Papa sein.

00:36:06: Und es hat mir so viel Kraft gegeben damals, und die haben dann also auch meinen Bauch gestreichelt.

00:36:09: Und ich war angenommen in meiner Community.

00:36:14: Und es wurde nie darüber gesprochen, aber ich war angenommen.

00:36:19: Und mehr wollte ich gar nicht damals.

00:36:21: Hast du ... In diesem ganzen Prozess der Schwangerschaft manchmal auch an den Erzeuger gedacht und was er vielleicht oder was sie auch für Eigenschaften von ihm haben könnte oder aussehen?

00:36:30: Ja, klar.

00:36:32: Also ich habe sogar dafür gebetet.

00:36:34: Ich habe gesagt, Gott, bitte lass ihn nicht so aussehen wie er.

00:36:37: Das war für mich ganz wichtig, dass sie mir ähnlich ist.

00:36:41: Okay, sie ist mir nicht so wirklich ähnlich.

00:36:45: Aber das war für mich schon so ein Punkt.

00:36:46: Und ich hatte auch Angst, dass sie vielleicht seine Art hat oder ganz anders ist als ich.

00:36:50: Darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht.

00:36:52: Aber gar nicht so extrem viele, sondern ich habe mir Gedanken gemacht und habe nur, oh Gott, bitte nicht, bitte lass sie so aussehen wie ich, bitte lass sie so sein wie ich, dass ich das kenne.

00:37:03: Das ist nicht so ganz krass anders ist.

00:37:05: Aber ich war dann so beschäftigt mit den Vorbereitungen für sie, dass ich zwar die Gedanken hatte, aber die dann auch, die sind gekommen und gegangen, gekommen und gegangen.

00:37:15: Und ich habe damals aber auch viel verdrängt.

00:37:17: Also wirklich, ich habe jahrelang verdrängt.

00:37:21: Heute denke ich nur, wie hast du das geschafft?

00:37:23: Aber das war dadurch, dass ich auch abgelenkt war und ich hatte ja viele jüngere Geschwister, war das nicht so präsent und dadurch, dass mich auch niemand gefragt hat.

00:37:30: Die einzige Sache, die dann kam, war, als sie dann da war, wo dann das Jugendamt, ich war ja siebzehn, ne?

00:37:39: Die Vormundschaft übernimmt das Jugendamt, da bin ich gerade so drüber geschlittert.

00:37:43: Aber ich musste ja wegen Unterhalt und solche Dinge klären.

00:37:45: Da wurde ich dann konfrontiert.

00:37:47: Ich würde noch gern die Geburt interessieren, wo du deine Tochter das erste Mal gesehen hast.

00:37:52: Wie war das für dich?

00:37:54: Also die Geburt war nicht ohne.

00:37:57: Gut, dass ich dich wusste, was da auf mich zukommt.

00:38:00: Das war... Wow, das hat mich umgehauen.

00:38:03: Das war krass.

00:38:04: Ich war auch tatsächlich alleine.

00:38:06: Ich wollte damals nicht, dass meine Mama mitkommt.

00:38:08: Warum?

00:38:09: Ich wollte

00:38:09: nicht, dass sie mich so leiden sieht.

00:38:10: Ich hab nur gedacht, ich hatte ja schon ein bisschen Mama-Gefühle.

00:38:13: Ich hab gesagt, wenn die mich so sieht, die Arme, die geht kaputt, das geht nicht.

00:38:18: Dann hab ich gesagt, Mama, ich will nicht, dass du dabei bist.

00:38:21: Sie war im Nebenzimmer, die hat mitgelitten.

00:38:24: Aber die Geburt ging relativ schnell.

00:38:26: Ich hatte eine unheimlich liebevolle Hebamme.

00:38:29: Und das Coole war, dass ich nicht die Einzige war.

00:38:31: Da war noch ein Mädchen mit siebzehn, die auch entbunden hat.

00:38:35: In der Nacht, ja.

00:38:37: Ja, es war erst mal voll aufregend.

00:38:38: Boah, es geht los und die Wäden, die waren ja erst mal noch nicht so schlimm.

00:38:42: Also ich war ja schon aufgeregt.

00:38:43: Wo es dann heftiger wurde, hatte ich dann auch Angst.

00:38:47: Aber die Hebamme hat mich so gut geleitet und die Geburt selber war nicht ohne.

00:38:51: Sie kam nicht wirklich raus und das war nicht so schön, hat dann auch das Steißbein gebrochen gehabt.

00:38:56: Aber als sie dann auf mir lag, dieses Gefühl, boah, das hat mich weggehauen.

00:39:00: Also da ist so eine krasse ... Energie und Liebe rausgeflossen, das war, boah, das war krass.

00:39:08: Und da war auch nichts anderes, nur ich bin Mama geworden und ich musste sie erst mal anschauen.

00:39:13: Gut, die war ein bisschen verschmiert und so.

00:39:15: So ein Baby ist halt aussehend.

00:39:17: Und die hat dann geschrieben und das war so schön.

00:39:20: Also es war wirklich schön.

00:39:21: Und die hatte ja ganz viele krasse, schwarze Locken.

00:39:25: Das war so ein Markenzeichen von ihr.

00:39:28: Es war schön wirklich.

00:39:30: Und ich war stolz, ich war richtig stolz.

00:39:33: Es war ja nur meine.

00:39:34: Es hat auch niemand gefragt oder irgendwas.

00:39:36: Es war klar, siebzehnjährige Mama, das war schon was Besonderes.

00:39:39: Und ich habe es genossen tatsächlich.

00:39:44: Ja.

00:39:44: Du hast jetzt gesagt, du warst stolz.

00:39:46: Was war denn mit deinen Eltern?

00:39:48: Meine Mama hat sich natürlich mega gefreut.

00:39:51: Die kamen dann noch mit meinen Geschwistern ins Krankenhaus.

00:39:52: Die waren alle ganz zappelig und haben sich mega gefreut und wollten sie alle anfassen.

00:39:59: Aber ich war ganz vorsichtig, vorsichtig Smites.

00:40:02: Das weiß ich noch.

00:40:03: Und ein paar Freundinnen kamen dann auch.

