#27 Gesa: Angst & Zuversicht
Shownotes
In unserer neuesten Podcast-Folge erwartet euch die bewegende Geschichte von Gesa, die seit 2004 mit einer Krebsdiagnose lebt. Von der Diagnose bis hin zu den unzähligen medizinischen Herausforderungen, Gesa nimmt uns mit auf eine Reise, die zeigt, wie der Krebs das Leben radikal verändert und dennoch die Möglichkeit bietet, tiefe Einsichten und ungeahnte Kräfte zu entdecken.
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Transkript anzeigen
0:00:00Triggerwarnung! Bevor wir beginnen, möchten wir dich auf etwas Wichtiges hinweisen. Uns sind deine Sicherheit und Gefühle wichtig. Wir möchten gewährleisten, dass du dich während des Hörens unseres Podcasts wohlfühlst und keine unerwarteten Auslöser erlebst. In dieser Episode werden wir Themen ansprechen, die für einige Hörende verstörend sein könnten. Zu Beginn der Folge stellen wir das Thema vor. Falls du denkst, dass das genannte Thema für dich persönlich belastend sein könnte, dann möchten wir dich bitten, die Folge direkt zu beenden. Stell dir vor, du kommst in einen Raum, vor dir sitzt ein Mensch und du hast keine Ahnung,
0:00:35wer das ist. Das passiert mir in jeder Folge bei unserem Podcast von Bohne zu Bohne. Mein Name ist Charlotte und ich weiß vorher nichts über unsere Gäste. Kein Name, keine Information, keine Themen. Also werden meine Fragen auch deine Fragen sein. Ich bin Sanja und ich suche die Gäste. Hier achte ich darauf, dass es Menschen mit spannenden Persönlichkeiten und faszinierenden Erlebnissen sind. Und genau die wollen wir mit euch teilen.
0:01:01Bist du bereit, gemeinsam mit Charlotte neue Geschichten kennenzulernen? Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge. Mein Name ist Charlotte. Mein Name ist Tanja. Mein Name ist Geza und ich bin seit 2004 krebskrank. Oh, hi Geza.
0:01:21Hi. Da kriege ich direkt Gänsehaut. Warum? Ja, weil ich tatsächlich wenig Berührungspunkte mit dem Thema habe. Und ich glaube, es gibt viele Leute, die wenig Berührungspunkte mit diesem Thema tendenziell haben und dann vielleicht so eine gewisse Abwehrhaltung haben mit,
0:01:34oh, hoffentlich sage ich jetzt nichts Falsches. Deshalb kommt erstmal ein kleiner Schauer über meinen Rücken. Ich freue mich aber, dass du hier bist und bin sehr gespannt, wo deine Geschichte startet und was du uns heute erzählen wirst. Ja, dann mal los. Möchtest du Fragen stellen oder soll ich gleich was erzählen? Wo startet das Ganze denn? Wo was würdest du sagen? Naja, also erstmal möchte ich mich nicht alleine definieren lassen über Krebs, aber ich hatte früher schon, also als ich jung war, schon Begegnung mit Krebs, weil meine Tante ganz fürchterlich daran zugrunde gegangen ist.
0:02:05Damals, zu der Zeit, also ich bin ja 2004 erkrankt, und davor war Krebs wirklich eine Horrordiagnose. Es gab ungefähr drei bis vier Medikamente. Das ist jetzt eine Zahl, aber nicht mehr als zehn, auf keinen Fall, weil die Krebs-Onkologie steckte in den Kinderschuhen, auch wenn daran sicherlich sehr viel Geld in die Forschung gesteckt wird. Aber es war halt einfach eine Horrordiagnose. Das war auch bei meiner Tante so und das war auch wirklich schlimm mit ihr. Hinzu muss man sagen, ich bin von Haus aus leicht depressiv,
0:02:40habe früher zu Hypochondrie geneigt und meine Horrordiagnose war immer Krebs. Na ja, und dann kam die self-fulfilling prophecy und ich bin tatsächlich an Krebs erkrankt. Ich habe aber vorher ein wirklich interessantes Leben gelebt, habe eine Ausbildung, habe ein Studium gemacht, bin, habe die Welt bereist, habe viel im Ausland gearbeitet, habe die große Ehre gehabt für Kreuzfahrtschiffe tätig zu sein, habe sie im Ausland mitgeholfen, zu auszustatten, war an der Bau-, an der, an der Reederei beteiligt oder nicht beteiligt, aber ich habe für sie gearbeitet. Ich habe mir verschiedene Reisen ausgesucht. Das war wirklich interessant und
0:03:16auch spannend. Und dann habe ich meinen Mann kennengelernt und meine Kinder kamen zur Welt. Ich habe zwei. In welchen Jahren? 1998 und 1999. Zu der Zeit ist meine Tante erkrankt und ich weiß noch, dass ich da hochschwanger mit meiner Tante in der Onkologie in Kiel war und mit ihr die Femus begleitet habe. Ich war wirklich hochschwanger, 3-4 Wochen vor der Geburt, bis mich dann der Professor da rausgefischt hat und zu mir gesagt hat, da hätte ich nun überhaupt nichts zu tun und sie hätten jetzt keine Lust auf eine Sturzgeburt.
0:03:51Aber das ging ganz locker. Das fand ich damals so okay. Also es war schlimm, es war wirklich fürchterlich. Meine Tante ist dann gestorben, meine Tochter ist geboren und meine Tante ist gestorben. Am selben Tag? Nein.
0:04:06Im Abstand, wirklich sehr kurzer Abstand. Für meine Großmutter war das ein Segen, weil ein Engel ging und ein Engel kam. Und meine Tante war auch nicht viel älter als ich, zehn Jahre. Und dann ist meine Tochter geboren. Ja, leider kam dann mit der Einschulung meines Sohnes die Diagnose, ich hatte auch Krebs. Wie alt warst du da? Ach Gott, muss ich jetzt
0:04:31zurückrechnen. Ja schon grob. Warst du da in den 30ern? Ja. Okay. Ja, nee, warte mal, ich bin 35, 36 glaube ich, ja, sowas in dem Dreh. Was hast du für eine Diagnose bekommen? Brustkrebs ist heute erstmal so, dass man mit den Achseln zuckt und sagt, okay. Ich hatte auch Glück, hatte sehr viel Glück. Ich habe wirklich sehr viel Glück gehabt, weil es klappte alles. Ich habe tolle Ärzte gehabt. Ich bin in Radsowurz operiert worden.
0:05:05Es war super. Ich bin eine der ersten Brustkrebspatientinnen im Brustkrebszentrum gewesen. Es war wirklich toll. Wirklich, wirklich gute Ärzte, die sich gekümmert haben. Eine ganz tolle Schwester damals, die mich in die Arme genommen hat. Und ich bin dann auch an den besten Onkologen dieser Welt geraten. Und das war im Großen und Ganzen mein Glück.
0:05:25Hatte man das früh erkannt, die Erkrankung bei dir? Ja, die war relativ früh. Okay, hat man das dann rausoperiert? Ja, und damals tatsächlich noch so, dass man den Tumor geschnitten hat, ohne vorher eine Chemotherapie zu machen. Das ist ja heute oftmals anders. Also ich bin sofort nach der Biopsie, einen Tag später, wieder operiert worden. Also das war schon ziemlich hardcore. Und dann hat man auch Lymphe entfernt und damals noch
0:05:51ganz viele Lymphe. Also heute macht man ja so Stichpröben, Bechter-Lymph-Knoten oder sogar nur Stichpröben. Das machte man damals. Die haben die ganze Lymphe rausgenommen. Was mir im Nachhinein natürlich viele Probleme gemacht hat. Inwieweit hat es Probleme gemacht? Ja, weil wenn die Lymphknoten fehlen, dann fehlt ja oftmals auch der Abfluss. Das sind ja, Lymphknoten sind ja zur Bewässerung und zur Schlagabtransport. Und dann bekommt man, kann man ein sogenanntes Lymphödem bekommen. Und das habe ich aber mit viel Mühe meinerseits,
0:06:24mit viel Sport und mit viel Lymphdrainage verhindern können und habe auch Strümpfe getragen, also Armstrümpfe und Handstrümpfe. Okay, bei dir war das dann aber im Armbereich ausgeprägt, weil ich kenne das an den Beinen tendenziell. Ja, aber dann musst du schon tendenziell, aber dann hast du manchmal andere Diagnosen. Bei mir fehlten ja die Arme unter den Schultern, sind die Lymphen entfernt worden und dann ist der Arm dick geworden. Also bei den Beinen ist es auch, also je nachdem, da gibt es ja so viele unterschiedliche Diagnosen
0:06:51oder Möglichkeiten. Auf jeden Fall schön ist das nicht. Also ein Lymphäden ist wirklich nicht schön. Und das ist auch das ist viel viel. Wenn man es endlich, wenn man es dann hat, ist es sehr aufwendig, das wieder wegzubekommen. Dazu braucht man einen ganz guten Therapeuten und einen und sehr viel, sehr viel Disziplin, sehr viel Selbstdisziplin. Wie ging es dann weiter? Und dann bin ich leider, und das war eigentlich das Schlimmste,
0:07:17in eine schwere Depression verfallen. Und zwar ziemlich schwer. Das war nicht schön. Ich habe mein Leben bestimmen lassen von meiner Depression, von meinen Ängsten. Obwohl, ich muss dazu sagen, ich war so gut wie geheilt. Ich brauchte keine Nachttherapie. Es war kein hormonell abhängiger Krebs.
