#19 Ruedi Szabo: Zwischen Geiselnahme und versuchter Totschlag
Shownotes
In dieser Podcast-Folge geht es um Ruedi Szabo, einen ehemaligen Bankräuber, Geiselnehmer und versuchter Totschläger aus der Schweiz. Seine Geschichte beginnt in der Kindheit, die gepräft war von Gewalt und Verhaltensauffälligkeiten. Ruedi berichtet von seiner turbulenten Liebesgeschichte bis zu dem düsteren Kapitel seiner kriminellen Vergangenheit.
Buch: Knallhart durchgezogen: Mein Leben zwischen Bankraub, Knast und der Suche nach Frieden
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0: 00:00Stell dir vor, du kommst in einen Raum, vor dir sitzt ein Mensch und du hast keine Ahnung, wer das ist. Das passiert mir in jeder Folge bei unserem Podcast von Bohne zu Bohne. Mein Name ist Charlotte und ich weiß vorher nichts über unsere Gäste. Kein Name, keine Information, keine Themen. Also werden meine Fragen auch deine Fragen sein. Ich bin Sanja und ich suche die Gäste. Hier achte ich darauf, dass es Menschen mit spannenden Persönlichkeiten und faszinierenden Erlebnissen sind. Und genau die wollen wir mit euch teilen. Bist du bereit, gemeinsam mit Charlotte neue Geschichten kennenzulernen? Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge.
0: 00:37Mein Name ist Charlotte. Mein Name ist Sanya. Mein Name ist Rudi Sabo und ich bin ehemaliger Bankräuber und gebe euch Tipps dazu. Das ist jetzt sehr spannend, damit habe ich tatsächlich nicht gerechnet. Herzlich willkommen Uni, ich bin wirklich gespannt, was gleich für eine Geschichte kommt. Wo beginnt deine Geschichte? Wo meine Geschichte beginnt, ich wohne ja hier in der Schweiz, bin aber ursprünglich, ihr hört es vom Dialekt her, ich bin in Wien geboren.
0: 01:16Kam als siebenjähriger Bub in die Schweiz und bin hier aufgewachsen. In der Ostschweiz zuerst, aber seit ungefähr gut 15, 17 Jahren bin ich da in der Region Nordwestschweiz in der Nähe von Basel. Starten wir mal so. Hattest du oder hast du Geschwister? Jawohl. Okay. Bruder, Schwester? Drei Jahre jüngere Schwester und sechs Jahre jüngerer Bruder. Und wie war das Verhältnis zu beiden?
0: 01:43Sehr gut, auch heute noch. Morgen Sonntag kam mir Schnitzel essen. Bei meiner Schwester. Würdest du sagen, du hattest eine schöne Kindheit? Doch nicht. Es war zum Teil sehr schön, aber zum Teil war es auch sehr geprägt durch die Gewalttätigkeiten durch meinen Vater. Und von daher würde ich gerne eigentlich auch wirklich dann anfangen erzählen, wieso es eigentlich dazu kam, weil ich war sehr verhaltensauffällig in meiner Kindheit und Jugendzeit. Inwieweit warst du verhaltensauffällig?
0: 02:17Wie soll ich sagen? Ich war ein klassischer Störefried in der Schule, beziehungsweise habe die Schule Gespenstaufgaben nicht gemacht oder Strafaufgaben nicht gemacht, hatte hunderte Unterschriften, musste ich von den Eltern bringen, was ich nicht brauchte. Also hatte ein großes Problem. Hatten ADHS, also heute tut man das als ADHS definieren, war früher dazu mal genannt dazu und später ist dann ADS genannt worden. Also es ist eine Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung, die ich dazu mal hatte als Kind. Und inwieweit hat sich das ausgedrückt in der Erziehung deiner Eltern? Mein Vater war sehr oft mit mir überfordert, weil er gewisse Vorstellungen, was ich sollte bringen in der Schule, was ich nicht tat. Und dann war er überfordert und er hat von seinem Vater die pädagogischen Mittel mitbekommen. Wenn die Kinder nicht parieren, dann schlägt man sie ab und danach hat er das auch mit mir gemacht.
0: 03:23Und hat er das gleiche auch mit deinen Geschwistern gemacht? Nein. Und warum würdest du sagen, hat er das bei dir gemacht und bei den anderen nicht? Weil ich als Ältester hatte gewisse Vorstellungen gehabt, die ich dazu erbringen hätte und die ich überhaupt nicht erfüllt habe, weil ich auch überfordert war. Ich war in der Schule überfordert und all das. Und man muss davon ausgehen, ich war im Babyalter, bin ich misshandelt worden. Und das war eine Tagesmutter. Und aufgrund dessen hat man dann herausgefunden, dass meine Verhaltensauffälligkeit dann nicht in die Schule mitgenommen hat,
0: 04:00weil das nie therapeutisch angegangen worden ist. Wussten deine Eltern das frühzeitig? Ja, das wussten sie. Also man muss so sagen, meine Eltern haben sich in einer sehr schwierigen Nachkriegszeit kennengelernt. Und Wien ist ja wie dazumal wie Ostberlin aufgeteilt worden, in verschiedene Viertel. Und meine Eltern haben sich lieben gelernt als 18-Jährige, 17-18-Jährige. Und haben sich verliebt ineinander. Und diese Liebe ist aber von den Eltern oder vor allem von der Großmutter und dem Vater seither überhaupt nicht... Ja, die Oma war sehr eifersüchtig. Eine total liebe Oma. Ich war ihr Lieblingsenkel.
0: 04:42Aber sie hat sich da gegenüber meiner Mutter sehr asozial verhalten. Das hat dann auch Klingsch gegeben und ich war dann unterwegs und ich bin dann auf die Welt gekommen. Da hat dann einen großen Familienkrach gegeben, weil mein Vater hatte noch elf Geschwister und Halbgeschwister. Da waren alle überfordert mit der Situation. Dazu mal nach Kriegsjahren, da war der Aufbau und Arbeiten, Arbeiten, Arbeiten. Und trotzdem war nicht genug Arbeit da oder zu wenig wurde verdient und das hat unglaublich Stress gegeben. Da hat sich mein Vater, der tatsumal gerade eine Lehre abgeschlossen als Automechaniker und ist abgehauen auf Nürnberger Ring und so als Junge war seine Vorstellung,
0: 05:29ich möchte mal Autorin, Fahrer, Mechaniker werden und dieser Nürnberger Ring abgehauen hat meine Mutter alleine gelassen mit mir und dass meine Mutter arbeiten konnte, beziehungsweise sie waren noch nicht verheiratet, das war dazu mal ein uneheliches Kind und und und und tragisch, meine Mutter hat eine Lehre als Krankenschwester angefangen, die wurde dann gekündigt und dann stand sie auf der Straße und ein Jude, jüdischer Anwalt hat ihr dann angeboten, ich gebe dir einen Job, du kannst Geld verdienen, dass du eine kleine Wohnung zahlen kannst und deinen kleinen Jungen versorgen, aber den Jungen musst du unterbringen. Und sie hat mich dann dazu mal bei einer Tagesmutter untergetan und die hatte schon über 20 Kinder und dazu braucht man keine pädagogische Ausbildung für das.