00:40:06: Und ja, wenn ich so die Fotos anschaue, ich weiß noch, nachts lag ich dann im Bett und da kam schon Angst hoch in mir, wie soll ich das schaffen.

00:40:14: Und meine größte Angst war, dass er sie findet.

00:40:17: Das war, und das kam dann hoch.

00:40:19: Ich hab sie dann im Arm gehabt, das weiß ich noch.

00:40:22: Und hab sie auf sie so geschaut.

00:40:25: Und dann kam wie so eine Stimme in mein Herz, wo Gott dann zu mir gesagt hat, ich werde auf sie aufpassen.

00:40:30: Du musst dir keine Sorgen machen.

00:40:32: Und dann auch gesagt hat, ich lieb sie noch viel mehr, als du dir vorstellen kannst, wie du sie liebst.

00:40:38: Und das war für mich so eine ... ja, so ein Friede.

00:40:43: Und meine Angst wurde dadurch immer kleiner, weil ich wusste, Gott passt auf sie auf.

00:40:47: Wie hat denn dein Vater reagiert?

00:40:50: Erstmal gar nicht.

00:40:51: Ich weiß nur, ich bin nach Hause gekommen, sie lag ja ein bisschen und er konnte nicht so wirklich an sie dran.

00:40:58: Es hat mich ein bisschen verletzt.

00:41:00: Ich habe es zuerst nicht verstanden, aber ich war mit den ganzen Hormonen und Emotionen und Mama sein beschäftigt und meine Mama hat das so gut gemacht, die hat mir auch gezeigt, wie man anlegt und die ganzen Dinge.

00:41:11: Aber ich weiß noch, nach zwei Wochen habe ich irgendwann gedacht, nee.

00:41:14: Da muss jetzt was passieren.

00:41:15: Und dann bin ich einfach hingegangen, hab das kleine Bündelchen genommen, hab gesagt, Papa hier, das ist deine Enkelin.

00:41:20: Dann hat er sie in den Arm genommen, wusste natürlich erst mal nicht so wirklich, aber dann hast du Eis komplett gebrochen.

00:41:26: Und seitdem war sie seine Lieblingsenkelin.

00:41:31: Der hat sie dann, also wirklich, das war so ein Eisbrecher.

00:41:33: Ich glaube, er wusste einfach nicht, wie er damit umgehen soll.

00:41:36: Meine Mutter hat mir im Nachhinein, als wir dann ein paar Jahre später darüber gesprochen haben, hat sie gesagt, sie hatte auch Angst, wie sie aussieht.

00:41:42: Sie wussten ja gar nichts von der anderen Seite und sie wussten auch nicht, wie sie damit umgehen sollten.

00:41:47: Und dadurch, dass die Sonne krasser Sonnenschein war, hat sie das allen so leicht gemacht.

00:41:51: Also die war so ein zufriedenes Baby.

00:41:53: Gut, am Anfang jetzt nicht, aber danach, erst mal war sie ein Schreikind.

00:41:58: Aber auch da haben meine Eltern, ich weiß noch, wenn die ihre Bauchschmerzen hatte, eine Stunde meine Mutter getragen, eine Stunde meinen Papa, eine Stunde ich.

00:42:04: Also die haben mich wirklich unterstützt.

00:42:07: Und wo sie dann älter wurde, die war immer der Sonnenschein.

00:42:10: Also die hat immer gelacht und dadurch war sie bei allen beliebt.

00:42:18: Du wenig Schlaf hast, viel Geschrei hast, hattest du da auch mal Sorge, so schaff ich das alles?

00:42:27: Ich bin siebzehn und kriege ich das alles so hin?

00:42:30: Ja, natürlich.

00:42:32: Für mich war es eher so, diese Verantwortung, die fand ich so krass.

00:42:35: Ich dachte, das kann ich ja nie wieder wegmachen, diese Verantwortung, die habe ich jetzt in meinem ganzen Leben.

00:42:39: Das hat mich schon gedrückt manchmal, wo ich dachte, wie kriege ich das hin?

00:42:44: Wäre ich eine gute Mutter?

00:42:45: Kann ich es überhaupt erziehen?

00:42:46: Wie geht das überhaupt?

00:42:48: Aber die Gedanken kamen, aber die haben mich jetzt nicht so krass belastet.

00:42:52: Also die kamen und dann habe ich darüber nachgedacht.

00:42:55: In der Zeit habe ich auch viel gebetet.

00:42:58: Und ich hatte meine Sicherheit, weil meine Eltern da waren.

00:43:02: Und da wusste ich, wenn ich eine Frage habe, kann ich zur Mama gehen.

00:43:05: Und dadurch, dass sie mir das so gut beigebracht hat und ich bin ja die älteste von sieben Kindern, war das für mich jetzt ... Also ich bin da reingewachsen tatsächlich.

00:43:14: Und ich hab viel Mama einfach auch gefragt und sie war immer da.

00:43:18: Ich hatte immer eine Ansprechpartnerin, dadurch war mir das Wurz mir leicht gemacht.

00:43:23: Genau.

00:43:23: Danach kam, wo sie dann älter wurde, da war dann schon eher so.

00:43:28: Wie mach ich das?

00:43:30: Meine Angst war eher so, ich muss sie beschützen.

00:43:33: Ich hab sie auch niemanden abgegeben, keiner durfte sie haben.

00:43:37: Ich bin auch erst mal nicht in die Öffentlichkeit, weil ich Angst hatte, dass er mich sehen könnte.

00:43:41: Dadurch bin ich auch nie wieder nach Karlsruhe gegangen.

00:43:43: Das war für mich tabu zum Beispiel.

00:43:46: Am Anfang, ja, so war ich dann eher so, dass ich sie beschützt habe und ich auch nie alleine irgendwo war.

00:43:52: Das wurde dann mit der Zeit besser, aber gerade am Anfang war das ganz wichtig für mich.

00:43:57: Wusstest du den Namen eigentlich, dass man das?

00:43:59: Nein,

00:43:59: ich kannte nur seinen Spitznamen.

00:44:02: Das ist auch das einzige, was ich bis heute weiß.

00:44:04: Krass.

00:44:04: Bist du noch mal zu dieser Wohnung gegangen, um den Namensklingelstil draus zu finden?