0:07:36Ich hatte wirklich Glück und ich habe es ein bisschen verspielt. Ich habe acht Jahre lang meines Lebens verloren, weil ich in wirklich schwere Depressionen gefallen war. Und das war nicht schön. Es gipfelte nachher daran, dass ich also unterm Schreibtisch gelegen habe und geschrien habe. Und ich brauchte nur irgendetwas zu haben an meinem Körper, sei es ein kleiner Genuppel
0:07:59oder sei es ein Ausschlag oder so. Ich bin verrückt geworden. Ich habe fünf Tage in einer Durchfall gehabt, habe sofort einen Darmkrebs, habe alles Mögliche angenommen und hatte natürlich aufgrund meiner Vordiagnose immer die Möglichkeit, auch sofort eine Untersuchung zu verlangen, weil der Krebs, Brustkrebs streute bestimmte Bereiche und das habe ich alles untersuchen lassen. Ich habe mich in Röhren
0:08:20reinschieben lassen, da möchte kein Mensch freiwillig rein. Ich habe Untersuchungen an mir vornehmen lassen, habe ich mal einen sehr lustigen Abend in der Schirmbar hinterher verbracht und habe das meiner Freundin erzählt. Da sind wir nach zwei Flaschen Sekt betrunken, fast vor Lachen vom Hocker gefallen. Selbst wenn mir nicht lachen musste, habe ich gesagt, wie blöd du bist eigentlich. Dann hatte ich einen guten Arzt, der mich vor die Wahl gestellt hat, entweder ich möchte
0:08:46weiterhin entscheiden, was ich zum Frühstück essen möchte, oder ich gehe in eine Klinik und da wird mir die Entscheidung dann abgenommen. Aber ich habe sehr viel Psychopharmaka genommen, war auch ganz schlau, bin von einmal zum anderen gerannt, habe mir verschiedene Sachen aufschreiben lassen, habe Spritzen bekommen, habe alles mögliche. Also es war nicht einfach. Aber konnte man das nicht sehen in deiner Krankenkarte? Ja, wenn ich sie hätte zusammentragen können, ja. Und digital gab es das damals
0:09:12noch nicht. Wenn man so schlau ist und da einmal zum anderen geht, geht da eine Menge. Und ich will auch jetzt gar nicht auf einige Arzte eingehen, aber es gab auch viele Ärzte, die mir so etwas gegeben haben oder so eine Spritze. Egal, auf jeden Fall ist das ja gewesen und ich habe dann sehr viel Glück gehabt. Ich habe einen ganz tollen Doktor gefunden, der mir geholfen hat, einen wirklich sehr guten Psychotherapeuten. Aber wie das dann so kommt, ich habe natürlich wieder Krebs bekommen. Also ich habe nach zehn Jahren Rezidive gekriegt.
0:09:43Und wo war das? Ja, ganz doof in der Haut. Ist ganz, ganz selten. Das ist eine seltene Form der Rezidivierung, also des Rezidivs. Und ich hatte eine ziemlich große Hautmetastase, weil ich bei verschiedenen Ärzten war. Und jeder zu mir gesagt hat, das kann mal sein.
0:10:02Das kann eine Brustentzündung sein. Das kann dieses sein. Das kann ein Hausschlag sein. Viele wussten das wirklich nicht, bis ich dann einen ganz tollen Hautarzt gefunden habe, der sofort das gesehen hat und gesagt hat, das habe ich schon einmal gesehen. Ein einziges Mal.
0:10:15Hat dann eine Stanzbiopsie gemacht und dann war das klar. Dann ging es wieder ganz schnell und da habe ich wieder viel Glück gehabt, weil ich wirklich einen ganz tollen Onkologen habe, der gesagt hat, das geht jetzt zack. Ich hatte bei der ersten Chemotherapie, die anderthalb Jahre, gingen schon Zähne verloren. Immer wenn ich Krebs hab, mucken meine Zähne auch um.
0:10:34Dann musste ich vorher mehr 2 Zähne ziehen lassen, glaub ich. Dann musste ich zusehen, dass ich die Zähne verlor. Bin dann zum Zahnarzt gefahren abends. Ich bin durch die Schreien durch die Stadt gegangen und habe gesagt, ich habe Krebs, ich habe Krebs nicht schon wieder und nicht mir und ich will nicht und meine Kinder. Aber mir wurde so die ganze Ausweglosigkeit bewusst, weil ich habe wirklich acht Jahre
0:11:02meines Lebens weggeschmissen, irgendwelchen Löchern rumgehangen und dann plötzlich kriege ich das wieder. Das ist ja albern, nicht? Also ein bisschen. Dann hat mein Mann mich aber abends zum Zahnarzt gefahren, weil es wirklich so schnell ging. Ich bin am Montag, glaube ich, zum Hautarzt gegangen. Der hat eine Stanze gemacht, dann ging es ganz schnell. Also es war nicht klar,
0:11:20was für ein Krebs es ist, es war nur klar, dass es Krebs ist. Und dann hieß es, haben die also den Frauenarzt angerufen. Der Frauenarzt hat den Onkologen angerufen und der Onkologe hat mich angerufen und gesagt, zack her. Und dann, ich habe am Donnerstag Chemo gekriegt und am Mittwochabend hat mein Zahnarzt gesagt, ein ganz toller Zahnarzt. Ich habe wirklich das große Glück, dass ich gute Ärzte habe und auch nette Ärzte. Da hat der gesagt, komm mal her, ich mache das auch abends, wenn keiner dich sieht. Das war natürlich die Frontszene. Das ist natürlich ein bisschen doof. Dann bin ich dahin und dann hat
0:11:52er einen Abdruck genommen, hat also seinen Techniker auch gebeten, dass der abends noch länger blieb und mir so Aufsteckdinger machte, damit ich nicht aussehe wie ein Pirat. Und man verliert wirklich, ich habe mich nachher nach einer Zeit mal angeguckt, ohne die Zähne, man verliert so ein bisschen den Glauben an sich, ne? Keine Haare, keine Zähne, keine Augenbrauen. Dann denkst du wirklich, auf welchem Planeten bin ich gelandet?
0:12:13Aber wir sind zum Zahnarzt gefahren und dann, mein Mann war, ist Jäger und er hat sich mit seinem Freund ein Jagdauto gekauft zu der Zeit, einen alten Ford Explorer, ein amerikanisches Auto. Dazu muss man wissen, amerikanische Autos schließen sich selbstständig ab. Wenn man also den Motor anlässt und man steigt an der Tankstelle aus und aus irgendeinem Grund fällt die Tür zu, macht das Auto so klick und das ist dicht. Und sein Freund ist diesen Wagen abholen gefahren,
0:12:39ist wohl an die Tankstelle gefahren. Mein Mann und ich waren also auf dem Rückweg vom Zahnarzt, ich drückte mir noch die Kompressen drauf, das Blut lief und ich war da also so ein bisschen rumjammern und dann rief sein Freund an, Thorsten, ich stehe hier auf der Tankstelle in Rheinbeck, das Auto läuft. Und dann sagt Thorsten ja und? Ja, das Auto ist abgeschlossen, ich kann das jetzt nicht mehr bewegen. Und dann stand da so eine Tankstelle und da sah Thorsten ja auch so und dann musste er halt so nachts da noch hinfahren und ihn dem Schlüssel bringen.