0: 06:17Und ich war ein Schreikind, weil ich habe zuerst den Papa verloren und dann gibt mich die Mutter bei einer fremden Frau ab. Und da war ich ein Schreikind und ziert mich dann misshandelt bzw. dann auch einfach im Keller, dunklen Keller gesperrt und da bin ich dann, ja, also ein Jahr, anderthalb Jahre bin ich dann dort gewesen im dunklen Keller. Mein Vater kam dann zurück, er liebte meine Mutter und die zwei haben sich dann wieder gefunden und dann hat er gefragt, wo ist mein Sohn und dann hat er gesagt, kannst den abholen bei der Tagesmutter und also dann kam, sah er da 20 Kinder und nicht mich und dann sagt er, der Schreierl ist im Keller unten und dann sieht er mich dort in meiner Kacke und
0: 07:00Pisse im dunklen Keller vor mich her schluchzen und das war eigentlich der Standpunkt und ich erzähle das eben auch relativ vielen Menschen, damit sie nachvollziehen können, warum das ein dass ein Kind verhaltensauffällig wird, weil es oftmals im Babyalter irgendwelche traumatische Situationen gegeben hat und das aber nicht erkannt worden ist. Und ich halte auch sehr viele Vorträge an Schulen und Kinder und Jugendlichen, und das zeige ich Ihnen auch, wenn jemand verhaltensauffällig ist, dann hat das einen Grund. Und das ist dann eigentlich der ganze Start gewesen. Und die Verhaltensauffälligkeit, die ist dann nachher bis in meine jungen Erwachsenheit,
0: 07:46da hat sich das mit hingezogen. Wie hast du deine Jugend verbracht? Hast du eine Lehre gemacht oder wie ging es da weiter für dich? Ja, richtig. Ich habe eine Lehre als Maler, Tapizierer und Gipser gemacht. Das ist ein schöner Beruf, ein stressiger Beruf. Es ist immer stressiger, wenn du einen Auftrag kriegst, musst du gestern fertig sein und so, übertrieben gesagt, aber es ist ein sehr schöner Beruf, der mir am Anfang sehr erfüllt
0: 08:12hat. Ich habe mich dann auch selbstständig gemacht, später dann und hatte ein eigenes, habe dann noch eine Ausbildung als Baubiologe und Bauökologe gemacht und dann habe ich dann auch Umbauten und Renovationen mit diesen Grundsätzen durchgeführt. Du hattest aber noch erzählt, auch eben gerade im Vorgespräch, dass du auch Kampfsport gemacht hast. Das ist richtig, das war so eine Empfehlung, weil meine Mutter, die hat sich da sehr auf die psychologische Ebene begeben und hat dann auch Rat geholt bei Kinderpsychologen, weil ich war dann auch weile lang, wurde ich stationiert in einem Kinderheim zur Beobachtung, um festzustellen, was ist mit dem Rudi los, weil er eben in der Schule so behaltensabwellig ist. Und da haben sie dann gesagt gehabt, was mein Problem ist. Aber dazumal hatten sie es noch nicht so therapeutisch in Griff,
0: 09:09das richtig zu begleiten. Was sie gaben, sie gaben den Eltern mit, wie sie mit mir umgehen sollten. Und bei Papa ist es in späteren Jahren einigermaßen gegangen, aber bei meiner Mutter, die war immer, sie versuchte auf psychologischer Ebene mit mir zu arbeiten. Das habe ich dann in späteren aufgenommen, um das nachvollziehen zu können, warum ticke ich so, warum ticken andere Menschen, die auch verhaltensauffällig oder gewalttätig sind. Warum ticken die so? Das habe ich dann übernehmen können. Die Faszination der Psychologie ist dann bei mir sehr stark geworden. Okay, aber du sagtest ja, du hast Kampfsport gemacht. Genau, das war so ein Ausgleich durch meine Hassbilligkeit, also die Hyperaktivität konnte
0: 09:56ich da etwas mehr in den Griff bekommen. War dann auch sehr begeistert. Am Anfang hatte ich nur Judo gemacht, was langweilig war. Und dann später Jiu-Jitsu im Aikido. Im Aikido habe ich mich dann sehr weiterentwickelt und mit 14 hat mich mein Vater noch mal verprügelt, weil ich seine Unterschrift gefälscht habe. Und da hat es dann eine Auseinandersetzung gegeben, wo er dann sich den Fuß gebrochen hat. Und ich habe dann nachher das letzte Mal angelangt. Und das war ein Erfolgserlebnis, da war ich 14. Und du kannst mit Gewalt ein Problem lösen. Das ist das Jugendliche, da ist das voll drin. Und ich versuche das auch den Jugendlichen beizubringen,
0: 10:43wenn man so Gewaltvorbilder hat, dass man dem sehr kritisch begegnen muss. Abgesehen vom Kampfsport, hast du dich noch in irgendeiner Art und Weise für Sportarten interessiert? Vielleicht sogar fürs Militär? Ja, das ist so. Ich war dazumal auch ein sehr guter Läufer. Laufen war für mich ein Stressregulator oder ein Abbau von Aggressionen. Und ich war ein sehr guter Läufer früher und war ein bisschen schlanker als jetzt. Und ich habe da auch verschiedene Wettkämpfe gemacht und das hat dann dazu geführt, dass ich dann in der Armee, die Aggressionsbilder waren ja immer da, weil unsere Familiengeschichte war sehr damit verbunden von den Nazis und den Kommunisten, weil meine,
0: 11:29mein Großvater der stammte ursprünglich aus Ungarn und Wien, wo wir in der Sowjetzone und da hatten sie sehr viel Leid erfahren. Also die Sowjets hatten dazumal schon alles was nicht Mieten und Nagelfest war geklaut, sind einfach in Wohnungen reingegangen. Mein Großvater hat ein Bauernhaus, da werden ihm alle Geräte geklaut. Also das war so, was wir heute in der Ukraine erlebten, das war schon dazumal auch so der Fall. Und das hat unsere Familie geprägt und ich habe das als Kind und Jugendliche in mich reingesogen und so auch Gefeindbilder kreiert. Ich bin dann da in der Schweiz als 7-Jähriger hierher gekommen, habe hier gelebt und hätte müssen in Österreich, müssen in die Bundeswehr, was ich aber keinen Bock hatte so weit weg zu gehen. Ich wollte Militärdienst machen, aber ich wollte das lieber in der Schweiz machen, wo ich in Nähe von der Familie bin. Und so habe ich mich dann eingebürgert in der Schweiz,
0: 12:28also während meiner Lehrzeit. Und dann musste ich mich entscheiden, was für einen Militärdienst ich machen wollte. Und ich wollte unbedingt in eine Eliteeinheit und bin dann dort reingekommen zu den Grenadieren, war dann dort so topfit und gut, dass ich dann auch den Vorschlag bekam für den Unteroffizier. Und den habe ich dann auch noch abgeschlossen. Hast du dann eine berufliche Karriere dort erstmal eingeschlagen in dem Bereich? Nein, das ist bei uns in der Schweiz so, jeder macht eine Rekrutenschule. Und wenn du in der Rekrutenschule dich in irgendeiner Form profilierst, dann bekommst du einen Vorschlag über. Als Unteroffizier oder als Offizier.
0: 13:07Also vergisst du nicht, wie es basisch bei euch in Deutschland oder auch in Österreich ist, dass du schon von Anfang an in eine Unteroffizier- oder in eine Offizierschule gehst, sondern du musst zuerst die Rekrutenschule durchlaufen und aufgrund von deinen Fähigkeiten wirst du befördert, beziehungsweise bekommst du einen Vorschlag. Und das habe ich dann gemacht. Da war ich etwas mehr als ein Jahr im Militärdienst und ja, habe dann das abgeschlossen. Nachdem dein Militärdienst fertig war und auch deine Ausbildung abgeschlossen war, wie ging es dann für dich weiter? Ja, dann habe ich mir überlegt, was will ich machen. Dann habe ich mir vorgesagt, okay, dann möchte ich so Richtung Meisterprüfung arbeiten und habe mich bei der Polierschule angemeldet. Das ist so eine Art Vorarbeiterschule
0: 13:50und habe dann das gemacht. Und dabei habe ich meine dazumalige Frau kennengelernt und haben uns verliebt und so weiter. Und dann haben wir eine Familie gegründet und das war eigentlich so ein bisschen meine schönste Zeit, weil ja, ihr Frauen sozialisiert ja uns Männer und wenn du da gedreht hast, kannst du so machen, und das bringt nicht viel, da musst du ja zärtlich sein, gefühlvoll, du musst zuvorkommend sein, verwöhnen und so weiter, das gehört alles zur Sozialisierung des Mannes während dem Liebesleben. Und das ist absolut gut. Und aus dem heraus sind dann fünf Kinder entstanden. Das sind schon einige. Vier Jungs und ein Mädel. Wie alt warst du, als du deine ehemalige Frau kennengelernt hast? 27. Ah ja, okay. Und dann ging es dann auch direkt los mit heiraten und Kinder bekommen? Richtig, ja. Da haben wir dann festgestellt, der erste ist unterwegs, jetzt müssen wir heiraten. Und dann haben wir geheiratet und das war eine wunderschöne Zeit.
0: 14:54Und ich habe, sagen wir, fünf Jahre meines Lebens war ich sehr glücklich. Okay. Weil da konnte ich das verwirklichen. Ich habe mich dann selbstständig gemacht und hatte ein eigenes Baugeschäft, weil mit dem hatte ich eigentlich die Idee, ich möchte so meine Familie ernähren. Mit einem Geschäft kann ich fünf Kinder finanzieren. Die Schweiz ist sagenhaft teuer. Jedes Kind bis es erwachsen ist kostet ungefähr eine Million und das geht natürlich ins Geld. Da habe ich auch eigentlich gehofft, mit dem kann ich verdienen. Ich liebte meine Kinder, wir machten Hausgeburten und das ist auch für mich als Mann war das so ein Wahnsinnserlebnis, wenn du bei der Frau hilfst, während dem Wehen. Ich bin hinter ihr gesessen, habe ihre Füße gehalten,
0: 15:44während die Hebamme die Kommandos gegeben hat. Und danach erhaltest du das kleine Kind, also beziehungsweise während dem Wehen hat sie, beim ersten Kind hat sie vergessen, die Fingernägel zu schneiden. Und dann hat ich dann... Bei jedem anderen Kind haben wir dann so gesagt, jetzt Finger schneiden. Und das ist alles gut. Aber es ist so ein intensives Erlebnis, das mich unglaublich beeindruckt hat, was Schmerzen eine Frau muss erleiden bei dem Geburt von einem Kind.
