Naturkatastrophe: Tsunami, doch sie hat überlebt - der Weg zurück ins Wasser #51 Monika

Shownotes

Am 26. Dezember 2004 überlebt Monika den verheerenden Tsunami in Südostasien. Sie befindet sich in Thailand, als eine der tödlichsten Naturkatastrophen der jüngeren Geschichte alles mit sich reißt. 230.000 Menschen sterben – sie überlebt. Doch der eigentliche Kampf beginnt erst danach: Panikattacken, Flashbacks, jahrelange Schuldgefühle und eine posttraumatische Belastungsstörung begleiten sie zurück in Deutschland.

Monika nimmt uns mit in diese prägende Erfahrung, erzählt, wie sie durch Therapie und ihre Tätigkeit als Schwimmlehrerin Heilung fand – und warum sie 15 Jahre später zurück an den Ort des Schreckens reist.

Eine Geschichte über Überleben, innere Kraft – und darüber, wie aus Schmerz eine Mission entstehen kann.


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TsunamiÜberlebende #Tsunami2004 #TraumaVerarbeiten #PTBS

Naturkatastrophe #Ertrinken #Schwimmlehrerin #WelleDerVeränderung


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Transkript anzeigen

Transcribed with Cockatoo

0:00:00Während wir da noch gefrühstückt haben, kamen schon die ersten Menschen von unterschiedlichen Richtungen und haben geschrien und geweint. Wir haben rausgeschaut aufs Meer, und die Boote haben sich komisch bewegt. Und hab mitten im Stehen eine Panikattacke bekommen.

0:00:16Und wusste erst mal gar nicht, was geht denn jetzt ab. Und hab mich dann hingesetzt und hab erst mal, ich glaub, eine Viertelstunde einfach nur geweint. Triggerwarnung. Bevor wir beginnen, möchten wir dich auf etwas Wichtiges hinweisen. Uns sind deine Sicherheit und Gefühle wichtig. Wir möchten gewährleisten, dass du dich während des Hörens

0:00:35unseres Podcasts wohlfühlst und keine unerwarteten Auslöser erlebst. In dieser Episode werden wir Themen ansprechen, die für einige Hörende verstörend sein könnten. Zu Beginn der Folge stellen wir das Thema vor. Falls du denkst, dass das genannte Thema für dich persönlich belastend sein könnte, dann möchten wir dich bitten, die Folge direkt zu beenden. Stell dir vor, du kommst in einen Raum, vor dir sitzt ein Mensch und du hast keine Ahnung,

0:01:01wer das ist. Das passiert mir in jeder Folge bei unserem Podcast von Bohne zu Bohne. Mein Name ist Charlotte und ich weiß vorher nichts über unsere Gäste. Kein Name, keine Information, keine Themen. Also werden meine Fragen auch deine Fragen sein. Ich bin Sanja und ich suche die Gäste.

0:01:19Hier achte ich darauf, dass es Menschen mit spannenden Persönlichkeiten und faszinierenden Erlebnissen sind. Und genau die wollen wir mit euch teilen. Bist du bereit, gemeinsam mit Charlotte neue Geschichten kennenzulernen? Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge. Mein Name ist Charlotte.

0:01:40Mein Name ist Sanja. Und mein Name ist Monika und ich bin Tsunami-Überlebende. Oi! Äh Name ist Monika und ich bin Tsunami-Überlebende. Oi! Äh, hi Monika. Bei Tsunami kommt mir ehrlicherweise nur ein Präsent im Kopf.

0:01:53Ich glaube, das war mit auch der größte in Indonesien. War das der? Ja, 26.12.2004. Oh, ja. Da kann ich mich sehr genau dran erinnern, weil zu der Zeit letztendlich ja alle zu Hause waren und in Deutschland gefeiert hatten und ich mir noch so dachte, ich sitze hier im

0:02:10warmen Zuhause mit der Familie und alles ist schön und da drüben ist alles weg. Wo fängt deine Geschichte an? Meine Geschichte fängt an, dass mein damaliger Freund und ich am 18. Dezember 2004 nach Thailand geflogen sind und ich beim Runterflug schon eine Todesangst gespürt habe, es nicht zuordnen konnte. Die Maschinen waren alle voll, es war sehr gut ausgebucht.

0:02:36Und wir sind dann Weihnachten auf Koh Lanta gewesen, haben dort mit den Thailändern und vielen anderen Touristen auch gemeinsam gefeiert, nichts ahnend, was dann kommt. Und sind dann am 25. einen Tag vorher mit der Fähre von Kulantu rübergefahren nach Raleigh, sind dort angekommen am West Beach. Und ich dachte mir noch, wow, der schönste Strand meines Lebens.

0:03:02Warum haben wir jetzt am West Beach keine Unterkunft und sind dann über die Insel rüber gelaufen, Halbinsel, und hatten dann am East Beach einen Bungalow, der am Hügel oben stand, auf Stelzen. Und am Abend vorher, so fing die Geschichte an, am Abend vorher, dachte ich mir, komisch, haben wir da ein Tier jetzt im Bungalow? Was kratzt da, was kreischt da so laut? Das waren scheinbar Tiere, die das Erdbeben schon 12 Stunden vorher schon gespürt haben, weil da kamen schon die Geräusche. Und das Erdbeben war dann kurz nach 8 in der Gegend von Indonesien, Bandar Ache.

0:03:35Es war ein Seebeben in 10 Kilometer Tiefe mit Richterskala von 9,1 Magnitude. Und dann haben sich diese Platten verschoben. Und durch dieses Verschoben der Platten ist dann dieser Wahnsinns-Tsunami entstanden, der sich innerhalb von dem ganzen indischen Ozean mit einer Geschwindigkeit von 800 Stundenkilometer verbreitet hat. Voll schrecklich. So geht die Geschichte los, ja.

0:03:59Du hast gerade erzählt, dass die Tiere da gekratzt haben. Lässt sich im Nachhinein so ein bisschen identifizieren, welche Art von Tiere das frühzeitig erkennt? Oder sind das generell Tiere, die das früh erkennen? Also ich weiß nicht, was das für Tiere damals waren. Ich weiß nur, es war ein sehr lautes Geräusch, ein Kreischen und ein Kratzen. Und wir dachten, wir hätten eine Maus oder eine Ratte im Bungalow und haben den ganzen Bungalow dann durchsucht. Aber ich vermute, es waren freilaufende Affen oder irgendwie so was, die dann über diese Dächer von den Bungalows scheinbar schon auf der Flucht waren.

0:04:31Und ich bin überzeugt davon, dass die Tiere schon einen siebten Sinn haben und das im Vorhinein schon auch gemerkt haben. Man weiß auch von Elefanten, die zum Beispiel während des Ereignisses auch davon gelaufen sind. Okay, du hast dann dieses Kratzen gespürt und du hast dann auch die erste Erschütterung gemerkt. Also das war dann am Abend davor schon. Und wir haben es dann nicht lokalisieren können, was es war

0:04:54und sind dann ganz normal eingeschlafen, wollten am nächsten Tag in der Früh an den schönen West Beach hingehen, haben dann verschlafen und waren dann zu spät aufgewacht und aufgestanden und waren am East Beach auf einer Frühstücksterrasse am Hügel oben. Und während wir dann noch gefrühstückt haben, kamen schon die ersten Menschen von unterschiedlichen Richtungen, haben geschrien und geweint und wir wussten nicht, was ist jetzt passiert. Und dann sind wir auf dieser Frühstücksterrasse auf die Bänke gestiegen und haben rausgeschaut

0:05:29aufs Meer und haben draußen so einen ganz großen, breiten, weißlich-grauen Strich gesehen und die Boote haben sich komisch bewegt und wir dachten, was ist denn da jetzt los? Also das ist komisch, wir konnten es nicht zuordnen. Und dann haben wir gesagt, lasst uns mal runtergehen an den Strand. Dann sind wir vom Bungalow runter an den East Beach am Strand entlang gegangen.

0:05:52Auf einmal war das Wasser total weit weg. Das war das Zeichen damals, das wusste aber kein Mensch. Da lagen so zappelnde Fische rum und auch Muscheln. Das Wasser war weit draußen. Wir haben das Rauschen schon gehört von der nächsten Welle. Aber wir haben nicht reagiert. Und wir sind an einem Strand entlang

0:06:11gegangen bis zum Punkt, wo dann so meine innere Intuition gesagt hat, da stimmt was nicht. Dreht's mal um. Dreh um. Dreh jetzt um. Dann habe ich zu meinem Ex-Freund gesagtund gesagt, ich hab das Gefühl, irgendwas stimmt hier nicht, lass uns umdrehen. Dann sind wir umgedreht, und da war das Rauschen auch ganz, ganz mächtig.

