4 Jahre Escort: Ausstieg aus der Prostitution und die Wahrheit über Sexarbeit #58 Vivien
Shownotes
Vivien war vier Jahre in der Prostitution. Was als vermeintlicher Ausweg aus Armut und Perspektivlosigkeit begann, wurde schnell zu einem Albtraum aus Ekel, Gewalt, Selbstverachtung – und tiefer innerer Spaltung. In dieser Folge erzählt Vivien von ihrem Einstieg in den Escort über eine Freundin, von schleichenden Grenzverschiebungen, psychischer Abspaltung, Dominadiensten und verstörenden Anfragen. Sie spricht über den Moment, in dem sieben Männer nacheinander über sie verfügten – und über das bleibende Gefühl, nicht mehr sich selbst zu gehören.
Zeitstempel: 0:00 – 1:28 – Einstieg & Triggerwarnung 1:28 – 6:34 – Armut, Hoffnungslosigkeit & Einstieg in Prostitution 6:34 – 12:08 – Die ersten Treffen 12:08 – 18:15 – Sex gegen Geld 18:15 – 23:50 – Mehrfache Grenzverletzungen 23:50 – 28:48 – Der Weg in die Dominaszene 28:48 – 36:38 – Zwischen zwei Welten 36:38 – 43:47 – Verlust der Selbstachtung 43:47 – 50:29 – Ausstieg & Neubeginn 50:29 – 51:36 – Wünsche für die Zukunft und ein kritischer Blick auf das System
Prostitution #Sexkauf #GewaltgegenFrauen #ExitProstitution #Frauenrechte #Menschenwürde #SexuelleGewalt #Überleben #Feminismus #Patriarchat #Selbstbestimmung
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Transkript anzeigen
00:00:00: Ich hab mich dann halt ausgezogen, denn man wollte das, war natürlich auch viel älter als ich.
00:00:05: Ich hatte super Angst.
00:00:06: Mein weiß, andere Männer passen nicht an, benutzen dich.
00:00:10: Aber das ist irgendwas, was dann so auf mich übergegangen ist.
00:00:13: Also ich hab mich dann eher so vor mir geäckelt.
00:00:15: Diese Männer hatten dann halt die Möglichkeit, auch noch mit mir Sex zu haben,
00:00:20: indem sie halt nochmal Geld draufzahlen.
00:00:22: Und das haben dann alle Männer in Anspruch genommen.
00:00:24: Und das waren glaube ich sechs oder sieben Männer.
00:00:27: Trigavano, bevor wir beginnen, möchten wir dich auf etwas Wichtiges hinweisen.
00:00:32: Uns sind deine Sicherheit und Gefühle wichtig.
00:00:34: Wir möchten gewährleisten, dass du dich während des Höhrens unseres Podcasts wohl fühlst und keine unerwarteten Auslöser erlebst.
00:00:41: In dieser Episode werden wir Themen ansprechen, die für einige Höhren der verstörend sein könnten.
00:00:46: Zu Beginn der Folge stellen wir das Thema vor.
00:00:49: Falls du denkst, dass das genannte Thema für dich persönlich belastend sein könnte,
00:00:53: dann möchten wir dich bitten, die Folge direkt zu beenden.
00:00:58: Stell dir vor, du kommst in einen Raum, vor dir sitzt ein Mensch und du hast keine Ahnung, wer das ist.
00:01:03: Das passiert mir in jeder Folge bei unserem Podcast von Bohne zu Bohne.
00:01:08: Mein Name ist Charlotte und ich weiß vorher nichts über unsere Gäste.
00:01:11: Kein Name, keine Information, keine Themen.
00:01:15: Also werden meine Fragen auch deine Fragen sein.
00:01:18: Ich bin Zanie und ich suche die Gäste.
00:01:21: Hier achte ich darauf, dass es Menschen mit spannenden Persönlichkeiten und faszinierenden Erlebnissen sind.
00:01:27: Und genau die wollen wir mit euch teilen.
00:01:29: Bist du bereit, gemeinsam mit Charlotte neue Geschichten kennenzulernen?
00:01:33: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge.
00:01:40: Mein Name ist Charlotte.
00:01:41: Mein Name ist Zanie.
00:01:43: Mein Name ist Vivian und ich war vier Jahre in der Prostitution.
00:01:46: Hi Vivian, wie alt bist du?
00:01:48: 28.
00:01:50: Ach krass, du bist so alt wie wir im Prinzip.
00:01:52: Hab ich jetzt nicht vermutet, dass wir heute darüber sprechen.
00:01:55: Freut mich nicht kennenzulernen Vivian.
00:01:57: Wo fängt deine Geschichte an, was sagst du?
00:01:59: Ich glaube meine Geschichte fängt, das ist schwierig einzuschätzen.
00:02:04: Also es ist glaube ich schon weit vorher, da hat es angefangen.
00:02:07: Aber ich würde so sagen, mit der Prostitution ging es dann halt 2018 los.
00:02:14: Wie alt warst du da?
00:02:16: Das ist jetzt sieben Jahre her.
00:02:18: Ich war da 2021/20.
00:02:20: Ach krass, wie bist du denn dazu gekommen?
00:02:22: Ich bin dazu gekommen tatsächlich durch eine damalige Freundin.
00:02:27: Die hat mir das empfohlen, weil sie selber finanzielle Probleme hatte.
00:02:30: Und ich hatte damals auch finanzielle Probleme schon seit meiner frühen Kindheit und Jugend.
00:02:35: Und habe quasi eine Prostitution damit den einzigen Ausweg gesehen,
00:02:40: aus dieser finanziellen Lage zu entfliehen.
00:02:43: Und bin dann dadurch hier langsam so in die Prostitution gerutscht.
00:02:48: Hast du zu dem Zeitpunkt alleine gewohnt?
00:02:50: Nein, ich habe bei meiner Mutter gelebt damals noch.
00:02:53: Okay, und wie waren die finanziellen Nöte, dass wir das verstehen können?
00:02:57: Musstest du Teile der Miete mittragen oder warum warst du auf dieses Geld so angewiesen?
00:03:02: Also es fing quasi schon seit meinem siebten Lebensjahr an,
00:03:06: dass meine Mutter halt Arbeitslosengeld 2 empfangen hat.
00:03:09: Und dadurch war ich dann immer in der Bedarfsgemeinschaft.
00:03:13: Das heißt, ich hatte generell nur die Möglichkeit, bis zu 100 Euro dazu zu verdienen.
00:03:18: Sonst wäre das halt von unserem Hartz-IV-Satz abgezogen worden.
00:03:23: Dadurch hätten wir halt weniger Geld gehabt.
00:03:25: Und ich habe dann damals mein Abi abgeschlossen.
00:03:28: Und habe ein freiwilliges soziales Jahr angefangen im Altenheim.
00:03:32: Und dachte halt, dass ich dadurch endlich mal zumindest ein 450 Euro Job bekomme.
00:03:38: Das hat aber auch nicht funktioniert.
00:03:40: Das heißt, mir wurde da auch wieder über die Hälfte abgezogen.
00:03:43: Und am Ende des Monats hatte ich dann vielleicht 100 Euro über 40 Stunden Job.
00:03:50: Und genau wusste halt einfach nicht,
00:03:53: weil ich offiziell nicht arbeiten durfte, wie ich da rauskomme.
00:03:56: Und der erschien mir das mit der Prostitution eigentlich so als das naheliegendste.
00:04:02: Warum durftest du offiziell nicht arbeiten?
00:04:04: Also ich durfte offiziell schon arbeiten.
00:04:07: Aber mir wurde halt alles...
00:04:09: Also der Großteil wurde uns halt abgezogen.
00:04:11: Also auch beim FS Sörddorf dich dann halt 200 Euro quasi verdienen offiziell.
00:04:16: Und der Rest wurde halt von dem Hartz-IV-Satz abgezogen.
00:04:19: Und ja, musste Ticket und so alles zahlen.
00:04:22: Und hatte dann halt nicht mehr als 100 Euro im Monat.
00:04:25: Und das war sehr frustrierend.
00:04:28: Wenn du sagst, dass diese finanziellen Engpässe in deiner Kindheit mit 7 Jahren schon angefangen haben,
00:04:33: wie hast du das damals wahrgenommen?
00:04:35: Als Kind sieht man ja eher weniger so Geldprobleme.
00:04:39: Ich habe das schon gemerkt.
00:04:42: Einfach so diese ganze gesellschaftliche Teilhabe war super eingeschränkt.
00:04:46: Also wir sind eher an der Gegend aufgewachsen, wo die Leute eher finanziell gut aufgestellt waren.
00:04:53: Und da haben wir uns einfach daran gemerkt, dass man Hobbys einfach nicht ausführen konnte.
00:04:58: Es war teilweise sehr schwierig irgendwie mal Geld zurückzulegen für Sachen wie Klamotten,
00:05:05: die man mal braucht oder auch Schulsachen, die am Anfang des Schuljahres irgendwie angeschafft werden müssen.
00:05:10: Und das war immer alles sehr, sehr knapp.
00:05:12: Man musste immer sehr doll auf sein Geld achten.
00:05:14: Und ja, das hat man einfach schon gemerkt.