0: 16:12Das ist eine große Bewunderung für jede Frau, die Kinder auf die Welt bringt. Und auch für meine Frau. Und wenn dann das kleine Kind, das in zwei Hände reinpasst, in den Händen hält, das ist ein Funke, ein Liebesfunke, will ich sagen, der bis heute anhält. Auch wenn sie jetzt Südhalterie über 30 sind.
0: 16:28Du hast jetzt vorhin schon angesprochen, dass ein Kind recht teuer ist. Waren das auch am Ende des Tages Geldnot der Grund, wieso du dich dafür entschieden hast, diesen Weg einzuschlagen? Ja, also sagen wir es so, dadurch, weil mein Vater schon so viele Geschwister und Halbgeschwister hatte, waren wir eine sehr große Familie. Und da waren meistens um die Osterzeit in der Nähe von Wien ein Familienfest statt. Und da traf ich meine Cousinen und Cousins und ich liebte diese Festfamilienfeste. Und so habe ich mir vorgestellt, wenn du ein eigenes Baugeschäft hast, dann kannst du das auch finanzieren. Ich will auch mehr Kinder haben. Und mit meiner Partnerin war das dazu mal okay und daher sind auch die fünf Kinder entstanden. Wobei wir müssen sagen, wir haben dann beim vierten hat mir gesagt, jetzt müssen wir
0: 17:23aufhören und meine jüngste Tochter ist ein Spiralkind. Aber es ist jedes für sich ist ein Schatz, ein Goldschatz und man erlebt so viele schöne Dinge und halt auch traurige Dinge, aber das gehört zum Leben dazu. Und von daher gesehen, ich möchte keines von ihnen missen und man kann es nicht mit Geld aufhängen. Auch wenn wir Schweizer manchmal eben der Fokus manchmal aufs Geld liegt. Wie kam es dann zu deiner kriminellen Vergangenheit? hingen auch zusammen mit meiner beruflichen Probleme, die ich hatte. Es hatte sehr gut angefangen. Anfangs 90er Jahren habe ich dann angefangen selbstständig zu werden. Der Start war super, die Geschäfte liefen gut, die Grünen kamen dazu mal auf. Das waren hauptsächlich viele
0: 18:19Kunden, die dann auf ökologische Sachen geschauten. Dann die alternativen Schulen und so weiter, das waren gute Kunden. Und dann kam 1994, 1995 eine Baukrise, wo die Banken keine Hypotheken mehr gaben und bei mir ein bisschen zu sehr aufs Konto schauten und sagten, ja, Ihre Rendite ist nicht groß, Sie müssen die Geschäftsbank wechseln. Und da war ich aber 300.000 Franken im Minus. Und so, dass eine andere Bank während einer Baukrise mich übernimmt, wo ein kleines Baugeschäft nach dem anderen Konkurs macht oder zumacht, da habe ich gewusst, oh, jetzt ist fertig. Und ich war dazu mal auch nicht so konfliktfähig und bzw. für mich eine Art Abschaum, weil die machen Kohle, indem sie ein bisschen mit dem Kugelschreiber Unterschriften machen und ein bisschen in den Computer reingippen.
0: 19:23Und das war für mich so ein Feindbild. Und ich will das noch erklären, weil dazumal, wo ich dann als Kind aufgewachsen bin, habe ich mir auch ein großes Minderwertigkeit, das Komplex habe ich mit 1A, mit Gewalt, aufgemöbelt. Und zum Zweiten, immer wenn Krisen gekommen sind, ist das, weil das unbehandelt worden ist, ist das immer wieder zum Vorschein gekommen. Du bist ein Versager. Dein Papa hat sich verprügelt als Kind und Jugend bis jungen, jugendlichen Alter und hat gesagt, du bist ein Versager, du bist nichts wert und so weiter. Und das prägt sich in einem rein.
0: 20:02Das nimmst du mit ins Erwachsenenalter und wenn das nicht behandelt wird, hast du dann auch in dir ein Verhaltensmuster, wo du Schuldige nach außen hin suchst. Und bei mir waren es die Banker. Und dann hat es aber auch in der Ehe gekriselt, weil immer weniger Geld zur Verfügung stand und ich war ein ekel, kein guter Ehemann, dazu mal, konfliktfähig, streitsüchtig und alle anderen sind schuld und da hat sie sich Liebhaber gesucht und das habe ich dann herausgefunden und das hat dann nachher viele Probleme gegeben und schlussendlich hat sie sich dann von mir getrennt. Ich habe dann die Scheidung eingereicht, weil sie fremd gegangen und er sagt, hey, was sollen wir jetzt, was soll ich machen?
0: 20:48Und in der Armee bin ich ausgebildet worden als Killer, also als Grenadier, da bist du darauf getrimmt, Menschen umzubringen. Und das aber in einer sehr professionellen Art und Weise. Und zuerst habe ich mir gedacht, ja, ich bringe die Frau um, wenn sie fremdgeht. Und sie ist ja ausgezogen, hat die Kinder mitgenommen und gesagt, so jetzt zahlst du 6200 Franken Alimente jeden Monat und sie hat gewusst, ich bin vor einem Konkurs, ich habe kein Geld, ich habe einen Haufen Schulden und da habe ich mir überlegt, wie bringe ich sie um und ich wusste schon, wie ich das machen könnte, aber ich wusste auch, was ist mit
0: 21:34den Kindern dann, weil ich komme ins Gefängnis, die Mutter ist tot und die Kinder kämpfen in ein Heim. Und das wollte ich meinen Kindern nicht, weil ich liebe meine Kinder sehr. Und ich wollte das meinen Kindern nicht antun, dass sie ohne Mutter aufwachsen. Und ich dann eh im Gefängnis bin. Und dann habe ich mein Feindbild durch meine Problematik, wie erwähnt, durch die Minderwertigkeitsprobleme, habe ich mein Feindbild wieder auf die Bank gelenkt. Und so ist es dann gekommen, dass ich dann sieben Raubüberfälle gemacht habe. Wobei der erste Raubüberfall war ein vermögender Liebhaber von meiner Ex-Frau.
0: 22:08Und der wollte sich wehren während dem Überfall. Und da habe ich dann das als Anlass genommen, dass ich ihn so verprügelt habe, dass er fast an dem gestorben ist. Wie hast du das genau gemacht? Also wie hast du das Ganze geplant oder war das eher im Affekt? Ja, ja. Also anhand von militärischen Ausbildungen weißt du ganz genau, wie du vorgehen musst und ich war da vor seiner Attica Wohnung, das ist, der wohnte in einer Blockwohnung zu oberst oben und da habe ich dann abends um circa 9 Uhr habe ich dann angekloppt, war in schwarzer Mütze mit Zehschlitzen und ganz in schwarz
0: 22:43gekleidet und da hat er aufgemacht und dann bin ich rein und habe gerade eine verpasst und er wollte dann nachher auch mir eins verpassen. Da habe ich natürlich aufgrund meiner Kampfsporterfahrung habe ich dann gepackt auf den Rücken geknallt, habe mich auf ihn gekniet und dutzendmal auf den Kopf eingeschlagen. Das war nur noch eine blutige Masse bei und dann habe ich ein Betonklebband genommen, den Mund zugeklebt, damit er nicht schreien kann und die Notfallärztin, die ihn dann versorgt hat, weil Nachbarn haben dann doch etwas mitbekommen, hat er dann einen Bericht geschrieben, dass der Täter in Kauf genommen hat, dass das Opfer im eigenen Blut hätte können ersticken. Aus dem resultiert ist dann versuchter Totschlag gewesen. War das auch so? Hast du das genau so gemerkt oder warst du dir dessen bewusst? Ich habe das immer sehr verdrängt. Erst wo ich
0: 23:32dann im Gefängnis, habe ich eine Therapie dann gemacht und da macht man eine Tataufarbeitung und dann bei der Tataufarbeitung dann kommt so Bild für Bild kommen dann so Sequenzen wieder hervor, wo du dann merkst, da warst du schon ganz heftig drauf, aber du hast das ganz erfolgreich verdrängt. Das ist ein Merkmal bei vielen Menschen, die kriminell sind. Die verdrängen sehr erfolgreich ihre Straftaten oder beschönigen sie verharmlosen sie oder eben schuldzuweisungen wie viel geld hast du dann mitgenommen bei ihm bei ihm ganz wenig nur 200 franken er den tresor gehabt und ich habe dann den kot rausgepresst und habt dann den tresor gemacht der knapp 200 franken drin gehabt. du hattest jetzt gerade schon vom überfall auf den liebhaber erzählt wie lief das denn in den Das war der nächste Überfall. Ich habe dann im Zürich Oberland, das ist so ein kleines Dorf gewesen,
0: 24:31und das habe ich dann einfach observiert, beobachtet, was läuft da. Ich bin einmal reingegangen, habe Briefmarken gekauft, um die innerlichen Neuigkeiten zu sehen. Und dann aufgrund dessen habe ich mir gewusst okay da gibt es viel zu holen aber wir müssen das geschickt machen weil wenn du im vorderraum lichtkeiten beim kundenschalter reinkommst da kommst du nicht in den schalterraum rein also müssen wir von hinten her und so habe ich dann nachher die den hintereingang ob serviert mit meinen kumpels und da ist seine Mutter rausgekommen mit zwei kleinen Kindern. Die war in einem Leiterwagen drin und dann ist ein Postwagen gekommen, der hat Post gebraucht und sie hatte dann in dem Leiterwagen auch ein paar Pakete, die dann in den Wagen reinkamen
0: 25:28und dann ist sie mit den Kindern, die Kinder sind dann im Wagen gesessen mit den Paketen und dann ist sie wieder zurückgefahren und bevor die Hintertür zugefallen ist, das war eine Sicherheitstür, bin ich dann nachher aus dem Gebüsch, es war dunkel, bin ich hervorgesprungen, habe mich da die Hand dazwischen gelegt und mein Kollege ist dann gekommen und dann sind wir dann eingedrungen. Und das erste war dann nachher vor mir, es war so ein großer Raum, es ist zuerst ein Gang und dann ein großer Raum, wo da die Mutter mit den zwei kleinen Kindern sich aufgehalten hat und vor mir stand da die Kleine, die war ungefähr fünf Jahre alt und ich habe sie dann an den Haaren gepackt und die geladene Waffe an die Schleife gehalten. Hast du da keine moralischen Gewissensweise gehabt? Überhaupt nicht. Das ist das große Problem, wenn man kriminell wird, man schaltet jegliche Mitgefühl
0: 26:23Menschen aus. Rechtfertigt es, ich habe ein Ziel, das Ziel ist die Bank auszuräumen und alles was im Weg steht, da geht es einfach durch. Aber das hätte ja auch dein Kind sein können. Das ist erst viel später gekommen. Das ist das Problem, wenn man kriminell ist, man blendet alles aus. Man legt all das Ziel hinein in die kriminelle Tat und alles andere in deinem Leben wird ausgeblendet. Und es ist richtig, was du sagst. Die kleinen Kinder waren so alt wie meine zwei jüngsten. Und das war eigentlich eine absolute Katastrophe. Aber ich habe da einfach das weggewischt und habe das Ding durchgezogen. Wurdest du dafür direkt belangt oder warst du dann erst einmal länger? Ja, sehr verständlich, es war Geiselnahme. Ja, und man muss so sagen, die Mutter, die ist, also, im Nachhinein, erst im Nachhinein.