0:06:29Aber wir haben nicht reagiert. Dann sind wir auf so eine Gruppe Thailänder zugegangen, und die haben dann ganz laut uns angeschrien. Wai, wai, wai, wai. Dann haben die uns quasi mitgerissen, Und dann sind wir da den Hügel raufgelaufen. Ich hab die noch vorher fotografiert. Und dann sind wir den Hügel raufgelaufen. Und ich weiß noch, wir sind losgelaufen,

0:06:49aber dann hab ich einen Blackout. Ich weiß nicht, wie lange wir gelaufen sind. Ich weiß auch nicht, wie hoch wir gelaufen sind. Ich weiß nur, irgendwann bin ich stehengeblieben und hab mich so umgedreht und hab mir gedacht, Okay, das Wasser steht, jetzt kann ich stehen bleiben. Was ich noch weiß, dass ich während des Laufens Todesangst hatte. Dass ich die Todesangst in mir gespürt habe.

0:07:10Und während des Laufens nicht wusste, überlebe ich jetzt oder überlebe ich jetzt nicht. Das ist so verrückt. Wenn du sagst, du kannst es heute nicht mehr genau sagen, wie das alles drumherum passiert ist. Die Leute haben euch aber mitgenommen. Waren das eher Einheimische oder war das eher Tourigebiet und somit mehr Panik?

0:07:28Oder war den mehr Einheimischen klar, was hier gerade passiert und euch mitgenommen haben? Also ich habe so eine Gruppe Thailänder eben stehen sehen und die haben rausgeschaut aufs Meer. Und die haben scheinbar dann irgendwie erkannt, dass es eine Gefahr ist, dass hier rein kommt das Wasser. Und die haben uns angeschrien. Durch dieses Anschreien und durch dieses Mitreißen, klar, da geht sofort natürlich das Nervensystem hoch. Und man fängt an zu laufen.

0:07:51In Todesangst fängt man an zu laufen. Dann sind wir den Hügel hochgelaufen. Wann seid ihr denn stehen geblieben? Ich weiß noch, wir sind gelaufen. Irgendwann hab ich mir gedacht, jetzt schau ich mich mal nach hinten um. Ah, das Wasser steht, jetzt können wir stehen bleiben. So haben wir das erlebt.

0:08:08Danach kam noch mal ein Blackout, wo ich nicht wusste, wie ging es weiter. Danach sind wir weiter höher auf den Hügel raufgelaufen, auf die Halbinsel. Da oben war eine riesige Fläche. Das war ein Klettergebiet, wo viele Kletterfelsen beschraubt sind. Auf dieser großen grünen Wiese waren unglaublich viele Familien, Kinder, Jugendliche, also aus allen, da gibts ganz viele Strände.

0:08:35Die kamen von allen Stränden und waren leicht verletzt, schwer verletzt, schreiend, weinend. Die ganze Wiese war belegt mit Menschen, die nicht wussten, was ist da passiert oder was kommt da jetzt noch. Und das sah so aus wie in so einem Kriegsfilm, wenn man dann so sieht, das Schlachtfeld so sieht,

0:08:57wo dann die ganzen Verletzten alle dort liegen. Und so sah es auch aus. Erst dachte ich noch, boah ist das krass, das muss ich jetzt fotografieren. Da dachte ich mir, nee, das kannst du ja nicht fotografieren, das ist ja Wahnsinn. Und ich weiß noch, wir sind dann rumgelaufen, um uns irgendwie zu orientieren, was ist dann passiert. Und ich habe halt meine Schmerzmittel auchamenten. Ich hab die Schwerverletzten gefragt, ob sie Schmerzmittel brauchen.

0:09:25Die haben gesagt, nee, es passt. Die haben die Schwerverletzten auf Bambusstangen draufgelegt. Dann ist erst mal Zeit vergangen, wo kein Mensch wusste, was ist eigentlich hier passiert oder kommt da noch was. Irgendwann weiß ich noch, dass ein Schild dort stand, weiß, mit einer schwarzen Schrift, wo dann draufstand auf Englisch Next Big Wave Uhrzeit. Und dann dachte ich, jetzt gehen wir mal in den Bungalow.

0:09:50Und dann habe ich mir mein Mäppchen um den Bauch geschnallt und habe da meinen Flugticket reingetan, meinen Ausweis, weil ich mir dachte, ich weiß jetzt nicht, ob ich es überlebe oder nicht. Aber wenn ich sterbe, dann wissen sie wenigstens, wie ich heiße, wenn sie mich finden. Also so haben wir da reagiert. Und ich weiß auch noch, dass ich gesagt habe, wir müssen sie sofort zu Hause anrufen, weil wenn die aufwachen, die trifft der Schlag. Was war das für ein Gefühl, was du mit dir rumgetragen hast?

0:10:16Allein dieser Gedanke, vielleicht überlebe ich das ja nicht. Und ich will aber, dass man mich findet und dass meine Familie mich findet? Also diese Stunden, wo wir nicht wussten, was ist da passiert, das war eigentlich eine permanente Todesangst. Weil ja auch dann die Schilder aufgestellt waren, dass noch mal eine Welle kommt. Und diese Stunden, also ich persönlich hatte irgendwo

0:10:37mir im Leben schon abgeschlossen. Und ich wusste noch, okay, wir müssen die anrufen. Aber ich weiß, dass ich in diesen Stunden schon funktioniert habe. Ich war innerlich, also ich war irgendwo ruhig, ja. Ich habe funktioniert, ich habe meinem Ex-Freund auch Globuli gegeben gegen Schock und ich wusste, jetzt müssen wir die Eltern anrufen.

0:10:53Und die haben auch dann dauernd zurückgerufen, dass es eben Nachbeben gibt. Erst kürzlich war jetzt ja wieder ein Erdbeben, 7,7 in Bangkok. Und das habe ich alles noch gewusst, aber ich habe da auch nicht mehr, ich habe nicht geweint. Also ich habe funktioniert in diesem Moment des Schocks. Aber das heißt, die Leitungen haben noch funktioniert, du konntest noch raus telefonieren? Es war dann Zeitversetzung, ein paar Stunden später habe ich dann, also es hat, ich weiß nicht, von dem Moment wo wir gelaufen sind bis wir oben waren, Das war bestimmt zeitlich ein paar Stunden versetzt und dann haben wir telefoniert und dann aber irgendwann sind auch die Leitungen eingebrochen, weil dann auch

0:11:28kein Fernseher mehr funktioniert hat. Es hat dann ein paar Stunden gedauert bis es Abend wurde und dann wurden irgendwann auch die Fernseher angeschaltet. Konntest du in der Zwischenzeit mit deiner Familie sprechen oder war das immer ein gegenseitiges Versuchen? Ich konnte mit meiner Mutter sprechen. Meine Mutter war völlig natürlich auch im Schock und in der Panik. Und die hat dann auch gesagt, sie ruft eben die Eltern von meinem Ex-Freund an und informiert alle, dass wir leben. Aber die hatte natürlich auch eine Todesangst, weil sie nicht wusste,

0:11:55kommen da noch weitere Nachwellen, kommen noch weitere Nachbeben. Es gibt ja auch Nachbeben bei einem Erdbeben und sie wusste ja auch über Stunden nicht, ob wir da unten überleben. Wie verabschiedet man sich da? Also wir haben dann gesagt, okay, wir leben alles gut, wir sind in Sicherheit. Ich habe dann auch gedacht, ich muss meine Mutter jetzt beruhigen. Ja, und dann haben wir eben gesagt, wir sind auf dem Hügel oben, wo gerade alle sind.

0:12:17Also das ist so eine Halbinsel und vor diesen ganzen Stränden sind die alle hochgekommen und die waren alle dann gemeinsam auf dieser Wiese gesessen und gestanden. Und wir haben dann gedacht, ja, okay, also da oben wird hoffentlich jetzt bei der nächsten Welle wird hoffentlich nichts hochkommen. Aber wir wussten es natürlich nicht. Kein Mensch wusste, was ist ein Tsunami. Also kein Mensch wusste, was passiert ist. Erst am Abend, am Abend, irgendwann einmal wurden dann Fernseher angeschaltet. Und dann kamen diese amerikanischen Sender. Und dann kamen Erdbeben, steigende Todeszahlen und Tsunami.