00:05:18: Gerade in der Kindheit, dass da irgendwie was fehlt.
00:05:20: Man konnte das halt noch nicht so richtig natürlich greifen.
00:05:23: Das kam dann halt erst später in der Jugend.
00:05:26: Und es war auch so, dass ich dann natürlich mein Vater fragen musste wegen Geld.
00:05:31: Und meine Eltern sich damals auch nicht so gut verstanden haben.
00:05:34: Das war dann immer so schwierig.
00:05:35: Dann stand man halt so zwischen zwei Lagern und hatte dann so ein Loyalitätskonflikt auch.
00:05:41: Und das war einfach sehr frustrierend.
00:05:44: Und ja, da habe ich es schon auf jeden Fall gespürt, dass das nicht ganz im Gleichgewicht ist.
00:05:49: Hattest du eine gute Bindung zu deiner Mutter zu dem Zeitpunkt?
00:05:52: Ja, ja, also schon.
00:05:54: Wir hatten immer eine sehr enge Bindung auf jeden Fall.
00:05:56: Aber es war auch einfach, die Umstände waren einfach nicht leid.
00:05:59: Hat deine Mutter dich spüren lassen oder hat sie mit dir darüber gesprochen,
00:06:03: dass ihr so finanziell knapp aufgestellt seid?
00:06:06: Also, sie hat schon versucht immer gut, sie hat es gut in den Griff bekommen
00:06:10: und hat es auch versucht, nicht zu sehr an mich ranzulassen.
00:06:14: Natürlich, aber man hat es halt einfach gemerkt.
00:06:16: Also, man hat natürlich schon darüber gesprochen, ja.
00:06:18: Okay, also die Situation war sehr schwierig.
00:06:22: Du sagst, du hast dann einen FSJ gemacht, das geht ja in der Regel nur ein Jahr, ne?
00:06:26: Hast du dich dann während des FSJ schon dazu entschieden, diesen Weg zu gehen
00:06:31: oder hast du es erst danach für dich entschieden?
00:06:33: Mit der Prostitution, meinst du?
00:06:35: Ja, das habe ich kurz nachdem ich angefangen habe.
00:06:37: Mit dem FSJ habe ich dann mich entschieden, es kort zu gehen.
00:06:42: Okay, wie war da der Prozess?
00:06:44: Wie hat deine Freundin dich darauf angesprochen?
00:06:46: Wir hatten damals, es war mit meinen ängsten Freunden,
00:06:48: wir haben eigentlich über alles gesprochen
00:06:50: und sie hatte sich dann selber auf einer Seite angemeldet,
00:06:55: wo man sich halt für Prostitutionen anbieten kann
00:06:59: und hat gesagt, ja, das ist vielleicht auch eine Möglichkeit für dich.
00:07:04: Versuch es doch einfach mal, weil sie selber damals davon überzeugt war
00:07:08: und auch keiner anderen Ausweg gesehen hat.
00:07:10: Und ja, ich war damals halt Anfang 20, ich war voll naiv
00:07:14: und habe gedacht, ja okay, melde dich mal auf diese Seite an,
00:07:17: wird sich wahrscheinlich eh keiner melden
00:07:19: und das haben sich dann auf jeden Fall doch einige Männer gemeldet
00:07:24: und ja, dann hat man das erste Treffen vereinbart,
00:07:28: ist zu dem Typen hingefahren
00:07:30: und hat das so über sich ergehen lassen.
00:07:33: Aber es gibt ja auch nochmal im Escort,
00:07:35: meine ich zu glauben nochmal, Unterschiede.
00:07:37: So kannst du ja auch mit unterangeben, was du anbietest.
00:07:41: Genau, das habe ich gemacht.
00:07:43: Also das kann man generell auf diese Seite machen
00:07:45: und ich habe am Anfang gesagt, dass ich zum Beispiel keinen Sexanbieter,
00:07:50: sondern nur eher bestimmte, vielleicht fetische oder so Bediene,
00:07:56: wo die Männer mir auch nicht so nahe kommen können.
00:07:58: Ich habe dann aber halt relativ schnell gemerkt,
00:08:00: wenn ich zum Beispiel nur Fußerotik oder sowas anbiete,
00:08:04: dass zu wenig Anfragen kommen
00:08:06: und dass das finanziell dann einfach nicht gereicht hätte
00:08:09: und wenn dann halt nach ein paar Wochen, Monaten auch da zu übergegangen,
00:08:13: sowas wie Girlfriend Sex anzubieten und Blowjobs und ja.
00:08:18: Als du dich das erste Mal dann getroffen hast,
00:08:21: wie lang war das der Zeitraum zwischen Anmeldung,
00:08:23: bis du tatsächlich das erste Treffen hattest?
00:08:25: Das waren vielleicht zwei Wochen.
00:08:27: Ach krass.
00:08:28: Oder vielleicht auch weniger, also es war nicht viel Zeit dazwischen.
00:08:31: Okay, was hast du dann dort direkt gemacht?
00:08:34: Also bei dem ersten Treffen ging es tatsächlich,
00:08:37: sage ich mal, nur um Fußerotik.
00:08:39: Und ich habe mir das so vorgestellt,
00:08:41: dass ich dann nicht angefasst werde und auch nicht irgendwie befriedigt werde.
00:08:45: Ja, aber ich musste mich halt, also ich habe mich dann halt ausgezogen,
00:08:48: denn man wollte das.
00:08:49: Er war natürlich auch viel älter als ich.
00:08:51: Ich hatte super Angst.
00:08:52: Und ja, es ging dann halt auch darum,
00:08:55: dass er mich anfasst und befriedigt.
00:08:57: Und genau, das waren keine Sachen, die ich irgendwie wollte,
00:09:01: wo ich mir im Vorhinein auch einfach keine Gedanken gemacht habe,
00:09:04: weil ich dachte, okay, ich kann jetzt vielleicht sagen,
00:09:06: ich will das nicht, aber die Angst war dann einfach zu groß,
00:09:09: dass er sich das einfach nimmt.
00:09:11: Und ich dann einfach noch in viel Gefährlichen Situation bin,
00:09:16: wenn ich es irgendwie ablehne.
00:09:18: Ich war ja mit dem Mann in seiner Wohnung.
00:09:20: Ja, ich hatte jetzt auch nicht viele Möglichkeiten,
00:09:22: an das zu handeln.
00:09:24: Wie alt war der Mann?
00:09:25: Kann ich, also ich glaube, der war so um die 40,
00:09:30: vielleicht auch älter, also wesentlich älter als ich auf jeden Fall.
00:09:34: Wie hast du dich in dem Moment gefühlt,
00:09:36: als du, als dir bewusst wurde, ich fahre jetzt zu einem fremden Mann
00:09:41: und ich biete meinen Körper oder meine Dienste an.
00:09:45: Was ist dir da durch den Kopf gegangen?
00:09:48: Ich glaube, das wäre total, also so real erstmal für mich.
00:09:52: Also ich hatte, wie gesagt, echt Angst.
00:09:56: Ich hatte auch Ekel, schon bevor ich den Mann gesehen habe,
00:10:01: auf dem Weg dahin und ich dachte mir einfach,
00:10:04: die ganze Zeit, ja, wird schon, wird schon irgendwie laufen
00:10:07: und du musst jetzt einfach durch 10 zusammenbeißen und durch.
00:10:11: Also ich habe, glaube ich, gar nicht so viel gedacht,
00:10:14: sondern einfach gemacht und versucht,
00:10:16: irgendwie meinen Gefühle auszuschalten.
00:10:18: Wovor hast du dich geäkelt?
00:10:21: Einfach davor, dass ich auch gar nicht wusste,
00:10:23: was das für ein Mann ist, auf den ich treffe.
00:10:26: Man hat ja dann auch irgendwie keine, also es ist üblich,
00:10:28: dass die Männer jetzt keine Bilder verschicken.
00:10:31: Ich wusste, dass er älter war, dass er älter war angegeben
00:10:34: und ich habe mich generell vor diesem ganzen Szenario geäkelt.
00:10:38: Also ich wollte, dass, es war jetzt nicht, dass ich dachte,
00:10:41: war toll, ich finde das jetzt irgendwie gut, dass ich anbiete,
00:10:45: sondern es war einfach, okay, ich muss das jetzt anbieten,
00:10:48: damit ich halt an Geld komme und das ist noch das kleinste Übel.
00:10:52: Das war das einfach.
00:10:54: Wie viele sexuelle Erfahrungen hattest du bis dato gesammelt?
00:10:57: Schon eher viele, also ich war schon sehr sexualisiert auch
00:11:01: und hatte mit schon vielen Männern auch Sex davor.
00:11:06: Okay, war Sex bis dato was Besonderes für dich oder?
00:11:11: Nein, überhaupt nicht.
00:11:13: Das war für mich nichts Besonderes, nein.
00:11:15: Okay.
00:11:17: Nachdem das Treffen dann fertig war, wie hast du dich da gefühlt?
00:11:21: Scheiße.
00:11:23: Also ich war erst mal mega froh, dass das vorbei war.
00:11:26: Ich habe die ganze Zeit auf die Uhr geguckt und war dann,
00:11:28: es ist eigentlich vorbei, es ist einfach nur schrecklich
00:11:30: und danach war natürlich erstmal so diese Erleichterung.