0: 27:21Ich würde gerne eine Zwischenfrage stellen, wenn das in Ordnung ist. In welchem Zeitraum hast du diese sieben Überfälle gemacht? Das war von 1995 bis 1996, während dann etwas länger als ein halbes Jahr. Du hast in einem halben Jahr sieben, wow, das ist ganz schön sportlich. Man schmunzelt jetzt über das, aber es ist eine katastrophale Zeit. Es ist wirklich, es ist sehr, also da muss, daran wird einem deutlich, wie es dir mental gehen musste, dass du das so häufig in so kurzem Zeitraum getan hast. Das ist so. Aber das heißt also, du hast die einzelne Tat begangen und wurdest nicht dafür direkt geschnackt, sondern erst ganz zum Schluss? Ja, genau. Wir haben dann auch jeweils immer die Presse verfolgt. Nach einem Überfall, da haben wir dann unsere Zeitungsartikel rausgenommen und angeschaut.
0: 28:19Und okay, die sind uns noch nicht auf der Spur. Wir haben auch einen miesen Trick verwendet. Und zwar, wir haben uns verstellt mit den Stimmen und wir haben uns muslimische Namen gegeben und haben in den Baustellen albanisches Deutsch verwendet oder balkandeutsch verwendet und so haben die Polizisten natürlich in der komplett falschen Richtung gesucht. Aber du siehst jetzt nicht gerade nach dem Phänotyp eines Arabas aus, ehrlicherweise. Wie hast du das gemacht? Früher habe ich ganz anders ausgesehen. Ich könnte dir Fotos zeigen und da war ich natürlich ohne Bart und hatte lange Haare, so lange Haare wie du und sah gut aus. Okay, also hast du dich da maskiert, wenn du das gemacht hast? Das ist richtig, ja. Wir waren alle immer maskiert, wir hatten eine schwarze Stummmaske an und haben uns dann so unterhalten und die Leute konnten nicht viel von uns selber erkennen.
0: 29:24Und habt ihr euch dann jedes Mal erstmal für einen Tag oder zwei versteckt oder wie habt ihr das gemacht? Ja, wir haben dann so eine Woche oder zwei haben wir dann Gras über das wachsen lassen, wir haben die überfälle auf ländliche institutionen gemacht weil die sind sicherheitstechnisch nicht so auf dem vorderdamm und ich habe dann auch immer bei der rekognisierung also beim vorbereiten vor auskundschaften habe ich dann immer ausgemessen wo ist der nächste polizeiposten da sind wir abgefahren und haben dann festgestellt, okay, alles was unter fünf Minuten ist, funktioniert nicht. Also wenn die Polizei gerade in der Nähe ist, dann müssen wir innerhalb von vier Minuten draußen sein. Das war so eine Regel, die wir bei jedem Überfall so genau machten. Nicht länger als vier Minuten und dann sind wir draußen.
0: 30:22Dann genau einen Fluchtweg, meistens durch Wälder oder Felderwege und dann Fahrzeugwechsel, Autonommaschilderwechsel und dann nachher Baukleider angezogen, also ganz unauffällig dann nach Hause gefahren. Warst du der Anführer des Ganzen? Ja. Wie viele waren involviert? Also im Ganzen waren wir zu viert in unterschiedlicher Besetzung bei diesen Überfällen und es waren zu meiner stande muss ich sagen alles sehr jung ich war dazu bei diesen überfällen 33 34 jahre alt und die jungen die waren so gerade um die folie richtigkeiten das ist schon sehr jung ja okay und waren sie auch
0: 31:06also waren die personen alle aus der schweiz oder einer kam aus albanien Der war aber schon vorher straffällig. Der hatte immer ein Faible für schnelle Autos. Und Geschwindigkeits-Boosten, Alkoholproblem und illegales Turning von den Autos. Und die anderen waren tatsächlich Schweizer und... Richtig. Und wie findet man so eine Gruppe? Also du kannst ja kein Inserat... Das waren alles Mitarbeiter. Ah.
0: 31:39Weil ich konnte die Löhne nicht mehr zahlen. Ich hatte ein Problem, weil ich über den Winter von 1994 auf 1995 ich konnte ihre Löhne nicht mehr zahlen, weil ich praktisch keine Aufträge hatte. Also ich die Banken wollte es mir nicht geben, also gehe ich die Banken überfallen. Und da haben alle mitgemacht? Ja, ich habe das so argumentiert wie so quasi Robin Hood Image. Wir gehen es bei den Reichen klauen und wir profitieren halt alle davon und da und die wollen mitgemacht. Du hast jetzt von den ersten beiden Stories, nenne ich es mal, jetzt berichtet. Gab es da noch welche, die ein bisschen aus der Reihe getanzt sind oder waren die alle anderen recht üblich? Ja, es hat dann auch einen Überfall gegeben bei einer Frau. Das war der letzte Überfall, der war dann sehr gravierend und diese Frau, die hat dann nach dem Überfall, die war stellvertretende Stellenleiterin und der Überfall hatte ich am Dienstag gemacht.
0: 32:55Sie hat durchgearbeitet, weil sie musste schauen, dass die Mitarbeiter, die zu traumatisiert waren, ersetzt werden. Und erst am Samstagabend hat sie Gäste erwartet und da hat sie dann während dem Kochen, ist ja alles hochgekommen, der Ehemann hat mit dem hat sie geredet drüber und auf einmal hat sie einen Hirnschlagerlitten in diesem Brunnen gelegt. Und in diesem Moment, wo sie über das Geschehen ist, über den Überfall, weil sie hatte einen unglaublichen Mut gezeigt, weil währenddessen mein Kumpel die Tresor und Schubladen leerte, habe ich die Leute bewacht, die Mitarbeiterinnen. Und sie ist dann vor meine Knarre hingestanden, ungefähr einen Meter vor mir,
0: 33:40und hat dann gezittert und gesagt, ich habe Angst, dass sie auf meine Mitarbeiter schießen, und bitte, bitte, wenn sie schießen, dann müssen sie zuerst auf mich schießen. Und ich habe gesagt, naja, wenn alle sich an die Regeln halten, dann passiert nichts. Und dann bin ich so hin und her gelaufen, und sie ist immer einen Meter vor mir auch hergelaufen. Also sie hat einen unglaublichen Mut gezeigt und ich habe mir dazu mal nach dem Überfall gesagt, wenn es einmal gibt, dann will ich mit der Frau mal auch reden und ihr für ihren Mut, dass der mir imponiert hat. Gab es diese Torte? Ja, ich habe dann während des Gefängnis eine Therapie gemacht, wo die Tat aufgearbeitet wird und da habe ich Briefe geschrieben an die Opfer, die ich überfallen habe
0: 34:30und habe mich dort entschuldigt, aber habe gesagt, so eine briefliche Entschuldigung ist für mich zu wenig, ich möchte mich den Leuten gegenüber sitzen, damit sie sehen, Auge in Auge, ich meine es ernst und das was ich getan habe, das es mir leidt. Ich habe dann aber zu dem Zeitpunkt nicht gewusst, was ihr passiert ist. Erst dann bei uns bei der Oprotheita-Gegenüberstellung ist sie da reingekommen in den Raum, in den Sitzungsraum und da ist dann, hat sie erst irgendeinen Unfall gehabt oder so irgendwas und dann hat sie dann angefangen zu erzählen, was hier passiert ist und dann ist mir klar geworden, hey, du hast nicht geschossen, du hast sie nicht mal berührt, aber du bist schuld, dass die Frau jetzt ein Krüppel ist, ein Leben lang.