0:13:15Aber ich weiß, dieser kleine Zwischenfall. Wir haben im Auto gesessen und gelacht. Ich habe so laut gelacht. Ich habe gedacht, das gibt es doch wohl nicht. So blöd muss das, das kann doch nicht wahr sein. Ja, auf jeden Fall.
0:13:26Also, ja, lange Rede, kurzer Sinn. Ich kriegte wieder Chemotherapie. Und es gibt schon, also mein Onkologe hat mir mal erklärt, es gibt in der Chemotherapie mehrere Klassen. Also es gibt die Kreisleger und dann gibt es auch die Champions League. Was ist damit gemeint?
0:13:41Ja, du kriegst ja, es gibt lebensverlängernde und lebenserhaltende Chemotherapien. Dann gibt es lebensverbessernde Chemotherapien, wo du also denkst, dass da gewisse Nebenwirkungen nicht mehr spürst oder dass einfach ein bisschen Erleichterung verschafft wird. Wenn du in der Palliativmedizin kriegst, kriegst du natürlich keine Chemotherapie, die dich ganz doll noch niederreißt, weil dein Körper der Krebs bleibt, ist da und geht sowieso nicht wieder weg. Also dann ist dann der Wirkstoff ein anderer oder die Intensität des Wirkstoffs?
0:14:09Beides. Also die Intensität, aber auch der Wirkstoff. Da kenne ich mich nicht genügend aus, aber es gibt da... Also es gibt da mittlerweile gibt es ja also von damals 10 heute 100. Also die Onkologie hat Riesenschritte gemacht, was mein Glück war. Ich habe eine Chemotherapie bekommen, die auch auf Hauptmetastasen aus war und die aber in der Bundesliga, also erst fast vor dem Champions League spielte. Das war einmal durch die Hölle und zurück. Das Ding habe ich alle zwei Wochen. Ja, das war auch ziemlich hart. Das war wirklich hart. Wie lange hat es immer
0:14:47gedauert, bis das komplett durch war? Beim Onkologen habe ich jedes mal fünf, sechs Stunden gesessen. Das ist schon lang. Naja, man wartet auch ab. Das kommt immer darauf an, was für Medikamente einlaufen. Dann kommt es auch darauf an auf die Dauer, wie es einläuft, weil du auch manchmal, also sie müssen auch darauf achten, wie du es verträgst, ob du Unverträglichkeiten hast, ob du Schocks kriegst, ob du Reaktionen darauf zeigst. Also wenn sie erst mal eher ungestellt in ein lassenes Tröpfchen
0:15:11Weise einlaufen, dann gucken sie erst mal nicht. Da gibt es schon, deswegen kann man das nicht unbedingt sagen. Also wenn der Onkologe sagt oder die Schwestern sagen, die brauchen eine Stunde, dann sehe ich da heute noch manchmal Frauen sitzen, die sagen, ja, Sie haben gesagt eine Stunde, ja, aber dann, es muss angestöpselt werden, es muss gespült werden, es muss das Blut untersucht werden, es muss erstmal geguckt werden, ist der Wirkstoff da, dann muss geguckt werden, wie verträgt die Patientin das, also es sind so viele Sachen, Dinge, die beachtet werden müssen. Und das machen natürlich verantwortungsvolle Schwestern, machen das alles.
0:15:44Aber warum eineinhalb Jahre? Das ist schon echt lang. Naja, es gibt auch... Also was heißt lang? Ich bekomme jetzt Chemotherapie seit sieben Jahren, Dauer. Dauerhaft? Ja, alle drei Wochen, bis an mein Lebensende. Krass.
0:15:59Naja, das ist natürlich auch eine andere Kategorie. Aber es kommt darauf an, wie die Metastasen oder die Tumore sich verhalten. Der Onkologe will natürlich sehen, dass die möglichst schrumpfen. Er will auch möglichst viel Gewebe abtöten, damit man eventuell, wenn eine Operation möglich ist, nicht in Zellen rein sticht, weil dann verbreiten die sich, glaube ich, immens. Und das will man natürlich verhindern. Das haben sie bei mir auch versucht und das ist auch sehr erfolgreich gelungen.
0:16:31Also ich hatte wieder Glück im Unglück. Ich habe mich aber auch immer hingelegt. Ich habe irgendwann mal gelesen, dass man, oder ich habe dann ja gelernt durch meinen immens tollen Psychotherapeuten, dass man viel annehmen kann. Man kann mit seinem Schicksal hadern und man kann es ewig anzweifeln. Und alles das habe ich getan.
0:16:57Ich bin mit dem Kopf gegen die Wand gerannt und habe mich gefragt, warum ich? Welche Ungerechtigkeit? Was ist das? Ich möchte eigentlich mein Leben nur leben. Aber Punkt eins ist, das Leben ist nicht gerecht. Wenn man das verstanden hat, dann ist man, glaube ich, schon mal einen Schritt weiter.
0:17:12Und der zweite Punkt war für mich, egal wie ich mich drehe und wende und egal wie sehr ich hadere mit meinem Schicksal, egal wem ich die Schuld dafür gebe, ich hab's nun mal. Und entweder ich nehme es an oder ich lasse es. Wenn ich es lasse, dann kann ich auch eigentlich aufhören zu leben, weil dann lohnt sich das ja gar nicht mehr. Und deswegen habe ich gesagt, okay, ich nehme es an.
0:17:35Und das habe ich getan. Und ich habe auch die Schwemmotherapie angenommen und habe mich jedes Mal hingelegt und habe gedacht, so, und jetzt rennen mit euch und dann geht da die Sache ab. Ja, und das mache ich heute noch. Ich weiß nicht, ob ihr den Film Kingsman kennt. Kingsman 1, da kriegen die doch alle so die bösen Buben, die fliegen alle in die Luft. Da werden so rosane und pinkfarbene Luftballons gebildet. Bei einem Comp Duct and Circumstance sind doch diese Musik. Und
0:18:01Und jedes Mal, wenn eine Chemotherapie mir einläuft, dann läuft diese Musik bei mir im Kopf ab. Und dann denke ich, diese kleinen Krebsfälle gehen dann ab. Das macht mir gute Laune. Es hilft mir und es erleichtert immens viel. Und das finde ich einfach toll.
0:18:22Du hast gesagt, du hattest dann 1,5 Jahre Chemo. Wie ging es dann weiter? War danach der krebs erst mal weg für einen moment naja dass ich bin operiert worden in der mitte ungefähr dafür musste man die chemotherapie ein bisschen aussetzen dann bin ich operiert worden und das witzige an der sache ist dann bin ich also dann ist mir die brust abgenommen worden und das wirklich eigentlich naja nicht so ganz witzige daran ich hätte mein leben lang brustkrebs gehabt ich hatte ich hätte immer krebs gehabt weil es wurden fünf verschiedene schlafende
0:18:46tumore gefunden in der einen brust hat man hat man hier beide abgenommen nein eine bereue ich mittlerweile auch schon. Aber eine Brust hat man mir abgenommen und da waren fünf verschiedene schlafende Tumore. Ich hätte immer Krebs gehabt. Also die werden irgendwann, irgendwie werden sie aufgewacht. Aber warum? Also man hat ja fünf gefunden. Wäre da nicht die nächste, ich nenne es jetzt mal provokant, schlaue Lösung gewesen, die zweite abzunehmen, weil ja eigentlich nur eine Frage der Zeit ist, oder? Nein, jein. Also erstmal jede Operation ist ein Risiko. Und bei einer Patientin wie mir
0:19:23mittlerweile ist sie noch ein größeres Risiko. Also es ist nicht einfach. Ich bin zum Beispiel von einigen Chirurgen entlassen worden oder weggeschickt worden, weil sie sich nicht getraut haben, mich zu operieren. Chemotherapie zu Patienten zu operieren, das kann man, das ist schon wohl nicht einfach. Vor allen Dingen jemand, der so viel Chemotherapie bekommen hat wie ich. Und das ist immer ein gewisses Risiko.