00:11:32: Du hast es geschafft, okay, du hast jetzt dein Geld,
00:11:35: aber ich habe mich halt super schrutzig gefühlt,
00:11:37: glaube ich, einfach so sehr benutzt und angewidert
00:11:40: und du sollst einfach nur weg haben, also einfach nur aus meinem Kopf haben.
00:11:46: Hast du dich mit deiner Freundin dann ausgetauscht darüber?
00:11:49: Ja, das habe ich gemacht.
00:11:51: Was hat sie dir gesagt oder hat sie dir einen Rat oder so was mitgegeben?
00:11:55: Ich glaube, es war damals nicht so, dass ich so ein Bewusstsein hatte,
00:11:58: wie ich mich wirklich damit fühle.
00:12:00: Ich wüsste so nicht, ich finde es schlimm,
00:12:02: aber ich glaube damals war so mein Coping-Mechanismus
00:12:05: oder unser Coping-Mechanismus,
00:12:07: dass man sich so ein bisschen über die Männer dann lustig gemacht hat
00:12:10: und das ein bisschen runtergespielt hat,
00:12:12: dass es ja gar nicht so schlimm ist
00:12:14: und ja, dass es ja auch schnell vorbei ist
00:12:17: oder dass es ja gutes Geld gibt.
00:12:19: Es war jetzt nicht so, ich fand es total schrecklich,
00:12:21: sondern es war so, ja, es war jetzt nicht geil, aber war schon okay.
00:12:26: Deswegen, also wir haben uns jetzt nicht so auf diese emotionalen Ebene
00:12:29: darüber ausgetauscht, das kann man später haben.
00:12:32: Wenn du sagst schnell vorbei, wie lange ungefähr war dein erstes Treffen?
00:12:37: Ich glaube, das ging damals schon so eins bis zwei Stunden,
00:12:40: also eine Stunde war üblich und das waren so eins bis zwei Stunden.
00:12:44: Zwischen dem ersten Treffen
00:12:48: und bis zum tatsächlich ersten Koitus.
00:12:51: Wie viel Zeit ist da vergangen?
00:12:53: Kann ich gar nicht so genau einschätzen,
00:12:56: weil das Zeitgefühl aus dieser, also das generell sind verblasst,
00:12:59: das Zeitgefühl und ich würde jetzt mal schätzen,
00:13:02: es waren vielleicht so drei Monate, also auch nicht allzu lange.
00:13:06: Und wie viele Treffen hattest du in der Zeit, kannst du das einschätzen?
00:13:09: Bis es dann zum ersten Geschlechtswerk herkam?
00:13:12: Auch nicht wirklich, also es waren schon mehrere, die Woche,
00:13:16: das auf jeden Fall aber auch nicht mehr als eins am Tag,
00:13:21: also vielleicht alle zwei, drei Tage eintreffen unter der Woche
00:13:24: oder mal im Wochenende.
00:13:26: Hattest du mehr Zeit zwischen dem ersten und zweiten Treffen vergehen lassen
00:13:30: als später oder hast du von dato dann einfach in dem Rhythmus von zwei bis drei Tagen immer?
00:13:35: Ich habe von da aus eher in dem Rhythmus von eins bis zwei, drei Tagen weitergemacht, genau.
00:13:41: Wie sah dein Alltag aus? Ich meine, du hattest ja gearbeitet.
00:13:45: Wie sah dein Alltag aus?
00:13:47: Also ich bin morgens um sechs, sieben Uhr aufgestanden, ich musste um acht Uhr arbeiten,
00:13:52: habe dann bis jetzt zu 30 gearbeitet und habe dann oft während meiner Arbeit
00:13:57: ja dann noch Treffen vereinbart in den Pausen
00:14:00: und bin dann meistens direkt nach der Arbeit dann zu den Männern gefahren,
00:14:05: oft nach Düsseldorf, wenn da viele Geschäfte zu Männer waren
00:14:08: oder auch in anderen Städten, also genau.
00:14:12: Das war so mein Alltag, manchmal bin ich noch zwischendurch nach Hause gegangen,
00:14:15: habe mich kurz frisch gemacht, genau und bin dann nochmal los,
00:14:18: aber normalerweise bin ich dann direkt nach der Arbeit zu den Männern,
00:14:21: habe mich dann da vor Ort frisch gemacht, habe mir Sachen schon vorher eingepackt
00:14:25: und bin dann los und kam dann abends irgendwann nach Hause.
00:14:29: Wie bist du nach Hause gekommen?
00:14:31: Also meistens tatsächlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, ich hatte kein Führerschein,
00:14:36: ich hatte damals kein Führerschein und bin dann immer mit Bus und Bahn gefahren durch halb NHB, genau.
00:14:42: Manchmal wurde ich gebracht auch von Männern mit dem Auto.
00:14:46: Wenn die Männer dich nach Hause gebracht haben, dann wussten sie ja auch, wo du wohnst.
00:14:50: Wie hast du dich dabei geführt?
00:14:52: Schon nochmal gewissermaßen natürlich unsicher und rückblickend,
00:14:56: frage ich mich auch, warum ich das überhaupt gemacht habe.
00:14:58: Also ich habe jetzt nicht gesagt, bringe mich zu meiner Haustür,
00:15:01: sondern ich habe gesagt, du kannst mich da und da auf ein paar Platz absetzen,
00:15:04: aber für mich war es manchmal einfach so anstrengend schon dahin zu fahren.
00:15:08: Ich war teilweise einfach froh, wenn es vorbei war
00:15:10: und ich nicht noch irgendwie anderthalb Stunden durchgegeben fahren muss,
00:15:14: so nachts und da war es für mich irgendwie passivequemer, mich fahren zu lassen,
00:15:19: wenn es mir angeboten wurde.
00:15:21: Hat deine Mutter bei dir Veränderung festgestellt, nicht nur Wesensveränderungen,
00:15:25: sondern auch, du hast ja plötzlich was ja den ganzen Tag unterwegs
00:15:28: und bist auch teilweise nachts?
00:15:30: Ja, nicht wirklich, also ich glaube rückblickend hat sie das schon mal festgestellt,
00:15:35: aber an der Zeit halt nicht, weil ich auch davor schon immer viel unterwegs war
00:15:39: mit Freundinnen und immer viel unternommen habe.
00:15:41: Also es war jetzt nichts Ungewöhnliches, dass ich irgendwie bis abends weg war oder so.
00:15:45: Deswegen hat sie da nichts verstellen können.
00:15:48: Du hattest vorhin von Ekel gesprochen.
00:15:51: Wie hat sich dieser Ekel innerhalb der ersten paar Monate ausgebreitet in dir?
00:15:56: Boah, das ist eine gute Frage.
00:16:00: Ich glaube, das war einfach vor allen Dingen ein Gefühl,
00:16:04: was sich irgendwann gegen mich so gerichtet hat.
00:16:06: Also es ist so dieses, mein weiß andere Männer passen sich an benutzen dich,
00:16:11: aber das ist irgendwas, was dann so auf mich übergegangen ist.
00:16:14: Also ich habe mich dann eher so vor mir geäkelt oder auch vor mir geäkelt
00:16:18: und mich einfach selber total abgelehnt und mich einfach in so eine Rolle begeben,
00:16:27: die eigentlich gar nicht ich bin, die total fremd war.
00:16:32: Also man teilt sich dann quasi, man spaltet sich so auf in zwei Persönlichkeiten
00:16:36: und dieser Ekel war halt irgendwie omnipräsent einfach.
00:16:41: Also ich habe das körperlich auch irgendwann sehr gespürt.
00:16:44: Ich habe dann reagiert mit Infektion, ich war total auf krank,
00:16:48: hatte total auf Bauchschmerzen und ja, das hat mich einfach total ausgelaut.
00:16:54: Und auch generell, was es mit dem Männerbild macht.
00:16:57: Also man guckt Männer an, man geht auf die Straße,
00:16:59: man sieht in jedem Mann Täter, man sieht in jedem Mann jemanden,
00:17:02: der dich einfach nur für Sex kaufen möchte und ja.
00:17:07: Hattest du in diesem Zeitraum, wo dieses Gefühl auch so stark war,
00:17:11: nicht mal die Frage dir gestellt, ob es das richtig ist,
00:17:15: also ob du für dich dann vielleicht einen anderen Weg erschließen solltest,
00:17:17: um an Geld zu kommen?
00:17:19: Bestimmt, also ich wusste auf jeden Fall, dass es mir nicht gut tut
00:17:24: und dass es auch nichts ist, was ich langfristig machen kann.
00:17:28: Aber durch meine Erfahrungen, die ich zuvor mit Männern gemacht habe,
00:17:32: dachte ich wirklich, das ist irgendwie etwas, wofür ich vielleicht bestimmt bin,
00:17:38: weil ich es nicht anders kenne, dass Männer mich irgendwie wertschätzen
00:17:42: oder auch für andere Sachen irgendwie gut finden
00:17:45: und deswegen war das für mich einfach naheliegender Weg
00:17:49: und ich war es mir auch einfach nicht wert, damit aufzuhören.
