Suizid der Tochter: Wie überlebt man das unvorstellbare #68 Elke
Shownotes
Triggerwarnung: Diese Folge enthält sensible Themen wie Suizid, Depression, Trauer und Verlust. Bitte höre sie nur, wenn du dich stabil genug fühlst.
Elke verliert ihre Tochter durch Suizid und muss das Unbegreifliche begreifen. In dieser Folge erzählt sie von den Tagen davor, dem Moment der Nachricht, der ersten Begegnung mit der Polizei, der Beerdigung und ihrem Weg durch den Schmerz. Sie spricht über Schuldgefühle, Sprachlosigkeit, den Umgang mit der Familie und die Frage: Wie lebt man weiter, wenn das eigene Kind nicht mehr da ist?
Mit unglaublicher Offenheit beschreibt Elke, wie sie Schritt für Schritt den Weg zurück ins Leben fand durch Rituale, Glauben, Schreiben und den Mut, anderen betroffenen Müttern zu helfen.
Kapitelmarken: 00:00 - 01:35: Triggerwarnung & Intro 01:35 - 03:20: Erste Veränderungen & Klinikaufenthalt 03:20 - 06:20: Studium, Leistungsdruck & Partnerschaft 06:20 - 09:28: Die letzte Woche: Müdigkeit & Erschöpfung 09:28 - 13:43: Der Anruf, der alles veränderte 13:43 - 16:26: Die Nachricht & Reaktion der Polizei 16:26 - 19:52: Schock, Sprachlosigkeit & erste Stunden 19:52 - 24:17: Die Entscheidung zur Beerdigung 24:17 - 26:55: Die Baumbestattung 26:55 - 35:13: Der Weg durch die Trauer 35:13 - 52:52: Die Liebe bleibt 52:52 - 1:04:00: Entscheidung fürs Leben
Suizidprävention #Trauerbewältigung #PsychischeGesundheit #Trauer #Verlust #Angehörige #Depression
Hilfsangebote: Wenn du selbst unter Suizidgedanken leidest oder jemanden kennst, der betroffen ist, wende dich bitte an: TelefonSeelsorge: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 (kostenlos & anonym) Nummer gegen Kummer: 116 111 (Kinder & Jugendliche) www.telefonseelsorge.de
Du bist nicht allein. Hilfe ist jederzeit erreichbar.
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Transkript anzeigen
00:00:01: Ich weiß nur, wo wir waren, an welcher Stelle auf der Autobahn, als ich so aufs Feld schaute und so irgendwie so in mir dachte.
00:00:09: Ich begrab sie unter Bäumen.
00:00:12: Das hat mich in dem Moment und nachher auch noch so berührt, dass dieser Mensch, der ja täglich mit schlimmen Sachen zu tun hat, noch so beteiligt war, dass er mir so seine Gefühle zeigen konnte.
00:00:33: Wir möchten gewährleisten, dass du dich während des Höhrens unseres Podcasts wohl fühlst und keine unerwarteten Auslöser erlebst.
00:00:40: In dieser Episode werden wir Themen ansprechen, die für einige Höhren der Verstörend sein könnten.
00:00:45: Zu Beginn der Folge stellen wir das Thema vor.
00:00:48: Falls du denkst, dass das genannte Thema für dich persönlich belastend sein könnte, dann möchten wir dich bitten, die Folge direkt zu beenden.
00:00:57: Stell dir vor, du kommst in ein Raum, vor dir sitzt ein Mensch und du hast keine Ahnung, wer das ist.
00:01:02: Das passiert mir in jeder Folge bei unserem Podcast von Bohne zu Bohne.
00:01:07: Mein Name ist Charlotte und ich weiß vorher nichts über unsere Gäste.
00:01:10: Kein Name, keine Information, keine Themen.
00:01:14: Also werden meine Fragen auch deine Fragen sein.
00:01:17: Ich bin Zania und ich suche die Gäste.
00:01:20: Hier achte ich darauf, dass es Menschen mit spannenden Persönlichkeiten und faszinierenden Erlebnissen sind.
00:01:26: Und genau die wollen wir mit euch teilen.
00:01:28: Bist du bereit, gemeinsam mit Charlotte neue Geschichten kennenzulernen?
00:01:37: Hallo
00:01:37: und herzlich willkommen zu einer neuen Folge.
00:01:39: Mein Name ist Charlotte.
00:01:40: Mein Name ist Zanya.
00:01:42: Und mein Name ist Elke.
00:01:43: Und ich möchte heute über den Suizid meiner Tochter sprechen.
00:01:46: Das tut mir sehr leid.
00:01:48: Auch unter der Prämisse, Elke, dass ich dich schon kennengelernt habe.
00:01:51: Und jetzt noch mal viel mehr dich als Person greifen kann, tut es mir um so mehr Leid, dass wir jetzt darüber sprechen.
00:01:58: Aber was würdest du sagen?
00:01:59: Wo fängt deine Geschichte da an?
00:02:02: Ja, schwer zu sagen.
00:02:04: Wo fangen wir an?
00:02:04: Bei dem Tag an sich?
00:02:06: Vielleicht sogar noch ein Stück weiter vorne.
00:02:09: Ja, du darfst sogar gerne.
00:02:10: Ich würd gern anfangen, wo du gemerkt hast, dass deine Tochter sich im Wesen ein bisschen verändert hat.
00:02:16: Mhm.
00:02:17: Wie alt war deine Tochter da?
00:02:19: Bei ihrem Suizid?
00:02:20: Nee, als sie sich in ihrem Wesen verändert hat.
00:02:22: Es war vielleicht ... Lass mich ganz kurz überlegen.
00:02:27: Drei Jahre vorher.
00:02:29: Mhm.
00:02:29: Da war sie dreiundzwanzig.
00:02:31: Oh.
00:02:33: Ah, das halt jetzt zweimal, weil das auch für dich ein Ausschlag eben das Jahr war, mit der Zeitraum.
00:02:39: Du auch in der Phase warst, in der du Veränderungen hattest.
00:02:42: Genau, beide Jahre, also auch sechsundzwanzig war für mich ein wichtiges Jahr.
00:02:46: Ja.
00:02:47: Woran hast du das gemerkt?
00:02:49: Sie war in ihrem Bachelorstudium und hat Biotechnologie studiert, was sicherlich nicht einfach war.
00:02:58: Und sie hat aber immer ... gute Noten gehabt bzw.
00:03:03: ja, ist alles gut gelaufen.
00:03:04: und plötzlich fing sie an sich selbst an zu zweifeln, ob sie da klug genug dafür ist.
00:03:11: und sie Tatsache, als hätte sie die guten Noten so aus Zufall bekommen und hat ein paar Schwierigkeiten im Freundeskreis.
00:03:19: und ja, das habe ich aber erst nicht so erkannt.
00:03:23: Also sie lebte schon alleine zu dem Zeitpunkt und dann ist sie Bei mir gewesen, weil es ihr nicht gut ging.
00:03:30: Also, ich hab sie zu mir geholt.
00:03:33: Und da hab ich gemerkt, dass sie vollkommen verändert war.
00:03:37: Ganz still und leise und sehr an sich zweifelnd.
00:03:41: Und auch mit dunklen Gedanken.
00:03:45: Und dann hab ich sie das erste Mal in eine Klinik gebracht.
00:03:49: Hat sie dir diese dunklen Gedanken auch erklärt oder geäußert?
00:03:52: Nee, hat nicht viel gesprochen.
00:03:54: Und du hast aber gemerkt, sie braucht von außen Hilfe.
00:03:57: Ich
00:03:57: hab gemerkt, das schaffe ich nicht alleine, so kann ich nicht, ob sie aufpassen.
00:04:00: Magst du uns vielleicht erklären, wie deine Tochter sonst war, wenn du sagst, sie war leise, war sie vorher so lebensfroh?
00:04:07: Ja.
00:04:08: Absolut.
00:04:10: Sie war eigentlich so die, sie ist mein drittes Kind.
00:04:13: Ich hab ja insgesamt sechs Kinder, und sie ist mein drittes Kind.
00:04:17: Und sie war sehr lebenslustig, sehr laut und fröhlich und so.
00:04:24: Hattet ihr eine enge Beziehung?
00:04:25: Ja.
00:04:25: Hm.
00:04:27: Schon.
00:04:28: Ja, und dann war sie in der Klinik und einige Wochen danach in ambulanter Therapie.
00:04:35: Und ja, man konnte beobachten, wie sie wieder aufblüht.
00:04:38: Wie alles wieder in Ordnung war, anscheinend jedenfalls.
00:04:43: Und wie sie wieder die Alte war.
00:04:47: Diese Gefühlswelt, die sie hatte, würdest du sagen, die war ausschließlich auf den Druck... das Studiums zurückzuführen?
00:04:55: Sie ist grundsätzlich ein Mensch gewesen mit hohen Ansprüchen an sich.
00:05:00: Ja.
00:05:00: Aber im späteren Verlauf hatte sie denn auch tatsächlich eine Partnerschaft, die, sag mal, Gelinde gesagt, ihr nicht gut getan hat.
00:05:12: Und das war, glaube ich, es waren sicherlich mehrere Sachen, die dazu geführt haben, dass sie dachten, es geht nicht mehr.
00:05:20: Diese Partnerschaft, die sie hatte, wie hat sich das ... Ausgedrückt, dass er nicht oder sie nicht die richtige für sie war.
00:05:29: Ja, sie hat mich schon mit einbezogen und hat dann bei mir auch sich ausgeweint über ihn, dass sie hatte, also er hatte zu wenig Zeit für sie oder sie fühlte sich so ein bisschen nicht so sehr im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit, wie sie sich das gewünscht hätte.
00:05:46: War das ihr erster Partner?
00:05:48: Nein, das war nicht der erste.
00:05:50: Und zu dem Zeitpunkt, d.h.
00:05:52: also mit rein zwanzig, war sie auch noch mit ihm zusammen?
00:05:54: Ach so, ich sprach jetzt schon von der nächsten Phase.
00:05:57: Also da gab es eigentlich nur das Studium, was sie belastet hat.