0:12:52Und dann haben wir am Abend das erste Mal gehört, das Wort Tsunami. Wie war die Gemeinschaft unter den Überlebenden? Also es war eine ganz tolle Gemeinschaft. Also alle Menschen haben sich gegenseitig geholfen. Also alle haben irgendwie gegenseitig auch die Schwerverletzten versorgt. Also die waren eben auf so Bambus draufgelegt.

0:13:13Und dann wurde auch dann so gegen Abend gab es noch bei uns in dem Ressort gab es noch eine Küche, ein Restaurant auf dem West Beach war. Also West Beach war komplett zerstört. East Beach war ja auf der anderen Seite war es nicht so krass. Und unser Restaurant war am Hügel oben. Also war das eigentlich damals, glaube ich, das einzige Restaurant,

0:13:35was noch kochen konnte. Und dann waren die Thailänder überfordert. Und das war ein Riesenchaos. Und irgendwann wussten alle Okay, jetzt haben wir Hunger. Und dann sind alle möglichen Touristen, die noch irgendwo mit anpacken konnten, mit in die Küche gegangen und haben alle mit beim Kochen geholfen und beim Abspülen und versucht, das Essen zu verteilen, um halt eine große Menge an

0:13:55Menschen irgendwie da auch dann noch ein Essen zu machen. Und am nächsten Tag haben auch viele mitgeholfen, zum Beispiel die Boote rauszuschieben, ein bisschen beim Aufräumen geholfen und so. Ich stelle mir das unfassbar hart vor, wenn du so viel Leid und Schmerz bei den Menschen siehst und dir sind die Hände gebunden und du kannst nichts tun oder machen oder nur so wenig machen.

0:14:16Wie fühlt man sich da? Also das waren Momente und Stunden der absoluten Hilflosigkeit, der absoluten Orientierungslosigkeit. In dem Moment steht man ja unter einem totalen Schock. Also man kriegt es erst mal selber nicht mit, dass man unter Schock steht. Aber wir standen natürlich erst mal alle völlig unter Schock. Und ich habe in diesem Schockmoment Ruhe bewahrt und habe funktioniert und habe halt geschaut,

0:14:38wo kann ich irgendwo was tun, wo kann ich irgendwo helfen, hat dann auch überlegt, okay, wir müssen jetzt praktisch bis nächsten Tag irgendwie überleben, haben wir noch genügend Wasser im Bungalow? Oder braucht man noch ein bisschen Wasser? Und dann wurde auch, ja, gab es noch ein Geschäft, wo es halt Lebensmittel gab, Wasserflaschen und so, und dann wurde das halt irgendwie aufgeteilt. Also versucht, ja, dass noch jeder noch irgendwas zu essen und zu trinken kriegt, so ungefähr, ja. Wann kam dann die zweite Welle? Also ich weiß tatsächlich nicht, wie viele Wellen es da waren.

0:15:10Weiß ich nicht, weil ich es auch so gar bewusst gar nicht mehr wahrgenommen habe. Es gab auch Nachbeben dort vor Ort. Ich weiß nicht, zwei oder drei Wellen werden es gewesen sein. Aber letztendlich, ich habe es dann irgendwann auch nicht mehr mitgekriegt. Bist du noch mal zu diesem West Beach gegangen, diesen wunderschönen Strand? Am nächsten Tag. Wie sah das da aus?

0:15:33Also, muss man dazu sagen, wir haben in der Nacht dann überlegt, können wir jetzt im Bungalow schlafen oder überleben wir das nicht? Oder wo schlafen wir jetzt eigentlich? Und dann haben wir überlegt, okay. Am Abend haben wir überlegt, wenn jetzt Nachbeben kommen, dann sind die eigentlich nicht so schlimm. Und unser Bungalow ist am Hügel oben und auf Stelzen.

0:15:52Also haben wir gedacht, können wir vielleicht dort schlafen. Also wir haben versucht dann da zu schlafen und haben das Licht außen angelassen für den Fall, dass nochmal was passiert, dass sie wissen, da sind noch zwei lebende Menschen. Also mit dieser Einstellung sind wir quasi schlafen gegangen. Und am nächsten Tag sind wir rüber an den West Beach. Also das erste Mal hatten sie dann damals schon auch viele weggebracht.

0:16:17Also die Boote, die dort waren, die waren alle zerstört. Sie hatten dann irgendwo anders her Boote und haben dann die Verletzten auch schon mal weggefahren. Und es waren dann nicht mehr so viele da am nächsten Tag, am 27. Wir sind dann an den West Beach gegangen. Und das war, das kann man sich nicht vorstellen, weil die Welle ist natürlich vollkommen reingeschwappt. Und alles, was vorne an der Kante war, sei es jetzt diese riesigen Longtailboote oder auch Schirme,

0:16:47alles Mögliche, was am Strand vorne stand, das war alles, es war weg. Also diese riesigen Longtailboote, die lagen alle im Inneren von der Insel auf dem Strand, wie so kleine Papierschiffchen, die man so mal den Fluss runterspült. Und das war für mich auch, also ich habe das am Körper gespürt. Das hat mich gefühlsmäßig körperlich total erschlagen, neben diesen Booten auf dem Strand zu stehen und zu wissen, da liegen jetzt richtig große Motorboote und ich stehe daneben.

0:17:18Und das Wasser war so krass von der Kraft, dass es die Boote da reingeschwappt hat, also wie wenn es jetzt Papierschiffe gewesen wären. Es war Wahnsinn. Und wir sind dann auch noch an einen anderen Strand gegangen und da ist ein Ausflugsboot an der Felswand zerschellt. Und ich weiß auch nicht genau.

0:17:36Und da lag dann noch alles am Boden umeinander, was auf dem Ausflugsschiff drauf war. Und ich stand in diesen Trümmern und habe das auch gefühlsmäßig so aufgenommen. Mir haben auch dann die Menschen so leidgetan, die da ja volle Wucht gegen den Fels geprallt sind und die alle nicht wussten, was passiert jetzt. Und praktisch unten an dieser Gletterwand, an dieser Felswand lagen dann die ganzen Trümmer.

0:18:08Und das war Wahnsinn. Ich hab das auch körperlich gespürt und hab auch dieses Gefühl damals mitgenommen. Das Gefühl der totalen Zerstörung. Ich hab mich auch lange selber sehr zerstört gefühlt. D.h. das hat für dich auch lange Zeit gebraucht, um das zu verarbeiten, was du da eigentlich gesehen hast.

0:18:25Ja. Der Tsunami war am 26., wenn ich mich richtig erinnere. In deinem Buch hast du aber geschrieben, dass ihr danach noch weiter Urlaub gemacht habt. Wie können wir uns das vorstellen? Also, wir haben keinen Urlaub mehr gemacht,

0:18:39sondern wir sind dann vor Ort noch geblieben, weil wir gedacht haben, die Reise ist schon gebucht gewesen, bezahlt gewesen und wir setzen die Reise jetzt sofort, weil alle, die jetzt zurückfliegen, das sind Verletzte. Wir sind ja körperlich nicht verletzt gewesen und wir lassen unsere Sitze jetzt den Menschen, die verletzt sind und die heimfliegen müssen.

0:18:59Und wir setzen unsere Reise fort und da blockieren wir auch nicht die Sitze von den anderen Menschen. Und wir sind dann erstmal noch vor Ort gewesen, noch wenige Tage auf dieser Halbinsel Raleigh. Und sind dann, ich glaube das war am 30. sind wir mit dem Boot rüber gefahren. Von Raleigh nach Ao Nang fährt man ungefähr eine Viertelstunde mit dem Boot. Und das war Wahnsinn, das erste Mal nach dem Tsunami mit dem Boot über das Meer fahren. Das war für mich ...