00:17:52: Also ich dachte mir, wofür denn, wofür soll ich damit aufhören?
00:17:55: Also.
00:17:56: Das heißt also, dein Männerbild war davor schon, ich nenn es mal jetzt hart gestört,
00:18:01: so dass du schon für dich ausgesagt hast, okay, für mehr reicht es nicht,
00:18:05: in Anfangszeichen.
00:18:06: Ja, quasi kann man schon so gut zusammenfassen, ja.
00:18:08: Dann, du hast gesagt, das gingen so drei Monate,
00:18:11: bis du tatsächlich dann mit dem ersten tatsächlich geschlafen hast.
00:18:14: Ja.
00:18:15: Kannst du uns davon berichten, von dem Treffen?
00:18:17: Habe ich verdrängt, ehrlich gesagt.
00:18:19: Also ich weiß nicht mehr, wie das erste, ich weiß nicht mehr, wie der Mann aus sei,
00:18:22: ich weiß nicht mehr, wer es war.
00:18:24: Deswegen ist, also ich kann nur von Treffen berichten,
00:18:27: wo ich mit Männern geschlafen habe,
00:18:29: aber ich weiß nicht mehr, wie das erste Treffen war tatsächlich.
00:18:31: Weißt du noch, was du gefühlt hast danach?
00:18:33: Oder davor?
00:18:34: Ja, wahrscheinlich auch.
00:18:36: Und noch mal einen stärkeren Ekel und einfach Angst.
00:18:39: Und diesen, ich hatte immer so einen Fluchtinstinkt, ich wollte da nicht hier nicht.
00:18:43: Wir haben liebsten wieder direkt umgekehrt, sobald ich den Mann gesehen habe.
00:18:46: Was hatte ich dann, also du hast vorhin gesagt,
00:18:49: du hast nicht so viel Geld damit verdient, wenn du das nicht angeboten hast.
00:18:54: Kannst du uns da so einen Rahmen nennen, wie viel Differenz hat das denn ausgemacht,
00:18:59: das eine anzubieten, aber das andere nicht.
00:19:01: Ich glaube, man muss sich das so vorstellen, dass gerade am Anfang vielleicht
00:19:05: viele Männer schreiben, wenn die sehen, das ist ein neues Profil.
00:19:08: Und dann kann man vielleicht doch erstmal noch sowas wie so ein Nischen bedienen.
00:19:12: Und mit der Zeit, dann trifft man sich, also dann hat man auch keine Stammkunden,
00:19:18: dann trifft sich vielleicht einmal nur mit einer Person
00:19:20: und dann wird es halt einfach weniger, also die Nachfrage ist nicht mehr so hoch.
00:19:24: Aber ich würde schon so sagen, vielleicht hat das im Monat,
00:19:27: das ist echt schwierig, einzuschätzen,
00:19:31: vielleicht hat es im Monat so 500 bis 1000 Euro vielleicht ausgemacht,
00:19:35: das andere dann auch noch anzubieten.
00:19:37: Und das war für mich damals halt, oh, das ist halt extrem viel Geld.
00:19:40: Gibt es Eintreffen, was dir besonders prägnant im Kopf geblieben ist?
00:19:45: Ja, auf jeden Fall, soll ich davon erzählen?
00:19:49: Wenn du magst.
00:19:50: Ja, ich hatte auf jeden Fall Eintreffen mit einem Mann,
00:19:53: der hat mich auch tatsächlich bei mir in dem Dorf, wo ich aufgewachsen bin,
00:19:58: wo ich damals gelebt habe, abgeholt mit dem Auto.
00:20:00: Und ich weiß nicht, in welchem Ort wir waren, ich kannte den Ort nicht.
00:20:05: Wir sind sehr lange mit dem Auto gefahren.
00:20:07: Und ich weiß noch auf jeden Fall, dass er mich irgendwie erpresst hat.
00:20:11: Also es ist dann so geändert,
00:20:13: dass er irgendwie meinte, er müsste mir jetzt kein Geld zahlen.
00:20:17: Genau.
00:20:18: Und ich war halt alleine da und ich wusste auch,
00:20:20: ich komme da jetzt natürlich nicht weg, das war mitten in der Nacht.
00:20:23: Und hab dann halt gesagt, okay, wir haben jetzt miteinander,
00:20:28: also wir können jetzt miteinander schlafen.
00:20:30: Einfach, weil ich so Angst hatte vor ihm,
00:20:32: weil er auch sehr muskulös war und sehr präsent
00:20:35: und auch sehr autoritärensam auftreten.
00:20:38: Und ich dachte mir, okay, wenn ich das jetzt irgendwie verwehre
00:20:41: und ich komme ja hier nicht weg und was soll ich machen,
00:20:44: dann nimmt er sich das einfach.
00:20:46: Deswegen habe ich es dann irgendwie bei mich ergehen lassen
00:20:48: und bin dann daraus auch ohne Geld,
00:20:50: also bin dann aus dem Treffen ohne Geld rausgegangen,
00:20:53: weil das so seine Masche war.
00:20:55: Genau, das war auf jeden Fall sehr schlimm.
00:20:58: Und ich hatte auch noch ein Treffen,
00:21:00: was mir sehr am Kopf hängen geblieben ist,
00:21:02: wo ich mit mehreren Männern mich getroffen habe
00:21:06: in der Airbnb-Wohnung.
00:21:08: Und diese Männer hatten dann halt die Möglichkeit,
00:21:12: auch noch mit mir Sex zu haben, indem sie halt nochmal Geld draufzahlen
00:21:15: und das haben dann alle Männer in Anspruch genommen.
00:21:18: Und das waren, glaube ich, 6 oder 7 Männer an einem Abend.
00:21:21: 6 oder 7 Männer an einem Abend?
00:21:23: Ja, genau.
00:21:24: Krass.
00:21:25: Aber wie war denn die Grundkonstellation aufgebaut?
00:21:28: Also war das schon klar, dass da Sex möglich ist?
00:21:31: Genau, es gab halt die Option.
00:21:33: Also es hat jemand anderes, also für mich mitorganisiert,
00:21:36: auch ein freier und er hat halt gesagt,
00:21:39: dass er halt die Möglichkeit anbietet,
00:21:42: für 50 Euro mehr, dass die Männer,
00:21:44: dass wir nicht nur Realsex haben,
00:21:46: sondern dass die Männer mich halt auch,
00:21:48: also auch so Sex mit mir haben können.
00:21:50: Und als die mich dann gesehen haben,
00:21:52: haben sich dann, glaube ich, alle dafür entschieden,
00:21:54: das durchzuführen.
00:21:56: Und genau, das war alles in einem Abend.
00:21:59: Wie hast du dich danach gefühlt?
00:22:02: Frechterlich.
00:22:04: Also, ja, schäbe ich.
00:22:07: Also nicht, wie ich selbst,
00:22:09: sehr desillusioniert einfach total, total weggetreten.
00:22:16: Also das...
00:22:18: Wie hast du die Männer wahrgenommen zu dem Zeitpunkt?
00:22:21: Ich glaube, ich habe jeden Freier immer als...
00:22:25: einfach nur, ich kann es nicht willst,
00:22:28: weil ich mich das sagen darf,
00:22:30: weil es ekeliges Stück Scheiße war genommen.
00:22:32: Also es war für mich einfach nur,
00:22:34: ich habe es nicht verstanden,
00:22:36: wie man so was in Anspruch nehmen kann.
00:22:38: Wir wissen, dass eine Frau, die wissen ja nicht,
00:22:40: ob ich das freiwillig gemacht habe.
00:22:42: Also ich habe es nicht verstanden,
00:22:44: wie man sich auf so was aufgeigen kann,
00:22:46: kann dich nicht verstehen.
00:22:48: Würdest du behaupten,
00:22:50: dass die Freier aller alter Strukturen
00:22:52: und aller Herkunftsklassen,
00:22:54: also Herkünfte und auch Klassen,
00:22:56: angehört haben?
00:22:58: Komplett.
00:23:00: Ja, da gibt es kein Schema.
00:23:02: Also da waren rechte Männer,
00:23:04: da waren wohlhabende Männer,
00:23:06: keine Ahnung, Absteigen gewohnt haben.
00:23:08: Absteigen gewohnt haben.
00:23:10: Und Männer in Chef-Itagen,
00:23:12: Männer, die irgendwie, weiß ich nicht,
00:23:14: selbstständig waren.
00:23:16: Es gab da kein Muster,
00:23:18: kein bestimmten Phänotypen,
00:23:20: keine soziale Schicht, die ein Freier kennzeichnet.
00:23:22: Du hast jetzt gesagt,
00:23:24: du hast das vier Jahre lang gemacht.
00:23:26: Kannst du ein bisschen beschreiben,
00:23:30: wie du dich während des ersten Jahres gefühlt hast
00:23:32: und wie sich das im Laufe der Jahre verändert hat,
00:23:35: dein Blick auf deine Tätigkeit?
00:23:37: Ich glaube im ersten Jahr,
00:23:41: es fing ja schon an,
00:23:43: dass ich ja auch öfters krank war
00:23:45: und ich das körperlich einfach gemerkt habe,
00:23:47: um auch psychisch einfach gemerkt habe.