00:06:03: Okay, ich verstehe.
00:06:04: Ja.
00:06:05: Wenn ich mich richtig erinnere, hat sie denn das Masterstudium angefangen?
00:06:09: Genau.
00:06:10: Er hat dann ein Jahr Pause gemacht und hat da das Masterstudium angefangen, genau.
00:06:15: Und während des Studiums hat sie den besagten Freund kennengelernt?
00:06:19: Genau, den hat sie dann gehabt.
00:06:20: Aber ich möchte an dieser Stelle nicht ihnen die Schulter fürgeben.
00:06:23: Es waren, glaube ich, ganz viele verschiedene Dinge, die dazu geführt haben.
00:06:30: Dieses Masterstudium in welchem Alter war sie, als sie das angefangen hatte?
00:06:34: Pierenzwanzig.
00:06:36: Du hattest ja jetzt schon mit erlebt, dass deine Tochter durch diesen Leistungsdruck im Bachelor, dass es ihr dadurch nicht gut ging.
00:06:43: Wie ging es dir als Mutter, als du erfahren hast, sie wollte noch den Master machen?
00:06:48: Ja, man ist da natürlich ... schon ein bisschen kritisch.
00:06:52: Und ich hab das auch hinterfragt.
00:06:55: Aber sie war da fest entschlossen, diesen Weg weiterzugehen, weil sie auch Spaß dran hatte.
00:07:00: Ich stelle mir das auch unfassbar schwer vor, auch unter der Prämisse, dass sie ihr Selbstzweifel hatte.
00:07:04: Und auch wenn es natürlich nicht der Fall ist, dass du ihr es dann sagst, du schaffst es nicht, aber es könnt ihr ja irgendwie mithallen.
00:07:10: Dieser Gedanke, wenn du sagst, hey, ist das jetzt wirklich das Richtige für dich?
00:07:14: Dass sie natürlich auch Selbstzweifel bekommt, so ja vielleicht.
00:07:17: Zweifelt meine eigene Mutter an mir selbst.
00:07:19: Hast du diesen Gedanken?
00:07:21: Nicht wirklich.
00:07:22: Also für mich war klar, wenn sie das so für sich entscheidet, dann ist das richtig.
00:07:26: Und da es ihr ja auch wieder gut ging, hab ich das auch mitgetragen.
00:07:31: Ja.
00:07:32: Magst du uns erzählen, wie sie da gewohnt hat?
00:07:36: Das war in einem Studentenwohnheim oder in so einer Anlage hier in Aachen.
00:07:41: Und sie hatte dann eine eigene Wohnung.
00:07:43: Es gab auch einige WGs, also so ganz gemischt, auch Familien wohnten dort.
00:07:47: Aber sie hatte ihre eigene kleine Wohnung, ihr Apartment dort.
00:07:51: Hatte sie noch ein Job nebenbei?
00:07:54: Ja, sie hatte im Krankenhaus gearbeitet, wo sie dann auch schon ihre Doktorandenstelle in Aussicht hatte.
00:08:02: Okay, da kommt noch mal einiges an Leistungsdruck zusätzlich auf sie zu.
00:08:07: Aber
00:08:07: das hat sie sehr gerne gemacht.
00:08:08: Sie hat diesen Job geliebt.
00:08:11: Was hat sie denn da so ungefähr genau gemacht?
00:08:13: Sie hatte viel mit Zellforschung.
00:08:16: zu tun.
00:08:18: Das war auch das, worauf sie sich gefreut hat, dass sie forschen durfte bei vollen Bezügen.
00:08:24: Also sie hatte eine ganz tolle Stelle angeboten bekommen, weil der Professor da auch ihr Potenzial gesehen hat.
00:08:30: Man muss auch dazu sagen, dass ja, also ich kenne es jetzt nur von meinem Fachgebiet, dass es gar nicht so einfach ist, auch manchmal an Doktorandenstellen zu kommen, weil die doch sehr, sehr rar sind.
00:08:39: Und wenn sie gerade im Masterstudium anfängt und dann das bekommt, dann ist das schon ... etwas Großes.
00:08:44: Und da kam einem schon bewusst sein, wow, dass ich jetzt so die Chance bekomme.
00:08:48: Das ist schon etwas Besonderes.
00:08:50: Genau, sie war auch sehr stolz darauf und die ganze Familie war natürlich stolz auf sie.
00:08:54: Und sie hatte sich da auch im Prinzip darauf gefreut, aber gleichzeitig auch Ängste gehabt.
00:09:00: Hat sie ausgedrückt, inwieweit sie Ängste hatte?
00:09:04: Ja, wir haben darüber gesprochen und ... Ja, sie hatte so ein bisschen Angst vor dem Interdisziplinären, was da auf sie zukommen würde, so neue Sachen.
00:09:16: Und dann auch, ja, sie hatte nochmal Englischunterricht geplante zu nehmen, weil sie das meinte, dass sie das auch sehr viel brauchen wird.
00:09:27: Und ja.
00:09:33: Eine Woche vorher.
00:09:35: Vor dem Suizid?
00:09:36: Genau, genau eine Woche vorher.
00:09:38: Sie hieb sie mich an und sagte, Mama, kannst du mich holen?
00:09:42: Sie hatte kein eigenes Auto und wir wohnen so zwanzig Kilometer weg.
00:09:47: Und dann hab ich gesagt, ja, klar, ich komme, ich hol dich.
00:09:51: Und ihr Bruder kam dann auch mit, weil der war kurz vorm Beginn seines Studiums, der wohnte da in der gleichen Anlage wie sie.
00:09:59: Und dann kamen sie beide wieder nach Hause und sie hat dann das Wochenende bei uns verbracht.
00:10:06: Und wir haben ein bisschen gesprochen.
00:10:09: Und ja, ich hatte das Gefühl, es hat ihr gut getan.
00:10:14: Sie hat aufgetankt bei uns.
00:10:17: Ihre zwei Geschwister waren ja noch unten noch zu Hause.
00:10:21: Und ich konnte nicht merken, wie sie wieder aufblüte.
00:10:26: So kurz bevor sie ging, saß ich noch so mit ihr auf dem Sofa.
00:10:31: Und sie nahm so meinen Hand sehr so ein Ding gehabt mit Händen.
00:10:35: Hat sie immer so gerne in ihr Rand genommen und gepnetet.
00:10:39: Da saßen mir da so, ich hatte so eine Hand gegeben und die andere so um ihre Schultern gelegt und es war so total schön und vertraut.
00:10:46: Und ich hatte dann ein gutes Gefühl, als sie gegangen ist.
00:10:50: Also sie hat mich umarmt und sie war die Einzige, die mich immer auf den Mund küsste, bevor sie dann ging und wir haben uns gedrückt und dann ging sie und ich sah sie noch, wie sie sich umschaut und winkte.
00:11:02: Also ihr Freund hatte sie abgeholt bei uns.
00:11:05: Was hat ihr zu diesem Zeitpunkt?
00:11:08: Klar, das ist eher so schlecht?
00:11:10: Nein.
00:11:12: Das war mir nicht klar, dass es so schlecht ging.
00:11:14: Ich habe allerdings wahrscheinlich irgendwie so ein Gefühl gehabt, weil ich habe noch dreimal in der Woche mit ihr telefoniert.
00:11:22: Und ich habe ihr zum Beispiel gesagt, weißt du, für mich musst du den Doktor nicht machen das.
00:11:29: Wenn du das möchtest, dann ist das gut.
00:11:32: Aber ich könnte auch verstehen, wenn du jetzt einfach sagen würdest, ich brauche jetzt nur Auszeit.
00:11:37: Ich hatte wirklich das Gefühl, sie ist erschöpft.
00:11:42: Und da hat sie sich aber nicht drauf eingelassen und sie sagte, nein, ich kann meinen Professor nicht entfäuschen.
00:11:47: Ich muss da jetzt ... Ich hab das gesagt und ich komme und ich fange das an.
00:11:53: Und dann hatte ich noch mal eine andere Idee und ich sagte, du kannst auch wieder nach Hause ziehen.
00:11:58: Wir bauen dir das oben um, dann hast du dein eigenes Apartment hier bei uns im Haus.
00:12:03: Was wollte sie alles nicht?
00:12:05: Als deine Tochter bei dir war, hat sie ... Mit dir über irgendwelche Themen gesprochen, die in Richtung Doktorarbeit oder Doktorandenstelle oder so ging?
00:12:15: Nein, da war das nicht Thema.
00:12:17: Es war einfach nur, dass sie sagt, dass sie so müde ist und so erschöpft, weil sie hat an ihre Masterarbeit geschrieben.
00:12:24: Wie hat dein Partner darauf reagiert?
00:12:26: War ihm da klar, dass es ihr so schlecht ging?
00:12:29: Zwar keine von uns klar.
00:12:32: Das erzähle ich nachher aber auch noch mal, warum das so war.
00:12:36: Okay.
00:12:37: Du hast jetzt gerade eben erzählt, dass du da versucht hast, noch mal auf sie einzurücken.
00:12:42: Genau.
00:12:42: Und sie war da nicht davon abzubringen.
00:12:44: Nee.
00:12:45: Sie war da entschlossen, den Weg zu gehen.
00:12:49: Wie ging es dann weiter?
00:12:50: Genau an ... Es war ein Samstag.
00:12:55: Und ich arbeitete damals im Einzelhandel.
00:13:00: Und hatte morgens noch mit meiner Kollegin gesprochen über sie.
00:13:04: Was ist die Name?
00:13:05: Und da ... gesagt, dass es ihr gerade nicht so gut geht.
00:13:09: dass ich mir so ein bisschen Sorgen mache, dass ich froh bin, wenn jetzt bald die sie ihrem Arbeit abgegeben hat und das dann hoffentlich für sie ein Ballast abfällt.
00:13:20: und mittags um zwei ungefähr klingelte das Telefon, also mein Handy und ich sah mein Sohn ruft an und Dann habe ich mich gleich so kurz gemeldet, dass er gleich merkt, ich kann jetzt nicht.
00:13:37: Ich dachte, er hat bestimmt vergessen, dass ich heute arbeite und will einfach mal quatschen.