0:19:29Also fast ein Ding der Unmöglichkeit, weil ich auf dem Boot ständig geguckt habe, kommt da jetzt noch was? Oder können wir da jetzt rüberfahren? Dann sind wir an den Flughafen gekommen, wir sind nach Chiang Mai hochgeflogen,

0:19:42waren dann zu Silvester in Chiang Mai oben. Und am Flughafen, das war auch Wahnsinn, Flughafen Krabi, da waren dann die ganzen Botschaften, auch die deutsche Botschaft. Und wie wir dann ankamen, sind die sofort alle auf uns losgelaufen, wo wir waren, wo wir herkommen. Und wir müssen uns sofort eintragen, weil es gibt eine, bei der deutschen Botschaft gab es scheinbar eine Liste von Menschen, die in Thailand waren und wir waren quasi auf der Vermisstenliste

0:20:08und damit sie uns von der Vermisstenliste runternehmen konnten, mussten wir uns sofort in die Liste einschreiben und wurden auch sofort befragt und es war eine wahnsinnige Szenerie überall, diese ganzen, da lagen so Tische mit den Botschaften, mit den Flaggen, dass sie auch erkennbar waren. Was für mich auch so schlimm war, an Flughafen Graby, da war so ein Büro aus Glas. Und da hatten sie so DIN-A4-Seiten mit Fotos und gesucht wird. Also, das war ... oder vermisst und verstorben. Und das waren Zettelweise, also Zettelweise vermissten Suchen

0:20:40und auch verstorbenen Meldungen, das war Wahnsinn. Also, es war unglaublich. Hast du da auch mit anderen deutschen Familien gesprochen? Es gab eine Situation noch auf Raleigh. Da waren wir dann beim Abendessen, und dann gab's so ein komisches Geräusch, und auf einmal sind alle wieder losgelaufen.

0:20:57Dann haben wir uns schon unterhalten, ja. Hast du da die Geschichte, den Hintergrund der Familie mitbekommen? Es waren nicht mehr viele da. Also... Und... Also da war nur noch mehr... Da waren Geräusche, und dann sind noch mal alle gelaufen.

0:21:16Das war ein oder 2 Tage später, wo dann noch mal alle gelaufen sind. Weil sie dachten, jetzt kommt der nächste Tsunami rein. Konntest du über diesen Zeitraum auch immer wieder Kontakt nach Hause halten? War das möglich? Das weiß ich jetzt nicht mehr. Wir hatten schon immer wieder auch Kontakt, aber wie oft, das weiß ich jetzt nicht mehr.

0:21:31Das heißt aber, deine Familie und auch die Familie deines Ex-Freundes musste sich dann keine weitere Sorgen machen, dass ihr dann doch in irgendwelchen Schwierigkeiten steckt? Meine Mutter hatte mich an dem 26. eben gewarnt, dass es Nachweben geben kann. Das kam auch dann über den Fernseher. Und dass wir halt schauen, dass wir in der Höhe bleiben. Und ich weiß, dass meine Mutter sich lange, lange Zeit Sorgen gemacht hat.

0:21:56Ja, das weiß ich. Der Moment, als ihr nach Hause gefahren seid oder geflogen seid, wie war es, als ihr am Flughafen eure Familien gesehen habt? Wahnsinn. Also ich habe dann meine Eltern auch gebeten, dass sie uns abholen. Und die kamen dann alle und das war unbeschreiblich. Also das... Wir haben dann zu Hause erst kapiert, wir haben da was überlebt.

0:22:20Wir haben da eine Katastrophe überlebt. Und es gab 230.000 Tote. Über 230.000 Tote. Über 230.000 Tote und das haben wir überlebt. Also das so richtig verstehen, was da damals passiert ist, in welcher Dimension das war, das haben wir eigentlich erst zu Hause dann verstanden. Und auch die Zahlen waren ja auch noch lange Zeit danach sind die Zahlen noch gestiegen. Es hat ja eine Weile gedauert, um das alles aufzuarbeiten.

0:22:46Hattet ihr, als ihr am Flughafen ankam, da waren ja mit Sicherheit andere, die ja auch davon betroffen waren. Hattest du die Energie gespürt, die alle ja dann betroffen haben, mit dem Gefühl, wir haben es heim geschafft. Wir haben es Gott sei Dank überlebt. Daran habe ich jetzt keine Erinnerung mehr. Okay. Daran habe ich keine Erinnerung mehr. Du hast gesagt, du wurdest von deiner Familie abgeholt. Kam auch die Familie deines Ex-Freundes mit dazu?

0:23:11Ja. Und wie war da die Dynamik zwischen euch? Habt ihr, also du und deinem Ex-Freund, wie war die Beziehung da zueinander? Hat euch das zusammengeschweißt, das Ereignis zusammengeschweißt? Am Anfang hat es uns zusammengeschweißt, natürlich. Das war schon ein sehr intensives Gefühl, so eine Katastrophe, so einen Wahnsinn miteinander zu erleben, zu überleben.

0:23:36Aber dann langfristig sind die Wege eher auseinandergegangen, weil alle Menschen, jeder Mensch und auch wir beide hatten eine ganz unterschiedliche Betroffenheit und auch eine ganz unterschiedliche Verarbeitung. Und ich habe es ganz anders verarbeitet, wie es er verarbeitet hat. Und mich hat es auch ganz anders betroffen.

0:23:54Wenn du sagst, du hattest eine andere Betroffenheit als dein Ex-Partner, kannst du das näher beschreiben? Also ich bin ja ein sehr sensibler, ein sehr emotionaler Mensch. Und dieses Thema ... Ich sag's, für mich war es ein Ertrinkungstrauma. Ich hab ein Jahr lang nur vom Ertrinken geträumt.

0:24:13Bin immer wieder aufgewacht und dachte, ich bin gestorben. Ich wusste nach dem Aufwachen nicht, bin ich jetzt noch lebendig oder schon tot. Und dieses Ertrinken hatte ich schon mehrfach in meinem Leben. Also ich wäre bei meiner Geburt fast im Fruchtwasser ertrunken. Da kam der Kaiserschnitt fast schon zu spät. Die Herzinkel waren schon schwach. Und auch beim Windsurfen auf dem Wörtsee hatte ich auch schon mal das Segel auf mir drauf

0:24:34und war kurz vorm Ertrinken. Also das Ertrinken ist bei mir ein Thema. Thema Wasser, Thema Ertrinken, was sich so durchzieht. Hast du dir denn dann aktiv Hilfe gesucht, nachdem du zurückkommst? Also, wie ich zurückkam, haben wir erstmal verstanden, was da passiert ist. Und ich habe dann erstmal weiter funktioniert. Ich habe damals als freiberufliche Grafikerin gearbeitet,

0:24:58hatte eine Hündin mir gekauft, habe dann die Hündin mir geholt, eine Martina-Hündin, und die war meine Rettung. Weil jedes Mal, wenn ich vom Ertrinken geträumt habe und aufgewacht bin und wusste, ah, da ist ein Hund, war ich wieder ganz da im Hier und Jetzt. Und ich habe dann weiter funktioniert, weitergearbeitet, volle Pulle, ohne erst mal zu merken, was ich da überlebt habe und was es mit mir auch gemacht hat. Und ich habe dann losging es mit den

0:25:25Symptomen mit diesem. Ja, immer wieder vom Ertrinken träumen, irgendwo drin sein und die Welle bricht rein. Ich sterbe. Irgendwann bin ich zum Schwimmen gegangen, wollte ich zum Schwimmen gehen, ins Hallenbad, stand im Hallenbad im Wasser.

0:25:39Und da gibt's immer diese Überlaufrinne, die macht so ein Dauergeräusch, wenn der so reinrauscht. Und ich habe mitten im Stehen, im stehtiefen Wasser eine Panikattacke bekommen und wusste erst mal gar nicht, was geht denn jetzt ab? Ich habe es erst mal gar nicht verstanden, dass das das Geräusch war, was ein Flashback ausgelöst hat. Und dann kamen immer mehr, also dann im Laufe der Monate von 2005 kamen immer mehr Panikattacken, sei es jetzt schwimmen gehen ging erst mal überhaupt nicht mehr. Oder ich war auf der Straße beim Gassi gehen.

0:26:10Es kam ein rauschender Lastwagen von hinten. Alle rauschenden Geräusche von hinten. Panik. Oder ich war im Wald. Starke Wind. Die Bäume haben sich gebogen. Es kam ein Rauschen und ich habe dann angefangen zu gucken und dann zu merken, ich bin ja im Wald.