00:44:09: Tatsächlich habe ich einen Versuch ein Jahr später gemacht, da bin ich nach Karlsruhe auf dem Weihnachtsmarkt und wollte schauen von weitem, ob er noch da ist.

00:44:19: Und ich habe ihn tatsächlich gesehen und habe mich weggerannt und habe mich dann noch nicht mehr da.

00:44:26: Das war für mich dieser Schock dann.

00:44:28: In dem Moment, da kam ja alles wieder hoch.

00:44:30: Da ging es mir gar nicht gut.

00:44:31: Ich habe ihn von weitem gesehen und da ging sofort die Schubladen runter und da bin ich weg.

00:44:36: Und tatsächlich bin ich nie an den Ort gegangen, außer... und da kommt jetzt der nächste Punkt, der auch krass war, fand ich so im Nachhinein.

00:44:44: Ich musste zur Polizei irgendwann, weil ich hab... die haben ja vom Jugendamt ja irgendwann gefragt, ich sollte ja Unterhaltsvorschuss beantragen.

00:44:50: Ja, warum Unterhaltsvorschuss?

00:44:52: Ja, wo ist der Vater?

00:44:53: Es gibt keinen.

00:44:55: Ja, wie es gibt keinen.

00:44:56: Und dann hab ich halt erzählt, wie es passiert ist, so ein bisschen, aber eher zackhaft.

00:45:02: Und dann hat sie zu mir gesagt, ja, wurden sie vergewaltigt.

00:45:05: Und ich so, ja, nee.

00:45:07: Also, ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

00:45:08: Total verwirrt.

00:45:09: Ich hab mich noch nie jemanden darüber gesprochen.

00:45:11: Er hat gesagt, sie müssen zur Polizei.

00:45:12: Ich sag, wieso muss ich zur Polizei?

00:45:14: Ich will aber nicht.

00:45:15: Er sagt, sie müssen, aber es ist ja nicht in Ordnung gewesen, was da passiert ist.

00:45:19: Und dann hat das erst mal angefangen, dass ich darüber nachgedacht habe.

00:45:22: Und dann bin ich auch tatsächlich zur Polizei gegangen, weil es musste anerkannt werden, dass da kein Vater ist.

00:45:28: Gerade auf was Unterhalt betrifft.

00:45:30: Und dann bin ich zur Polizei gegangen mit der ... Mit der Kleinen.

00:45:37: Und dann stand ich da und sollte erzählen, warum ich da war.

00:45:40: Und es war mir so unangenehm.

00:45:42: Ich habe mich so schlecht gefühlt und habe dann eher rumgedruckst.

00:45:46: Und dann habe ich die Geschichte erzählt.

00:45:51: Und dann hat er zu mir gesagt, dann müssen wir aber da jetzt hinfahren.

00:45:53: Und dann ging die ganze Sache ja los.

00:45:56: Dann wurde ein Termin abgemacht, wo wir dann zu dieser Wohnung fahren, wo ich dann ja ohne Kind hinkommen sollte.

00:46:02: Aber ich hatte schon damals das Gefühl, dass sie mir gar nicht geglaubt haben.

00:46:04: Also es war so komisch.

00:46:06: Erst mal waren das wieder Männer, zu denen ich eh keinen Vertrauen hatte.

00:46:10: Und dann war der so, weiß ich nicht, so unsensibel ohne Ende.

00:46:15: Und dann bin ich mit zwei Polizisten, ich hinten drin, als verschüchtertes junges Mädchen zu diesem Ort gefahren.

00:46:20: Und ich war völlig neben mir.

00:46:22: Und dann sollten wir da hinfahren.

00:46:23: Erstens habe ich dann die Straße nicht wirklich hingekriegt.

00:46:26: Dann waren wir in einer falschen Straße, da mussten wir da hinfahren.

00:46:29: Und ich wusste die Klingel nicht mehr.

00:46:30: Ich war völlig durcheinander.

00:46:32: Und dann wusste ich ja den Namen ja auch nicht mehr.

00:46:35: Und ich hatte damals ja einen Schlüssel gehabt.

00:46:38: Ich bin ja da direkt rein.

00:46:40: Deswegen habe ich auch nicht auf die Klingel geschaut.

00:46:43: Und dann wusste ich, konnte ich Ihnen nicht genau sagen, welche Klingel das war.

00:46:45: Und dann haben Sie mich halt nicht ernst genommen.

00:46:47: Und dann habe ich es so angefangen zu weinen und habe gesagt, ich kann es nicht.

00:46:50: Ich schaff es nicht.

00:46:50: Ich will bitte heim.

00:46:52: Und dann haben sie mich natürlich heimgebracht.

00:46:54: Also nicht heim, sondern ins Revier dann wieder zurück.

00:46:57: Und ich bin dann nach Hause gegangen.

00:46:59: Und habe im Endeffekt, weil ich dann das Ganze abgebrochen habe, ich will keine Anzeige mehr, weil es wäre ja dann zur Anzeige gekommen.

00:47:05: Im Nachhinein wusste ich dann, dass sie weitergemacht haben.

00:47:08: Aber damals war für mich so, ich will davon nichts mehr wissen.

00:47:11: Habe ich sogar noch eine Strafe gekriegt.

00:47:13: Ja, wieso das denn?

00:47:14: Weil ich eine Aussage gemacht habe.

00:47:16: Ich habe einen Verfahren losgelöst und habe dann nicht weitergemacht.

00:47:21: Dadurch habe ich Sozialstunden bekommen.

00:47:23: Das ist nicht dein Ernst.

00:47:24: Doch.

00:47:25: Was ist das denn für ein Scheiß?

00:47:26: Also

00:47:26: das war richtig heftig.

00:47:28: Und dann musste ich noch, also ich weiß nicht, ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe.

00:47:32: Und dann musste ich noch meinen Eltern erklären, dass ich Sozialstunden habe.

00:47:35: Ich weiß nicht mehr, was ich ihnen erzählt habe.

00:47:38: Aber im Endeffekt habe ich es irgendwie hingekriegt.

00:47:39: Und dann musste ich im Altersheim Sozialstunden machen und die, also die waren richtig fies.

00:47:44: Die haben mir richtig gezeigt, weil die wussten ja auch nicht um was geht.

00:47:46: Die wollten alles immer wissen, warum ich da bin.