00:13:42: Und dann merkte ich aber sehr schnell, dass er sehr ernst war und sagte, ich mache mir Sorgen.
00:13:48: Ich sagte, was ist los?
00:13:50: Er sagte, ich war gestern noch mit mir zusammen.
00:13:53: Es ging ihr nicht so gut.
00:13:54: Dann habe ich sie zu mir rübergeholt.
00:13:56: Wir haben uns zusammen gegessen.
00:13:59: Und dann habe ich sie um ein, zwanzig Uhr verabschiedet und seitdem erreiche ich sie nicht mehr.
00:14:04: Und dann hab ich gesagt, vielleicht ist sie kurzfristig zu ihrem Freund gefahren.
00:14:11: Es wird sicher eine Erklärung geben.
00:14:14: Dann sagt er, nein, ich hab irgendwie ein ganz blödes Gefühl.
00:14:18: Dann hab ich gesagt, du hast doch ein Schlüssel von ihrer Wohnung, dann geh doch einfach rein.
00:14:23: Dann sagt er, nein, ich hab keinen Schlüssel, sie hat einen von mir, aber ich hab keinen Schlüssel von mir.
00:14:28: Aber ich weiß, wie man Türen aufmacht.
00:14:31: Das lernt man anscheinend, wenn man Türen öffnet.
00:14:36: Dann ging das aber irgendwie nicht, weil auch abgeschlossen war, nämlich an.
00:14:41: und dann rief er mich wieder an und sagt, der Hausmeister macht die Tür auch nicht auf, nur wenn die Polizei dabei ist.
00:14:49: Und dann habe ich gesagt, dann holst du jetzt die Polizei.
00:14:51: Also es war, er war so etwa dreißigvierzig Kilometer von mir entfernt, also ich konnte nicht einfach mal so hin und ich war bei der Arbeit.
00:15:00: Und es war, in dem Moment teilte sich das so in meinem Kopf.
00:15:03: Irgendwie so ein Teil von mir hatte eine Ahnung, da ist was ganz Schlimmes passiert.
00:15:07: Und der andere Teil hat sich geweigert, das als Realität anzuerkennen oder in Betracht zu ziehen, dass das so sein könnte.
00:15:15: Und es war, als wenn ich mich beobachtete, von außen, dass ich jetzt so ganz cool so Anweisungen gegeben hab, was jetzt als Nächstes zu tun ist.
00:15:25: Und er ist auch so eher der Typ, der ... besonnen ist.
00:15:28: Also, es ist nicht jemand, der so schnell in Panik ist oder so.
00:15:33: Ja.
00:15:34: Und dann habe ich aber auch gesagt, ich mache jetzt hier Schluss und ich komme.
00:15:38: Und ich bin dann kurz noch nach Hause gefahren, meinen damaligen Partner ins Auto mitzunehmen.
00:15:47: Und dann haben wir uns auf dem Weg gemacht nach Aachen.
00:15:50: Sie wohnt hier in Aachen.
00:15:52: Ja, und genau, als ich einparkte zu Hause, da ... Rief, also da bekam ich wieder einen Anruf vom Handy, meine Sohn ist aus.
00:16:02: Es war aber nicht mein Sohn dran, sondern eine Polizistin.
00:16:06: So stellte sie sich vor und sagte, ich war sofort in Panik und schrie ins Telefon, was ist mit meiner Tochter, was ist los?
00:16:14: Und sie sagte, beruhigen Sie sich, wir sind noch gar nicht in der Wohnung.
00:16:17: Wir möchten nur, dass Sie sicher hier ankommen.
00:16:19: Und ja, nachher habe ich den erfahren, Sie waren natürlich schon in der Wohnung und Sie wussten schon, was los ist.
00:16:26: Und dann sind wir losgefahren.
00:16:29: Und dann war das wieder so, dass ich das so teilte in mir.
00:16:32: Ein Teil wusste, wo ich mich jetzt hinbegebe und der andere Teil hatte irgendwie versucht, sich die Finger in die Ohren zu stecken.
00:16:41: Und ich weiß noch, wo wir waren, an welcher Stelle auf der Autobahn, als ich so aufs Fels schaute und so irgendwie so in mir dachte, was ... ich begrab sie unter Bäumen.
00:16:54: Das war so ein Gedanke, der war so ganz plötzlich da.
00:16:57: Und dann war wieder so, ach, mit zwei auf, ne?
00:16:59: Also, alles gut.
00:17:01: Da ist nichts.
00:17:02: Und dann fuhren wir weiter.
00:17:06: Und das wechselte sich über die ganze Fahrt ab, dieses hin und her, dieses wie so eine Schaukel.
00:17:12: Und dann kamen wir an und ich sah, also ein Polizist machte uns die Schranke auf.
00:17:18: Es war so ein schrankengesicherter Parkplatz.
00:17:22: Und wir fuhren dann auf einen freien Platz.
00:17:26: Und der kam dann zu uns.
00:17:27: Ich sah ... durch die Bäume, der Standbreitungswagen und Polizei.
00:17:32: Und ich dachte nur, was machen die hier noch?
00:17:34: Die müssen noch längst gemerkt haben, dass sie nicht da ist.
00:17:37: Und wir kommen überhaupt auf für so einen Einsatz.
00:17:40: Also es waren so ganz komische Gedanken.
00:17:42: Und ich bin ausgestiegen und wollte jetzt zur Wohnung meiner Tochter.
00:17:46: Und da kam dieser Polizist, dieser junge Polizist auf mich zu und stellte sich mir an den Weg und sagte ganz bestimmt, setzen Sie sich wieder hin.
00:17:55: Und ich hab mich dann ins Auto gesetzt, so die Beine nach außen halt, dass ich ihn angucken konnte.
00:18:00: Und dann fing er an so, wie er das wahrscheinlich in der Polizeischule gelernt hat.
00:18:07: Den Verlauf so darzustellen, so, ja, ihr Sohn hat uns ja gerufen.
00:18:12: Und er ist dann der Verdacht im Raum, der Selbstverletzung, und wir sind dann hergekommen und haben die Wohnungstür geöffnet und leider, und da wusste ich, der Satz konnte nicht mehr gut ausgehen.
00:18:24: Und sagte er dann, leider haben wir ihr Tochter tot aufgefunden.
00:18:28: Und dabei tropft ein Trennen auf seine Uniform.
00:18:31: Er war vielleicht so alt wie meine Tochter ungefähr.
00:18:35: Ja, das hat mich in dem Moment und nachher auch noch so berührt, dass dieser Mensch, der ja täglich mit schlimmen Sachen zu tun hat, noch so beteiligt war, dass er mir so seine Gefühle zeigen konnte.
00:18:49: Ich hab ihn dann später doch im Brief geschrieben, wo ich mich bedankt hab, dass er so ist.
00:18:54: Und ja, ich hab dann mir dann erst mal ausgerastet, erst mal ins Auto zurück und nur geschrien.
00:19:03: Irgendwann kam ein älterer Kommissar dazu, der mir dann dumme Fragen gestellt hat, wie ich damals fand.
00:19:11: Also ich konnte das Ganze überhaupt noch nicht einordnen und er fragte mich, wo sie krankenversichert ist und ob's das geplant oder ob ich davon gewusst hätte.
00:19:21: Oh Gott, ich darf gar nicht denken, wenn meine Töchter so was machen würden.
00:19:25: Da hab ich gedacht, der ganz ehrlich, ist mir jetzt egal.
00:19:29: Das war nicht sehr hilfreich.
00:19:31: Zum Schluss meinte er, dann halten sie die Orden steif.
00:19:33: Das war dann noch der Gipfel, wo ich dachte, wie unsensibel kann man sein.
00:19:39: Ja, und er sagte dann auch, er hätte eine Seelsorgerin angerufen.
00:19:44: Dann hab ich gesagt, die kann auch gleich wieder gehen.
00:19:46: Gebrauch ich nicht.
00:19:47: Kann mir meine Tochter nicht zurückgeben.
00:19:49: Ich war sehr sauer darüber.
00:19:52: Ich muss sagen, sie kam nachher, sie hat sich neben mich ins Auto gesetzt, wir saßen auf der Rückbank und sie hat mir Taschentücher angereicht und Wasser und es war doch irgendwie gut, dass sie da war.
00:20:06: Und es kam noch eine Freundin dazu, die hatte ich angerufen, weil wir auch nicht in der Lage waren, das Auto nach Hause zu fahren und die kam dann und die saß auch bei mir und ja, dann bin ich irgendwann, musste ich zur Toilette.
00:20:22: dann bin dann in die Wohnung meines Sohnes gegangen und die beiden haben mich dann gestürzt.
00:20:28: und ich hab zu ihr gesagt zu meiner Freundin, ich sag, kann man das überleben?
00:20:36: Ich wusste wirklich nicht, das geht.
00:20:39: Und dann sagte sie, es hat selber fünf Kinder und sagte du, ich weiß es nicht, ganz ehrlich weiß es nicht.
00:20:47: Ja.
00:20:47: Wie ging es dein Mann, als er die Nachricht gehört hat?
00:20:50: Es
00:20:50: war nicht ihr Vater, für den war das natürlich auch schlimm.
00:20:55: Weil die beiden mochten sich.
00:20:57: Ja.
00:20:58: Konnte er da schon auf dich eingehen oder war es eben da noch gar nicht möglich?
00:21:03: Nee, in dem Moment war noch nicht viel möglich.
00:21:06: Ich hab dann da Gesessenheit überlegt, wer muss jetzt Bescheid wissen.
00:21:11: Die Freundin meines Sohnes angerufen, sie war irgendwo anders bei Verwandten zu Besuch, setzte sich dann gleich ins Auto gesetzt, ist zurückgefahren, hat meinem Sohn die Nachricht überbracht.
00:21:24: Und, ja, man funktioniert in dem Moment irgendwie.
00:21:29: Man ist dann nicht mehr rational.
00:21:31: Oder es ist, also, allein diese Worte dann sagen zu müssen, lebt nicht mehr.
00:21:40: Das kam ja vorher in meiner Welt gar nicht vor.