0:26:28Woher kommt jetzt diese Panik? Und es wurde immer schlimmer. Und an Weihnachten dachte ich mir, Weihnachten einfach so feiern geht nicht. Und habe dann einen Gottesdienst organisiert in Gilching, weil im Landkreis Starnberg und im Landkreis

0:26:42Fürstenfeldbruck gab es sehr viele betroffene Familien, also sind sehr viele Menschen verstorben. Und ich habe dann eben für Landkreis Fürstenfeldbruck und Starnberg in Gilching einen Gottesdienst organisiert für die betroffenen Familien. Und während der Organisation vom Gottesdienst natürlich, irgendwann kommen die ganzen Weihnachtskugeln und Weihnachtslieder. Und ich habe dann durch Weihnachtskugeln auch noch mal Panikattacken gekriegt, weil Weihnachtskugeln war vom Nervensystem her natürlich die Verbindung

0:27:12Tsunami. Weihnachtskugeln, Weihnachten ist gleich Massensterben. Und irgendwann habe ich mir gedacht, jetzt muss ich irgendwie mal. Habe ich mir Literatur besorgt und habe mich so eingelesen, habe mir gedacht, also irgendwas stimmt jetzt nicht. Das ist eine Traumafolge. Und bin dann zum Psychiater gegangen.

0:27:29Und der hat dann gesagt, ja, Sie haben eine posttraumatische Belastungsstörung. Sie sollten sich sofort jetzt in Behandlung begeben. Sonst kann das noch viel schlimmer werden. Und ich bin dann, nachdem auch der Gottesdienst vorbei war, Im Januar 2006 bin ich dann in EMDR-Traumatherapie gegangen. Wie lange hat es gedauert für dich, um das alles zu verarbeiten, was da eigentlich passiert ist? Ich habe dann, ich glaube, 13 EMDR-Sitzungen gemacht.

0:27:56Das ist eine Spezialform der Traumatherapie. Da geht es darum, dass die Gehirnhälften wieder verknüpft werden, dass das Gehirn diese wahnsinnigen Bilder verarbeiten kann. Und das hat bei mir sehr schnell, sehr effektiv funktioniert. Und ich habe nach 13 Sitzungen schon mir die schlimmsten Bilder und Geräusche aus meinem Gehirn herausgeschlaufelt. Also das Gehirn hat es sehr schnell verarbeiten können.

0:28:19Ich habe dann insgesamt schon zwei, drei Jahre gebraucht, um das für mich einzuordnen und hatte lange das Schuldgefühl, warum habe ich das jetzt überlebt? Ich, kleines Würmchen aus Gilching, warum sind über 230.000 Menschen an einem Tag, an einem Ereignis gestorben und warum habe es jetzt ich überlebt? Warum? Und dieses Schuldgefühl hat mich um genau zu sein 15 Jahre lang sehr stark verfolgt.

0:28:47Warum genau das Schuldgefühl? Also die Frage an für sich bedeutet nicht direkt für mich Schuldgefühl. Warum hat es sich so stark mit begleitet mit dem Schuldgefühl? Also das Erleben. Viele Menschen, die ein Traum erlebt haben, werden leider von diesem Schuldgefühl begleitet. Und ich habe es auch von anderen, auch in Fernsehfilmen, auch von anderen Überlebenden mitbekommen, dass die auch diese Schuldgefühle hatten. Weil es ist einfach, mit mir hat es was gemacht, dieses Bewusstsein, dass so eine Menge an

0:29:18Menschen, und es waren ja auch viele Kinder an Weihnachten, da waren ja alle an den Stränden. In Indonesien, in Thailand, Indien, bis Afrika ist die Welle, ja. Und diese Zahl, diese Macht, was da passiert ist, im Umkehrschluss hat, ja, habe ich mir die Frage gestellt, warum jetzt ich nicht, ja? Wir wären um ein Haar auf Co-Pipi gewesen. Co-Pipi ist an der flachen Stelle komplett überrollt worden. Und wenn du dir die Frage so lange gestellt hast und das Schuldgefühl hast, wie hast du das für dich verarbeitet,

0:29:49wenn du sagst, dass es 15 Jahre gedauert hat? Also ich habe 15 Jahre lang nicht den Mut gehabt, noch mal runterzufliegen. Mein größter Wunsch war es, noch mal runterzufliegen, das noch mal normal anzuschauen und auch meinem Gehirn, meinem Nervensystem die Bilder anzubieten von etwas Normalem, was Schönem.

0:30:0815 Jahre lang war das für mich die maximale Angst, aber auch der maximale Wunsch. Und dann kurz vor dem 50. Geburtstag ist meine Hündin verstorben. Ich war damals in der Hospizarbeit. Also ich habe meine Mutter dann im Sterben begleitet, war drei Jahre in der Hospizarbeit und habe in der Hospizarbeit den Mut gefunden zu sagen, zum 50. Geburtstag fliege ich alleine darunter und konfrontiere mich mit dem Ort und mit dem Ereignis.

0:30:38Wie war das Gefühl, allein nur dahin zu fliegen? Das war für mich ein wahnsinniger Schritt. Also ich hätte am Anfang auch nicht gedacht, dass es möglich ist. Ich hatte 15 Jahre lang Angst. Aber durch die Hospizarbeit, durch die Auseinandersetzung mit Tod und Sterben habe ich den Mut gefunden zu sagen, ich steige da jetzt alleine in die Maschine rein.

0:30:58Ich habe mich natürlich sehr gut vorbereitet. Mit Meditation, mit Yoga, mit Atemübungen, mit Globuli. Ich habe mich perfekt vorbereitet, habe das auch noch in EMDR vorher geübt, geistig, und bin dann alleine darunter geflogen und habe mir einen bestimmten Tag ausgesucht. Und an diesem Tag bin ich dann genau an die Stelle hingefahren und hingegangen, wo wir

0:31:20damals überlebt haben. Wie war das? Das war Wahnsinn. Also durch diese Vorbereitung, die Überfahrt mit dem Boot hat super gut funktioniert. Also ich habe immer meine Atemübungen gemacht, um mich selber regulieren zu können. Also sobald das Gefühl von Angst und Panik hochgeschwappt ist, habe ich so eine Zehneratmung gemacht und durch die Atmung kann man ja die Angst runterregulieren. Und bin dann schön langsam atmend an die Stelle hingegangen, wo ich die maximale Todesangst erlebt habe.

0:31:48Und hab mich dann hingesetzt und hab erst mal, ich glaub, eine Viertelstunde einfach nur geweint. Das war alles egal. Alle, die an mir vorbeigegangen sind, das war alles egal. Ich hab da erst mal nur geweint, geweint, geweint. Ich habe gespürt, es hat so viel Kraft gekostet, 15 Jahre lang nicht dahin zu gehen, 15 Jahre lang die Konfrontation zu meiden.

0:32:09Und da habe ich es gespürt, jetzt ist es gut, jetzt komme ich wieder in meine Kraft und jetzt komme ich wieder in mein Leben zurück. In deinem Buch hast du erwähnt, dass du nicht nur an diesem wunderschönen Strand warst, der ja 2004 komplett zerstört wurde, sondern auch in den anderen Städten, wo es Museen zu den Tsunamis gab. Kannst du mir beschreiben, wie es dir in dem Moment gegangen ist? Ich habe damals ganz bewusst eine Reiseroute gewählt, wo ich dann auch mit dem Boot übers

0:32:38Meer gefahren bin, um das Meer zu trainieren. Und habe auch bewusst eine Reiseroute gewählt, weil ich wusste eben in Khao Lack, da ist ganz viel passiert, da sind die meisten Menschen in Thailand verstorben und da gibt es verschiedene Museen und ich bin dann ganz bewusst auch in das Museum hingefahren, weil ich mich auch damit konfrontieren wollte und das war natürlich eine unglaubliche Überwindung, in das Museum reinzugehen. Die haben dort alle möglichen Fotos, Grafiken, wie das Erdbeben entstanden ist.

0:33:08Die haben Videos, Filme und es gab auch eine schöne Wand, wo man Tätel nehmen konnte, was hinschreiben konnte. Ich habe auch dort immer wieder Rituale gemacht, eine Kerze angezündet oder Räucherstäbchen angezündet. Das Schlimmste allerdings war in Khao Lak beim Hotel ein Baum. Achtung, jetzt wird es schlimm.