00:23:49: Aber ich konnte es glaube ich noch so ganz gut wegschieben
00:23:51: und auch noch nicht so auf die Prostitution beziehen.
00:23:53: Genau, und im Laufe der Zeit
00:23:55: habe ich mich halt einfach theoretisch mehr mit
00:23:57: dem Thema Prostitution auseinandergesetzt
00:23:59: und einfach viel darüber gelesen.
00:24:01: Also viel feministische Literatur
00:24:03: darüber gelesen
00:24:05: und das glaube ich immer mehr so
00:24:07: gelernt auch zu kritisieren
00:24:09: und
00:24:11: was natürlich auch eine krasse Amivalenz ist
00:24:13: in einem, wenn man so merkt,
00:24:15: okay das System ist einfach frauenverachtend,
00:24:17: aber man ist irgendwie weiter ausführt
00:24:19: und ich bin dann irgendwann dazu übergegangen,
00:24:23: ich glaube nach so zwei Jahren
00:24:25: oder anderthalb Jahren,
00:24:27: dass ich dann mal in die Dominar-Bereich gegangen bin.
00:24:29: Also weil ich mir dann dadurch erhofft habe,
00:24:31: irgendwie mehr Kontrolle zu haben
00:24:33: und halt auch eine gewisse körperliche Distanz
00:24:35: zu den Männern aufbauen zu können
00:24:37: und jetzt nicht mehr Sex
00:24:39: mit denen haben muss
00:24:41: und ja in diesen krassen körperlichen Kontakte.
00:24:43: Ja, das war so mein Weg
00:24:45: damit quasi, ja.
00:24:47: Ist das dann auch so eingetreten,
00:24:49: was du dir erhofft hattest?
00:24:51: Also diese körperliche Distanz,
00:24:53: einerseits schon, ja,
00:24:55: also dass man halt sagen konnte, okay du darfst mich jetzt nicht anfassen
00:24:57: und dass auch irgendwie
00:24:59: ein Vorhinein besser abgesprochen werden konnte,
00:25:01: aber
00:25:03: natürlich
00:25:05: performt man auch die ganze Zeit,
00:25:07: man muss sich trotzdem ausziehen,
00:25:09: man muss sich irgendwie auch für's zulegen
00:25:11: und
00:25:13: man macht halt einfach Handlungen,
00:25:15: also man führt Handlungen aus,
00:25:17: die einfach extrem verstörend sind
00:25:19: und
00:25:21: auch gewaltvoll sind natürlich
00:25:23: jetzt nicht, also was mich betrifft
00:25:25: oder was die Männer betrifft
00:25:27: das macht natürlich auch total viel psychisch
00:25:29: und dann die ganze Zeit
00:25:31: so zu tun, als wenn man das super geil
00:25:33: und das ist
00:25:35: auch einfach super, super anstrengend
00:25:37: und ja auch wieder ekelig auf eine andere
00:25:39: Weise.
00:25:41: Gab es Momente, in denen du wirklich
00:25:43: schockiert warst, was Männer von dir
00:25:45: verlangt haben? Ja,
00:25:47: auf jeden Fall, ja.
00:25:49: Ich weiß nicht, wie detailreich du da reingehen willst,
00:25:51: aber kannst du nur um mal zu verstehen,
00:25:53: was da eigentlich so die Bereiche
00:25:55: wie die Sphären sind, der Extrem?
00:25:57: Also man kann ja, man kriegt ja verschiedene Anfragen
00:25:59: und da sind schon wirklich
00:26:01: das habe ich dann abgelehnt, aber Sachen dabei gewesen,
00:26:03: wo es wirklich darum ging
00:26:05: dass Männer
00:26:07: massiv verletzt werden wollen
00:26:09: und
00:26:11: ja auch mit verschiedenen Körperflüssigkeiten
00:26:15: oder Instrumenten
00:26:17: also es gibt, glaube ich, alles
00:26:19: was mich am meisten geschockt hab, war wirklich
00:26:21: auch ein Mann, der mal gefragt hat
00:26:23: und da ging es um Erbrochenes
00:26:25: also es war
00:26:27: wirklich extrem
00:26:29: ekelig
00:26:31: und ja, genau
00:26:33: ist so was wie
00:26:35: ja,
00:26:37: Natursekt, also so
00:26:39: Das ist halt noch relativ weit verbreitet, dass viele Männer das wollen, angepengelt werden wollen und so was, aber ich hatte dann auch wirklich Sachen mit Blut, Scheiße und andere Sachen, die dann angefragt wurden, wo ich dann echt so dachte, boah, das ist sehr, sehr verstörend und auch so Sachen, die dann, also Männer, die dann wollten, dass man irgendwie eine Mutterrolle übernimmt oder die Rolle eines Geschwisterteils.
00:27:04: Also so sehr Incess, also Incess Wandasin, das habe ich dann auch abgelehnt, aber das ist schon sehr weit gefächert. Ich glaube, es gibt nichts, was es nicht gibt in dem Bereich.
00:27:17: Wie hast du das verarbeitet? Gerade wenn du dich auf die eine oder andere Sache eingelassen hast, ich stelle mir das ultra verstörend auch vor, wie du das später dann nochmal durch deinen Kopfrevue passieren lässt. Wie hast du das mit dir ausgemacht?
00:27:29: Also in dem Moment habe ich das einfach wie so ein Schauspiel, das ist echt, man hat eine Rolle, die man spielt und spaltet sich dann einfach von sich selbst erstmal ab.
00:27:37: Und ja, danach hatte ich dann, ich hatte zum Teil Freunde, mit denen ich auch darüber reden konnte, aber ich habe auch immer extrem viel Therapie gemacht trotzdem nebenbei und ich glaube, das war auf jeden Fall auch eine Möglichkeit, das zu verarbeiten.
00:27:53: Aber es ist schwer, also es ist schwer, die Bilder hat man halt immer im Kopf, die kommen auch tagtäglich und sind halt immer im Hinterkopf, würde ich sagen, das gibt man jetzt auch nicht raus unbedingt.
00:28:07: Hat dein Netzwerk versucht dich da auch irgendwie wieder rauszuholen?
00:28:11: Ich würde schon sagen, dass sie das versucht haben von Anfang an, die waren alle sehr, sehr kritisch und haben auch immer gesagt, dass sie sich Sorgen machen.
00:28:17: Aber ich wollte das einfach nicht hören. Also ich wollte nicht, dass mir Leute helfen und ich wollte auch nicht hören, dass es mir schaden könnte.
00:28:27: Ich habe das immer sehr abgeblockt und so getan, als wäre alles gut.
00:28:30: Du hattest jetzt vorhin erwähnt, dass du dich selbst vor dir geäkelt hast und das auch dein Selbstwert darunter gelitten hat. Hast du irgendwann während deiner Tätigkeit darüber nachgedacht, dass du verdienst, so behandelt zu werden, weil du dich so abstoßen findest?
00:28:49: Ja, vollhaft. Das habe ich ganz aufgedacht.
00:28:53: Ja, auf jeden Fall.
00:28:55: Dieses angeekelt sein von dir und dieses Gefühl, dass du es verdienst, so behandelt zu werden, das kennst du ja auch schon aus deiner Vergangenheit, hast du gesagt.
00:29:05: Wie hat sich das im Laufe deiner Tätigkeit verändert? Ich nehme an, es wurde noch schlimmer?
00:29:12: Ja, ich glaube auch, dass es noch schlimmer wurde auf jeden Fall, weil man wird ja die ganze Zeit objektifiziert, man wird quasi nur auf sein Äußeres reduziert.
00:29:20: Es geht ja gar nicht um die Person als Ganzes und das sind andere Sachen, die ich halt einfach heute merke, dass ich mich immer noch extrem abbehrte und auf bestimmte Sachen einfach reduziere oder sexualisiere, weil ich so in dieser Rolle drin war und auch schon davor so in dieser Rolle drin war.
00:29:38: Und wenn man dann in die Prostitution geht, dann ist es, es geht sich ja alles nur darum, mein Verkauf der seinen Körper.
00:29:44: Womit hast du heute zu kämpfen, wenn du sagst, dass du dich zum Teil da ein bisschen runter machst oder ähnliches?
00:29:51: Ja, immer noch mit dem Selbstwild, mit meiner Selbstwahrnehmung, einfach mit so Schönheitsnormen, mit dem Druck davon, das ist immer noch sehr präsent ist einfach, dass man sich davon, auch wenn ich theoretisch weiß, wie falsch das ist, dass ich mich aber gefühlsmäßig davon sehr, sehr schwierig immer noch abgänzen kann leider.
00:30:10: Wann hat deine Mutter davon mitbekommen?
00:30:14: Meine Mutter hat davon mitbekommen, da war ich schon ausgezogen und es war, ich glaube Mitte 2022, also da war ich auch noch gerade so in der Prostitution drin und ich habe es ihr gesagt tatsächlich bei einem Gespräch, also sie hat es nicht von sich aus erfahren.
00:30:31: Wie hat sie darauf reagiert?
00:30:33: Die war sehr, ja sehr geschockt auf jeden Fall, die hatte da überhaupt nicht mit gerechnet, dass ich das, also sie hatte niemals mit gerechnet, sie hat das nicht gemerkt und war einfach total erschüttert davon.