0:19:43Und ich habe das damals auch, oder mein Onkologe hat es abgelehnt, weil ich hatte auch damals überlegt, ob ich mir die Eierstöcke rausnehmen lasse. Also total operieren lasse und dann hat er zu mir gesagt, du bist per se sofort eine alte Frau. Aber erstens sagt er, die Nebennieren schütten weiter Hormone aus. Also er sagt, wenn der Krebs wiederkommen will, kommt er wieder.
0:19:59Nun wissen wir jedenfalls, wo er wiederkommt. Also man muss auch ein bisschen pragmatisch denken. Also ich denke jedenfalls pragmatisch, mein Onkologe auch. Und das habe ich auch so, bis jetzt bin ich damit gut gefahren. Warum hast du es dann bereut, dass man... Im Nachhinein so ein bisschen, weil es eben so, also es hat allein schon ästhetische Gründe, weil ich habe meine Zeit lang ziemlich abgenommen. Dann gab es irgendwann keine Orthese mehr, die klein genug war. Also ich habe auch jetzt meistens ein Tuch um, weil man sieht den Unterschied. Und es ist auch so,
0:20:29dass aufgrund der vielen... weil ich keine wirklich schönen Narben habe, es ging einfach nicht mehr. Ich habe mein einziges Narbengewebe an der Brust. Es ist sehr unangenehm BHs zu tragen manchmal. Also wäre es für mich manchmal einfacher. Ich bin ja ohnehin nicht allzu dick und habe nicht zu viel Oberweite, dass ich denke, dann ist es auch nicht schlimm, wenn du gar keinen hast. Ist eh nicht. Also ich habe sowieso ein gestörtes Verhältnis zu meiner Brust.
0:20:55Und das finde ich schade bei mir. Da muss man dazu sagen, aber aufgrund des Narbengewebes, also ich hatte schon mal mit dem Gedanken gespielt, mir das tätowieren zu lassen, was viele Frauen machen. Wenn es gute Narben sind, geht das sicherlich auch. Habe ich aber nicht geschafft. Und ich habe es auch nie geschafft, damit so klar zu kommen, dass ich sage, ach Mensch, hast du aber noch eine.
0:21:15Aber weil auch das Thema Kinderkriegen für mich durch war, weil ich einfach zu viel schon hatte. Mittlerweile hatte ich dann auch mit der Sase in den Knochen. Also kam immer eins nach dem anderen hinzu. Das war dann ein bisschen doof. Hättest du dir noch Kinder gewünscht?
0:21:31Na ja, müsste ich das so sagen. Ich habe 2 gesunde Kinder. Ich denke, dass ich unwahrscheinlich glücklich bin darüber. Ich denke nicht, ich weiß es. Also was will ich mehr? Okay, du hast eben gesagt, dir wurde dann die Brust abgenommen. Ja.
0:21:46Wie ging es dann weiter? Dann bin ich wieder in die Chemotherapie gegangen. Hinterher macht man noch ein bisschen zur Sicherheit, weil es ja wieder geschnitten worden ist und dann hat man noch ein bisschen weiter gemacht. Aber rein theoretisch müsstest du ja dann krebsfrei gewesen sein. Naja, das ist immer so eine Sache.
0:22:01Also das, was man hätte erkennen können, hatte man ja weggenommen. Ja, krebsfrei ist immer so eine Sache. Also erstens hatte ich Hautmetastasen. Also Hautmetastasen ist das größte Organ, was es gibt. Haut... Da zu sagen, dass man da krebsfrei ist, dass sich da keine einzige Zelle gelöst hat, das ist schwierig, glaube ich.
0:22:20Ich bin da nicht... Also ich bin ja nur... Ich bin ein halb gut informierter Brustkrebspatient. Also das sollte man als Brustkrebspatient übrigens immer sein. Man sollte wirklich gut informiert sein. Viele Ärzte wollen einem viel verkaufen und viele Heiler wollen einem ganz viel, noch viel mehr verkaufen für viel, viel Geld. Und man sollte sich da schon darüber
0:22:41im Klaren sein, was möchte ich, was will ich und was will ich erreichen damit, was ich bekomme. Und das ist schon wichtig. Und dann zu sagen, dass ich krebsfrei war, wollen wir mal so sagen, ich habe auf jeden Fall angefangen, mein Leben in die Hand zu nehmen wieder. Ich habe mich nicht bestimmen lassen. Ich habe als erstes mal den Weg aus dem Psychopharmaka rausgesucht, das hatte ich vorher schon getan, war aber dann noch weiter dabei und habe, wie gesagt, an mir gearbeitet. Und dann habe ich meine Angst besiegt und das war ganz toll. Das war wirklich wie eine Befreiung.
0:23:15Das war also das mit das fast Beste überhaupt, was ich je geschafft habe. Ja, und dann habe ich wieder gelächelt. Und das war noch viel besser. Weil ich hatte sonst immer eine graue Wolke über mir hängen. Und ich bilde mir auch fest ein, dass man das sehen kann. Also wenn ich bei meinem Onkologen sitze, dann denke ich, ich sehe jedem Patienten an, der eine graue Wolke bei sich hat.
0:23:37Und man sieht es auch manchen Patienten wirklich an, ob sie es schaffen oder nicht. Also, ja, es hört sich jetzt doof, ich will das nicht sagen, aber ob sie eine graue Wolke mit sich herum tragen, ob der Weg schwer wird oder ob er nicht so schwer ist, das ist vielleicht besser ausgedrückt. Welche Ängste oder welche Angst hast du überwunden? Tja, ich habe meiner Angst damals ein Gesicht gegeben oder eine Figur,
0:23:55aber vielleicht, ich weiß nicht, die Angst zu leben, die Angst, krank zu werden, die Angst, ich kann es dir gar nicht so genau sagen. Es war für mich ja so immens lebensbestimmend, dass ich eigentlich, ich bestand aus Angst. Stell dir mal vor, ich habe zwei wirklich, ich habe zauberhafte Kinder, ich habe die nicht mehr angefasst. Mein Mann musste sie eincremen abends nach dem Duschen, weil ich hatte so eine Angst, an ihnen etwas zu entdecken, das kann man sich gar nicht vorstellen. Ich habe mich selber jahrelang nicht im Spiegel angeguckt.
0:24:31Ich habe mich nie geschminkt, ich habe mich nie ange... Bin ich jetzt auch nicht, aber wie gesagt, ich habe gerade ein Chemo hinter mir. Ich habe niemals, ich habe sie nicht angefasst, ich habe nichts gemacht. Ich hatte wirklich, ich hatte so eine Angst, das kann man sich gar nicht vorstellen. Ich hatte zum Teil Angst, auf Toilette zu gehen, weil ich gedacht habe, jetzt kommt das raus. Es war einfach grausam. Und das ist wirklich das Schlimmste.
0:24:54Es ist das Allerschlimmste, sich so von seiner Angst dirigieren zu lassen. Das ist viel, viel schlimmer als Krebs. Und wie hast du es geschafft, die Angst zu besiegen? Gab es da für dich einen bestimmten Weg, den du gegangen bist? Naja, ich habe erst mal angefangen, mit der Panik zurechtzukommen. Die Panik kommen und gehen zu lassen, denn die Panik kommt, sie kommt, aber sie geht auch wieder
0:25:18und man bleibt zurück. Die Panik freut sich, aber ich bin erledigt, ich hätte einen Marathon-Hinauf hinter mir, aber sie geht wieder und das ist das Beste daran, sie geht wieder und sie lässt mich eigentlich aus, also sie mich vollkommen erledigt zurück lässt, aber sie lässt mich zurück. Und und auch sagt, ich schaffe das, ich kann, wenn ich einmal am Tag einmal die Blätter anschaue, es schaffe sie anzuschauen oder einmal am Tag bewusst durchatmen und sage, so in diesem Moment hatte ich keine Angst, dann ist das der erste Schritt, den du gemacht hast.
0:25:50Und glaub mir, es geht so unwahrscheinlich schwer. Es ist nicht einfach so, dass man sagt, so jetzt bin ich sie los. Du hast dir etwas angewöhnt und diese Gewohnheit hattest du über acht Jahre, also bei mir roundabout. Das ist so, wie wenn du sagst, ich trinke jeden Morgen meinen Kaffee. Bevor du da von dieser Angewohnheit los bist, musst du 40.000 Mal, glaube ich, keinen Kaffee getrunken haben, bevor du sagst, es ist so, als hätte ich nie Kaffee getrunken.