0: 35:34Hattest du nicht auch in deinem Buch geschrieben, dass sie sagte, es wäre besser, wenn du geschossen hättest? Auch ja, ja, richtig. Weil sie hat gesagt, das Problem ist, wenn man einen Hirnschlagerlitten hat, dass man dann auch mit den spastischen Bewegungen permanent Schmerzen hat. Jede Bewegung ist schmerzhaft. Und sie konnte, sie hat mir dann gesagt während des Gesprächs, sie hat früher Sport gemacht, sie ist gerne Reisen gegangen und das kannte sie dann ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Sie konnte kaum sich bewegen, nach dem Hirnschlag war sie zu drei Viertel gelähmt. Und während meiner Zeit, wo ich im Gefängnis war, hat sie dann eine knallharte Therapie, schmerzhafte Therapie gemacht, damit sie es so hat mit spastischen Bewegungen können kommen und mir ist dann bewusst, das hast du gemacht und das war dann für mich sehr erschütternd.
0: 36:31Wie ging es dir mental damit? Also wie bist du damit umgegangen, als sie dir gesagt hat, ich wünsche du hättest mich erschossen? Ja, ich konnte es nachvollziehen, weil ich habe ja gesehen wie sie da sitzt und wie sie Schmerzen hat und sie hat es auch gesagt und Und was sie noch gesagt hat, ist, ich wollte eigentlich, dass Sie genauso sterben wie ich. Dass Sie schmerzvoll keinen schnellen Tod haben, sondern ich möchte, dass Sie schmerzhaft sterben, dass Sie das durchmachen müssen, was ich durchgemacht habe. Das hat sie mir dann gesagt. Sie wünschen mir den Tod. Und wie hat sich das angefühlt?
0: 37:07Ja, ich habe es nachvollziehen können, aber ich war total hilflos, bin da mit Händeringen auf dem Tisch gesessen und habe nur noch sagen können es tut mir leid und habe da gestammelt und da war also da war wirklich ich war hilflos in der Situation war ich auch hilflos. Wie geht es dir heute mental damit wenn du darüber nachdenkst und sprichst? Ich hatte lange Gefühle auch mit dem ersten Überfall den ich erzählt habe mit dem kleinen Mädchen weil mit dieser Familie habe ich dann auch noch später mal geredet, weil da ging dann auch die Post ab bei dieser Familie nach dem Überfall. Da habe ich mir sehr große Schuldgefühle gemacht. Weil dank der Therapie, der wichtigste Inhalt der Therapie ist ja der, dass man wieder Empathie für die Menschen empfindet.
0: 37:56Das, was man Gewalt an Menschen antut, dass man lernt wieder mit dem umzugehen, sich einfühlt in andere Menschen. Das lernt man als Krimineller, lehnst du das ja ab. Und die Therapieinhalt ist ja das, dass damit du nicht mehr rückfällig wirst oder dass du nicht mehr gewalttätig wirst, musst du wieder empathiefähig werden. Und ich habe ja schon eine Empathie gehabt, weil ich liebte meine Kinder. Naja, aber du hast nur Empathie für die nahestehende Personen gehabt hat. Ganz genau. Und es geht in der Therapie darum, dass man lernt, sich in andere Menschen hineinzufühlen. Das ist der wichtigste elementare Schritt und dazu hilft eben die direkten Opfertätergespräche, weil dann erfährt man eins zu eins, was ist dem Opfer passiert, was hat es gedacht, was für Ängste hat es gehabt und so weiter. Und da weiß ich, also die Therapie war für mich ein netter, totaler Erfolg, weil die Therapeutin,
0: 38:54die war eine knallharte Frau, die hat mir richtig an die Ohren gezogen. Das, mit dem habe ich dann gelernt, dass ich nie mehr nochmal straffällig geworden bin. Dank dem. Und wenn man heute wiederum viele, viele Berichte liest von Leuten, die wieder rückfällig geworden sind und so weiter, da ist Erkenntnis von davon, dass diese nicht bereit waren, eine Therapie zu machen, um die Empathiefähigkeit wieder zu erlernen. Du hattest gerade schon von dem Mädchen erzählt und du hast erwähnt, dass du auch noch mal Kontakt zu der Familie bekommen hast, gesucht hast. Ja, also ich bin mal kurz Also kurz unterbrochen waren, ich wollte noch erzählen, während dieser ganzen Szene, da ist
0: 39:45die Mutter vor mir hingekniet und hat gebettelt, dass ich die Kleine loslasse, wo ich mit den Haaren gepackt habe, mit den Knarren an der Schleife hatte und sie zitterte und weinte, der Meck up hat sich verschmiert, Gliedschatten hat sich verschmiert, sie zitterte und flehte mich an, bitte machen sie ja nichts. Und das Bild ist mir noch voll präsent. Und da hast du null Gefühle. Null Gefühle. Und das ist das Schlimme, wenn man eben als Verbrecher unterwegs ist. Und dieses Mädchen hatte nach diesem Überfall, sie war damals fünfjährig, hatte alle feste Nahrung verweigert. Sie hat nur noch Brei und Flüssigvorn gegessen. Und sie hat das mitgenommen bis in die Pubertät. In der Pubertät hat sie eine schwere Magersucht, an der sie fast gestorben ist.
0: 40:34Sie ist dann mit 15, 16 in eine Spezialklinik gekommen. Dank dem dort hat sie dann überlebt, hat dann später eine kaufmännische Ausbildung gemacht, eine Kauffrau-Ausbildung. Und das Beste an dem Ganzen ist gewesen, ich habe ja mit dem Vater ein langes Gespräch nach dem Gefängnis geführt und ihm habe ich dann gesagt, ein Angebot gemacht, wir können auch öffentlich auftreten, wenn es darum geht, den Opfern mehr Stimme zu geben und ich bin bereit als Täter auch vor dem Bildschirm oder vor dem Mikrofon zu stehen, was habe ich der Familie angetan und er als Opferfamilie erzählt, wie es der ganzen Familie
0: 41:13ergangen ist. Und wir haben dann diese Aktion auch in den Gefängnissen gemacht, Opfer-Täter-Gespräch, da haben wir lauter Inhaftierte, so ungefähr zehn Inhaftierte gehabt, die sind dann im Kreis da gesessen mit dem ähnlichen Verbrechen und er hat dann erzählt, wie es gegangen ist und er hat dann das so authentisch erzählt, da zittern die Lippen oder die Händen, wenn er sich da wieder zurückbegebt und das kommt so gut rüber, dass dann nachher die Jungs gemerkt haben, hey, sie haben dann den Link zu ihren eigenen Verbrechen gemacht. Was habe ich dazu an meinen Opfern angetan? Kann ich mit meinen Opfern darüber reden oder kann ich überhaupt Mitgefühl für meinen Opfer entwickeln und um das ist es gegangen. Und der P****** heißt er, er ist leider inzwischen verstorben an einer seltenen Erkrankung, ist dann vor vier Jahren noch zu mir gekommen und hat gesagt, hey meine Tochter, die Sandra hat es
0: 42:16endlich geschafft. Und dann habe ich gesagt, der hat sie die Magersucht überwunden. Da hat er gesagt, mit dem kämpft sie noch, aber sie ist jetzt Polizistin geworden, Buch dazu typen, wie die ich jetzt einkaufe. Und da haben wir gewusst, okay, ja, das ist ein guter Ansatz. Und ich hoffe, dass für sie, sie hat zwar, ich habe persönlich mit ihr auch mal ein Gespräch gehabt, und sie kann sich zwar nichts mehr erinnern, das geht dann ins Unterbewusstsein, das verdrängst du, weil das sehr schlimm ist für ein kleines Kind, damit du überhaupt weiterleben kannst. Aber gewisse Zusammenhänge, wie sie dann später ihr Leben und ihre Probleme bewältigt, kommt immer wieder hervor. Aber jetzt hat sie es mit
0: 43:10dem, dass sie jetzt Polizistin ist und sie ist Hundeführerin, die hat einen riesen Schäfer bei sich immer. Sie ist eine ganz tierliche Person. Und das ist okay. Das ist gut so. Hast du heute noch Kontakt zu deinen Opfern? Ein Teil von meinen Opfern, ja. Richtig. Ich habe ja viele kontaktiert gehabt. Es ist ja nicht nur positiv aufgenommen worden. Da hat man einen Brief geschrieben, hey du Arschloch, du hast mein Leben versaut und verkriecht dich in dein Drecksloch, was du eben rausgekrochen bist, das und so Sachen.