00:21:44: Und das wirklich, das war wie so eine Lüge.
00:21:46: Also, das kann ich doch jetzt nicht sagen, sowas.
00:21:52: Sie haben mich auch nicht zu ihr gelassen.
00:21:55: Also, ich durfte da nicht hin.
00:21:57: Und irgendwann sind wir dann nach Hause gefahren.
00:22:01: Wie hat dein Sohn das Ganze wahrgenommen?
00:22:02: Ich meine, er war ja direkt vor Ort, er war ja der Erste aus der Familie, der das mitbekommen hat.
00:22:08: Ich glaube, das war für ihn sehr schwer.
00:22:10: Habt ihr danach noch mal darüber gesprochen?
00:22:13: Ja, schon.
00:22:14: Aber er hat das dann doch sehr mit sich abgemacht, ja.
00:22:18: Das heißt aber... Aber er hat mir sehr leid getan, dass er das so ungefildert... mitbekommen habe und die ersten Jahre an ihrem Todestag da war, ich dann auch bedacht, ihn immer einen Tag vorher, als er sie das letzte Mal gesehen hat, dass wir dann auch zusammen waren.
00:22:35: Ist dein Sohn dann auch direkt mit euch nach Hause gefahren oder ist er vor Ort geblieben?
00:22:39: Nee, er
00:22:40: ist mitgekommen.
00:22:41: Ich hatte ihm dann auch Angeboten, wieder zu uns zu ziehen, weil ich dachte, vielleicht möchte er da nicht sein.
00:22:47: Er hatte eine schöne Zeit gehabt die sechs Wochen vorher, seine Schwester hat ihn überall vorgestellt, dass sie einen kleinen Bruder und ... Ja, zwar hat für ihn dann auch so ein Stück.
00:22:58: Zu Hause neu ist zu Hause geworden.
00:23:02: Hat man dir gesagt, wie sie es versucht hat oder wie sie es gemacht hat?
00:23:07: Ja, das weiß ich.
00:23:09: Vor Ort hat man dir das noch gesagt?
00:23:11: Ja, genau.
00:23:13: Denn es hat mir der ältere Polizist gesagt und wir haben da noch ein bisschen drüber gesprochen.
00:23:23: als du diese Seelensorge an deiner Seite hattest, gab es da viel Austausch oder war das mehr so ein physisches Dasein für dich?
00:23:33: Das war einerseits das physische Dasein, dass da ein Mensch ist, aber ich konnte da auch reden, weil ich hatte so ein Bedürfnis, so unkontrolliert zu reden, was mir durch den Kopf ging und sie konnte da ganz gut mit umgehen.
00:23:49: Als ihr nach Hause gefahren seid, wie ging es da weiter?
00:23:52: Ja, das war erst mal komisch, nach Hause zu fahren, weil man kriegt das seinem Kopf gar nicht klar.
00:23:59: Und dann war auch so, wir fuhren jetzt in Richtung zu Hause und ich wusste, man würde sie zur Gerichtsmedizin bringen.
00:24:08: Und das war auch so, das ist meine Tochter, was macht ihr mit ihr?
00:24:13: Na so, sehr schmerzhaft.
00:24:17: Und zu Hause, die Freundin, die ich angerufen hatte, kam mit und die hat es dann ... meiner jüngsten Tochter gesagt, da hat ich sie darum gebeten, dass sie das macht.
00:24:27: Und ja, wir saßen dann nachher zusammen.
00:24:30: Und dann kamen die Kinder, also meine ältesten beiden, dann.
00:24:35: Und wir saßen einfach zusammen.
00:24:39: Und irgendwann habe ich gedacht, ja gut, ich bin das Alphatier in der Familie.
00:24:43: Ich muss jetzt hier auch wieder die Führung übernehmen.
00:24:46: Und dann habe ich gesagt, ja ... Keine Mutter macht sich Gedanken darüber, wie sie ihr Kind begraben will, aber ich weiß, wie ich es selber möchte.
00:24:59: Und ich selber möchte gerne eine Baumbestattung und ich könnte mir das für sie auch vorstellen und alle waren einverstanden.
00:25:08: Dann haben wir das so beschlossen auch in dem Moment, obwohl das auch völlig ja nicht greifbar war.
00:25:16: Ich stelle mir das so unfassbar schwer vor, dass im ersten Moment du begreifst ja noch gar nicht wirklich, was passiert ist und im nächsten musst du schon solche Entscheidungen
00:25:23: treffen.
00:25:24: Ja, das ist so.
00:25:25: Ja.
00:25:25: Wie lange war denn da die Zeitspanne zwischen dem Entschließen und dem tatsächlichen Fakt der Realität, in der du abgeholt wurdest?
00:25:33: Ich weiß es gar nicht.
00:25:35: Also das war ja an dem Samstagabend, dass wir zusammen saßen.
00:25:39: Und dann, okay, ja, verstehe.
00:25:42: War für dich klar, du musst jetzt hier die Alfa-Rolle übernehmen?
00:25:45: Ja.
00:25:45: Oder war das eher so, dass dir jemand, dass du dir Führung gewünscht hättest von jemand außen?
00:25:50: Nein.
00:25:51: Das war für mich vollkommen klar.
00:25:53: Hast du noch mal mit den Freunden von ... versprochen?
00:25:58: Ich hab in der Tat auch heute noch Kontakt mit Freundinnen.
00:26:03: Und damals ... also nicht unmittelbar.
00:26:07: Später dann.
00:26:09: Später hab ich mal ... Ich bin einer Freundin von ihr gesprochen.
00:26:16: Und ja, sie hat diesen Trauerprozess auch sehr intensiv und sehr bewusst durchlebt.
00:26:25: Und dann sagt sie zu mir, da habt ihr hier alles richtig gemacht.
00:26:31: Und ich sag, wie meinst du alles richtig?
00:26:33: Ja, mit der Baumbestattung.
00:26:36: Sagt sie, sie hätten so ein Mädchenabend gehabt ein paar Wochen vorher.
00:26:41: und dann haben sie ... Wie das bei Mädchen manchmal so ist, sind sie auf so ein Thema gekommen, wie sie beerdigt werden möchten.
00:26:50: Und da hat meine Tochter tatsächlich das so gesagt.
00:26:55: Das wusste ich aber nicht.
00:26:56: Wir hatten nie darüber gesprochen gehabt.
00:26:59: Welches Gefühl hat sich da in dir ausgebreitet?
00:27:02: Das war so ein Gefühl von, hey, ich hab's richtig wahrgenommen und ich hab's richtig gemacht in ihrem Sinne.
00:27:11: Hast du erfahren, wie lange in diesem schlechten Zustand war?
00:27:15: Nein, leider nicht.
00:27:17: Was ich erfahren habe, als ich ihre Wohnung aufgelöst habe, ist, dass sie Aufzeichnungen darüber hatte, wie sie es anstellt, wenn es ihr nicht gut geht, dass es keiner merkt.
00:27:31: Also, er hat sich da so einen Plan zurechtgelegt.
00:27:36: Sie wollte nicht, sie hat das als Schwäche angesehen und sie wollte absolut nicht, dass das jemand Merkt.
00:27:44: Und deswegen hatten wir auch keine Chance.
00:27:46: Weißt du, wie alt die Aufzeichnungen waren?
00:27:49: Nein.
00:27:49: Aber sie waren nach dem Krankenhaus aufenthalt.
00:27:53: Das heißt also, es war schon ein gewisser Zeitraum, wo dieser Gedanke bei ihr auch einfach gewachsen ist.
00:28:00: Ja, das habe ich dann in ihrem Handy gefunden, dass sie so sechs Wochen vor ihrem Tod begonnen hat, sich mit verschiedenen Todesarten auseinanderzusetzen.
00:28:10: Also ich nehme ... Ich denke einfach, das war eine Option, die sie hatte.
00:28:14: So für sich persönlich so diesen Ausweg, wenn gar nichts mehr geht.
00:28:18: Und ich würde auch behaupten, wenn in dem Moment was passiert wäre oder irgendjemand gekommen wäre, dann hätte sie es nicht gemacht.
00:28:27: Also an dem Abend jedenfalls nicht.
00:28:29: Gab es so etwas wie ein Abschiedsbrief?
00:28:32: Die Polizei hat mir was übergeben.
00:28:36: Den braunen Umschlag stand Abschiedsbrief drauf.
00:28:39: Dann hab ich gedacht, dann das wird ja jetzt ... Erklärungen bringen.
00:28:43: Da hab ich den Umschlag geöffnet.
00:28:46: Der war ein DIN A Vierblatt drin, zweimal gefaltet, stand nur ein Satz drauf.
00:28:53: Es tut mir so leid.
00:28:56: Das war alles.
00:28:57: Und ich war ein bisschen enttäuscht, weil ich ja auch gehofft hatte, dann Erklärungen zu finden.
00:29:07: Und andererseits hab ich gedacht, ja, Kind, das war wahrscheinlich alles.
00:29:12: Was du eigentlich ist alles damit gesagt.
00:29:15: Ich wusste, Sie hat ihre Familie geliebt und sie wusste, was sie uns damit antut.
00:29:22: Und trotzdem hat sie keine andere Möglichkeit gesehen.
00:29:25: Das war auch in der Tat ... Das war die erste Frage, die mir der Polizist stellte.
00:29:31: Wissen Sie, warum?
00:29:33: Das ist die Frage, die jeder, der in meiner Nähe war, stellte.
00:29:40: Warum?
00:29:41: Das war natürlich auch die Frage, die ich mir gestellt habe.
00:29:46: Und ... Also, wenn ich von außen kam, war es auch immer für mich so ein bisschen dieses, was ist denn bei euch so schief gelaufen, dass dein Kind keine andere Möglichkeit sieht, als sich umzubringen.
00:29:56: Also, das war immer ... Das ist vielleicht nicht unbedingt so gemeint gewesen, aber so ist es bei mir angekommen.
00:30:03: Wie so ein stummer Vorwurf irgendwie, ne?
00:30:06: Also, das gibt's doch nicht.