0:33:30Da bin ich aus dem Hotel rausgegangen und da war ein Baum oder der Baum, den gibt es immer noch. Und an diesem Baum wurden ganz viele Fotos hingeschraubt von Kindern und Jugendlichen, die damals verstorben sind in Khao Lak, in dieser Bucht, und die rausgezogen worden sind, aber auch nicht mehr gefunden worden sind. Und es ist so eine Art Gedenkbaum, wo diese Fotos hängen und wo auch ganz viele Blumen,

0:33:57Ranken, Schuhe, Muscheln. Und wie ich den Baum gesehen habe, habe ich auch total geweint, weil er so viel Trauer ausdrückt. Aber auch das Schöne, dass alle Menschen, die an diesem Baum vorbeigehen, gehen dorthin, zeigen ihr Mitgefühl, legen eine Muschel hin oder legen eine Blüte hin. Und so ist dieser Baum wunderschön geschmückt. Also dieser Baum ist ein Symbol für das Sterben, für den Tod, aber auch im Leben. Und alle Lebenden gehen vorbei und legen eine Muschel hin.

0:34:25Und dieser Baum, da habe ich auch total geweint, weil es einfach Kinder sind und Kinder waren, die man auf den Fotos gesehen hat. Und ich habe damals eben angefangen, mein Buch zu schreiben, Welle der Veränderung, wo ich aufgeschrieben habe, wie habe ich die Konfrontation gemacht?

0:34:42Wie ging es mir dabei? Wie habe ich es vorbereitet? Und wie ich diesen Baum gesehen habe mit den Kindern, mit den Fotos, habe ich mir gedacht, die können nicht mehr sprechen. Die können nicht mehr von diesem Wahnsinn erzählen. Aber ich kann sprechen und ich kann es aufschreiben. Und ich schreibe es für sie auf.

0:34:59Ich spreche für die Kinder und ich spreche für die Jugendlichen und ich erzähle allen Menschen, was ist ein Tsunami, wie entsteht er und wie kann man sich retten? Und wie ich vor dem Baum stand, habe ich mir gedacht, so, das Buch, das ziehe ich durch. Und ich habe damals eben am Strand sitzend das Schreiben angefangen. Du hast jetzt beschrieben, dass du diesen Urlaub ganz klar strukturiert hast, geplant hast und extra zu den Orten gegangen bist,

0:35:25die für dich sehr prägend waren in deinem Trauma. Außerdem hast du gesagt, dass du dich sehr belesen hast. Was meinst du, ist in deinem Körper passiert, in deinen Emotionen passiert, als du tatsächlich an diesen Orten warst, wo du dieses grauenvolle Leid gesehen hast, wie die Wiese da oben, wo die ganzen Schwerverletzten und die schreienden Kinder waren.

0:35:45Was hat das alles mit dir gemacht dort vor Ort? Also dadurch, dass es gut verarbeitet war, war es in Raleigh wirklich gut machbar. Also es war für mich eine unglaubliche Konzentration. Es kam natürlich von den Emotionen wahnsinnig viel Trauer und wahnsinnig viel Schmerz hoch. Aber ich habe das zugelassen. Ich habe es nicht weggedrückt oder

0:36:08weggedrängt, sondern ich habe es zugelassen. Ich habe halt immer wieder geweint und ich habe ein Ritual für die Trauer gefunden. Also ich habe eine Stelle, wo wir hochgelaufen sind, da habe ich eine Kerze, eine ganz schöne Kerze mit Fischen hingestellt. Und es gibt in Raleigh gibt es auch so einen kleinen Tempel, da bin ich auch hingegangen und habe da auch noch mal eine Kerze hingebracht und angezündet.

0:36:26Ich habe die Kerze angezündet eben für die Menschen, die verstorben sind. Das mache ich jedes Jahr. Da gehe ich nach Andechs und zünde Kerzen für die Verstorbenen an. Das finde ich ganz wichtig. Und da habe ich eben damals auch seit 2019 bei diesem Tempel auch eine Kerze angezündet für die Verstorbenen, aber auch als Dankeschön, dass ich überleben durfte. Und damals, wo ich in diesem kleinen Tempel stand, am Strand, und die Kerzen

0:36:51angezündet habe, da kam dann so, hey, Monika, du durftest überleben, du darfst leben, dir darf es gut gehen, du hast noch Aufgaben in deinem Leben. Und dir Aufgaben kommen in dein Leben, Und so sehe ich jetzt auch mein Leben. Ich sehe mein Leben oder mein Überleben so, dass ich Aufgaben im Leben habe, und die erfülle ich. Nun ist das ja in Ländern passiert, die nicht viel Geld haben.

0:37:15Hast du dann noch viel Zerstörung gesehen, auch nach den ganzen Jahren, wo das passiert ist? Also ich habe damals bei diesem Gottesdienst, eben wie schon erzählt, habe ich eine Spendenaktion ins Leben gerufen, habe dann auch ein Projekt ausfindig gemacht

0:37:29und habe damals, glaube ich, 700 Euro auch gespendet, was alles zusammenkam. Und alles, was der Gottesdienst und so weiter gekostet hat, habe ich aus eigener Tasche dann auch bezahlt. Meine Eltern haben mir auch dann geholfen. Ich habe dann auch immer wieder gespendet. Damals, als ich 15 Jahre später runtergeflogen bin, war zum Beispiel die Wiese, wo damals

0:37:48auch die ganzen Verletzten lagen und saßen, die ist jetzt komplett zugebaut. Aber jetzt sieht man auch überall die Fluchtwege, es sind überall die Schilder. Der Weg, den wir damals hochgelaufen sind, der ist jetzt ein offizieller Fluchtweg oder Fluchtroute und auch so ausgezeichnet. Und es hat sich komplett verändert. Es ist schön, es ist aufgebaut, es ist wieder alles in Ordnung bis zum nächsten Erdbeben.

0:38:13Du hast auch erzählt, dass du angefangen hast, dein Buch zu schreiben, als du da unten warst. Nach der Reise, was hat das mit dir gemacht, dieses Buch geschrieben zu haben, während du die Emotionen konfrontiert hast? Ja, es war schon eine besondere Herausforderung, das auch so zu schreiben. Ich hab nicht jeden Tag schreiben können, und es war auch nicht einfach.

0:38:36Ich hab mir dann immer einen Platz suchen müssen. Z.B. ich musste mich dann mit dem Bikini in den Strand setzen, dass ich mich wohlfühlele und da konnte ich dann schreiben. Aber ich konnte die ganz massiven Sachen auch nicht immer überall schreiben. Was mir geholfen hat und das finde ich sehr wichtig auch, ist schwimmen zu gehen. Auch gerade an den Tagen, wo ich mich massiv konfrontiert habe, bin ich immer schwimmen gegangen,

0:38:59weil durch dieses Schwimmen gehen, durch dieses Graulen, durch diese Atmung kommt man automatisch in eine Ruhe. Mit der Parasympathicus aktiviert, man kommt automatisch in die Ruhe. Und 2019, wo ich diesen Konfrontationsurlaub gemacht habe, diesen Verarbeitungsurlaub, bin ich jeden Tag mehrfach geschwommen. Und natürlich war es eine gefühlsmäßige Herausforderung, auch dann zu Hause weiter darüber zu schreiben. Wie lange hast du gebraucht, das alles runterzuschreiben?

0:39:27Du hast gesagt, du hast für die Verarbeitung 15 Jahre gebraucht und das alles auch emotional einmal in so ein Buch zu packen. Wie lange hat das gedauert? Also bis das Buch dann letztendlich veröffentlicht wurde, hat es drei Jahre gedauert. Krass, das ist auch noch mal eine ganze Zeit. Ich bin dann auch Sozialpädagogin und ich habe dann bei der Erstellung des Buches unglaublich viel Fachliteratur zum Thema Trauma gelesen, habe mich da sehr intensiv eingearbeitet.

0:39:52Jetzt mache ich ja die Fortbildungs- und Traumafachberaterin, aber ich habe mich da privat sehr intensiv eingearbeitet, habe ganz viel Literatur gelesen und habe das dann in dieses Buch reingearbeitet. Und das war schon auch noch mal ein Stückchen Verarbeitung, sich mit einem eigenen Trauma durch Fachliteratur durchzuarbeiten. Als es dann fertig war und du hast es in den Händen gehalten, wie war das Gefühl?