00:47:48: Ich habe halt nichts erzählt.

00:47:50: Und die haben sich über mich lustig gemacht.

00:47:51: Ich sah brav aus der Röcke an und lange Haare und so, immer zugebunden.

00:47:56: Und dann habe ich die ersten Stunden da abgeleistet und in mir hat sich alles gedreht.

00:48:00: Weil ich dachte, warum werde ich jetzt noch dafür bestraft?

00:48:02: Aber dann kam wieder so der Punkt, ne, zieh es einfach durch.

00:48:05: Hals einfach aus, zieh es einfach durch.

00:48:07: Die Eltern und Leute waren so nett dort.

00:48:09: Und dann habe ich einfach das Beste aus der Situation da gemacht und hab meine Sozialstunden abgeleistet und dann war es fertig.

00:48:15: Und dann wusste ich, ich muss nie wieder ... mich damit konfrontieren.

00:48:18: Ich habe das so tief in mein Unterbewusstsein reingeschoben.

00:48:22: Da gab es nichts mehr zu diesem Thema.

00:48:24: Wie viele Stunden hattest du gekommen?

00:48:25: Keiner,

00:48:26: es waren schon einige.

00:48:27: Ich habe mehrere Wochen.

00:48:28: War ich da?

00:48:29: Ich weiß es nicht mehr.

00:48:31: Wie sind die Jahre dann für dich vergangen mit deiner Tochter?

00:48:33: Bist du die ganze Zeit bei deinen Eltern geblieben?

00:48:36: Ja, wir sind tatsächlich umgezogen dann in einem anderen Ort, wo ich unten eine kleine Mini-Einliegerwohnung dann hatte.

00:48:42: Das haben wir dann bewusst geschaut, damit ich einfach auch Privatsphäre habe.

00:48:45: Und ich war ja jetzt selbst Mutter, ich muss ja meinen Kind selbst erziehen.

00:48:49: Aber ich war dann immer noch bei den Eltern.

00:48:51: Und damals ist auch noch eine, das ist aber eine andere Geschichte, ist mein Bruder an Krebs erkrankt.

00:48:56: Er war damals sechzehn.

00:48:58: Und da mussten wir sowieso umziehen, weil er dann später im Rollstuhl war und solche Dinge.

00:49:03: Genau.

00:49:04: Und dann sind wir umgezogen und ich war ja zu Hause.

00:49:08: Ich hab im Endeffekt meiner Mama im Haushalt geholfen.

00:49:11: Dadurch, dass sich viel mit meinem Bruder im Krankenhaus war, war ich dann die Mama für meine Geschwister.

00:49:16: Also ich war dann voll in meiner Mamarolle.

00:49:18: Aber ich hab sie geliebt.

00:49:19: Also ich lieb sie bis heute noch.

00:49:21: Ich bin einfach Mama.

00:49:23: Und ... Genau, und ich habe das genossen.

00:49:25: Ich hatte meine ganz klaren Abläufe jeden Vormittag.

00:49:29: Für mich war auch klar, sie geht nicht in Kindergarten.

00:49:31: Ausbildung war... Ich habe gesagt, jetzt bin ich Mutter.

00:49:33: Ausbildung kann danach kommen.

00:49:35: Ja, und ich hatte aber meine beste Freundin, die mich da überall begleitet hat.

00:49:39: Wir haben jeden Tag telefoniert, stundenlang.

00:49:41: Jedes Wochenende waren wir zu zweit.

00:49:42: Sie hat wassingel, ich war singel.

00:49:44: Wir waren Wochenende mit der Kleinen im Unter- und Tour.

00:49:48: Genau, und ich konnte auch abends weggehen.

00:49:49: Also, wir sind dann... So witzig mit der Milchpumpe.

00:49:56: Sind wir dann weggegangen, die hatte ich halt immer dabei.

00:49:58: Ja, live, ne?

00:49:59: Und wenn wir dann mit der Jugend unterwegs waren, musste ich halt aufs Klo, musste mich ja pumpen.

00:50:02: Also es war

00:50:03: schon

00:50:03: ein bisschen crazy.

00:50:06: Aber so war es halt, ja.

00:50:07: Aber ich konnte tatsächlich auch meine Jugend noch genießen.

00:50:09: Sie war halt immer dabei.

00:50:11: Und sie war immer der Sonnenschein.

00:50:12: Jeder hat immer mal auf sie aufgepasst.

00:50:14: Also immer in meiner Nähe, ne?

00:50:15: Weil die durfte nur zehn Meter von mir weggefühlt.

00:50:18: Genau.

00:50:19: Und zu Hause war ich dann, hab ich einen Haushalt gemacht, ja.

00:50:23: Wann war für dich dann das Thema Bildung oder Ausbildung relevant?

00:50:27: Da war sie, glaube ich, zwei, ja, so circa, eineinhalb oder eineinhalb, ich weiß es nicht mehr.

00:50:32: Sie war noch klein, aber dann dachte ich, okay, jetzt muss ich mal schauen, ich will ja eine Ausbildung machen und habe mich beworben.

00:50:38: Und ich wollte Kinder-Kranken-Schwester werden.

00:50:40: Das war mein Traumberuf.

00:50:42: Ja, nee, mit den Arbeitszeiten habe ich gesagt, das kann ich nicht.

00:50:44: Dann wäre die Kleine, hätte ich den Kindergarten geben müssen.

00:50:46: Ich hätte Wochenende arbeiten müssen.

00:50:48: Und für mich war damals ganz klar, jetzt bin ich Mutter, dann will ich auch Mutter sein.

00:50:51: Und ich gehe jetzt nicht arbeiten, dass ich sie nur abgeben muss.

00:50:55: Und ich hätte sie eh nicht abgegeben.

00:50:57: Ja, und meine Mama konnte ich das ja auch nicht zumuten, weil sie war ja mit meinen ganzen anderen Geschwistern plus meinem kranken Bruder beschäftigt.

00:51:03: Und mein Vater war ja arbeiten, also ging ja nicht.

00:51:06: Aber ich habe eine ganz tolle, coole Möglichkeit gefunden.

00:51:09: Ich konnte eine schulische Ausbildung zur Hauswirtschaft darin machen.