00:30:07: Gerade Menschen, die selber noch nie solche Gedanken hatten oder das ... zum Teil auch vielleicht abgelehnt haben aus religiösen oder welchen Überlegungen auch immer, die dann doch ja mit einem gewissen Vorwurf
00:30:28: danach kamen.
00:30:29: Wie bist du damit umgegangen?
00:30:31: Viel zu großzügig wahrscheinlich.
00:30:33: Also ich habe es irgendwie geschafft, mich in ihrer Hilflosigkeit hineinzudenken, weil es ist ja im Grunde genommen auch Hilflosigkeit.
00:30:42: Und es gab auch Menschen, die die Straßenseite gewechselt haben, wenn sie mich gesehen haben oder das Supermarktregal, weil sie einfach nicht wussten, wie sie mit mir begegnen sollen.
00:30:51: Und ich hab gedacht, ja, es ist okay.
00:30:55: Es ist okay, wenn es so schwer für euch ist.
00:30:58: Bei einigen hatte ich das Gefühl, so, als wenn das was Ansteckendes ist, so nach dem Motto, wenn ich mich jetzt mit ihr auseinandersetze, dann pass jetzt nachher bei mir auch noch irgendwo.
00:31:08: Du hast jetzt gerade eben gesagt, dass ... Du gemerkt hast, dass sich Leute von dir abgewendet haben, weil sie nicht wussten, wie sie damit umgehen sollen.
00:31:16: Wie schnell hat sich das bemerkbar gemacht?
00:31:19: Sofort mit dem Moment, als es aufkam?
00:31:22: Ja.
00:31:23: Was hättest du dir denn gewünscht, was man dir hätte sagen können?
00:31:28: Es sind viele Menschen einfach gekommen.
00:31:31: Meine Arbeitskollegen zum Beispiel, meine Chefin.
00:31:34: Die standen einfach vor der Tür ohne große Anmeldung.
00:31:36: Die hatten was zum Essen mitgebracht.
00:31:39: haben sich hingesetzt und das ist, glaube ich, das Beste, was man tun kann.
00:31:47: Ich bin auf dem Land groß geworden und ich kann mich erinnern, wenn ein Nachbarin starb, also eine alte Dame, als das Sammels so war, da sind die Nachbarn einfach dahin gegangen, haben sich zusammengesetzt mit dem Witwer und haben eine Tasse Tee getrunken und einfach da gesessen.
00:32:06: Und das ist in unserer Kultur verloren gegangen, dieser Umgang.
00:32:10: Natürlich ist es jetzt noch mal was anderes, wenn es ein junger Mensch ist.
00:32:15: Aber trotzdem dieses einfach Dasein.
00:32:21: Was zum Essen bringen, was zum Trinken, was kochen, eine Freundin hat gekocht für uns.
00:32:27: Zum Beispiel, das waren auch so Sachen, das ging überhaupt nicht.
00:32:31: Und so ganz normale Dinge und wirklich konkret fragen, was kann ich gerade jetzt, was brauchst du gerade jetzt?
00:32:39: Und nicht sag mal Bescheid, wenn du mich brauchst, das tut keiner.
00:32:43: Das kann man gar nicht, weil man auch nicht so denken kann.
00:32:46: Also ich hatte das Gefühl, das ist normale Denken, das hatte sich verabschiedet für eine Zeit.
00:32:51: Das ging einfach, ich hab so von jetzt auf den nächsten Moment gelebt.
00:32:55: Aber diese strukturierte Denken, das war komplett weg.
00:33:00: Ich war in so einer Blase drin.
00:33:03: Und ich hab die Welt wie durch Watte wahrgenommen.
00:33:06: was wenn die jetzt gar nichts mit mir zu tun hatten.
00:33:09: Also, das waren so außerhalb.
00:33:12: Und da braucht man Menschen, die für einen denken, mitdenken.
00:33:18: Wie seid ihr als Familie da zusammengerückt?
00:33:21: Also, es hat jeder für sich seinen Weg finden müssen.
00:33:29: Ich konnte jetzt nicht auch noch Therapeutin für den Rest der Familie sein.
00:33:35: Und da hat auch jeder seinen Weg gefunden.
00:33:38: Du hast ja auch ältere Kinder zu dem Zeitpunkt gehabt.
00:33:41: Haben die auch den Weg aktiv zu euch nach Hause gesucht, um bei euch zu sein?
00:33:45: In dem Moment nicht.
00:33:47: Ich habe in meinem Leben, Gott sei Dank, nur meinen Großvater verloren.
00:33:52: Und das hat mich zerrissen.
00:33:54: Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie man als Mutter damit umgeht, das eigene Kind zu verlieren.
00:34:01: Was hat dich dazu gebracht, jeden Tag aufzustehen und weiter zu machen?
00:34:07: Gute Frage.
00:34:10: Also ich glaube, diese Frage ist vor allen Dingen später relevant geworden, als schon einige Wochen ins Land gegangen sind.
00:34:17: Am Anfang ist das wirklich noch das viele, was zu erledigen ist.
00:34:23: Also dadurch, dass ich die Führung hatte in allem für alles verantwortlich war, mich darum kümmern musste, ein passendes Bestätigungsinstitut auszusuchen.
00:34:34: wie wollen wir die Abschiedsfeier gestalten und so weiter, aber so viel zu organisieren.
00:34:39: Ich habe die erste Zeit in meinem Bett gesessen mit dem Handy und dem Computer und habe organisiert.
00:34:46: Und das hat mich am Anfang wirklich auch im Leben gehalten.
00:34:49: Dieses Wissen, ich muss mich jetzt darum kümmern.
00:34:54: Das war einfach ganz, ganz wichtig.
00:34:55: Und da habe ich dann auch gemerkt, meine Kolleginnen haben mir geschrieben, haben mir E-Mails geschrieben.
00:35:04: haben sich erkundigt nach mir.
00:35:06: Und das fand ich erst mal schön, dass die Menschen den Mut hatten, nach mir zu fragen.
00:35:14: Und ich hatte die Möglichkeit, über den Computer zu antworten.
00:35:19: Das hat mir geholfen, meine Gedanken zu sortieren.
00:35:23: Es zu begreifen, was da passiert ist.
00:35:27: Das hat ja gedauert, bis das überhaupt mal angekommen ist.
00:35:33: Und dann ... Ich habe sehr schnell gemerkt, dass ich mich all dem stellen muss und möchte.
00:35:44: Ich habe gemerkt, das ist eine Situation, die ist so groß, die ist viel größer als alles, was ich bisher erlebt habe.
00:35:51: Und ich muss diese Situation, braucht mein Ja.
00:35:57: Nicht in dem Sinne, es ist gut oder so, sondern Ja, es ist passiert, also nicht dieses weg drängen, sondern wirklich es an mich anlassen.
00:36:09: Es ist passiert.
00:36:10: Und ja, ich stelle mich dem, ich nehme mein Schicksal an.
00:36:16: Ich fühle und ich erlaube den Gefühl, dass es seinen Platz findet in mehr.
00:36:25: Und als ich das begriffen habe, da hatte ich danach das Gefühl, es stand mir auch die Kraft zur Verfügung.
00:36:34: Aber das muss unglaublich schmerzvoll sein.
00:36:37: Das ist auch unglaublich schmerzvoll.
00:36:39: Das kann man nicht wegdiskutieren.
00:36:43: Aber es ist gut, also im Nachhinein der Rückschau war es einfach gut zu sagen, ich nehme das.
00:36:53: Und ich verkriech mich jetzt nicht, sondern ich öffne mich dafür, was kommt.
00:36:58: Und ich gehe jeden einzelnen Weg mit ihr.
00:37:01: Ich hatte auch das Gefühl, ich gehe so mit ihr zusammen.
00:37:05: Das war dann auch später bei der Vorbereitung.
00:37:07: Ich hab mich dazu entschieden, eine Ohrenbestattung zu machen.
00:37:15: Dadurch hatte ich mehr Zeit.
00:37:17: Bei einer Erdbestattung geht das viel schneller.
00:37:19: Da muss man ja so schnell, wäre ich nicht bereit gewesen.
00:37:23: Ich hab meine Zeit gebraucht.
00:37:25: Und ich hab dann zum Beispiel die Karte gestaltet, mit der wir Menschen eingeladen haben.
00:37:32: Ich hab mir überlegt, wie möchte ich ... diese Verabschiedung machen?
00:37:38: in welchem Rahmen, welchem Blumenschmuck möchte ich, wer es entspricht ihr.
00:37:43: Und das wollte ich nicht delegieren, das wollte ich selber machen.
00:37:47: Ich hatte wirklich das Gefühl und ich bin ganz viel gelaufen, mein Auto war kaputt zu den Zeitungen.
00:37:52: Das war gut, weil ich musste alle Wege laufen.
00:37:55: Das hat mir unheimlich gut getan, dieses Erwandern, Erlaufen von den Tagen.
00:38:03: Und ja.
00:38:05: Also, zum Beispiel, ich war bei der Bestatterin, ich hatte eine Freundin, die ist Bestatterin, aber in einem anderen Ort und die hatte mir diesen Unempfohlen.
00:38:14: Und das war wirklich eine gute Empfehlung und das kann ich auch nur jedem raten, der in so einer Stelle ist, in seinem Leben da ganz achtsam zu sein, dass man da mit Menschen zusammenarbeitet, die auch wieder achtsam sind.
00:38:29: Und Rücksicht nehmen und das erspüren, was der Mensch braucht.
00:38:34: Und da war ich ... Ich hab alles besprochen mit ihnen und dann sagte sie, ja, wir brauchen dann die Krankenkastenkarte von ihrer Tochter.
00:38:44: Ich sag, ja, super.
00:38:45: Da muss ich in die Wohnung.
00:38:49: Ich wollte da eigentlich so schnell nicht hin, weil sie da gestorben ist.
00:38:53: Aber es konnte keiner machen für mich.
00:38:56: Dann bin ich hingefahren, hatte aber eine Freundin dabei und hab sie dann auch sehr schnell gefunden und bin dann auch wieder gegangen.