00:30:50: Hat sie sich nicht die Frage gestellt, wie du das ganze Geld verdient hast?
00:30:54: Ja, darüber haben wir auch gesprochen, aber ich glaube, was oft so ein Ding ist, gerade bei Eltern, dass sie das nicht sehen wollen, also ich bin ja dann auch auf einmal ein Urlaub gefahren, habe ja immer öfters Sachen gestellt, hatte natürlich ein eigenes Konto, aber ich hatte auch gedacht, okay, es fällt auf, aber ich glaube, vieles möchte und kann man dann einfach nicht sehen, weil es einfach so, der ganze Bild erschüttern würde, also das ist ja auch nichts, was man sich irgendwie für seinen Kind wünscht oder vorstellen kann.
00:31:21: Warum hast du dich dazu entschlossen, es deiner Mutter zu sagen genau zu diesem Zeitpunkt?
00:31:26: Das ist auch eine sehr gute Frage, ich glaube, ich wollte einfach, es hat mir irgendwie belastet, dass sie das nicht wusste, wir werden eigentlich auch ein enges Verhältnis haben und weil ich ihr vielleicht auch, ja auch, also wir hatten gespricht, wo es generell um unsere Vergangenheit ging und ich glaube, es war einfach mir ein Anliegen, ihr zu sagen, okay, ich habe auch darunter gelöten und ich habe auch irgendwie meine Opfer gebracht.
00:31:55: Auch wenn ich ihr niemals dafür die Schuld geben würde und das auch nicht tue, aber einfach zu zeigen, hey, das war für mich und nicht einfach und ich habe keinen anderen Ausweg gesehen aus der Situation.
00:32:08: So ein FSJ geht ja nur ein Jahr. Was hast du danach getan, um dieses Scheinbild aufrechtzuerhalten?
00:32:15: Ich habe es sogar ein halbes Jahr verlängert tatsächlich und dann bin ich ins Ruhrgebiet gezogen und habe mich eingeschrieben für soziale Arbeit und dann habe ich studiert und ich habe auch immer nebenbei gearbeitet, genau, als Kellnerin im sozialen Bereich, alles Mögliche eigentlich durch und habe dann nebenbei halt die Treffen gemacht und habe studiert, das war so mein Leben.
00:32:42: Hattest du neben der Einfreundin weitere Freundinnen oder Ähnliches, die auch das gemacht haben?
00:32:49: Ja, ich bin noch auf eine damalige Bekannte getroffen, die das auch in einer anderen Form gemacht hat und eine andere Freundin von uns, ehemalige Freundin, hat das auch eine Zeit lang gemacht, aber nur ganz kurz, weil ja das zu viel wurde.
00:33:03: War das im Studium so ein Ding? Weil ich kann mich noch zu meiner Zeit daran erinnern, da gab es tatsächlich so ein paar Mädels, die das erzählt hatten, die das gemacht hatten.
00:33:10: Und da gab es sogar auch mal mit unter so eine riesige Werbung vor der Universität, die gesagt hat, jetzt anmelden und so, also das hattest du nicht die Erfahrung gemacht, dass du andere Mädels da kennengelernt hattest?
00:33:22: Ich glaube, das Ding ist, man redet ja einfach nicht so drüber unbedingt, aber genau, ich habe halt eine kennengelernte im Studium, die das auch gemacht hat, genau, die war sehr offen und die andere hat dann auch später studiert.
00:33:35: Aber es war jetzt nicht so was Offenes und es war zum Glück jetzt auch nicht so, dass damit geworben wurde, auch wenn so Sexarbeit gerade im Bereich der Sozialen Arbeit ja eher so sehr unkritisch betrachtet wird, gab es das zum Glück bei uns an der Uni nicht, aber es war auch eher so eine kleine Hochschule.
00:33:51: Nein, also die Erfahrungen habe ich nicht gemacht, aber ich kann mir vorstellen, dass viele das trotzdem gemacht haben, von dem man das halt nicht weiß, wenn man einfach nicht so enge im Kontakt war.
00:33:59: Du hast jetzt gerade eben davon gesprochen, dass soziale Arbeit und Sexarbeit auch mitunter teilweise zusammenlaufen, was meinst du damit genau?
00:34:08: Also ich bin total oft einfach in diesem Studium darauf gestoßen, auch bei Dozentinnen, bei anderen, die studieren, und dass es sehr unkritisch betrachtet wird, also das gesagt wird, ja, das ist eine freiwillige Entscheidung und das können Frauen auch tun, um sich zu emanzipieren oder um ja quasi den Spieß umzudrehen, um Männer auszunehmen.
00:34:30: Und ich hatte halt schon sehr früh, also als ich mich näher damit beschäftigt habe, schon immer die Einstellung, dass es halt ein System ist, was Frauen unterdrückt und ausbeutet, oder auch Männer oder auch Transpersonen, die das machen, ist ja egal.
00:34:43: Es ist selbe und man hier auch niemals irgendwie sagen kann, ob eine Frau oder eine Person das freiwillig macht, weil ich weiß ja einfach nicht, ob die Person durch äußere Zwänge daran gekommen ist, durch Alternativlosigkeit oder auch einfach ja durch Traumata, das ist ja auch auf den Fall, dass junge Mädchen durch Vorerfahrungen in die Prostitution gehen.
00:35:08: Und ich habe das halt immer kritisiert und mich hat das einfach sehr frustriert, dass es immer noch so sehr gläufig ist, dass von Sexarbeit unter freiwilligen Entscheidungen gesprochen wird und mich da eigentlich immer schon sehr stark so gegen gewährt.
00:35:24: Hast du dich auch mal mit dem Thema auseinandergesetzt, dass Menschen mit Beeinträchtigung das Thema oder die Prostitution in Anspruch nehmen?
00:35:32: Habe ich, aber ich bin der Meinung, dass keine Person Anrecht auf Sex hat. Also man hat einen Anrecht auf eine Sexualität, aber keine hatten einen Anrecht auf Sex und da vermissen Frauen nicht herhalten. Das ist meine ganz klare Haltung dazu.
00:35:47: Du hattest gesagt, dass die finanziellen Probleme bei dir und deiner Mutter dazu geführt haben, dass du dich für die Prostitution entschieden hast. War das durchgehend der Grund dafür, dass du die ganze Zeit alle vier Jahre lang in der Prostitution geblieben bist?
00:36:04: Ja, tatsächlich nicht. Es war quasi der ausschlaggebende Grund oder für mich damals ein Grund, das aufzunehmen, aber ich habe mich auch danach eigentlich dadurch, dass ich ja dann arbeiten konnte, wenn ich alles im Abgezogen wurde und barfig bekommen habe, war ich ja finanziell eigentlich stabil.
00:36:20: Und ich war ja auch noch in der Prostitution, als ich mein, also als ich dann Vollzeit gearbeitet habe. Also auch da habe ich es nicht geschafft, obwohl ich genug Geld hatte. Also es war wirklich dieses, ich sehe keinen Grund darin auszusteigen, weil ich es einfach mir wirklich nicht wert war oder weil ich meinen Wert nicht erkannt habe und dachte, ja, ich kann das jetzt einfach weitermachen als wie so eine Art, vielleicht eine Selbstbestrafung.
00:36:46: Und auch immer dieses Denken, ich hatte immer oder habe immer noch Angst, dass ich keine Rücklagen habe, dass ich kein Geld habe, obwohl das quatsch ist. Aber ich glaube, das ist einfach so tief drin, dass man so, wenn man nie die Sicherheit hatte, dass man da immer so mit zwar Geld.
00:37:01: Sehr schwer.
00:37:02: Jetzt hast du dich ja über die Jahre sehr viel auch mit dem Thema beschäftigt und deine Haltung wurde ja auch immer stärker und immer klarer. Hattest du da manchmal das Gefühl, dass du selbst im Paradoxon bist?
00:37:13: Ja, voll. Auf jeden Fall. Ich war ein wandelndes Paradoxon. Ja, definitiv.
00:37:19: Ja, voll. Ja.
00:37:21: Während dieser ganzen Zeit hattest du da einen Partner?
00:37:25: Nee. Also ich hatte, ja, ich hatte keine Festbeziehung. Nein. Genau. Wenn ich wusste, es wurde ernst, da habe ich es auch angesprochen, dass ich das mache, weil ich dann auch ehrlich sein wollte. Ich finde, ich muss mir nach, wenn man sowas tut. Aber es ist nicht so eine Beziehung gekommen.
00:37:42: Wie war da die Reaktion der Männer drauf?
00:37:45: Es gab auf jeden Fall sehr abwertende Reaktionen, die das auch ekelig fanden. Es gab einfach Männer, die sehr besorgt waren. Genau. Und ich glaube, es waren nicht viele in der Zeit, wo es auf eine Beziehung hätte hinauslaufen können. Deswegen habe ich es jetzt auch nicht so oft angesprochen.
00:38:03: Aber genau bei denen, wo ich es weiß, das war eher so dieses Besorgtsein oder halt dieses angeekeltsein und mich dann abwerten dafür.