0: 43:41Und dann habe ich gesagt, okay, das gehört dazu. Also das war auch ein Teil von der Therapie, die ich damals im Gefängnis gemacht habe. Du hast schon erzählt, dass deine Therapeutin dir sehr geholfen hat. Gab es noch weitere Leute im Gefängnis oder in der Institution, in der du da warst? Ja, richtig. Also der Türöffner war eigentlich der Gefängnispfarrer. Er war katholischer Pfarrer und der hat etwas ganz Wichtiges gemacht. Er hat mir auch den Glauben wieder näher gebracht, den christlichen Glauben.
0: 44:12Und was er aber gemacht hat, er hat mich missioniert. Er hat drei Worte gesagt, die der Türöffner waren. Und darum sage ich allen Christen, missioniert nicht, also vor allem nicht bei den Inadvierten. Seine Worte waren, wie geht es dir? Und es ist mir sauschlecht gegangen im Knast. Praktisch alle leiden ja darunter, viele haben depressive Schwankungen und auch Suizidgedanken und so weiter. Und meine Kinder litten, weil in der Schule, wo sie gingen, da war bekannt, dass sie einen Papa haben, der ist ein Krimineller im Gefängnis und da sind die gemobbt worden und geplagt worden und das ist... Und es hat mich zerrissen.
0: 44:59Was haben meine Kinder denen Leute angetan, dass sie jetzt so fertig gemacht haben? Ich war das Arsch, wo die einen Scheiß gemacht haben, nicht meine Kinder. Und ich wäre am liebsten davon gelaufen, beziehungsweise wäre ich in den Schulen gegangen und hätte eben diesen einen Löffel gegeben, lasst meine Kinder in Ruhe. Aber das habe ich nicht können, weil ich war inhaftiert. Und das hat mich völlig fertig gemacht, dass ich meine eigenen Kinder nicht schützen konnte. Hat es die Beziehung zu deinen Kindern auch beeinflusst? Ja, also ich hatte immer eine gute Beziehung zu ihnen, auch heute noch. Und wir sehen uns oft, also sicher jeden Sonntagabend treffen wir uns im Internet,
0: 45:43aber man kann sagen, ein bis zwei Monate gehen wir irgendwo schick essen oder gut essen oder sie kommen auch hierher und dann mache ich etwas, Brathändchen oder so und das lieben sie dann. Aber gab es auch eine Zeit, wo deine Kinder dich vielleicht gemieden haben? Nein. Gar nicht? Nein. Also jetzt kommen kritische Gespräche und berechtigte kritische Gespräche, weil jetzt sind sie alle mit 30 und gehen schon auf die 40 zu, die Ältesten, und die haben kritische
0: 46:18Fragen von da zu mal, was passiert ist, und die sind berechtigt. Und dadurch, weil ich A, meine Therapie gemacht habe, später selber eine pädagogisch-therapeutische Ausbildung auch absolviert habe, kann ich das auch sehr gut nachvollziehen. Und es sind berechtigte Fragen, die ich offen und transparent kläre. Deine Enkelkinder wissen die auch davon? Das überlasse ich meinen Kindern. Das ist in der Verantwortung meiner eigenen Kinder. Aber es ist noch nicht passiert aktiv? Glaube ich nicht.
0: 47:02Aber ich denke, wenn Sie selber dann in die Pubertät kommen, von dem hören, weil ich bin doch auch hier in der Schweiz in den Medien präsent, weil ich auch viele Vorträge halte und so weiter. Und da kann es gut möglich sein, dass sie dann auch von dem erfahren und da bin ich immer bereit, Hand zu bieten, klären und ihnen erklären, was ihnen passiert und ähnlich wie ich es jetzt hier versuche zu erklären, was ist mit mir passiert, dass ich so zu sowas fähig war und was kann man machen in Zukunft, dass so etwas nicht mehr passiert und das würde ich auch meinen, sei es mit meinen Kindern, so wie auch mit den Enkelkindern, würde ich immer gleich machen.
0: 47:41Du hattest gerade vom Gefängnispfarrer gesprochen. Was hat der Glaube mit dir gemacht? Ja, der Glaube ist eigentlich so etwas, also wenn man jetzt den christlichen Glauben nimmt, ist er einer von den Grundhaltungen der Bibel. Die Bibel hat mit den zehn Geboten, das ist eigentlich ein universelles Gesetz von diesen zehn Geboten, wo man sich dran halten sollte und du sollst nicht stehlen, du sollst nicht lügen, du sollst nicht begehren das Gut eines Nächsten oder die Frau eines Nächsten und so weiter. Das sind ganz wichtige soziale, eigentlich erste soziale Richtlinien, wo man miteinander einigermaßen klarkommen könnte. Und das hat er mir eigentlich vermittelt, aber das ist erst viel viel später gekommen. Die Anfänge waren da, wo er mir gesagt hat, was du sägst, wirst du ernten. Und du hast Gewalt gesät und du hast jetzt Staatsgewalt geerntet,
0: 48:38bist jetzt im Gefängnis und du kannst das Beste aus dem Ganzen machen. Es gibt auch so eine Bibelstelle, wo man zum Beispiel viel Mist machen kann, aber mit Mist kann man etwas wachsen bringen, was wieder Gutes rausbringt. Und das liegt jetzt an dir, den Entscheid zu fällen, willst du aus dem wieder etwas Gutes machen. Und eben, was du selbst wirst ernten, das war ein wichtiger Punkt, weil er hat mir dann gesagt, schau, tu Gutes und in irgendeiner Form kommt Gutes wieder zurück. Und ich habe dann nachher eben zuerst gesagt, hey du bist Pfarrer, du musst das erzählen, was will ich da in Knast Gutes machen, da spinnt einer nach dem anderen, da hat er irgendeinen psychischen Knacks, da kannst du nichts Gutes machen, du musst vorsichtig sein, dass du nicht in irgendwas reingezogen wirst. Und trotzdem hat er gesagt, tu Gutes. Und das hat sich
0: 49:29dann ergeben, dass dann Umweltkatastrophen stattgefunden haben, 1999 war das, da hat es drei Dinge gegeben. Das eine im Juni hat es Überschwemmungen gegeben. Es hat den ganzen Juni geregnet. Der Bodensee ist über die Ufer. Und da habe ich dann die Idee gehabt, weil innerhalb vom Gefängnisbetrieb bin ich in den, bin ich aufgestiegen in der Hierarchie, beziehungsweise ich war auch im Insassenrat. Und da hatte ich die Idee, hey, wir könnten auch helfen, Sandsäcke abfüllen und Sandsäcke stapeln. Und so sind wir dann nach Rorschach gefahren worden. Das haben wir dann dort gemacht. Und das war eine super Sache. Und da habe ich dann viele von den Mithilflingen engagieren können. Dann hat es auch den Sturm Lothar gegeben. Der war dann im Dezember 1999.
0: 50:24Und da haben wir geholfen, Wälder aufzuräumen, weil das ganze Wälder hat sich umgeknickt. Und dann Lawinenwinter hat es gegeben, und da waren aber nur noch wenige dabei. Aber das ist jetzt ein Teil von der guten Sache. Und was positiv war, es kamen sehr viele gute Rückmeldungen zurück. Und wenn ich es jetzt ganz abgekürzt erzählen will, ich habe auch ein Bild gemalt mit meinen Händen an Gitterstäben. Und zwar dieses Bild ist ausgewählt worden. Das hat eine unglaubliche Auslösung. Mein Pfarrer hat das Bild gesehen und hat gesagt,
0: 50:59weißt du was, das Bild verwenden wir für einen Spendenaufruf und zwar für Familienangehörige von Inhaftierten, die in finanzielle Not gekommen sind. Weil wenn der Vater oder der Bruder oder der Onkel oder weiß Gott was, der die Familie finanziert hat, nicht mehr da ist, kommen die alle in eine finanzielle Not. Und diese Einrichtung hat das Geschenknis angeboten. Und da hat es eine Versand gegeben, da ist ganz viel Geld da reingekommen, dass Familie und Angehörige unterstützt werden.