00:39:09: Und ein paar Tage später war dann das Thema, genau, schon beim ersten Mal sagte mir die Bestatterin, dann und dann dürfen wir wahrscheinlich den Leichnam abholen aus der Gerichtsmedizin und dann schauen wir sie uns an und dann sagen wir ihnen Bescheid, ob sie gut anzusehen ist und dann können sie Abschied nehmen.
00:39:35: Und dann habe ich gesagt, na ich will sie gar nicht sehen.
00:39:38: Ich möchte so eine Erinnerung behalten, wie ich sie zum letzten Mal gesehen habe.
00:39:43: Und ja, wir rufen trotzdem an.
00:39:45: Da habe ich gedacht, na gut, wenn ihr das jetzt unbedingt wollt, dann macht das eben.
00:39:49: Und dann kam dieser Anruf und dann sagte sie mir auch, sie bräuchte Kleidung, um sie halt so bekleiden.
00:39:58: Und dann habe ich dann auch überlegt, ja, was macht man da?
00:40:05: für das letzte Kleid.
00:40:07: Das hatte ich gerne mit ihr zusammengekauft.
00:40:10: So einfach habe ich gedacht, aus Freude ihr was Schönes zu kaufen.
00:40:15: Dann hatte ich das Bedürfnis, sie einzuhüllen mit meiner Liebe und dafür Symbole zu finden.
00:40:27: Ich war kurz vorher fünfzig geworden und hatte dafür ein neues Kleid gekauft und das Gefühl ihr so gut.
00:40:33: Dann habe ich gedacht, das schenke ich ihr.
00:40:37: Ja, dann habe ich noch einen Brief geschrieben am Abend und habe ihr so alles reingeschrieben, was so mir auf der Seele lag, weil ich ihn auch dazu geben wollte.
00:40:50: Und dann bin ich am nächsten Tag in das Institut gefahren und habe die Sachen abgeben wollen.
00:40:58: Aber die Dame dort wollte noch mit mir sprechen und ich musste alleine da im Zimmer sitzen und warten.
00:41:06: Und dann ... Saß ich da mit meiner Tasche, mit den Sachen, die ich wollte, dass sie sie anzieht und mit meinem Brief.
00:41:16: Und während ich da saß, dachte ich ja auch noch, nein, ich will sie nicht sehen.
00:41:21: Ich will sie so in Erinnerung behalten.
00:41:24: Und auf einmal ging so wie so eine Tür in mir auf.
00:41:29: Und was, wenn du es doch machst, wenn du dich doch verabschiedest?
00:41:34: Und das ging dann so ein paar Minuten in meinem Kopf und ... Da habe ich gemerkt, dass das eine Tür, die da gerade aufgegangen ist, von deren Existenz ich überhaupt nichts wusste, weil das soweit weg war.
00:41:44: Und auf einmal war das vollkommen klar, ja, ich will das.
00:41:48: Ich gehe auch diesen Weg mit ihr zusammen.
00:41:51: Und dann kam die Bestalterin und ich sagte ihr, dass dann, wie ich mich entschieden habe und sie war sehr glücklich darüber.
00:41:59: Das war halt einfach ihre Berufserfahrung.
00:42:02: Sie hätte mich nicht dazu zwingen können, aber sie hat sich so gefreut für mich.
00:42:06: Ja, dann haben wir uns dann dafür verabredet.
00:42:10: Und da hab ich mir dann auch wieder eine Freundin mitgenommen.
00:42:16: Die kam mit mir und die war an meiner Seite.
00:42:19: Und nach paar Minuten ist sie dann gegangen und hat mich alleine gelassen mit meiner Tochter.
00:42:26: Ich bin so froh, dass ich das gemacht habe, weil ich es dann wirklich begriffen habe.
00:42:34: Ich stand da und hab sie gesehen und sie sah ernst aus.
00:42:38: aber jetzt nicht so, dass ich das mir leid getan hätte oder so, sondern das war mein Kind, das habe ich gesehen.
00:42:46: Und ich musste jetzt nicht irgendwie mir einbilden, das war sie vielleicht gar nicht oder so.
00:42:50: Also, das war wirklich auch wichtig für mich, dass meine Fantasie keinen Spielraum mehr hatte.
00:42:55: Das war wirklich so.
00:42:58: Ja, da haben wir so anderthalb Stunden bestimmt zwischen Spracher gehalten, wir zwei, bis ich dann soweit war, dann auch zu gehen.
00:43:06: Und das war gut so.
00:43:08: Und hattest du das Gefühl, dass es dir innere Ruhe gegeben hat, dass die Möglichkeit so haben, ihr das so sagen zu können?
00:43:14: Ja,
00:43:14: das war für mich wichtig.
00:43:16: Haben deine Kinder einen ähnlichen Weg gefunden, um mit ihr zu kommunizieren?
00:43:22: Ja, dann nicht.
00:43:24: Ich hätte es mir gewünscht, aber sie fühlten sich dafür nicht stark genug und ich kann das auch akzeptieren, ja.
00:43:31: Als du dich verabschiedet hast, wie schnell kam dann letztendlich die Bestattung danach?
00:43:39: etwa fünf Wochen später.
00:43:41: Also ich glaube, es waren sechs Wochen zwischen Tult und Bestattung.
00:43:46: Beziehungsweise die Abschiedsfeier war nochmal abgekoppelt von einer Bestattung, die war nur im Familienkreis dann.
00:43:53: Aber die Abschiedsfeier, die haben wir in der evangelischen Kirche gemacht, weil diese Freundin, die ich am Anfang gerufen hatte, war die Frau vom Pfarrer.
00:44:04: Und ich war mit ihr befreundet und Ja, das war dann ziemlich schnell auch Thema so, dass wir das dann in der Kirche machen könnten, obwohl wir ja in keiner Religion waren, also waren Konfessionslos.
00:44:19: Aber ich fand es trotzdem schön.
00:44:23: Es war einfach ein großer Raum und es waren viele Menschen da.
00:44:29: Und sie durfte auch Rediken halten und hat das dann auch angeboten und auch gemacht.
00:44:38: Sie wusste aber um unsere Vorgeschichte, also haben wir darüber gesprochen, dass ich bei den Zeugen Jehovas großgeworden war und jetzt das Thema Religion eigentlich erst mal so ganz attaktergelegt hatte.
00:44:53: Und sie wollte jetzt nichts Falsches sagen.
00:44:55: Sie hatte Angst davor, unsere Gefühle irgendwie zu verletzen.
00:44:58: Und deswegen hat sie mir dann ihre Predigt praktisch geschickt.
00:45:03: Und ich durfte die dann nochmal Korrektur lesen und verbessern und ... Ja, ich habe dann auch selber etwas geschrieben und ich hatte tatsächlich auch die Kraft, diese Rede zu halten.
00:45:19: Wir hatten die Verabredung, dass sie mich anschaut, ob ich es möchte oder schaffe oder nicht.
00:45:26: Und sie hätte es uns vorgelesen, mein Text, aber ich wollte unbedingt, ich hatte so dieses ganz dringende Bedürfnis.
00:45:34: Ich stehe da noch mal und erzähle dem Menschen, was sie für ein Mensch war.
00:45:39: Das war mir sehr, sehr wichtig.
00:45:42: Und wir hatten auch Lieder ausgesucht, die uns, also hier ist nicht unbedingt christliche Lieder, es waren auch welche dabei, aber so, die ja sie gut repräsentiert haben.
00:45:54: Und auch ihre Brüder haben gesprochen, wir waren neunzehnt damals und es hat mich unheimlich berührt, dass sie sich dahingestellt haben und über ihre Schwester gesprochen haben.
00:46:04: Es war ein sehr würdiger.
00:46:08: Abschied und es sind viele junge Menschen nachher zu mir gekommen, haben sich bedankt und haben ja aufgesagt, dass sie sich getreustet gefühlt haben und das fand ich sehr schön.
00:46:20: Du hast gesagt, dass die
00:46:21: Bestattung
00:46:24: gesondert war von der letztendlichen Gemeinschaft, die dann zusammengekommen ist, um nochmal ihr Leben zu feiern.
00:46:33: Wer ist dann da alles gekommen?
00:46:34: Wie hast du die Leute ausfindig gemacht, um zu sagen, sie sollen oder dürfen dabei sein?
00:46:40: Bei der Abschiedsfeier, meinst du jetzt, das war in der Tat dann auch überlegen, Studienkollegen zum Beispiel.
00:46:50: Und da hat mir meine Tochter auch sehr geholfen, noch zu überlegen oder Kontakte, die sie hatte, die ich vielleicht nicht hatte oder so.
00:46:59: um da einzuladen.
00:47:00: Und natürlich, Nachbarn waren da, ihr Professor war da.
00:47:04: Also Freunde, das hat sich auch rumgesprochen wie ein Lauffeuer.
00:47:09: Das heißt also, das war eine offene Einladung,
00:47:12: die jeder
00:47:13: herzlich so annehmen konnte?
00:47:14: Genau, ich war ja in ihrer Wohnung, um die Wohnung dann auch auszuräumen.
00:47:20: Und dann kam ein junger Mann auf mich zu, der da auch wohnte und er sie auch kannte.
00:47:24: Und er hatte einfach den Mut, reinzukommen.
00:47:27: und das stellte sich zu mir und sagte mir, was wie er wahrgenommen hat.
00:47:34: und ja, das fand ich so schön und das fand ich auch total mutig von ihm.
00:47:40: und ich habe dann übers über meine Sohn eine Einladung ins Intranet der Ungemeinschaft oder der Anlage stellen lassen, wo ich eingeladen habe und gesagt, jeder, der sich da Das Bedürfnis hat er kann herzlich gerne kommen.
00:47:56: Und es kann total berührende Nachrichten auch.
00:48:01: Da war so ein junger Mann, der schrieb mir, dass er ihr, dass sie seine Wohnung mal irgendwie zur Zwischenmiete bewohnt hat oder so.
00:48:12: Und so eine Anekdote erzählte er dann noch und tat dann noch ein paar Euro mit rein, so als Unterstützung für uns.
00:48:23: Ja, das war herzbrörend.
00:48:25: Total schön.