00:51:13: Und das Coolige war aber dort die Jüngste, weil man musste nachweisen, dass man Kinder hat, bestimmte Haushaltstätigkeiten, die man schon gemacht hat.

00:51:21: Das war ja bei mir alles.

00:51:22: Also war ich qualifiziert und konnte eine Ausbildung machen.

00:51:25: Und die habe ich dann gemacht, schulisch.

00:51:27: Ich war dann einmal in der Woche in der Schule.

00:51:29: Und da war sie dann bei meiner Mama.

00:51:31: Später habe ich dann meinen Mann kennengelernt und er hat mich dann da unterstützt und die Schwiegermamma.

00:51:36: Und so ging das ganz gut.

00:51:38: Und während dem Praktikum, wo ich dann machen musste, haben mich dann auch meine Eltern unterstützt und so konnte ich die Ausbildung machen.

00:51:44: Ich habe sie als Beste abgeschlossen.

00:51:47: Ganz wichtig.

00:51:49: Du hast gerade erzählt, dass du deinen Mann kennengelernt hast.

00:51:53: Hast du ihm davon erzählt, was dir wiederfahren ist?

00:51:55: Ja.

00:51:56: Er war der einzige Mensch, den ich damals erzählt habe.

00:51:58: Wie hat

00:51:58: er reagiert?

00:51:59: Ja, er war geschockt.

00:52:01: Es war für ihn schon schlimm.

00:52:04: Aber er war, für ihn war, wie soll ich sagen, er hat jetzt keinen Unterschied gemacht.

00:52:08: Ich hatte halt Angst, dass er mich jetzt irgendwie anders sehen würde.

00:52:11: Aber es war gar nicht so.

00:52:12: Für ihn war dann klar, ich adoptiere sie.

00:52:14: Und er hat sie auch adoptiert.

00:52:16: Also sie ist eine rechtmäßige Tochter geworden, genau.

00:52:19: Und da hatte ich halt dann auch noch mal mit dem Jugendamt zu tun.

00:52:22: Und das Jugendamt wollte natürlich dann auch die Geschichte.

00:52:25: Und dann war ich aber nicht alleine.

00:52:26: Er war ja dann dabei.

00:52:27: Und ich habe ihm aber gesagt, ich will nicht, dass jemand was weiß.

00:52:31: Und das hat er mit mir durchgezogen.

00:52:34: Und wir haben aber damals dann beide beschlossen, wenn sie älter wird, werden wir sie darauf vorbereiten.

00:52:39: Genau.

00:52:40: Was heißt, dass ihr sie darauf vorbereiten wolltet?

00:52:42: Auf ihre Geschichte, wer sie eigentlich ist.

00:52:45: Für mich war von Anfang an klar, sobald die Momente kommen, wo sie fragen wird, muss ich ja langsam sie darauf vorbereiten.

00:52:52: Und für mich war das klar, ich möchte, dass sie so groß wird, dass sie weiß und nicht, dass sie mit zwanzig irgendwann mitbekommt, dass was passiert ist, das wird sie ja komplett umhauen.

00:53:00: Aber ich hatte schon Angst auch da, ihr das zu sagen.

00:53:03: Aber ich wusste es noch ganz weit weg.

00:53:06: Aber was heißt genau vorbereiten?

00:53:08: Also was hast du getan oder was hast du ihr gesagt, um sie Stück für Stück daran zu führen?

00:53:12: Im Endeffekt habe ich gewartet, bis sie kommt.

00:53:15: Ich habe jetzt gerade mit ihr, wir waren ja jetzt weg am Wochenende und da haben wir sehr viel über früher gesprochen.

00:53:21: Sie hat gefragt, irgendwann, warum sie anders ist.

00:53:23: Sie hat es ja gemerkt.

00:53:24: Ihre Geschwister, ich habe ja später dann auch noch zwei weitere Kinder bekommen.

00:53:28: Ich war mit dreifacher Mama.

00:53:31: Voll krass.

00:53:33: Und sie hat gemerkt, sie ist dunkel, hat Locken.

00:53:36: Gut, der Papa war auch mit dunkler Haare.

00:53:38: Dadurch hat nicht sofort jeder gefragt.

00:53:40: Aber man hat schon gemerkt, dass sie trotzdem anders war.

00:53:43: Und sie wollte wissen, woher sie ihre Locken hat.

00:53:44: So krasse Locken.

00:53:46: Ja, und dann hab ich angefangen damit, dass ich gesagt hab ... Ja, es gibt ... Ich weiß gar nicht mehr, wie ich es gesagt hab, aber damals war sie, glaub ich, sieben oder acht, wo sie das erste mal gefragt hat.

00:53:58: Dann hab ich ihr erzählt, dass ... Also, sie war aufgeklärt schon, das war das Gut.

00:54:02: Ich hab sie vorher extra bewusst schon aufgeklärt, weil ich wusste, irgendwann kommt's ja.

00:54:07: Und ich hab mir aber auch Hilfe geholt.

00:54:08: Das Jugendamt hat mich unterstützt, wie man das machen könnte.

00:54:12: Und hab auch Bücher gelesen, solche Dinge.

00:54:15: Ich war jetzt nicht drauf, also ich war nicht unvorbereitet.

00:54:19: Dann hab ich die Fragen beantwortet, sie sie mir gestellt hat.

00:54:21: Und damals war es für sie, mmh, okay, und weiter gelaufen.

00:54:25: Also, da sind ja Kinder oft so, ne?

00:54:27: Sie nehmen das auf und erst mal kam es gar nicht an.

00:54:30: Und sie hat auch nie ein großes Thema darüber gemacht.

00:54:33: Sie wusste es und fertig.

00:54:34: Sie hat es aber auch niemand weiterzählt.

00:54:35: Und es war immer unser Geheimnis irgendwie.

00:54:38: Sie wusste es und es war okay für sie.

00:54:40: Und sie wusste, da ist jemand anders.

00:54:41: Dadurch hat sie ihre Locken.

00:54:43: Und dadurch sieht sie anders aus.

00:54:45: Und dann war es okay für sie selbst.

00:54:47: Und dann kam später im Teenie-Alter.

00:54:49: Da kamen dann die tiefen Fragen.

00:54:52: Und das war natürlich heftig.

00:54:53: dann für mich auch, ihr das zu erzählen.