0:26:14Du musst also mit einem kleinen Schritt anfangen. Das habe ich, wie gesagt, mit der Hilfe meines Psychotherapeuten, habe ich einfach mal, ich habe mir Zettel geschrieben. Ich habe mir auf meinem Nachttisch Zettel geschrieben, ich habe mir einen Stein gemalt, Sorgenpause, den ich mir angeguckt habe und gedacht habe, so in diesem Moment hast du mal nicht dran gedacht.
0:26:35Und dann habe ich angefangen zu stricken. Ich bin eine Null in Handarbeit, eine absolute Null. Ich habe das aber geschafft, irgendwie zu stricken. Ich stricke immer noch, das ist meine Rettung gewesen, weil wenn die Finger beschäftigt sind, kann der Kopf nicht so gut denken. Und das war...
0:26:52Also irgendwann hat man auch keine Lust mehr, ewig lange Schal zu stricken. Dann macht man was anderes. Dann musst du auch schon mal ein bisschen drüber nachdenken, was du da strickst. Und das war so der erste Schritt. Und wenn du dann wieder zum ersten Mal siehst, oh, die Sonne ist tatsächlich gelb und sie ist hell,
0:27:04dann denkst du, man, ich hab heute zwei Stunden nicht dran gedacht. Toll. Und das dann... Wie gesagt, mein Sport, den ich ja immer schon mache, seitdem ich jung
0:27:17bin, habe ich ja irgendwann mal aus leuter Verzweiflung, weil ich gedacht habe, na irgendwann musst du ja mal was anderes machen, habe ich auch meinen Trainerschein gemacht, habe unter anderem einen Yogaschein gemacht oder Yoga Lehrerausbildung und bin dann auch zum Yoga gegangen. Manchmal habe ich gedacht, das schaffst du nicht, das schaffst du nicht, du kriegst da kein Lächeln heute Abend zustande, du kriegst da nichts hin und dann bin ich dahin und dann strahlten mich da egal ob das zwei oder zehn waren oder 15
0:27:41Leute an und die dann gesagt haben so jetzt machen wir eine schöne junger stunde und in dem moment war ich denen so unendlich dankbar dass sie mich trotzdem noch genommen haben und dass sie trotzdem das mit mir durchgemacht haben und weil ich manchmal muss ich so fertig ausgesehen haben da haben sie mir einen stuhl vorne hingetragen und ich hab dann auf meinem stuhl gesessen und habe das angesagt. Aber egal. Ich war so unendlich dankbar dafür. Und das alles gehörte dazu.
0:28:09Und dann habe ich auch meine Kinder wieder angefangen anzugucken. Allein die Schultern wieder anzufassen, das war so genial. Und dann habe ich irgendwann beschlossen, das ist Schluss. Der Krebs ist trotzdem da, egal ob ich Angst habe oder nicht, er ist da. Und ich muss lernen, damit zu leben. Oder ich lasse es.
0:28:28Und das habe ich getan. Und das habe ich, hoffe ich, mal gut getan. Und deswegen jeder, der auch... Und ich kann mir... Ich habe alles durch. Und ich habe noch viel mehr Metastasen.
0:28:38Ich habe sie... Ich habe wirklich viele. Wirklich. Und ich bin auch unheilbar krank. Also ich habe auch momentan... Ich habe Tumore, die sind...
0:28:48Mein größter Tumor sitzt knapp 10 cm groß im Durchmesser. Der ist auch mehr oder weniger aktiv. Manchmal meint er, er muss wachsen, manchmal nicht. Er ist in der Lunge, er war in der Lymphe, er ist in den Knochen. Jetzt ist was in der Leber gefunden worden. Das wird sich noch herausstellen, was es ist, weil es noch sehr klein ist.
0:29:09Aber trotzdem bin ich nicht bereit, mein Leben dem unterzuordnen. Und ich bin auch nicht bereit, zu sagen, dass Krebs das Leben bestimmt. Es ist sicherlich eine schwere Phase. Es ist wirklich eine ganz, ganz schwere Phase. Da muss sich auch keiner was vormachen. Es wird die ersten Jahre das Leben bestimmen und auch sicherlich im Nachhinein, weil man zu Voruntersuchung oder Nachuntersuchung oder was auch immer man gehen möchte. Aber keine Forschung ist so weit gekommen wie die Krebsforschung. Es ist nach wie vor wie ein Damoklesschwert, was über uns allen hängt.
0:29:41Das ist die zweithäufigste Todesursache, da muss man sich nichts vormachen. Und das ist auch wirklich schlimm, weil es so heimtückisch ist. Und es kann jeden erwischen. Aber man schafft es, man kann es schaffen. Also man kann jedenfalls ein Leben haben, trotzdem. Wie lang es ist, das weiß ja keiner von uns. Und niemand weiß, ob ich nun 80 werde oder nur 45. Nur die Qualität meiner Tage, die kann ich selber bestimmen. Und die möchte ich bestimmen. Das möchte ich auch jedem sagen, egal wie. Das ist so unwahrscheinlich wichtig. Und irgendetwas zu haben, was einem das Leben lebenswert macht. Für mich ist es das
0:30:20Stricken, mein Sport. Ich habe eine ganz, ganz tolle Familie, die mir unwahrscheinlich hilfreich zur Seite steht. Ich habe einen super tollen Mann. Jeder andere Mann hätte so viele Männer, die ihre Frauen verlassen, weil die nicht mehr vollständig sind oder weil sie nicht mehr können. Krebs beeinträchtigt natürlich die Medikamente, beeinträchtigen das Sexualleben. Das ist ganz selbstverständlich.
0:30:42Und trotzdem habe ich einen Mann, der alles mitmacht, der mich immer unterstützt. Meine Kinder sind da. Ich habe jetzt zwei Hunde. Weiß ich auch nicht, was mich da gerissen hat. Aber das Leben ist trotzdem schön. Und es ist wirklich schön. Und deswegen, egal ob es regnet. Ich finde Regen ja auch toll.
0:31:03Aber man muss sich Hilfe suchen. Man muss auch den Mut haben zu helfen. Und das, was du am Anfang gesagt hast, ganz am Anfang, als du gesagt hast, da läuft mir ein Schauer den Rücken runter. Die Reaktionen der Mitmenschen, ja, da hast du recht, das ist für mich auch manchmal das fürchterlichste. Also ich denke, ich bin neulich beim Bäcker gewesen und bin da raus mit meiner Freundin, wir haben Kaffee getrunken, wir haben uns nett unterhalten.
0:31:26Und dann fragt mich jemand, der weiß, was ich habe, und bin ich rausgegangen, dann fragt er mich, wie geht's dir denn so? Und ich sag, oh, mir geht's super. Und dann guckt er mich an und sagt, naja, wie man das unter deinen Umständen so war. Och Gott, es tut mir so leid für dich. Und dann hab ich den angeguckt und hab gesagt,
0:31:43sag mal, spinnt der jetzt gerade oder was? Das ist auch sehr anmaßend. Das ist nicht nur anmaßend, das ist... Wie kann der erstens mir unterstellen, dass er weiß, wie ich mich fühle, und zweitens, was soll das?
0:31:54Wenn ich sage, mir geht's gut, dann geht's mir gut. Ja. Also... Das fand ich echt blöd. Ja. Das ist das Schlimmste.
0:32:02Ich bin früher einmal, ich habe nie eine Perücke getragen, ich habe immer eine rosa Mütze getragen. Ich habe gedacht, wenn, dann muss man eine rosa Mütze tragen. Dann bin ich mal in einen Laden rein und ich muss wirklich ausgesehen haben, wie scheiße. Und dann kamen diese Ladenbesitzer auf mich zu und dann sagt, oh Jesus, du ärmst einfach, das tut mir so leid. Kann ich dir jetzt mal einen Stuhl anbieten, damit du dich hinsetzt? Und nachher, soll ich jemanden rufen, damit er dich nach Hause fährt?