0: 51:27Aber dieses Bild hat dann nachher ein vermögender Geschäftsmann aus Würzendum-Lichtenstein gelesen und hat gesagt, das gefällt mir. Der hat ein eigentümliches Hobby gehabt, er hat altgriechische Gedichte gemacht und ihm ist da auf das Bild, ist da ein Gedicht eingefallen und dann hat er angefragt bei meinem Gefängnisdirektor, ob er das Bild kaufen könnte. Und da komme ich auf einen anderen Punkt noch ganz kurz ausholen müssen, der Pfarrer hat gesagt, es gibt keine Zufälle. Es ist immer ein gottgewolltes Zufallen und wir Menschen entscheiden, machen wir das oder machen wir es nicht. Wir stehen immer auf einem Scheideweg und ich bin auch auf einem Scheideweg gestanden, dass ich die Verbrechen mache oder
0: 52:17nicht und ich habe es gemacht und muss immer die Konsequenzen aus jedem Handeln muss man tragen. Und er hat dann gesagt, Zufälle sind auch Menschen. Uns fallen Menschen zu, mit denen können wir zusammenleben, zusammenarbeiten oder wir können ihnen aus dem Weg gehen oder ablehnen. Und der Gefängnisdirektor, der war zuerst mein Sozialarbeiter. Der ist ganz frisch von der Sozialarbeiterschule gekommen. mich ausgetauscht und der war per Zufall früher Pastor in Chur. Das ist da in der anderen Ecke von der Schweiz im Bündnerland, Kaupüngen. Und er hat dann da die Sozialarbeit gemacht. Und da habe ich ihn zuerst so schmunzelt angesaut und er sagt so,
0: 53:02so waren die Chäfchen in Chur zu brav und jetzt wollt ihr mit dem bösen Bogen spielen. Und da haben wir geschmunzelt. Aber dieser Mann, der ist dann Direktor geworden und der hat mir dann sehr geholfen. Und das ist mir dann später klar geworden, auch die Therapeutin. Die Therapeutin war eine taffe Frau und ich habe sie mal so beleidigt, bzw. sie hat mich provoziert. Ganz am Anfang von der Therapie hat sie mir gesagt, ich beweise Ihnen, dass Sie eine feige Sau sind. Und mir sagt auch keiner, ich bin eine feige Sau, hallo, schau es mich an. Und dann bin ich aufgestanden, da habe ich gesagt, ich schlage einen runter oder ich packe sie wie am Rutsch und knall sie an die Wand. Das ist Scheißtherapie.
0: 53:54Und dann sagt sie, sie hören nur das, was sie hören wollen. Also das ist ein selektives Hören. Und ich habe nur gehört, du bist eine feige Sau, aber sie hat gesagt, sie war dazu mal eine feige Sau und hat einen Bezug vor allem zu den Kindern genommen, die ich als Geißeln genommen habe und ich habe das nicht vertickert und habe dann ihr baldamt gedroht und dann wo ich rauslaufe und habe gesagt, sie schlampe mit ihnen, will ich nichts zu tun haben und gehe raus und sie ruft mir nach, bevor ich die Tür zuschlage und davonlaufen tun sie auch noch. Ich war stinke Sau, ich wollte nie mehr mit ihr reden und der Pfarrer, Georg Schmucke, der hat mir gesagt, du musst eine Therapie machen, ich bin Seelsorger, aber du hast ein Problem mit
0: 54:37deiner Aggression, du brauchst eine Therapie und er hat eigentlich, er war schuld, dass ich zu ihr kam und das Beste war dann, die nächste Begegnung musste mich entschuldigen, da hat sie gesagt, drei Dinge will ich hören. Sie haben mich mit Gewalt bedroht. Wenn Sie das noch einmal machen, wenn Sie noch einmal das machen, gehe ich direkt zur Direktion und Sie haben ein One-Way-Ticket in ein Hochsicherheitsgewängnis. Das zweite ist, Sie haben mir schlampe gesagt. Geht es Ihnen eigentlich? Das ist sexistische Beleidigung. Was soll das überhaupt? Ich bin verheiratet mit einem evangelischen Pfarrer. Ich bin auch gläubig, aber wir werden das in der Therapie nie verwenden. Aber das, was Sie gemacht haben, das ist unter aller Sau.
0: 55:20Und ich bin da immer kleiner geworden in meinem Stuhl. Und das Dritte hat sich gesagt, was wollen wir erreichen mit Ihnen? Was soll die Therapie? Und das war dann nachher der Vertrag, den ich mit ihr gemacht habe. Ich will meine Aggression in den Griff kriegen. Und das war dann eine sehr gute Zusammenarbeit. Vier Jahre lang bin ich da freiwillig zu ihren Therapie gegangen, auch wenn sie mir wirklich manchmal an der Nase langgezogen hat. Aber sie hat mir beigebracht, was das heißt mit Emotionen, mit Wut,
0: 55:53Aggressivität, mit Depressionen, wie gehe ich mit dem um, was kann ich machen, dass ich das in den Griff kriege. Und das ist ein Prozess der geht weit in ein paar Monate. Da trainiert man zwei, drei, vier Jahre lang und sie hat mit den Dars beigebracht, was ich heute als Sozialarbeiter mit meinen Jungs mache. Wie lange warst du insgesamt im Gefängnis? Sechs Jahre. Neun Jahre bin ich verurteilt worden, wegen ein Drittel wurde mir wegen guter Führung erlassen. Wie war denn der Moment in dem du festgenommen wurdest? Wie wurdest du erwischt? Ich wurde erwischt wegen meinen Kids. Ich hatte eine deutsche Freundin in Wiesbaden. Ich war eigentlich mehrheitlich bei ihr und ich hatte ein Wochenende vereinbart mit meiner Ex-Frau, dass ich die Kinder am Wochenende übernehme. Und da bin ich zurückgekommen und da haben die
0: 56:47Polizisten mich geschnappt. Das war eine Eliteeinheit, weil die haben gewusst, wer ich bin. Die haben gewusst, dass ich spezielle militärische Ausbildung habe, dass ich Kampfsportler bin. Die haben alles gewusst und da hat die Eliteeinheit mich dann auch Hubs genommen. Aber woher wussten sie, dass du du bist? Telefon, abhören. Aber es ist okay, es ist richtig, sie haben nur ihren Job gemacht. Und das möchte ich noch erwähnen. Viele Inhaftierte, die klagen über die Polizisten, über den ganzen Justizapparat, sie schimpfen und machen und pflegen ihre Feindbilder. Als ich verhaftet worden bin, habe ich eigentlich beobachten können, was ich in meinem Militärdienst gelernt habe. Ich musste auch Ordnungsaufgaben in dieser Eliteeinheit übernehmen müssen. Gefangene behandelt?
0: 57:41Ich erlebte das nie, was ich früher trainiert habe. Und die Polizisten haben sich erst, es war rupfig die Verhaftung, weil sie wussten nicht, ob ich mich wehre, aber nachdem sie gesehen haben, dass ich mich kooperativ zeige, haben sie mich immer anständig behandelt. Und da habe ich dann immer wieder den Inhaftierten gesagt, wie bist du mit den Leuten umgegangen? Hast du sie beschimpft oder weiß Gott was. Das habe ich nicht gemacht. Darum sind sie aber auch anständig zu mir gewesen. Würdest du sagen eine Resozialisierung im Gefängnis ist schwierig? Sehr. Wieso? Das hängt immer darauf ab, wie einer bereit ist an sich zu arbeiten.