00:38:12: Du hast ja auch sexuelle Bedürfnisse. Wie hast du die befriedigt oder hattest du überhaupt dann in diesem Zeitraum welche?
00:38:19: Hätte ich weiterhin tatsächlich, ich habe mich auch weiterhin natürlich privat mit Männern getroffen. Das konnte ich noch trotz dieser traumatischen Erfahrungen weiter aufrechterhalten, harte damals, aber dann auch öfters mal Flashbacks oder so bei bestimmten Situationen im privaten Kontext.
00:38:39: Aber ich glaube, da bin ich noch einigermaßen gut weggekommen, würde ich sagen.
00:38:44: Was hast du dafür getan, um diese Bilder dann auch in dem Moment einfach beiseite schieben zu können?
00:38:50: Ich habe es abgebrochen. Also ich habe das dann abgebrochen. Wenn ich konnte, manchmal konnte ich es nicht, dann habe ich es so weiter ausgeführt.
00:38:57: Aber musste ich halt lernen, das dann abzubrechen.
00:39:02: Wie alt warst du, als du tatsächlich den Ausstieg für dich als Möglichkeit überhaupt gesehen hast?
00:39:10: Ich muss gerade überlegen, es war Ende 22, als ich erst gestiegen bin, das heißt, dann war ich 26 glaube ich, war jetzt 29.
00:39:18: Ja, genau, ich war 26 und ich glaube, Arschlaggebend war tatsächlich, es klingt doch immer so doof, ich will das eigentlich gar nicht sagen.
00:39:27: Ich hatte halt damals dann jemanden kennengelernt, wo ich wusste, okay, das ist eine Chance, es ist seit vielen, vielen Jahren, das es auf eine ernsthafte, langfristige Beziehung hinausläuft.
00:39:37: Und ich mich nicht einfach weiter damit kaputt machen wollte, noch diese Beziehung und meine Sexualität, nicht einfach weiter gefährden wollte.
00:39:46: Und dann haben wir halt beide entschieden, dass ich dieses Profilöscher und das war dann quasi mein Ausstieg, offiziell.
00:39:55: Warum sagst du, ihr habt euch beide dafür entschieden?
00:39:58: Wir sind ein Team, wir sind in einer Partnerschaft und ich glaube, ich würde auch keinen Partner wollen, der das unkritisch hinnimmt, dass ich das tue,
00:40:17: weil es ja schon extrem schädlich ist und für mich halt auch ein sehr sexistisches Bild bedient.
00:40:24: Und wenn ich ein Partner hätte, der sagt, ich habe damit kein Problem, dann wird es für mich halt überhaupt nicht passen.
00:40:30: Also es geht nicht darum, dass mich jemand rettet, es geht einfach darum, dass jemand da ist, der meine Einstellung teilt.
00:40:35: Und das ist halt nicht damit auch nicht mit einer gesunden Beziehung, für mich persönlich vereinbar, tatsächlich.
00:40:42: Wie war dein Gefühl, als du deinen Profi gelöscht hast?
00:40:45: Das war auch sehr komisch, also es war nicht einfach tatsächlich. Ich weiß noch nicht, ob ich es nicht geschafft hätte, wenn ich jemand daneben gesessen hätte.
00:40:56: Ja, das ist halt sehr entgültig. Also man weiß, es gibt jetzt keinen zurück mehr.
00:41:00: Klar kann ich mich jederzeit anmelden, mein Profil ist weg, alle Bewertungen sind weg, alle Nachrichten sind weg.
00:41:05: Es war schon sehr herausfordernd, aber sehr freiend, aber auch erstmal so ungewohnt, nicht mehr jeden Tag da drauf zu gucken.
00:41:16: Das ist ja auch ein finanzielles Loch, was dann da mit einher geht. Wie hast du das für dich ausgemacht?
00:41:22: Also musstest du dann deine Lebenssituation verändern oder deine Art und Weise, wie du mit Geld umgegangen bist?
00:41:28: Wie gesagt, zum Glück damals halt nicht mehr, weil ich dann ja schon halbes Jahr Vollzeit in meinem Beruf tätig war und dann das erste in meinem Leben auch wirklich ein ganz gutes Geld verdient habe.
00:41:39: Also ich musste da jetzt nicht mich anpassen, weil es dann nicht mal aus finanziellen Gründen war. Also klar merkt man das schon und man merkt so eine Kacke.
00:41:47: Ich kriege jetzt eine Rechnung, ich kann jetzt nicht mal eben ein Date vereinbaren und kann das Geld direkt wieder reinholen.
00:41:52: Es ist schon eine Umgewöhnung, aber es war jetzt nicht mehr, dass ich mein Leben irgendwie umkrempeln musste oder zurückstecken musste finanziell, das war dann zum Glück kein Thema mehr.
00:42:00: Wann hast du dann deine Mutter gesagt, dass du kein Profil mehr hast oder dass du es gelöscht hast?
00:42:04: Ich weiß gar nicht, ob ich meiner Mutter das gesagt habe, weil damals, als ich jeder von erzählt habe Anfang Mitte 22, habe ich glaube ich noch gesagt, dass ich es ab und an mache, was sie auch bestimmt hat.
00:42:18: Ich glaube, ich bin jetzt nicht zu ihr hingegangen, habe gesagt, ich mache das nicht mehr. Ich glaube, das ist dann irgendwann später, später, irgendwann später habe ich es ihr dann nebenbei erzählt vielleicht.
00:42:28: Aber sie hat auch nicht gefragt oder so?
00:42:30: Nee, ich glaube nicht.
00:42:32: Wie hat sich dein Selbstbild verändert, nachdem du ausgestiegen bist?
00:42:37: Das ist auch eine gute Frage. Ich glaube, das ist immer noch ein großer Kampf auf jeden Fall.
00:42:42: Das ist natürlich besser geworden, aber es ist immer noch hart. Es ist immer noch schwierig auf jeden Fall, damit einen Umgang zu finden, damit zurechtzukommen.
00:42:55: Es ist nicht so, dass ich aufgehört habe und es war jetzt irgendwie von jetzt auf gleich super gut, sondern es ist halt ein stetika Prozess.
00:43:02: Man hat gute Tage, man hat aber auch total beschissene Tage einfach.
00:43:06: Wie hat sich das Bild dir Männern gegenüber verändert über den Zeitraum während der Prostitution, aber auch danach, wo du eine stabile Partnerschaft hattest und gemerkt hast, da gibt es jemanden, der mich so nimmt wie ich bin?
00:43:21: Ja, das, also ich glaube, mein allgemeines Männerbild ist immer noch sehr negativ auf jeden Fall und Vertrauen zu Männern aufbauen war auch, also das war auch wirklich ein Prozess.
00:43:33: Es hat lange gedauert. Es ist, glaube ich, auch viel gekennzeichnet, dass dann von so Selbstsabotage das nicht wahrhaben wollen, dass es auch Männer gibt, die eigentlich nur reduzieren und Sex wollen.
00:43:44: Aber prinzipiell bin ich Männern gegenüber sehr, sehr misstrauisch und auch eher abgenygt. Also ich kann das schon auch verpacken, aber so im Alltag, wenn ich so in der Bahn bin, merke ich einfach oder irgendwie mehr bestimmten Männern begegnet, die mich an irgendwer erinnern,
00:44:00: dass ich dann schon so sehr abgefackt einfach bin und ja, auch Männern einfach nicht so vertraue oder da, ja es ist einfach, es ist einfach schwierig, es ist sehr amivalent oft.
00:44:14: Konnte dein Partner so ein bisschen das Bild auch ja rumrücken, dass du gegenüber Männern hattest?
00:44:21: Ja, auf jeden Fall. Also er hat schon, er tut sehr viel und trägt viel dazu bei, dass das gerade gerückt wird, aber ich glaube, ich sehe es immer noch mal so in der strukturellen Ebene.
00:44:32: Und ich habe auch super gute männliche Freunde, da kann ich also auch gar nichts gegen sagen, aber genau, ich glaube, es wird sehr schwierig, das dann wieder rumzurücken komplett, aber natürlich positiv beeinflusst er.
00:44:45: Du hast davon gesprochen, dass du dich selbst ziemlich sabotiert hast und auch deine eigene Wahrnehmung sabotiert hast in diesen zwei Persönlichkeiten gespalten warst.
00:44:56: Was für Unterstützung hättest du gebraucht, damit du da früher rauskommst aus deiner Tätigkeit?
00:45:02: Ja, ich glaube, ich hätte, oder was ich wirklich gebraucht hätte, wäre also eine Therapie, die auch kritisch nachfragt oder das hinterfragt, was ich tue, weil ich hatte damals eine Therapie, aber auch keine geeignete.
00:45:19: Und genau, ich hätte da, glaube ich, mehr Nachhaken gebraucht, um mehr in die Tiefe gehen und Einzelsetting gebraucht und keine Gruppentherapie.
00:45:32: Und ich brauchte erst ein bisschen Zugang zu mir und ich habe so eine richtige Mauer aufgebaut und da hätte, glaube ich, jemand professionell das einfach mehr dazwischen gehen müssen.
00:45:45: Diese Mauer hatte ich davon abgehalten, deine Gefühle zu fühlen oder wie kann ich das verstehen?