00:54:55: Und ich glaub, sie war dreizehn.

00:54:57: Da hab ich ihr dann die volle Wahrheit gesagt.

00:54:59: Weil sie dann gefragt hat.

00:55:01: Und aber auch immer so rumgedruckt, die hat sich nicht so wirklich getraut.

00:55:03: Dann hab ich gesagt, willst du es jetzt wissen?

00:55:05: Komm, setz uns hin und sag ich dir jetzt alles.

00:55:07: Ja, okay.

00:55:08: Mit zehn Gesetzen hab ich alles gesagt und dann war die geschockt.

00:55:13: Und erst mal konnte sie gar nichts sagen und die war so wütend.

00:55:17: Also in ihr kam so viel Wut hoch gegenüber diese Menschen.

00:55:21: Und sie hat dann auch gesagt, ich hasse ihn, das weiß ich noch.

00:55:24: Und wie ihr kann, hat dir so was antun.

00:55:27: Und ... Das war für sie dann schon schlimm.

00:55:32: Ist das nicht mit dreizehn Jahren etwas früh einem Kind über ein Thema wie eine Vergewaltigung zu berichten?

00:55:39: Also ich habe mit dreizehn habe ich das Wort Vergewaltigung noch nicht den Mund genommen.

00:55:44: Ich habe erzählt eher so, dass es unfreiwillig war.

00:55:48: Sie hat es dann später ausgesprochen.

00:55:50: Ich muss dazu sagen, meine Tochter ist extrem weit in der in der Entwicklung.

00:55:56: Und sie war schon immer so tiefgründig und wollte, wenn sie dann was wissen wollte, wollte sie es wissen.

00:56:05: Es war schon jung, aber hätte ich sie anlügen sollen.

00:56:09: Und für mich war so das Thema, ich muss ihr die Wahrheit sagen.

00:56:11: Sie hat es ja gemerkt.

00:56:12: Sie hat ja gemerkt, wie ich rumgedruckst habe, dass es Mama war, das ist eine Vergewaltigung.

00:56:17: Und für mich war das dann komisch auch ihr gegenüber auszusprechen und wir haben da beide geweint.

00:56:24: Es hat auch noch ein bisschen Zeit gebraucht, bis sich das bei ihr dann gesetzt hat und bis sie dann darüber reden konnte und dann kam immer wieder mal was, wo sie dann gefragt hat.

00:56:33: Bereust du es, dass du es ihr so gesagt hast?

00:56:35: Nein.

00:56:36: Würdest du was anders machen oder was hinzufügen oder?

00:56:41: Nee.

00:56:42: Weil mir war es immer wichtig, ihr das so zu sagen, wie sie fragt.

00:56:47: Und mir war von Anfang an gleich, werde ihr das nicht verheimlichen.

00:56:51: Und ich weiß ja, dass sie in eine Identitätskrise kommen wird.

00:56:54: Das war mir ja klar.

00:56:56: Und dass die mit dreizehn, vierzehn, da geht es ja ganz los.

00:56:59: Wer bin ich eigentlich?

00:57:00: Und sie hat es damals gebraucht.

00:57:02: Sie wollte wissen, wer sie ist, weil sie es ja gespürt hat.

00:57:04: Sie wollte irgendwie, genau so hat sie angefangen.

00:57:06: Mama, wie war er eigentlich?

00:57:08: Und sie wollte wissen, ob sie bestimmte Eigenschaften von ihm hat.

00:57:11: Und so haben die Gespräche angefangen.

00:57:13: Aber ich konnte sagen, ich kann dir, und dann ging es los.

00:57:15: Ich kann es dir nicht sagen.

00:57:16: Ja, wieso kannst du es mir nicht sagen?

00:57:17: Ja, wie heißt er denn?

00:57:18: Ja, kann ich dir nicht sagen.

00:57:20: Ich musste ihr die Wahrheit sagen.

00:57:23: Und es hat uns aber auch extrem gut gemacht.

00:57:25: Und ich habe schon immer eine sehr starke Verbindung, aber das hat uns noch mehr zusammengeschweißt.

00:57:30: Und eine Zeit lang hat sie gefragt, aber dann hat sie jahrelang nichts gefragt.

00:57:33: Und dann ist sie halt in ihre Krise reingekommen.

00:57:36: Ich habe noch eine Frage für davor, als du ihre extreme Reaktion wahrgenommen hast und gesehen hast, wie sie das wahrnimmt.

00:57:44: Was ist bei dir emotional da passiert?

00:57:47: Wie war da deine Gefühle?

00:57:49: Es hat mir wehgeteilt.

00:57:52: Ich wollte sie meinen Leben lang geschützen.

00:57:54: Und in dem Moment hat es mir wehgetan, dass sie mit so etwas leben muss.

00:58:01: Du hast gerade gesagt, dass deine Tochter dann auch in eine Identitätskrise gefallen ist?

00:58:06: Magst du davon berichten?

00:58:07: Ja, ich kann ein paar Dinge sagen, ja.

00:58:10: Sie wollte natürlich wissen, wer sie ist.

00:58:12: Und da fing es dann an, dass wir uns übelst angefangen haben zu streiten.

00:58:18: Dass wir uns plötzlich irgendwie, ich weiß nicht, es ist mir also alles aus der Hand geglitten damals.

00:58:23: Und wir uns so heftig gestritten haben und überhaupt keinen Nenner mehr gefunden haben.

00:58:27: Und ich konnte das damals nicht verstehen, weil wir immer so eng ineinander waren.

00:58:31: Und sie viel Wut in sich hatte und die Wut halt gegenüber mir gezeigt hat.

00:58:36: Klar, wem denn sonst.

00:58:38: Sie hatte ja niemand wem sie sagen konnte außer mir.

00:58:41: Ja, und dann ging es halt los, dass sie wissen wollte, wer sie eigentlich ist.

00:58:46: Und sie dann auch in Depressionen abgerutscht ist.

00:58:49: Sie damals sehr starke ... Körperliche Probleme bekommen hat, extreme Bauchschmerzen.

00:58:55: Sie konnte nichts mehr essen, weil sie nichts mehr vertragen hat.

00:58:57: Wir haben unzählige Krankenhausaufenthalte.