0:40:15Das war ein unglaublich schönes Gefühl, ja. Und hat das dann die Reise für dich abgeschlossen, was das Thema angeht? Nein. Ich habe dann dieses Buch 2023. Ich hatte das Gefühl, es ist noch nicht vorbei. Ich möchte noch mal runter nach Thailand und diesmal soll es ein Erholungsurlaub sein, dachte ich mir. Und ich habe 2023 habe ich dann dieses Buch mit runtergenommen

0:40:41und habe es dann den Thailändern geschenkt. Weil letztendlich haben Thailänder mir ja das Leben gerettet, indem sie mich angeschrien haben oder uns angeschrieben haben. Und deshalb war es für mich wichtig, dieses deutsche Buch. Und ich habe dann dieses deutsche Buch Wille der Veränderung den Thailändern geschenkt.

0:40:55Also alle, die ich unten auch kennengelernt habe oder auch ins Museum, habe ich dann das Buch auf Deutsch gebracht und dann haben die Thailänder gesagt, Englisch wäre jetzt gut, wenn es jetzt auch in Englisch wäre. Und ich habe dann eben jetzt zum Jahrestag, zum 20-jährigen, habe ich eben letztes Jahr noch eine englische Version gemacht und habe die englische Version noch runtergeflogen. Ja. Okay.

0:41:16Welche Rolle spielt Wasser in deinem aktuellen Leben? Das ist eine sehr gute Frage. Also wie schon erzählt, nach dem Tsunami 2005 war Schwimmen erstmal, ging nicht mehr, also Panikattacke. Und ich habe dann eben EMDR gemacht und vieles weitere und habe dann so langsam mich wieder ins Wasser hineingewagt. Bis 2019 bin ich dann runtergeflogen. Und vorher war es dann so, da hatte ich einen Arbeitsvertrag und da hat die Chefin gesagt,

0:41:55wenn wir mit den Jugendlichen schwimmen gehen, wäre es gut, eine Rettungsschwimmerin zu haben. Da habe ich immer gedacht, sportlich war ich immer. Und dann hab ich mit 41 Jahren die Rettungsschimmer bronze, silber, gold gemacht. Wow. Um Menschen retten zu können.

0:42:14Das war natürlich erst mal eine Wahnsinnsherausforderung, reinzuspringen, auf 3,50 m runterzutauchen, Ringe hochzuholen. Oder auch, wenn die Wasserwachtler gesagt haben, du, ich bin jetzt mal das Opfer, ich bin jetzt mal tot, ich lass mich jetzt mal sinken, wenn ich unten bin,

0:42:28am Grund holst du mich hoch, Monika, gell? Und dann hinterherzuspringen und wirklich einen lebenden Menschen rauszuholen. Oder auch ein Ertrinkender, gespielt von einem Wasserwachtler, der sich wehrt, dann den auch zu bergen und auch zu reanimieren mit Puppe am Beckenrand. Das war schon noch mal eine große Herausforderung. Da war schon noch mal richtig Angst, da in die Tiefe runter zu gehen oder auch 30 Meter Strecken tauchen.

0:42:52War auch noch mal eine Herausforderung. Aber es wurde immer besser und ich bin dann von einem Schwimmlehrer entdeckt worden. Der hat mich dann sozusagen gekrallt. Das war genau 2009 war es. Und ich habe dann von 2009 bis 2011, bis meine Mutter schwer krank war, habe ich dann drei Jahre als Schwimmlehrerin gearbeitet. Ich hatte in diesen drei Jahren 700 Schwimmkurskinder und Jugendliche und ich hatte viele Menschen,

0:43:17die schon mal irgendwo reingefallen waren und dann Panik hatten. Also es passiert ja oft, dass ein Kind irgendwo reinfällt oder beim Schwimmen reingeschubst wird von Spielkameraden. Oder auch, was ich leider auch oft sehe, dass Eltern dann die Kinder ins Wasser rein zwingen und zum Schwimmen zwingen und die Kinder haben dann Panik. Ich gehe dann auch mal hin und sage was.

0:43:38Das geht überhaupt nicht, weil das Gehirn und auch das Nervensystem, die merken sich das. Und ich hatte in diesen drei Jahren als Schwimmlehrerin viele auch, die Panik hatten. Und ich habe dann mit Panikkindern oder auch Erwachsenen geübt. Und das war ein total schönes Arbeiten. So ging es dann weiter mit dem Wasser.

0:43:59Und dann ist meine Mutter ja schwer krank geworden. Dann habe ich das alles erstmal aufgegeben, habe mich um meine Mutter gekümmert, habe sie bis zum Lebensende gepflegt auch. Und dann, 2019, nach der Konfrontation, kam ich in eine unglaubliche körperliche und psychische Kraft wie noch

0:44:16nie in meinem ganzen Leben. Weiß ich, also woher das kam. Es war, ich kannte mich selber fast nicht mehr. Und ich hab dann 2020, kam mein Cousin zu Besuch, der Leo. Und dann haben wir so gesprochen, weil der Leo hat seinen Bruder an den Krebs verloren. Ich hab meine Mutter an den Krebs verloren. Und dann haben wir uns überlegt, ja, wir alle sind endlich.

0:44:40Was ist so die Löffelliste? Was würden wir tun wollen, bevor wir sterben? Dann hab ich gesagt, ich würde gerne mal über die fünf Seen drüber schwimmen, habe das auch noch nie gemacht. Und mein Cousin so, der Leo, ich komme mit, ich habe einen Sub, ich begleite dich. Und dann haben wir gesagt, ja, schauen wir mal in die Kalender. Und dann hatten wir in der gleichen Woche Urlaub 2020. Und dann sind wir 2020, ich das erste Mal in meinem Leben,

0:45:07über die fünf Seen geschwommen. Wesslinger See, Wörzsee, Pilzensee, Ammersee, Starnberger See, überquert. Was für eine Distanz hat das? Also ich habe vorher trainiert natürlich, das Ganze nur mit Boje, also bitte immer nur mit Freibasserboje. Das ist gefährlich und auch mit Wasserwacht in der Begleitung. Nicht alleine, weil es einfach sehr gefährlich ist. Und es gibt genügend Ertrinkungstote auch bei uns. Und ich habe mir das vorher ausgemessen. Die Strecken habe ich mit meinem Cousin besprochen. Habe vorher drei Kilometer im Freibad trainiert, nicht hoch trainiert.

0:45:41Das ist für mich so eine unfassbare Zahl, die kann ich gar nicht bearbeiten. Und dann ging es los. Wesslinger See 800 Meter, Wörpsee, Pilzensee jeweils 1 Kilometer. Dann kam der Starnberger See, da sind auch dann die Dampfer unterwegs, da muss man sehr, sehr vorsichtig sein. Das waren glaube ich 2,1 und die längste Distanz ist dann der Ammersee, sind wir geschwommen von Utting nach Breitbrunnen. Da hat es eine

0:46:05ziemliche Strömung, man schwimmt also so in den Bogen, da war auch die Wasserwacht dabei und dieser Bogen ist dann ungefähr 2,8 Kilometer durchgeschwommen. Wie viel waren das dann in der Summe? In der Summe habe ich noch nie ausgerechnet. Also wenn wir allein bei dem einen waren es ja 900, 800, dann waren es 2,1. Dann hast du nochmal, da sind ja über 4 Kilometer, die du hinter dich gebracht hast. Ja. Boah, das ist ja verrückt. Nichts ist unmöglich. Also das erste Mal, wie ich dann an einem See stand mit meinem Cousin gemeinsam

0:46:36und so geguckt habe, boah, ist das groß. Darüber schwimmen jetzt ans andere Ufer. Das war schon erst mal so, da ist die Pumpe gegangen. Ich hab ja auch noch Asthma. Krass. Ich hab auch noch allergisches Asthma. Ich muss mir vorher Asthmaspray nehmen. Das erste Mal, wie ich am See stand,

0:46:52als ich gedacht hab, boah, das Ufer ist jetzt richtig weit weg. Mein Cousin meinte dann, der Beckenrand ist jetzt ganz weit weg. Dann haben wir uns gesteigert, Wesslinger See, da ist es relativ klein, Wörze ist eine andere Hausnummer. Dann kommt der Starnberger See. Wenn man das erste Mal am Ammersee steht und rüberguckt, denkt man sich, boah, will ich das wirklich machen?