0:32:25Ich habe gesagt, das finde ich unmöglich. Da kann man einmal fragen, brauchst du Hilfe? Geht es dir gut oder geht es dir nicht so gut? Und entweder ich sage etwas oder ich sage nicht etwas. Oder es gibt auch Leute, die wechseln die Straßenseite. Habe ich auch gehabt.
0:32:40Ja, mein Freundeskreis ist immens zusammengeschrumpft damals. Also das fand ich auch doof. Ich meine, ich bin noch nicht ansteckend. Meinst du, das lag daran, dass sie unsicher waren? Ja, bestimmt. Auch Angst, dass sie nicht wussten, wie sie reagieren sollen.
0:32:53Ich will auch gar nicht niemanden anklagen oder so. Also das ist nur... Boah, Gott. Na ja, aber wie gehst du damit jemandem um, der auf dem Rollstuhl sitzt? Wechsle ich auch die Straßenseite? Na ja, also im Endeffekt kann man auch einfach,
0:33:05wenn ich mir unsicher bin bei meinen Freundinnen, wie ich gerade auf eine Situation reagieren soll, dann frage ich. Was hättest du gerne? Dafür hast du den Mund, ne? Und zwei Ohren. Also ich finde das auch.
0:33:16Deswegen frage ich mich. Oftmals ist das Hilflosigkeit von vielen Menschen, aber auch die Unfähigkeit vielleicht zu kommunizieren. Ich habe keine Ahnung. Aber ich weiß nur, ich bin ein außerordentlich glücklicher Mensch. Also muss ich sagen, ein außerordentlich glücklicher und zufriedener Mensch.
0:33:32Aber ich habe auch was dafür getan. Das muss ich sagen. Du hast jetzt sehr viel darüber berichtet, wie du selbst aus diesem, ich nenne es mal, schmerzvollen Weg rausgefunden hast und deine Sonne im Leben wiedergefunden hast. Das ist ja... Wie ging es dann weiter?
0:33:46Weil du hast gesagt, du hast jetzt auch noch Krebs und du hast auch noch Metastasen. Es haben sich Metastasen gebildet. Wie war denn dein Weg, nachdem du die Sonne in deinem Leben wiedergefunden hast? Ich habe, wie gesagt, mein Leben wird, egal wie sehr ich mir das wünsche oder auch nicht wünsche, doch durch die Krankheit bestimmt mittlerweile. Aber ich bin ein bisschen ein Phänomen, muss man dazu sagen, weil ich schon so unwahrscheinlich
0:34:12lange Chemotherapie bekomme und noch trotzdem relativ viel kann. Weil ich kann mich nach wie vor bewegen, ich mache nach wie vor Sport. Ich habe ein Bußen, ja, aber nicht so viele wie vielleicht andere Menschen haben. Ich tue aber auch, wie gesagt, dafür viel. Ich glaube, ich bin sechs oder sieben Jahre hintereinander 365 Tage im Jahr schwimmen gewesen. Das mache ich nicht mehr. Ich musste aufhören, ein Jahr, weil ich sehr viel Blasenentzündung hatte. Und zwar so viele. Und das schlägt ja natürlich bei einem immunsuppressiven Menschen wie mir besonders doll zu tun, da musste ich aufhören.
0:34:51Ich habe aber auch immer eine Hündin gehabt, meine erste Hündin, die ging jeden Morgen mit mir schwimmen, jeden Morgen. Und sie schwamm, sie hat mich angeguckt und sie ging mit mir schwimmen. Und sie ging nicht schwimmen, weil sie einen Ball hatte oder so, sie ging einfach mit mir schwimmen. Wir sind nebeneinander durch den See geschwommen. Im Sommer eine halbe Stunde, im Winter sind wir nur mal untergeduckert, sie hat gefroren wie ein Schneider hinterher. Das ist eine deutsch-kurzer
0:35:11Hündin gewesen, ganz klein und zierlich, aber und da hat sie geklappert wie ein Klapper-August. Aber sie ist jeden Tag mit mir schwimmen gewesen. Das war natürlich auch ein Grund. Sie hatte sehr viel Rückenschmerzen und sehr viele Gelenkschwierigkeiten. Das hat ihr auch geholfen, genau wie mir. Ich mache Sport nach wie vor.
0:35:30Ich habe einen wunderbaren Freundeskreis. Ich habe eine tolle Familie. Ich reise für mein Leben gerne. Ich habe Ziele mit meinem Mann, wo ich noch hin möchte, die aber auch eingeschränkt sind mittlerweile. Warum? Ja, zeitlich. Ich muss also in einem gewissen Abstand immer Chemotherapie haben, weil sonst explodiert der Krebs. Du hast gesagt, alle drei Wochen? Alle drei Wochen. Und da sind es dann immer noch die sechs Stunden? Nein, nein,
0:35:56nein, nein. Ich bekomme jetzt in Anführungsstrichen nur zwei Medikamente. Ich muss noch ein paar Tabletten nehmen, aber ich bekomme nur zwei Tabletten, zwei Infusionen. Und das eine bekomme ich auch nur alle sechs Wochen, weil das ein Knochenhärter ist. Mit dem komme ich ganz wunderbar klar. Und ich kriege ein neues Medikament, was die Krankenkasse ärgert, weil es sehr teuer ist und ich ja immer noch am Leben bin.
0:36:21Aber da muss man davon ausgehen. Aber es ist ein neues Medikament. Ich habe auch das große Glück, muss man dazu sagen, mein Krebs ist hormonsensitiv. Also ich bekomme hormonelle Tabletten und ich habe einen sogenannten Herz-Wein-Neu-Rezeptor an diesem Krebs. Und das ist die eigentliche Erneuerung in der Onkologie, dass man irgendwann vor Jahren entdeckt hat, dass Krebstellen nicht ganz geschlossen sind. Also dass es tatsächlich Möglichkeiten gibt, dass sie
0:36:47auch freie Schaltstellen haben. Und diese freien Schaltstellen ermöglichen es oder können es Medikamenten ermöglichen, sich anzusetzen. Und dann kriegen die so ein kleines wie bei den Minions so ein Bidö-Di-Di-Di-Di auf den Kopf und dann werden die für mein Immunsystem sichtbar. Das habe ich eine Zeit lang, das habe ich ganz lange bekommen. Und jetzt bekomme ich aber mittlerweile, ist man dann schon weiter, dass man sagt, dieses Medikament, die Antikörper hat man gespickt mit Chemotherapie.
0:37:14Also da hat man die Zelle wieder aufgemacht und hat da Tytostatika reingetan. Und so was bekomme ich mittlerweile. Ganz was Großartiges. Du hattest gerade eben deine Krankenkasse angesprochen. Ach Gott. Magst du mir erzählen oder magst du uns erzählen, was du mir im Vorgespräch erzählt hast?