00:59:00: Dann ist sie in eine Essstörung rein gerutscht.

00:59:04: Sie hat sich nicht schön gefunden, obwohl sie, meine Meinung nach, einer der schönsten Frauen ist.

00:59:08: Total schöne Frauen.

00:59:09: Ja, war ein schönes.

00:59:11: Und sie hat sich nicht schön gefunden.

00:59:13: Und das konnte ich damals so gar nicht greifen, nicht verstehen.

00:59:18: Und dann hab ich mir Hilfe geholt, weil ich nicht damit umgehen konnte.

00:59:21: Und sie hat mir dann auch irgendwann von ihren Ganzen das, was in ihr Innenabgeht erzählt.

00:59:27: Und dann hat sie sich auch, also ich hab dann auch eine Psychologin für sie gefunden, also eine Therapeuten.

00:59:33: Und den Weg sind wir zusammengegangen.

00:59:35: Wir haben viel durchgemacht, wir beide.

00:59:38: Und sie halt auch sich von mir abnabeln musste, weil ich war ja damals sehr, wie soll ich denn sagen, ich war ja so eine Glocke.

00:59:46: weil ich ja aus dem heraus, was passiert ist, so Angst hatte.

00:59:49: Und ich meine, heute lachen wir darüber, aber sie muss zum C-Node zu Hause sein, weil ich Angst hatte, wenn sie im Dunkeln irgendwo mit irgendwelchen Leuten, also ich muss immer wissen, mit wem sie weg ist.

00:59:58: Und dann, wer sie bringt, wer kann schon richtig Auto fahren und nicht erst gerade den Führerschein.

01:00:04: Und wenn sie zwei Minuten nach C-Node nicht da war, habe ich sie angerufen.

01:00:07: Und das war nicht so lustig.

01:00:10: Gut, man muss auch sagen, ihre Freunde haben sie immer schön artig nach Hause gebracht und angerufen und so.

01:00:15: Aber ich war schon sehr, sehr besorgt um sie.

01:00:20: Und das hat sie dann verstanden.

01:00:21: Sie hat gesagt, Mama, jetzt verstehe ich dich, warum du so bist, warum du immer so auf mich acht gibst.

01:00:26: Und sie hat sich dann aber auch rausgeboxt, musste sie ja auch.

01:00:28: Klar, ist ja ungesund, wenn man dann so mit Mama, Tochter, so massiv zusammen ist.

01:00:33: Und es war für mich auch nicht leicht, aber es musste ich auch lernen.

01:00:35: Und sie hat sich es aber auch rausgeboxt.

01:00:37: Sie war noch eine krasse Nummer.

01:00:39: als ich damals.

01:00:40: Und ich wusste, wie sie es anfühlt.

01:00:42: Also wollte ich ihr aber auch den Freiraum geben.

01:00:44: Und mir war es dann halt wichtig, dass wir darüber sprechen.

01:00:47: Ja, also ich hab immer wieder versucht, wenn wir uns so gestritten haben, auch immer wieder, dass wir, haben ich dann ins Bett gesetzt mit die Gerede, dass wir uns wieder verstehen.

01:00:54: Und wir sind dann echt, wir sind beide durch eine sehr krasse Zeit, aber es hat uns sehr, wir sind sehr gewachsen daran auch.

01:01:02: Was würdest du Frauen empfehlen, wenn sie auch in diese Situation kommen, dass sie ... Schwanger sind, vielleicht sogar einfach nur als Teenie-Schwanger mit einem festen Partner und es ist eine glückliche Beziehung.

01:01:15: Was würdest du diesen, ich sag absichtlich Kindern empfehlen?

01:01:19: Ja, darüber zu sprechen und sich hier verholen.

01:01:25: Eine Person zumindest eine Person zu haben, die einen versteht.

01:01:28: Jemand, der damit umgehen kann, damit man einfach über die Gefühle sprechen kann.

01:01:33: Und es ist legitim auch zu sagen, Ich bin vielleicht noch nicht bereit dazu, aber ich glaube, man braucht jemanden, der Mut macht.

01:01:40: Ich bin so dankbar, dass ich nie das Thema Abtreibung für mich ein Thema war, weil ganz ehrlich, wenn ich sie nicht bekommen hätte, dieses Kind hat so viel Heilung in mir gebracht, sie hat mich auch getriggert und ich musste durch sie so viel lernen, aber wenn ich heute schaue auf die Person, die ich heute bin, bin ich einfach nur dankbar, dass ich das lernen durfte, dass ich das lernen konnte.

01:02:00: Und diese Beziehung, die wir heute haben, ganz ehrlich, das ist für mich so ein Wunder und so ein Geschenk, dass ich hab, ich würde das nie missen wollen.

01:02:07: Und du stehst mit siebzehn an dem, vielleicht oder mit sechzehn an dem Punkt und kannst dir das nicht vorstellen, aber du kannst ja auch nicht zwanzig Jahre später schauen.

01:02:14: Und ich glaube, jede junge, schwangere Frau da draußen braucht jemand, der sie begleitet.

01:02:21: Und ich bin überzeugt davon, wenn man gute Menschen, gute begleitende Seite hat, dass man das schafft.

01:02:27: Ja, und ich will einfach Mut machen, das zu versuchen.

01:02:30: Du hast ja jetzt nicht nur diese eine Tochter, würdest du's deinen anderen Kindern auch sagen?

01:02:35: Ich hab's ihnen gesagt, ja.

01:02:37: Und wie haben die darauf reagiert?

01:02:40: Ähm, sie waren geschockt.

01:02:43: Meine Jungs waren sehr geschockt.

01:02:44: Klar, die Kleinen hab ich's noch nicht gesagt, die sind noch zu klein.

01:02:47: Aber mein Jungs ist auch noch nicht so lange her.

01:02:50: Die waren geschockt, die haben viel gefragt.

01:02:52: Sehr viel Wut.

01:02:54: Die hochkam.

01:02:55: Aber ich muss ganz ehrlich sagen, das hat uns als Familie so zusammengebracht.

01:03:00: Und wir können offener reden, wie wir je geredet haben.

01:03:04: Und ich muss sagen, meine Jungs sind mir gegenüber.

01:03:07: Ich merke, dass da Respekt da ist, dass sie sagen, wow, dass du das geschafft hast.