00:45:50: Ja, gewissermaßen schon, meine Gefühle zu fühlen oder sie nicht irgendwie quasi so zu kanalisieren, dass ich sie gegen mich wende, also das ist, glaube ich, eher das Problem.
00:46:02: Und was hat dir im Ende geholfen, diese Mauer einzureisen?
00:46:06: Also was mir auch super gut geholfen hat, ich habe damals, bevor ich ausgestiegen bin, im Oktober/November habe ich eine sehr toxische Beziehung zu einem Mann beendet.
00:46:18: Also wir waren nicht offiziell zusammen, aber es war auf jeden Fall sehr schwierig und ich habe, glaube ich, das erste Mal in meinem Leben wirklich klare Grenzen gesetzt.
00:46:24: Ich habe meine Meinung gesagt, ich habe gesagt, der Bein ist wie scheiße.
00:46:27: Und ab dem Punkt hat das eigentlich mein Leben generell eine sehr positive Erwendung genommen.
00:46:33: Und ich würde auch sagen, dass das ja auch Ausschlag geben dafür war, dass ich dann auch irgendwie später den Schritt gehen konnte, auszusteigen, weil ich so gelernt habe, ok, du musst dich nicht kacke behandeln lassen.
00:46:44: Du bist es wert, geliebt zu werden, du bist es wert, dass sich jemand um dich sorgt und dass man eine Beziehung auf Augenhöhe führt.
00:46:52: Und ja, aber das war halt ein langer Prozess, also das hat echt lange gedauert, über 10 Jahre, wenn sich das mal konnte.
00:47:00: Ich vertrete persönlich eine sehr, sehr ähnliche Meinung zu dir, was das Thema angeht.
00:47:05: Und wenn ich von außen höre, dass es Frauen gibt, die dann ganz selbstbewusst sagen, ich bin Feministin und ich stehe dafür ein und ich bin aber auch gerne Prostituiert und ich mache das freiwillig, dann kocht es immer so ein bisschen in mir hoch.
00:47:20: Weil ich der Meinung bin, dass es nie eine komplette Freiwilligkeit da in diesem Bereich gibt.
00:47:26: Wie gehst du damit um? Gerade wenn du das so hörst, was passiert da bei dir, innerlich?
00:47:31: Ich glaube gar nicht mehr so viel, ich hab früher das mich mehr getriggert, aber ich denke, man kann ja sagen, ich bin feministisch, aber das, was man tut, ist ja nicht unbedingt feministisch.
00:47:40: Also, und wenn eine Frau sagt, sie macht das freiwillig, muss ich das nicht glauben, kann ich das hinterfragen.
00:47:47: Aber sie kann es ja trotzdem tun, weil jeder hat auch ein Recht sich selbst zu schaden, das ist nun mal so.
00:47:53: Und jeder hat ein Recht seine Erfahrung zu sammeln und ich möchte darüber nicht mutmaßen, aber ich glaube, es ist dann halt total wichtig, auf die Nachfrage-Seite zu gucken, auf die Männer zu gucken.
00:48:04: Warum kaufen Männer Sex, warum konsumieren Männer Frauen auch in Pornografie und warum ist es so normal, warum ist es so gesellschaftlich akzeptiert und es wird immer Frauen geben, die behaupten, sie machen das freiwillig, das habe ich auch getan.
00:48:22: Dennoch spielen da so viele Mechanismen eine Rolle und es ändert ja nichts daran, dass das ganze System halt patriarchales und Frauen unterdrückt.
00:48:32: Nur weil ein paar weniger Frauen sagen, sie machen das freiwillig, bedeutet das ja noch lange nicht, das ist ein feministischer Akt, das ist ja Quatsch, also das ist ja total, das ist ja nicht die Definition von Feminismus,
00:48:43: da befreien wir ja keine Frauen, sondern dienen eigentlich nur Männern und das ist nicht mein Ziel und wenn Frauen das bedienen wollen, okay, aber wenn du das so hörst und dir eine Frau jetzt sagen würde, ich mache das freiwillig,
00:49:00: würdest du ihr das auch mit unterglauben können oder hättest du in deinem Kopf aufgrund deiner Erfahrungen, die du gesammelt hast, per se direkt Zweifel daran, dass sie die Wahrheit spricht, auch wenn sie es vielleicht gar nicht selbst realisiert?
00:49:12: Also Zweifel habe ich, glaube ich, immer und es kommt ja auch, glaube ich, immer so auf die Umstände an. Also wir machen ja auch auf suchende Arbeit.
00:49:19: Ich treffe regelmäßig Frauen an, die in Modellen arbeiten, mit denen spreche ich auch und da sagen auch viele, die machen das freiwillig, aber dann hört man in den Laufe des Gesprächs raus, okay, die kommen oft aus Osteuropa, die müssen ihre Familienversorgung haben,
00:49:34: keine Alternativen haben oft einen Zuhälter, der sich aber als deren Freund ausgibt, also eine Liebe des Beziehung vor Gargult und dann ist halt die Frage, okay, wie definiere ich denn Freiwilligkeit?
00:49:44: Also deswegen, ich glaube, Freiwilligkeit im System der Prostitutionen gibt es zu so einem geringen Anteil, dass wir darüber eigentlich gar nicht, also das ist irgendwie gar nicht im, ja, darüber diskutieren muss, weil darum geht es eigentlich nicht.
00:49:57: Hast du schon mal männliche Prostituierte kennengelernt?
00:50:00: Außer jetzt so ein Dokus oder so, nee, tatsächlich nicht, aber da gibt es verschiedene, meistens verschiedene Striche, wo die arbeiten oder verschiedene Bereiche, bei uns sind eigentlich nur Frauen und Transfrauen da, wo wir aufsuchen.
00:50:13: Ich habe noch keine, nicht gesehen Kinder, also doch, ich habe schon mal auf einem, ja doch Kinder in Dortmund, das ist ein großes Thema mit Kinderprostitutionen aus rumänischen Familien und ja, das...
00:50:28: Du hast ja so spezielle Arbeit studiert, war für dich dann auch klar, dass du in dem Bereich, genau in diesem Bereich arbeiten möchtest?
00:50:35: Ich mache das ehrenamtlich, also ich arbeite mit... zusammen, aber das ist ein anderer Bereich, das ist stationäre Jungthilfe und das mit auf so einer Arbeit, das machen wir einmal im Monat ehrenamtlich, also das mache ich nicht hauptamtlich quasi.
00:50:49: Wer ist denn wir?
00:50:51: Ja, ich möchte es mit einer Gruppe aus Frauen, vom Vereins ist das EV und wir haben eine Ortsgruppe in Dortmund und genau, das machen wir unter anderem einmal im Monat dann, dass wir die Frauen aussuchen, genau.
00:51:05: Warum hast du dich dazu entschieden, das noch freiwillig zu machen, dich damit nochmal auseinanderzusetzen, weil auch das ist ja immer wieder Konfrontation mit deiner Vergangenheit und mit dem, was du erlebt hast?
00:51:16: Weil ich es zum einen super wichtig finde, darüber irgendwie, also auch so eine Praxis nahe, also zu sehen, wie es den Frauen geht, dass sich immer zu lesen und zu hören, sondern mir das wirklich anzugucken, damit ich darüber auch erzählen kann und genau, und ich finde das einfach super wichtig mit den Frauen in Kontakt zu gehen und die einfach wie ganz normale Frauen zu behandeln und denen ein bisschen Normalität zu geben.
00:51:41: Also ich finde den Austausch einfach super wertvoll unter Frauen und genau, das ist für mich einfach ein Herzens, also so eine Herzensangelegenheit, ich mache das gerne und ja es ist herausfordernd, aber auf einigen Dingen sind die Männer herausfordernd, die dann überall rumschwören und weniger die Frauen an sich, außer ich brauche Bayern, aber ja.
00:52:01: Vivien, was wünschst du dir für deine persönliche Zukunft?
00:52:04: Ja, für meine Zukunft wünsche ich mir vor allen Dingen, dass ich weiter an mir wachsen kann und dass ich die Erfahrungen, die ich gemacht habe, auch zu was Positiven behandeln kann, damit anderen Personen vielleicht helfen und ja, genau, das wünsche ich mir.
00:52:20: Würdest du dir wünschen, dass dein Männerbild sich verändert oder bist du fein damit, so wie es jetzt ist?
00:52:27: Ich würde mir, glaube ich, eher wünschen, dass Männer sich ändern, dann kann sich das Bild ändern, aber sonst bin ich fein damit, ja.
00:52:33: Danke dir, danke dir, dass du uns anvertraut hast und deine Geschichte mit uns geteilt hast.
00:52:37: Danke euch.
00:52:38: Dankeschön.
00:52:39: Und wir wünschen dir alles Liebe für deine Zukunft.
00:52:41: Danke, ich euch auch.
00:52:43: Hier noch eine Anmerkung, wenn du von den besprochenen Themen betroffen bist oder Unterstützung benötigst, bist du züggerinnig, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
00:52:52: Wohl die Unterstützung bei professionellen Hilfseinrichtungen oder dir vertrauten Personen.
00:52:57: Bis zum nächsten Mal bei "Von Bohne zu Bohne".
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