0:37:33Also, naja, ich muss immer ein bisschen lachen in den Krankenkassen. Also sie sind im wahrsten Sinne des Wortes eigentlich keine Krankenkassen, sondern Gesundkassen. Also sie lieben gesunde Menschen, weil sie natürlich viel zahlen. Und ich habe immer das Gefühl, bei der Krankenkasse, die haben nichts anderes zu tun, als den Kranken zu ärgern. Weil es wird per se erstmal alles abgelehnt. Also ganz am Anfang wurde
0:37:54mir sogar eine Perücke abgelehnt. Da habe ich dann, ich weiß nicht, was für einen Aufstand gemacht, bevor ich eine Perücke genehmigt bekommen habe. Sie haben mir Psychotherapien abgelehnt. Also es ist einfach... Also ich unterstelle den Krankenkassen so ein bisschen, dass sie sehr darauf aus sind, Geld zu sparen. Ich habe mein Leben lang, ich arbeite in Deutschland seit meinem 18. Lebensjahr, und wenn ich nicht in Deutschland gearbeitet habe, im Ausland gearbeitet habe,
0:38:17ich habe immer in die Krankenkasse eingezahlt. Und ich finde es einfach frech, dass man mir dann nicht die Leistung zuschickt zugesteht, die ich haben kann aufgrund des Gesundheitssystems, was ja da ist. Und das finde ich, ja, es ist manchmal so, dass ich das wirklich das Gefühl habe, dass die sich über mich ärgern, dass ich noch da bin. Weil es egal, was es ist, wenn mein Onkologe sagt, wir müssen jetzt das und das haben oder das und das, ich kaufe
0:38:43die Hälfte selbst. Ich muss die Hälfte selbst bezahlen. Und ich bin jetzt in der glücklichen Position, ich habe immer gearbeitet, ich habe einen Mann, der das macht, ich habe eine Mutter, die mich unterstützt. Die bezahlen mir das. Aber ich möchte manchmal nicht wissen, wie es Deutschen geht, die nicht das Glück haben, so viel Geld im Hintergrund,
0:38:59oder was heißt so viel Geld, ist ja nicht richtig, aber jemanden zu haben, der sie unterstützt. Sei es, ich habe ganz, ganz trockene Schleimhäute. Ich habe wirklich ganz fürchterlich trockene Schleimhäute. Ich habe auch eine Schlucknervlähmung auf der linken Seite. Meine Stimmbänder sind auch deswegen beeinträchtigt. Ich musste auch wieder sprechen lernen nach einer Metastasierung, die bis hier oben ging. Seitdem habe ich so
0:39:25trockene Schleimhäute, dass ich gewisse Sachen zum Befeuchten brauche, unter anderem Nasensalben oder aber auch Bonbons, die Wasser produzieren. Das muss ich alles selbst bezahlen. Das ist schon so, wenn du für eine Nasensalve 7,95 bezahlst und ich brauche sie jeden Tag mehrmals, weil die Nase blutet. Ich habe richtig Nasenbluten, bei diesem Wetter so oder so. Und ich möchte nicht wissen, wie es anderen geht, die das nicht könnten oder was die dann machen. Und ich habe zwar mittlerweile so ein Pariboy auch zum Inhalieren egal ob du mit Nasendusche arbeitest oder nicht, aber du musst das alles bezahlen.
0:40:07Auch wenn du Zusatzstoffe brauchst, weil du es ernährungstechnisch nicht mehr hochholen, also nicht mehr beibringen kannst, dass du Zink oder Selen oder Magnesium oder irgendetwas brauchst für Krämpfe. Unter anderem habe ich auch eine Polyneuropathie in den Füßen. Das ist eine Nervenlimmung, die durch diese Chemotherapeutik hervorgerufen wird. Und bei mir äußert sich das auch in ganz fiesen Krämpfen.
0:40:32Und dann musst du halt Magnesium nehmen. Ich mache es jetzt nur noch kurmäßig, aber du gehst in die Apotheke und jedes Mal, wenn du in der Apotheke warst, bist du mittlerweile 50 Euro los. Wie willst du das bezahlen? Oder du beantragst eine Kur, oder ich bin in krank gewesen. Ich habe nach der letzten
0:40:52Lungenmetastase, haben sie mich noch mal bestrahlt. Das ging tatsächlich noch mal bei mir. Da muss man auch nach einer Zeit gucken, ob das noch geht, weil ich eigentlich ausbestrahlt worden bin, dass ich krank geschrieben worden bin. Also wie fühlt man sich? Ich komme aus der Bestrahlung raus und werde nach sechs Wochen
0:41:10von der Krankenkasse angerufen, Frau K. von, können Sie denn ins Berufsleben zurückkommen? Können wir Ihnen irgendetwas tun, dass wir Ihnen den Einstieg wieder erleichtern? Ich habe eine Bestrahlung hinter mir, ich weiß nicht wie, 28, 30 Tage Bestrahlung hinter mir. Ich war kaputt, ich konnte überhaupt nicht mehr, ich habe keine Luft gekriegt, ich bin nicht mal mehr um, ich konnte keine 100 Meter gehen, weil meine
0:41:34Lunge so beeinträchtigt war. Und da ruft die Krankenkasse mich nach sechs Wochen an und sagt, wann haben sie denn den Einstieg in das Berufsleben wieder vor? Wie fühlt man sich da? Mach ich das absichtlich? Nein. Und ich denke mal, wenn es mir so geht, wie geht es vielen anderen? Und ich finde es einfach, also wir haben einen wirklich angeblich so sozialen Staat. Und wenn ich höre, was wir alles ausschütten an Geldern, dann denke ich manchmal, aber gerade die Kranken, gerade diejenigen, die werden ja nicht absichtlich krank.
0:42:08Es wird doch keiner absichtlich krank. Und vor allen Dingen nicht mit so einer Krankheit. Da muss man sich schon mal fragen, ob man da nicht die Praxis ein bisschen ändern kann von den Krankenkassen. Ob man da nicht vielleicht ein bisschen mehr Unterstützung doch geben kann. Neulich habe ich mir zu einem gesagt, an der Krankenkasse, habe ich mal gefragt, was wird
0:42:28jetzt digital übertragen? Eine Krankmeldung oder einen Transportschein? Also ich kriege Taxifahrten zur und von der Chemo nach Hause. Und was dann jetzt digital übertragen wird? Ja, nee, da muss ich mich jetzt auch erstmal schlau machen. Das wird auch nicht alles.
0:42:44Ich wusste kein Mensch, ob der Taxischein da jetzt angekommen ist oder nicht, weil dann musste ich ihn doch nochmal holen und nochmal postalisch senden, weil angeblich geht es von einigen Praxen von anderen nicht und Krankmeldungen werden auch von einigen Praxen digital eingeschickt und einige nicht. Digitale Rezepte von einigen Praxen, ja oder nein. Stellen Sie sich das mal vor, Sie sind 70 Jahre alt, Sie haben nicht den Zugang zu den
0:43:08sozialen Medien oder sonst was. Wie will man das dann? Wenn Sie sich bei der Krankenkasse in die Warteschleife hängen, haben Sie das schon mal in der Warteschleife gehangen? Ja. Da muss man viel Zeit haben.
0:43:24Oder ein Telefon mit Lautsprecher und das man immer mit sich rumträgt. Das ist wirklich eigentlich eine Frechheit. Also ich empfinde das, das ist eine Frechheit. Und deswegen, das Thema kann man ausweiten. Das kann man echt ausweiten. Das ist ein sehr unerfreuliches Thema und da muss sicherlich für sich jeder den Weg finden.
0:43:44Für mich geht da immer ein Widerspruch rein. Ich widerspreche grundsätzlich. Ich verlange nichts Unmögliches. Ich gehe noch nicht mal mehr zur Pur, weil ich einfach Schiss habe, den Berg Akten, den man da ausfüllen muss. Das ist so ein Berg. Da muss ich, ich weiß nicht wie viele Formulare ausschalten,
0:44:05und mich dann irgendwelchen Ärzten vorstellen, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben. Wenn mein Onkologe einen Bericht schreibt, oder mein Allgemeinmediziner, oder das Bestrahlungszentrum, das muss doch der Kasse reichen. Und da stellen sie den anderen Ärzten die Lügen, nur weil sie ihre eigenen Betriebsärzte hinstellen?
0:44:21Da frage ich mich, was ist das für ein bürokratischer Aufwand? Da sollen sie sich nicht über Kosten beschweren, die sie selbst generieren. Weißt du, ob es Stiftungen oder Vereine gibt, die dort tendenziell unterstützen, wenn man nicht die finanziellen Mittel hat oder eben auch einfach nicht so wortgewandt ist und der Sprache mächtig ist, als dass man so einen Wald an Papieren ausfüllen kann? Weißt du das?
0:44:41Tatsächlich habe ich das gerade gehört. Im NDR Nord Magazin oder NDR auf jeden Fall NDR 1 hat tatsächlich gerade einen Bericht gebracht über Leute, die durch Krebs in die Armut gefallen sind oder die durch Krebs in die soziale Schieflage gefallen sind. Und da gibt es Vereine oder da gibt es Anlaufstellen in Schleswig-Holstein, ja, das weiß ich. Ich persönlich war noch nicht bei so einer, weil ich wie gesagt eine ganz großartige Familie habe, aber ich weiß,
0:45:06dass es das gibt und dass man sich da schlau machen kann. Und ich persönlich kenne auch ein, zumindest zwei, die durch Krebs tatsächlich in eine wirklich... sind aber auch alleine und die sind wirklich in eine Schieflage geraten. Weil es... ja, ich will da gar nicht... Also das Thema ist endlos, was ich gehört habe im Laufe der Zeit, da kann man eine Menge zu erzählen.