01:03:12: Und wir haben ein gutes Miteinander jetzt.

01:03:14: Und sie dürfen auch mal ihre Meinung sagen, das ist bei mir oder bei uns als Familie ganz wichtig, dass meine Kinder auch mir sagen dürfen, was ich falsch mache, ist nicht immer lustig, aber ist gut.

01:03:25: Ja, das hat sich daraus entwickelt, weil ich angefangen habe, ehrlich zu sein.

01:03:29: Klar, sie haben gefragt, warum ich das nicht früher gesagt habe, aber ich konnt's auch nicht.

01:03:34: Das hat Zeit gebraucht.

01:03:35: Vor allem habe ich gewartet, bis meine Tochter damit umgehen konnte, weil ich musste sie ja auch schützen.

01:03:41: Und darum sitze ich auch jetzt erst da, weil sie hat auch ihre Zeit gebraucht.

01:03:45: Wie würdest du diesen Rat Frauen geben oder Kindern Jugendlichen geben, die ungewollt schwanger geworden sind?

01:03:54: Also, wenn ich Mit solchen Menschen oder mit solchen Frauen in Kontakt kommen, würde ich sie einfach erst mal in den Arm nehmen.

01:04:01: Das hätte ich, glaube ich, damals gebraucht.

01:04:03: Ich würde Ihnen trotzdem den Rat geben.

01:04:06: Und deswegen stehe ich hier und erzähle die Geschichte.

01:04:08: Weil es die Möglichkeit gibt.

01:04:10: Und klar, mein Glaube ist für mich heute wichtiger denn je.

01:04:14: Ohne mein Glauben hätte ich das Ganze nicht geschafft.

01:04:15: Und für mich ist es ein Wunder, was daraus entstanden ist, weil die ... Heute so eine starke Frau ist und so eine Frau, die jetzt nach außen geht und ihre Geschichte selbst erzählt.

01:04:25: Und ich möchte, ich würde denen den gleichen Rat geben.

01:04:28: Sie brauchen Menschen an der Seite, die sie unterstützen.

01:04:31: Und man braucht auch, ich bin jahrelang in Seelsorge gegangen.

01:04:35: Ohne das würde ich das nicht schaffen.

01:04:37: Ich habe viel Arbeit da reingesteckt.

01:04:40: als ich dann irgendwann darüber sprechen konnte mit der Person.

01:04:45: Und das hat wehgetan.

01:04:46: Es war harte durchzugehen, aber es hat sich so gelohnt.

01:04:48: Deswegen würde ich den Rat trotzdem geben.

01:04:50: Es ist möglich, ja.

01:04:52: Und dieses Glück dabei haben zu können, aber man muss bereit dazu sein.

01:04:57: Ich war damals auch noch nicht bereit, aber ich habe mich dafür entschieden, es zu tun.

01:05:02: Ich werde Mama und die Belohnung ist unbeschreiblich.

01:05:06: Hast du jetzt gelernt, Nein zu sagen, zu Männern oder Personen in höheren Position?

01:05:12: Ich bin dabei.

01:05:14: Also ich kann es mittlerweile besser und es ist ein Punkt, wo ich immer noch lernen darf, aber da bin ich einfach froh, dass ich da jemanden an der Seite habe, die mit mir dann den Weg geht und ich gebe das ganz offen zu.

01:05:26: Ich gehe heute noch in Seelsorge, weil ich das brauche und ich glaube, man ist nie fertig heil.

01:05:30: Es ist immer ein Weg.

01:05:32: Und ich kann es heute viel, viel besser, ja.

01:05:35: Und trotzdem lerne ich noch.

01:05:38: Was wünschst du dir denn für deine persönliche Zukunft?

01:05:42: Für meine Zukunft wünsche ich mir mit dieser Freude, mit dieser Leichtigkeit weiterleben zu können und vor allem es anderen weiter zu erzählen, was es für eine Möglichkeit gibt.

01:05:52: Weil wir sind als Familie zerbrochen, kann ich so sagen, alle.

01:05:57: Aber wir sind wieder heil geworden.

01:06:00: Aber es hat mich gebraucht dafür.

01:06:03: Nicht die anderen, sondern wirklich.

01:06:04: ich musste mich mit meinem Leben, mit meiner Geschichte konfrontieren und ich musste darüber sprechen und ich musste mir Hilfe holen.

01:06:12: Und weil ich es gemacht habe, konnte meine Kinder heilen und meine Tochter hat einen ganz krassen Satz gesagt und das fand ich echt wow.

01:06:19: Sie hat zu mir gesagt, ich konnte heilen, weil du dich entschieden hast zu heilen.

01:06:24: Und das ist das, was.

01:06:26: darum sage ich das auch.

01:06:27: Es ist wichtig, dass du als Mama Egal, welcher Lage du bist, dass du dich dafür entscheidest, heil zu werden, weil jeder hat ja seine Geschichte.

01:06:35: Und wenn du als Mama dich auf den Weg machst, heilen deine Kinder und wiederherstellung ist da, ist möglich.

01:06:41: Danke dir, danke dir, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast.

01:06:44: Und ich finde, du bist eine wirklich sehr, sehr starke und inspirierende Frau.

01:06:47: Und danke dir, dass du uns vertraut hast.

01:06:49: Gerne.

01:06:50: Danke schön, Nelly.

01:06:51: Und wir wünschen dir und deiner... Gesamten Familie, alles Liebe, alles Gute, ganz wie Heilung für eure Zukunft.

01:06:58: Danke.

01:06:59: Ich sei zufrieden.

01:07:01: Hier noch eine Anmerkung.

01:07:03: Wenn du von den besprochenen Themen betroffen bist oder Unterstützung benötigst, bist du zögere nicht Hilfe in Anspruch zu nehmen.

01:07:10: Wohl die Unterstützung bei professionellen

01:07:12: Hilfeinrichtungen

01:07:13: oder dir vertrauten Personen.

01:07:15: Bis zum nächsten Mal bei Von

01:07:16: Bohne zu Bohne.

01:07:19: Du willst

01:07:20: selbst bei uns dabei sein?

01:07:22: Denn melde dich auf unserer Website.

01:07:24: oder unsere Social Media.

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