00:48:26: Und dadurch, dass ich in der Lage war, mich zu öffnen, ist auch ganz viel zurückgeflossen.
00:48:32: Hattest du das Gefühl auf der Abschiedsfeier, es ist ein wirklicher Abschied auch für dich von ihr?
00:48:40: Ja, man fragt sich nie ganz von seinem Kind.
00:48:43: Aber man braucht diese Äußerlichkeiten, um zu begreifen.
00:48:49: alle zusammen da waren und geweint haben, dann weiß man, dass es wirklich passiert.
00:48:56: Wie viel Zeit ist denn verstrichen zwischen der Abschiedsfeier und der Bestattung?
00:49:00: Etwa eine Woche war das, glaube ich.
00:49:02: Hat es dann diese Bestattung, die die Abschiedsfeier nochmal so entgültig gemacht für dich, oder war dir so wirklich dieses Ausmaß, was das alles jetzt wirklich mit sich bringt, da bewusst?
00:49:14: Das glaube ich nicht, weil das erfährt man dann erst.
00:49:18: mit dem Leben der Wochen und Monat danach.
00:49:22: Aber es war schon irgendwie so, das Äußerliche war jetzt dann damit abgeschlossen.
00:49:30: Und das war auch, das war, ja, das haben wir auch wieder so gestaltet, wie wir es wollten.
00:49:37: Oder eigentlich habe ich jetzt so vorgegeben, wie ich das haben möchte.
00:49:41: Ich wollte nicht, dass Ihre Ohne von irgendeinem leichten Bergen transportiert wird.
00:49:46: Ich habe sie abgeholt im Institut.
00:49:49: Ich hatte wie so ein Atmosis-Körbchen.
00:49:53: Und da hab ich sie mitgenommen.
00:49:56: Wir haben dann so ein Schreiben bekommen, dass wir das dürfen.
00:50:00: Und ja, ich kann mich erinnern an die Morgen.
00:50:03: Ich saß in meinem Zimmer und dachte mir, mein Gott, wie soll ich das schaffen?
00:50:10: Und ich bin sehr spirituell angebundener Mensch auch.
00:50:14: Und ich hab also nach dem ... Ausstieg aus Assekte meiner eigenen Spiritualität gefunden in mir und meine Verbindung nach oben.
00:50:25: Und wie ich da so saß, dachte ich, ja, es ist eigentlich ... Ich hab sie getragen, ich hab sie in mir getragen.
00:50:38: Und ich geb sie jetzt an Mutter Erde zurück, also von mir Mutter, an Mutter Erde.
00:50:45: Und das war ein Gedanke, der mich da getröstet hat.
00:50:50: Und ich habe sie dann auch selber getragen, die Ohne selber getragen.
00:50:54: Und ja, das war dann nochmal so ein Punkt, sie dann wirklich auch in die Erde zu geben und dann alleine nach Hause zu gehen.
00:51:05: Und wir sind dann nochmal in einen Lokal gegangen, in dem sie gekellnert hat, weil ich habe irgendwie einen Anknüpfungspunkt gesucht und wir sind dann dahin und haben noch zusammen was getrunken, bevor wir eine Kaffee oder was ich nicht, bevor wir dann gegangen sind.
00:51:21: Und ja, dann ging das eigentlich trauernlos, ne?
00:51:25: Wie war das für dich?
00:51:27: Ja, immer noch schwer.
00:51:31: Aber ich hatte ein Erlebnis, also ich hatte kein Rollenmodell.
00:51:35: Ich wusste nicht, wie man trauert.
00:51:37: Was heißt für dich Rollenmodell?
00:51:38: Also,
00:51:38: es ist niemand gestorben vorher, wo ich in meiner Familie hätte beobachten können, wie geht das denn mit dem Trauern?
00:51:46: Ich hatte auch keine Vorstellung davon.
00:51:49: Und ich wusste nur, ich ... Ich fühle sehr viel.
00:51:54: Ich denke sehr wenig und fühle sehr viel.
00:51:56: Und ich glaube, das war auch genau richtig.
00:51:59: Und ich saß eines Tages auf dem Sofa, wo ich das letzte Mal mit ihr zusammengesessen hatte, wo sie so neben mir saß und hing diesen Gedanken nach und war sehr traurig.
00:52:11: Und dann durchfuhre mich plötzlich ein Gedanke, der mich aufspringen ließ.
00:52:19: Weil ich hatte so überlegt, ja, wo bist du denn jetzt?
00:52:22: Also das ist so ein Mensch, mit dem man gewohnt ist, wo man einfach bisher den Hörer abnehmen konnte und die Nummer wählen und dann hatte man den oder man konnte einfach hinfahren und plötzlich ist dann nichts mehr.
00:52:35: Das ist so schwer begreiflich.
00:52:38: Und dann durchfuhre mich dieser Gedanke, die Liebe zwischen uns, die ist ewig.
00:52:44: Die geht nicht kaputt.
00:52:46: Dein Körper ist nicht mehr hier, aber die Liebe zwischen uns wird uns immer verbinden, die bleibt.
00:52:52: Ich weiß, Sie hat mich genauso geliebt wie ich sie und das war ein Gedanke an dem ich mich sehr festhalten konnte, der sie auch auf eine positive Weise bei mir sein ließ.
00:53:08: Also nicht nur in dem Trauer, in der Trauer, in dem Traurig sein, sondern auch über die Lebe mit ihr verbunden zu sein und vor allen Dingen über die Lebe.
00:53:18: Ja, ich hatte mir damals ein Ritual angewöhnt.
00:53:23: dass mir sehr geholfen hat.
00:53:26: Gerade um auf die Frage nochmal, wie überlebt man das so?
00:53:29: Wie findet man jeden Tag wieder den Mut aufzustehen?
00:53:33: Ich bin aufgestanden, habe mir meinen Kaffee gemacht, den ich morgens immer sehr liebe und bin in mein Zimmer gegangen an meinen Lieblingsplatz mit meinem heißen Kaffee und meinem Nutizbuch.
00:53:47: Und da habe ich Dinge reingeschrieben, für dich dankbar bin.
00:53:50: Und das war ein gutes Ritual.
00:53:54: Ich habe sie aufgeschrieben, das konnten Kleinigkeiten sein, das konnten große Sachen sein, dass man oft Menschen, die mir gut ist taten, es konnte aber auch einfach ein schöner Sonnenuntergang oder Aufgang sein, wirklich das aufzuschreiben und dann nochmal diese Liste durchzugehen und das wirklich im Herzen zu fühlen, diese Dankbarkeit.
00:54:16: Und wenn ich dann in den Tag ging, dann hatte ich das Gefühl, so ein paar Stunden trägt mich das jetzt.
00:54:22: Und das habe ich auch schon oft weitergegeben seitdem.
00:54:26: Weil das einfach ganz was Gutes ist.
00:54:31: Man muss sehr auf sich achten, dass man für sich sorgt.
00:54:35: Ich hab halt auch immer wieder geguckt, was brauche ich gerade jetzt?
00:54:40: Ich brauche zum Beispiel, ich bin müde, ich möchte jetzt schlafen oder ich brauche jetzt was zu essen oder ich brauche jetzt einen Spaziergang.
00:54:48: Also wirklich da ganz dicht bei sich zu bleiben und immer wieder zu fühlen.
00:54:54: Ich kann mir vorstellen, dass ganz lange oder ganz intensiv die Frage auch aufkommt, so warum?
00:55:01: Ja.
00:55:02: Hattest
00:55:02: du dich damit auseinandergesetzt?
00:55:04: Das habe ich.
00:55:05: Das hatte ich ja vorhin schon mal erwähnt, dieses warum.
00:55:09: Das ist der Verstand, der diese Frage stellt.
00:55:13: Wir möchten begreifen, weil Tod ist an sich ein Konzept, das wir nicht verstehen.
00:55:19: Also wir theoretisch schon, aber auf der Gefühlebene verstehen wir das nicht.
00:55:25: Und dann versucht der Verstand es so erklären.
00:55:29: Und das ist so ein bisschen, als wenn ich dann irgendwas entdeckt hätte und dann hätte sagen können, ach so, deshalb hast du das gemacht, ja jetzt verstehe ich.
00:55:41: Aber das ist natürlich Quatsch.
00:55:43: Egal was, es hätte mich ja nicht getröstet.
00:55:47: Wichtig war für mich, für mich zu begreifen, ich hätte alles getan für sie.
00:55:53: Also... Ich hatte aber keine Chance, weil sie das versteckt hat.
00:55:59: Und ich wusste, das sagte auch die Pfarrerin bei der Abschiedsrede, ihr hattet alles getan für sie, jeder hier im Raum.
00:56:09: Aber es war ihre Entscheidung.
00:56:11: Und das galt es für mich, zu begreifen und anzuerkennen, sie hat diese Entscheidung ohne mich getroffen.
00:56:18: Ich hatte keinen Einfluss, keine Einflussmöglichkeit.
00:56:22: Und es ist jetzt an mir mit dieser Entscheidung zu leben.
00:56:27: Aber ich quäle mich nicht mehr mit den Warum.
00:56:29: Das war eine ganz bewusste Entscheidung von mir, dass ich das nicht mehr möchte.
00:56:33: Ich gemerkt habe, dass Zermatt hat mich.
00:56:36: Es bringt mich um.
00:56:38: Das hört nicht auf da oben.
00:56:40: Ich bin praktisch Regisseur und Schauspieler und Beobachter eines Films gleichzeitig.
00:56:49: Und zwar eines Films, der mir nicht gut tut.
00:56:52: Der mich nirgendwo hinbringt als in das Tal der Trennen und der... schlechten Gefühle.
00:56:58: Und deswegen habe ich wirklich irgendwann ganz klar für mich entschieden, ich gehe da nicht mehr hin.
00:57:04: Ich mache das nicht mehr.
00:57:07: Und natürlich kommt das immer mal wieder durch.
00:57:10: Ja, das passiert einfach.
00:57:12: Aber grundsätzlich habe ich begriffen, das hält mich vom Trauern ab.
00:57:19: Also ohne Trauer kannst du nicht heilen.
00:57:22: Du musst Trauer, du musst diese Gefühle haben.