0:45:26Also zu den Praktiken der Krankenkasse. Esa, du hast jetzt deinen Onkologen schon reichlich gelobt und mir hast du ja vorab schon erzählt, dass du viele Ziele mit deinem Onkologen gemeinsam formuliert hast. Magst du davon erzählen und magst du uns sagen, was genau das mit dir gemacht hat, wie dir das geholfen hat?
0:45:45Naja, man muss sich immer... Also ich habe mir gewisse Ziele im Leben gesetzt. Das erste Ziel war natürlich dann die Einstellung meiner Tochter, dann kam das Abitur und dann kam nachher die Abiturfeier und ich... Alles mögliche. Und unter anderem habe ich diese Vereinbarung auch mit meinem Onkologen getroffen.
0:46:03Also jedenfalls ich. Ich habe allerdings einen sehr... Ich verstehe mich mit meinem Onkologen. Er hat manchmal eine schräge Art und Weise von Humor. Entschuldigung. Aber die habe ich auch.
0:46:15Aber es ist schon... Mir hat es geholfen. Und wenn er zu mir sagt, ja, also wir schaffen das, wie so ein Fünfjahresplan, dass man sagt, so, das kriegen wir hin. Also, das schaffen wir. Und wir gucken jetzt erstmal, also ich komme auch dahin,
0:46:31und dann sagt er jetzt zu mir, du gehst jetzt erstmal in Urlaub, dann kann ich wieder mit dir reden, dann bist du erholt. Aber so kann man ja nicht mit dir reden. Er hatte mich vorher angerufen, hat mir gesagt, so da ist was entdeckt worden, da ist was, und das müssen wir behandeln.
0:46:43Und wo ich alle Fassung verliere, und dann erstmal sitze zu Hause und heule, und dann wissen, also die Praxis kennt mich ja mittlerweile schon, ich bin da ja Dauergast. Ich hab auch schon Fleischbienchen gekriegt, weil ich so oft da bin. Aber ich komm da hin, und dann sagt er zu mir,
0:46:59das geht so nicht mit dir, kann man gar nicht reden. Erst mal Urlaub machen, und dann sehen wir hinterher zu nach der Behandlung. Das schaffe ich auch, weil ich ihm dann glaube. Ich vertraue ihm aber auch. Das glaube ich auch, dass er mir immer die Wahrheit sagt.
0:47:14Aber ich muss dazu sagen, er macht das nicht mit jedem und er würde das auch nicht mit einem Anfängerpatienten machen, sondern jetzt mit mir. Aber diese Ziele, ja, die habe ich mir auch wieder gesetzt. Also ich versuche immer für mich ein Ziel zu erreichen. Bis dahin komme ich und das schaffe ich dann. Was ist dein aktuelles Ziel? Da weiß ich nicht, ob ich das so sagen kann. Wenn du es nicht sagen möchtest, dann sagst du es. Das geht auch meinen Kindern an.
0:47:42Dann kriege ich nachher Druck. Nein, ich kann ein anderes Ziel sagen. Ich möchte mit meinem Mann noch mal nach Alaska. Da muss ich aber noch ein bisschen verhandeln. Da muss ich auch noch ein bisschen mit mir verhandeln. Ich habe ein Maß, wo ich sage,
0:48:00das Maß an Freizeit zwischen den Therapien, das kriege ich wohl und das kann ich dann ausschöpfen und dann mache ich das auch, so dass ich vorher und nachher eine Therapie kriege und dann geht das. Das kriegt man schon auf die Reihe und das möchte ich auch für mich nach wie vor machen. Also ich habe noch ein paar Ziele und ich lasse mich auch nicht davon abhalten, also wenn da jetzt auch was ist, dann ist das so, dann wird das angegangen, das Thema, und dann ist es in Ordnung. Welches Ziel aus der Vergangenheit ist dir am meisten im Kopf geblieben?
0:48:31Ach Gott, ja. Ja. Sicherlich die Abi-Feiern meiner Kinder. Also das war so. Aber für mich, also eines der großen Ziele war auch tatsächlich so, dass ich, also, ja, meine Großmutter,
0:48:47dass wir nochmal ein großes Fest gefeiert haben mit meiner Oma zusammen. Ja, dass sie nochmal da war. Ja, das war schon schön, wo ich sie alle nochmal hatte. Ja, also ich habe im Sommer Geburtstag und man kann immer so wunderbar mal eine Geburtstag feiern, weil ich im August Geburtstag habe. Und das ist einfach dann viel besser.
0:49:11Ich meine, wer einen Wintergeburtstag hatte, ist einfach ein armer Mensch. Nein, es war schon toll. Wenn man eine draußen Party machen kann, ist das einfach viel toller. Und dann auch noch lauter gut gelaunte Gäste hat, mit toller Musik. Und dann noch seine Oma und seine Eltern dabei hat, ist schon toll. Was würdest du einer Person empfehlen, die zum ersten Mal die Krebsdiagnose bekommt? Was wären deine ersten Worte zu ihr? Oder was würdest du den Menschen am liebsten mitgeben? Erste Worte möchte ich nicht sagen.
0:49:45Aber es ist kein Todesurteil mehr. Wir müssen alle sterben. Das ist einfach so. Wir sind geboren, um zu sterben. Und man lernt das Leben hoffentlich, jeder der mit dem Tod oder mit dem, mit so einer Diagnose bekommt man ja auch gleichzeitig ein Sterb... also ich sterbe ja auf Raten, ich sterbe seit Jahren auf Raten und das ist, man lernt
0:50:21das Leben oder ich habe es gelernt mehr zu schätzen, er bringt für einen selbst einen Grad an Zufriedenheit. Und der Weg ist echt Kacke, den man mit Krebs hat. Und man muss wirklich, kommt immer drauf an, was man mit Krebs hat, man muss sich da nichts vormachen. Aber es gibt so viele Möglichkeiten, es gibt so viele Möglichkeiten. Und das Leben wird auch so lebenswert dadurch, wenn man rausnimmt aus der Mühle.
0:50:48Man erkennt so viel, dass Akten von einem Ort zum anderen tragen, das ist auch nicht erfüllend. Und ich weiß nicht, ob das nun wirklich Leben ist, ob das ganz wichtig ist. Also das Leben ist wichtig. Das Leben heute, egal wann, es ist wichtig. Weil wir haben nur eins, wir haben keine Generalprobe, wir haben nur eine Premiere. Und die müssen wir leben. Und das ist für mich, das wünsche ich jedem. Das wünsche ich wirklich jedem. Und ich wünsche jedem, er soll sich Hilfe suchen.
0:51:17Das ist nun mal kein Gang auf Zucker. Das ist wirklich hart. Aber es gibt einen Weg. Was wünschst du dir? Was wünschst du dir für die Zukunft? Oh Gott. Für Weltfrieden? Nein.
0:51:39Und also ich wünsche mir, dass meine Familie gesund bleibt. Und ich wünsche mir, dass ja alle, jeder einen Weg findet zum Leben. Weil ich ganz blödig gedacht, aber wenn jetzt alle ein bisschen Glück haben, dann sind wir alle glücklicher. Und dann haben wir auch nicht so einen Kack gerade auf der Welt. Ist so. Aber wenn man so vier oder fünf Menschen in seiner Umgebung findet, denen man sagen kann, Mensch, es ist so schön zu leben, lebt doch einfach, es ist so toll und ein bisschen Glück
0:52:12wünschen kann und auch Gesundheit, das ist das Wichtigste. Ich möchte, dass meine Familie gesund bleibt, meine Schwester und mein Mann, alle, ihr auch. Das wünsche ich mir, ganz ehrlich. Danke schön. Das wünschen wir dir auch. Vielen Dank, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast.
0:52:28Gerne. Danke und alles, alles Liebe und alles Gute für dich, deine Familie und deine Zukunft. Ja, dankeschön. Hier noch eine Anmerkung. Wenn du von den besprochenen Themen betroffen bist oder Unterstützung benötigst, bitte zögere nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hol dir Unterstützung bei professionellen Hilfseinrichtungen oder dir vertrauten Personen. Bist du nächstes Mal bei
0:52:51Von Bohne zu Bohne. Du wirst selbst bei uns dabei sein? Dann melde dich auf unserer Website oder unsere Social Media.
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