0:47:13Dann war die auch noch so kalt. Dann sind aber auch Wasserwachtlerinnen mitgeschwommen. Die Verena war mit dabei, dann auch in so einer Welle drin, da hat es mich so durchgeschüttelt. Da habe ich mir gedacht, da kamen dann noch mal so die Flashbacks hoch. Aber nach der Ammersee-Überquerung habe ich gemerkt, boah, das Leben ist groß.

0:47:37Ich habe mich vorher eingeschränkt, aber eigentlich heißt es jetzt, aus diesen Begrenzungen rauszugehen, in die Größe zu gehen. Und aus diesem 5-10-Schwimmen wurde eine Dauereinrichtung. Jetzt findet es zum 6. Mal statt. Ich bin ausgebucht. Verrückt. Also ich limitiere es auf 30 Schwimmer. Nur mit Wasserwacht und nur mit Freiwasserboje.

0:48:00Alle müssen mit Freiwasserboje schwimmen. Ich habe es jetzt auf 30 festgegrenzt. Dieses Jahr wahrscheinlich werden wir nächstes Jahr noch größer. Und das sind alles Menschen, die auch Ängste haben, die sagen Ich bin noch nie über den See geschwommen. Ich bin nur freiwaderschwimmer, aber die Freude dran haben, über die eigenen Grenzen, über die eigenen Ängste drüber gehen, drüber zu gehen, zu sagen Ich schwimme jetzt mal über den See drüber. Weil das macht was mit einem. Es wird so eine Bereicherung.

0:48:25Wie war denn der Moment zwischen dir und deinem Cousin, als ihr begriffen habt, wir haben es geschafft? Es war eine wahnsinnige Freude. Also ihm hat es wahnsinnig Spaß gemacht, mit dem Sub auf diesen tollen Seen unterwegs zu sein in Bayern. Und er hat dann mich gesehen und hat sich auch erst mal gar nicht gedacht, dass ich das schaffe mit meinen Erfahrungen, also mit meinen Traumaerleben, mit meinen Ängsten.

0:48:47Und die Verena war ab Starnberge, sie war die Verena auch dabei. Pilsen, sie war die Verena dabei. Und es war einfach pure Freude. Also das ist dann einfach ein unglaublicher, man kommt in eine unglaubliche Freude rein. Endorphinfluss.

0:49:03Dir ist wichtig, dass die Schwimmer eine Freiwasserboje haben. Liegt es nur daran, dass du selbst ein Ertrinkungstrauma hattest? Oder was ist der Hauptgrund dafür? Also meine Mission jetzt ist, anderen Menschen zu helfen. Also durch das Buch möchte ich anderen Menschen helfen, das ist der eine Punkt.

0:49:22Ich möchte aber auch was gegen Ertrinkung oder Ertrinkungstrauma tun. Deshalb mache ich diese Freiwasser-Bujen mehr bekannt. Und darüber sind die Wasserwachten auch immer sehr dankbar. Die teilen immer meine ganzen Fotos, weil die ja normalerweise die ertrunkenen Menschen bergen müssen. Und es passiert leider immer wieder, auch jetzt bei uns an den bayerischen Seen, sicherlich auch deutschlandweit, dass viele Menschen einfach sich überschätzen, rausschimmeln, dann vielleicht mal krampfkriegen oder zu wenig getrunken haben, Kreislaufprobleme und dann untergehen. Und das geht sehr schnell und es geht sehr leise und es geht auch geräuschlos.

0:49:59Und die Wasserwachten sind dann diejenigen oder die DLRG, die dann bergen müssen, die die verstorbenen Menschen teilweise am Seegrund hochholen müssen. Und deshalb ist es einfach immer wichtig zu sagen, wenn jetzt dann auch ab Mai, Juni, Juli, wenn die Menschen zum Schwimmen gehen, ist es einfach wirklich gut, wenn man rausschwimmt auf den See, eine Freiwasserboje mitzunehmen. Die bläst mal auf, kann man Schlüssel reintun. Hat einen Gürtel, die kann man mitnehmen. Die stört nicht, man spürt sie gar nicht.

0:50:29Aber wenn ich Probleme krieg, ein Krampf, ein Kreislaufproblem oder auch mal einen Schlaganfall, ich hänge an der Boje, ich kann mich selber retten. Oder wenn ich einen Herzinfarkt habe, wo sie suchen und wo sie finden können. Ich habe eine Freundin, dessen Bruder ist im Sommerurlaub in der Türkei ertrunken. Und ich erinnere mich daran, das ist schon etwas länger her, und ich erinnere mich daran, dass sie danach große Probleme hatte,

0:50:55an den See zu gehen oder ans Wasser zu gehen. Was würdest du Menschen empfehlen, die jemanden kennen, der ertrunken ist? Was würdest du da sagen, was könnte da am besten helfen? Also das würde ich jetzt mal von außen vorsichtig sagen, dass es eine Folge von dem Trauma ist, natürlich.

0:51:14Und ich kann nur allen Menschen empfehlen, die sowas erlebt haben, oder auch mal untergetrunkt worden sind oder reingefallen. Alle die, oder auch zum Beispiel im Ahrtal, die mit anhören mussten, wie der Regen fiel und dann gab es diese massive Überschwemmung und die Menschen sind verstorben. Auch da sind Traumafolgen möglich. Ich kann nur allen

0:51:35Menschen empfehlen, die solche Erfahrungen in Kombination mit Wasser gemacht haben, sei es durch Ertrinken, sei es wie im Ahrtal, sei es durch diese massiven Überschwemmungen. Wenn da Erinnerungen sind, wenn da Ängste da sind, die durch Wassergeräusche, durch Sehen ausgelöst werden, das ist was ganz Normales. Das ist Teil von dieser posttraumatischen Entwicklung. Aber ich würde da jedem auch empfehlen, sich Hilfe zu holen. Und man kann es verarbeiten und es dauert

0:52:05eine Weile und irgendwann mit der Zeit, wenn es gut verarbeitet ist, kann man auch versuchen, sich vorsichtig damit zu konfrontieren. Aber eine Konfrontation, so wie es ich gemacht habe, steht eigentlich ganz am Schluss eines Verarbeitungsprozesses, was letztendlich auch in einen Wachstum führen kann, so wie es bei mir auch in den Wachstum geführt hat. Aber vorher ist erst mal ein ganz langer Verarbeitungsprozess. Was wünschst du dir für deine persönliche Zukunft?

0:52:34Ich wünsche mir, dass ich noch vielen anderen Menschen helfen kann. Also zum einen eben, mein Ziel ist es, diese Bojen bekannter zu machen. Ich habe auch schon übrigens einige rausgezogen aus dem Wasser, die beim Ertrinken waren, sei es im See oder auch im Bad. Also ganz egal, wo ich bin, ich habe immer offene Augen, sei es im Freibad oder am See. Ich gucke immer.

0:52:56Und ich habe schon die, ich habe, eigentlich pro Jahr passiert es mir einmal, dass ich irgendwo jemanden raushole. Und das ist mein Wunsch und mein Ziel für die Zukunft, dass ich halt auch weitere Menschen helfen kann, die Bojen bekannter mache, oder dass eben auch meine Bücher Menschen helfen können, Mut machen können. Natürlich gibt es nach einem Trauma eine Folge und es gibt eine posttraumatische Belastung. Aber diese posttraumatische Belastung ist zunächst schmerzlich, ich weiß es.

0:53:25Aber die kann auch ein Motor werden, die Belastung. Und aus dieser Belastung kann man in den Wachstum kommen. Und das möchte ich gerne weitergeben, dass man auch nach einem sehr schweren Trauma in den Wachstum kommen kann. Das wünschen wir dir auch. Danke dir.

0:53:42Danke, dass du dich uns geöffnet hast und wirklich deine wirklich sehr, sehr bereichernde Geschichte für uns alle geteilt hast. Danke schön. Danke. Und wir wünschen dir alles Liebe und alles Gute für dich und deine Zukunft. Vielen Dank euch. Hier noch eine Anmerkung. Wenn du von den besprochenen Themen betroffen bist oder Unterstützung benötigst, bitte zögere nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hol dir Unterstützung bei professionellen Hilfseinrichtungen oder dir vertrauten Personen. Bis zum nächsten Mal bei Von Bohne zu Bohne.

0:54:14Du willst selbst bei uns dabei sein? Dann melde dich auf unserer Website oder unserer Social Media.

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