00:57:25: Und wenn dein Verstand dabei immer rat hat und du überlegst, was hätte denn eigentlich noch ändern können, wie hätte es das verhindern können, dann kannst du nicht gleichzeitig trauern.
00:57:34: Es geht nicht.
00:57:35: Konnte deine Familie diese Entscheidung auch respektieren?
00:57:40: Die Entscheidung ihrer Schwester?
00:57:41: Weißt du?
00:57:42: Ja.
00:57:43: Ja.
00:57:45: Es war schwer.
00:57:47: Also, gerade für die Jüngste war das schwer, weil sie war eine ganz wichtige Bezugsperson für sie.
00:57:54: Das heißt also, auch das hat so ähnlich wie bei dir einfach ein Prozess gebraucht,
00:57:58: um
00:57:58: zu durchlaufen.
00:57:59: Ich glaube, da braucht jeder so einen eigenen Prozess auch.
00:58:04: Und hattest du das Gefühl, dass jeder sich seinen Raum aufgenommen hat, den er gebraucht hat?
00:58:09: Ich hoffe, ja.
00:58:12: Ich habe mal so eine schöne Geschichte dazu gelesen, das ist so eine Geschichte von einem Baum, der ganz viele Äste dran sind und das ist so die Familie.
00:58:26: Und dann kommt ein Sturm und ein Ast wird rausgebrochen.
00:58:31: Und dann ist das erst mal schutzlos.
00:58:37: Da ist so eine Trauer da.
00:58:39: Das war so bei uns in der Familie auch, weil jeder musste seinen Platz neu finden.
00:58:45: Es ist ja vorher so eine Einheit gewesen und dann fehlt jemand.
00:58:53: Jeder muss sich selbst neu definieren.
00:58:56: Wer ist er ohne sie?
00:58:59: Und die Familie an sich definiert sich neu, dass... Ja.
00:59:06: Hast du irgendwann mal dir selbst die Schulter für gegeben?
00:59:10: Das macht, glaube ich, jede Mutter.
00:59:12: Ja.
00:59:14: Was heißt Schuld?
00:59:16: Aber natürlich habe ich auch gedacht, ja, dass sie nochmal anrufen müssen.
00:59:22: Oder du jetzt einfach hinfahren müssen.
00:59:25: Oder so, solche Sachen.
00:59:29: Aber ich glaube, das ist ganz normal.
00:59:31: Ich hab später auch mit anderen Müttern gesprochen, weil ich irgendwann gemerkt hab, ich kann anderen auch zur Seite stehen, die Ähnliches erlebt haben.
00:59:40: Und ich hab zum Beispiel mit meiner Mutter gesprochen, deren Kind durch eine Krankheit gestorben ist.
00:59:46: Und auch sie hat sich die Schuld gegeben, dass sie nicht noch eine Therapie versucht hat.
00:59:55: Oder dass sie zu viel gemacht hat.
00:59:57: Beides hat sie sich vorgeworfen.
01:00:00: Und ich glaube, das ist einfach ganz normal, dass wir das machen.
01:00:05: Wenn wir Schuld haben, dann können wir was verändern.
01:00:07: Wenn wir als Kind irgendwo ganz schuldig waren, dann konnten wir uns entschuldigen und konnten das wieder gut machen.
01:00:15: Und irgendwie ist das sowas, ja, verdrehtes.
01:00:26: Also ich habe einen Buch über diese Geschichte geschrieben, darüber ... wie das war, so ähnlich wie ich es gerade beschrieben habe.
01:00:34: Das ist leider nicht mehr verfügbar, weil der Verlag sich aufgelöst hat.
01:00:38: Und das werde ich aber noch mal schreiben.
01:00:40: Und ich werde es noch ergänzen, um die Erfahrungen, die ich danach gemacht habe, also noch mehr Hilfestellung geben für betroffene Mütter.
01:00:53: Was häufig passiert, dass Menschen, die mich halt finden über das Internet, mich dann auch kontaktieren, Und ich führe auch Gespräche mit der einen oder anderen Mutter.
01:01:05: Es sind bisher immer Frauen gewesen, die mich kontaktiert haben.
01:01:09: Und ich merke, ich kann gut helfen.
01:01:13: Also ich kann Impulse geben.
01:01:15: Weil es ist ja oft so ... Ich hatte jetzt das Glück, dass ich zu einem sehr frühen Zeitpunkt den Weg daraus gefunden habe.
01:01:25: Ins Leben wieder.
01:01:27: Aber es gibt auch Mütter, die das dann
01:01:29: nicht
01:01:30: so ... schaffen, wie sie das vielleicht sich wünschen oder die dann da bleiben.
01:01:36: Und ja, es tut ihnen dann gut, mit jemandem zu sprechen, der das selber erlebt hat.
01:01:42: Und da möchte ich auch weitergehen auf dem Weg.
01:01:45: Also ich er arbeite gerade einen Kurs für Mütter, die ihn Kind verloren haben, wo ganz praktische Hilfe dann auch geboten werden soll.
01:01:55: Ich kann mir vorstellen, dass da Phasen gibt, in dem das Präsenter ist und dann noch mal schwieriger ist, damit umzugehen und Phasen, in denen du es besser händeln kannst.
01:02:04: Was machst du, um dich in diesen schwierigen Phasen zu trösten?
01:02:09: Am Anfang ist jeder Tag schwierig.
01:02:13: Und ich habe mal so ein Bild dafür gesehen, gelesen, dass man so einmal den Jahreskreis vollbringen muss, jede Jahreszeit und jede Familienfeier so einmal erlebt zu haben.
01:02:31: Und das ist auch so, weil das ist erst mal Neuland.
01:02:35: Das ist das erste Weihnachten ohne sie, ich kann mich erinnern.
01:02:38: Sie sind im September gestorben, dann kam der Zettler schon ziemlich schnell.
01:02:43: Das hätte ich am liebsten ausfallen lassen.
01:02:46: Aber wir sind eine Familie und wir waren alle zusammen.
01:02:49: Und nur als alle am Tisch saßen, da musste ich mal kurz den Raum verlassen.
01:02:56: Ihren Geburtstagen, da habe ich ein Ritual für mich, da kaufe ich Blumen.
01:03:01: Und in den Farben, die zu ihr passen, sind eine Marosa, Pink und Weiß.
01:03:06: Und dann steht ein Teil des Krauses hier bei mir.
01:03:10: Und ein kleiner Strauß davon geht auf den Friedhof.
01:03:15: Und ich besuch ihr Grab dann und ja, stell die Blümchen da hin.
01:03:21: Und ja.
01:03:23: Das sind so Rituale, die jeder so für sich entdecken muss.
01:03:26: Ich finde es wichtig, ab einem bestimmten Punkt, den jeder für sich selber festlegen darf, wirklich in die Richtung Leben wiederzugeben, gehen.
01:03:40: Weil es ist ganz leicht in die Abwärtsspirale zu kommen.
01:03:46: Und ich plädiere auf gar keinen Fall dafür, zu verdrängen oder sowas.
01:03:49: Er war, das dürfte auch klar geworden sein.
01:03:51: Es geht wirklich darum, zu fühlen und auch seine Trenden zu vergießen, die man hat und auch, wenn einem danach ist.
01:04:00: Dennoch war es für mich eine Entscheidung, ich will weiterleben.
01:04:04: Und nicht, weil sie es so gewollt hätte, sondern weil ich es will.
01:04:08: Weil es mein Leben ist.
01:04:09: Und es ist, ja, mein Leben ist mir so wichtig, dass ich jetzt auch, dass ich auch wieder Freude daran haben möchte.
01:04:18: Das heißt ja nicht, dass ich nicht zaurig bin, dass mein Kind nicht mehr hier ist bei mir.
01:04:24: Das wird ... Es verändert sich, diese Trauer verändert sich.
01:04:31: Aber natürlich fällt es ihm ja.
01:04:33: Und es geht aber beides.
01:04:36: Es geht auch wieder ins Leben zurückzukommen.
01:04:40: Und das finde ich, das ist die Herausforderung, die ich da gesehen habe und die ich auch angenommen habe.
01:04:48: Und das, ja.
01:04:50: Denn ich möchte ja... Weißt du, ich hab Eltern kennengelernt, die sind zusammen mit ihrem Kind gestorben und die warten nur noch auf ihren physischen Tod.
01:04:59: Ja.
01:05:01: Und... Das ist auch eine Entscheidung.
01:05:04: Das ist auch zu respektieren.
01:05:07: Ich möchte leben.
01:05:09: Und ich möchte auch bis zum Ende meines Lebens leben.
01:05:12: Und nicht nur existieren.
01:05:15: Was wünschst
01:05:15: du dir für
01:05:16: deine Zukunft?
01:05:18: Ich wünsch mir für meine Zukunft... Freude im Leben.
01:05:24: Weiterhin.
01:05:26: Ich habe gelernt, dass das beides geht.
01:05:31: Und ich freue mich über jeden Tag, der mir geschenkt ist.
01:05:36: Und ja, und was ich mir auch noch wünsche, ist, dass ich möglichst vielen Menschen helfen darf, auch diesen Weg für sich zu finden.
01:05:46: Dass das Leben wieder lebenswert und auch voller Freude ist.
01:05:52: Danke dir, dass du dir die Zeit genommen hast und vor allen Dingen danke dir, dass du uns vertraut hast.
01:05:56: Danke
01:05:57: schön und wir wünschen dir alles erdenklich.
01:06:00: Liebe für dich und deine Familie.
01:06:02: Ich freue mich.
01:06:03: Danke schön.
01:06:06: Hier noch eine Anmerkung.
01:06:07: Wenn du von den besprochenen Themen betroffen bist oder Unterstützung benötigst, bitte zügere nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
01:06:14: Wohl die Unterstützung bei professionellen Hilfeinrichtungen oder dir vertrauten Personen.
01:06:19: Bis zum nächsten Mal.
01:06:20: von Bohne zu Bohne.
01:06:24: Du willst selbst bei uns dabei sein?
01:06:26: Denn melde dich auf unserer Website oder unserer Social Media.
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