0: 58:16Die Gefängniszeit ist eigentlich die beste Zeit um an sich zu arbeiten, aber das ist ja die schwierigste Arbeit, eine Verhaltensänderung an sich zu ändern lernen. Und viele machen das ja nicht, weil sie suchen die Schuld immer woanders. Und das ist das große Problem. Man muss eine Bereitschaft zeigen an sich zu arbeiten, um sein Verhalten zu ändern, um gewisse Reaktionen in besseren Griff zu bekommen, weil sonst wirst du wieder rückfällig. Viele berichten auch darüber, dass die Gefängniszeit besonders schwer ist. Würdest du das unterschreiben? Ja, jede Art von Inhaktierung ist schwer, weil du bist ausgeschlossen von der Gesellschaft, du kannst deine Familie nicht sehen und so weiter. Und das ist ja ein persönlicher Schritt,
0: 59:04was schwer ist. Meine Mutter hat mich fast jede Woche besucht, als ich im Untersuchungshaft war. Es ist ja, die Justiz ist ja in zwei verschiedenen Ebenen. Der eine ist der Untersuchungsbereich und da gehst du meistens in Isolationshaft, weil das du nicht absprachen kannst mit Außenführung bis der Untersuchungsbericht fertiggestellt ist. Und danach kommst du in einem Spazierhof spazieren. Meistens, also ich bin in verschiedenen Gefängnissen dazu mal gewesen, weil ich an verschiedenen Orten ja die Verbrechen gemacht habe. Und da hat es ein Gefängnishof, der ist nicht größer als dieser Raum hier, oder es hat dann auch wesentlich größere gefängnishöfe oder nachher viele andere hin daftiert der hat und dort habe ich dann gemerkt da hat es wirklich sehr sehr kranke menschen
1: 00:13drunter also die sind wirklich nicht nur verhaltensauffällig das sind psychopathen gab es eine hierarchie ja es gab eine hierarchie also diejenigen die gewaltverbrechen verbringen und die sind weiter oben, Leute die Vermögensdelikte bringen, die sind weiter unten, obwohl die am besten leben, im Grunde genommen. Und dann gibt es dann die Sexualstraftäter und Pädophilen, die zu uns sind. Wie war für dich der Moment, als du entlassen wurdest? Genial. Ich hatte das unglaubliche Glück aufgrund meinem Engagement, wo ich vorher erzählt habe, dass wir da Wiedergutmachungsleistungen brachten, indem wir bei der Umweltkatastrophe geholfen haben. Da hat sich dann ein Journalist mit mir in Verbindung gesetzt, dessen Frau ist Töpfermeisterin und die arbeitete innen im Gefängnis drin und die hat dann ein bisschen
1: 01:18meine Geschichte erfahren, hat sie ihm erzählt, dass ich mich sehr für die Wiedergutmachung engagiere und der hat dann auch einen größeren Artikel geschrieben über Sinn und Zweck von der Wiedergutmachung und hat uns dann auch eingeladen in die Redaktion, den Lesern Fragen, die sie gestellt haben, beantworten können. Und das war sehr spannend. Und das war dann auch der Startschuss, dass ich in den journalistischen Bereich einsteigen konnte. Und ich habe ihn gefragt, der könnte mir gut vorstellen, weil ich in Hochdeutsch aufgewachsen bin, meine Schrift kann ich sehr gut schreiben und so weiter und dann hat er mir gefragt, ob ich einen Text könnte schicken, eine Geschichte, eine Story aus dem Gefängnis, habe ich gemacht und da hat er gesagt, okay,
1: 02:08es braucht ein journalistisches Format und er müsste eine Journalistenschule machen und dann habe ich gedacht, okay, ja, 20.000 Franken kostet eine Journalistenschule und ich bin überschuldet, über eine halbe Million Schulden. Und dann ist dieser Geschäftsmann, der ein Bild abkaufen wollte den fragte ich könnte ich könnte er mir weil die banken die wollten sowieso ich als bankräuber ich bin nicht kreditwürdig das war so ein junger lasch, so ein schlipsträger und so eine interessante geschichte die sie mir da erzählen und so ein schleimiges Ding und ich hätte gerade können würgen, habe es natürlich nicht gemacht aufgrund meiner erfolgreichen Therapie und danach bin ich rausgegangen und habe gewusst, da kriege ich nichts und dieser Geschäftsmann, den habe ich angefragt, ob er mir ein Darlehen könnte geben
1: 03:08und der hat es gemacht, beziehungsweise hat er dann mit dem Direktor ein Gespräch geführt mit dem Gefängnisfahrer und dann hat er mir gesagt, schauen Sie, da haben Sie den Darlehensvertrag, da bin ich nach Triessenberg, das ist ein Dorf, ein größeres Dorf, auch im Berg, in Fürstentum Liechtenstein, wo du das ganze Rheintal überblicken kannst und dort wohnen die Bonzen von Fürstentum Liechtenstein. Also eine Villa nach der anderen wunderschön hat er mich eingeladen dort habe ich dann den vertrag gelesen und unten steht dann drauf ich habe den französischen fensterplatz gehabt was heißt das und er sagt sie brauchen es nicht zurückzahlen dann nicht warum macht er das und da schauen sie ich habe mit dem gefängnisdirektor geredet und der hat gesagt, hey, der Rudi Sauber, der packt's, der macht's, der hat eine gute Entwicklung gemacht.
1: 04:11Und dann habe ich mit dem Gefängnisbauer geredet und der hat gesagt, ja, den Rudi Sauber würde ich die Hand ins Feuer legen, der schafft's. Und dann hat er gesagt, dann möchte ich auch was Gutes tun und jetzt diese Tale ins Vertrag. Wenn sie Zeit und Lust haben, können sie an meinem Haus etwas malen oder etwas auspressen oder renovieren, je nachdem. Und so ist er dann gekommen. Ich bin dann mit dem Vertrag zurück, habe dann auf meinen Pfarrer Georg Schmucki gewartet und habe gesagt, hey, ich habe eine Zukunft. Ich kann die Journalistenschule besuchen und ich kann nach dem Knast gerade als Journalist anfangen. lächelt mich an, er sitzt da auf meinem Bett in meiner Zelle und sagt dann siehst du das ist Saat und Ernte. Und da ist dann für mich klar geworden, hey, es gibt gewisse Realitäten, die unsere christliche Religion vorgegeben hat,
1: 05:06dass wir, dass die Realitäten tatsächlich umsetzbar sind. Man muss es auch wollen. Eine sehr berührende Geschichte. Mich würde jetzt noch interessieren, was machst du heute beruflich? Heute? Ja, ich habe dann später, habe ich ziemlich starke Rückenprobleme bekommen und habe dann nicht mehr als Journalist arbeiten können. Hatte eine Operation und dann viele Komplikationen, war gesundheitlich mehr als zwei Jahre weg vom Fenster. Und dann hatte ich einen Kollegen, weil schon während der Gefängniszeiten bin ich angefragt worden von den Kirchen, Kirchgemeinden oder auch von Schulen, ob ich ein Protokoll halten könnte über mein Leben. Und das habe ich dann dort gemacht. Und einer von diesen Diakonen, der hat mir gesagt, hey Rudi, du kannst es so gut mit
1: 05:56den Jungen, du kannst es so gut erklären, dass sie es nachvollziehen können, mach doch eine pädagogische Ausbildung. Und ich, was soll ich machen, so schwierig und auch das kostet 20.000 Franken mindestens. Und was ist, ich treffe wiederum Zufälle, es gibt keine Zufälle, aber es fällt mir ein Mensch zu, der mir sagt, ich finanziere dir die Ausbildung. Und das ist auch ein Christ gewesen, ein aktiver Christ. Und ich will die Christen nicht über alles beloben, weil es gibt Christen und Christen, es gibt Ausschläge von Christen auch. Aber es waren viele Menschen da, denen ich es zu bedanken habe, dass ich dann eine sozialtherapeutische Ausbildung habe können machen. Und heute bin ich Sozialarbeiter. Ich arbeite in sehr, sehr schwierigen, gewalttätigen Parks, also gerade in Basel, da hat es vor allem arabische Migranten, die höchst auffällig sind, hoch
1: 06:57aggressiv sind, großes Suchtpotenzial haben und da ist meine Aufgabe von der Stadt Basel aufgetragen worden, deeskalierend einzugreifen. Also ich bin da in dem Sinn sehr transparent, was ich früher gemacht habe, dass ich auch mal im Knast war. Es ist, wie soll ich sagen, es ist eine sehr dankbare Aufgabe, wenn sie auf dich eingehen und du auf Es ist manchmal halt, die Jungs sind in einer Mühle drin, wo Armut geprägt ist, wo Sucht geprägt ist und wo sie selber nicht rauskommen oder nicht mehr rauskommen wollen. Und trotzdem haben sie irgendwie einen Platz auf der Erde. Und sie sind jetzt halt da und mein Job ist, mit ihnen umzugehen. Und das mache ich mit Leidenschaft.
1: 07:57Ich werde rein theoretisch jetzt pensioniert werden, aber ich mache das zwei, drei oder vier Jahre länger, wenn das meine Gesundheit ist. Was wünschst du dir für deine Zukunft? Meine Zukunft? Ich würde gerne ein Lotto-Million haben, weil ich habe immer noch Schulden. Dadurch lebe ich eigentlich im Existenzminimum, jetzt seit mehr als 30 Jahren nach dem Gefängnis. Mein Traum wäre, in dieser sozialen Arbeit, ich würde gerne ein Wohnmobil, also ein Sozialmobil würde ich gerne kaufen, also ein Wohnmobil umbauen in ein Büro, weil viele haben große Hemmnisse vor den Behörden. Und man muss einmal halt zu den Leuten zugehen und im Winter ist es saukalt und wenn es regnet und so weiter und dann kannst du die Leute zu einem Kaffee im Wagen einladen und dann kannst du auch auf dem Computer grad sofort Anträge an Behörden schreiben
1: 08:59oder wenn sie Asyl beantragen wollen oder wenn sie irgendwelche medizinische Hilfen braucht. Ich bin Sozialarbeiter und habe die Verbindungen und kann dann ihnen so helfen. Das wird auch sehr geschätzt von den Jungen. Aber so ein Sozialmobil lässt sich nicht so schnell und mit dem Umbau wird wahrscheinlich um die 50-60.000 Franken kosten und das habe ich bis jetzt halt nicht geschafft. Aber es wäre ein Traum, weil ich kann mir nicht vorstellen in Pensions gehen, weil das ist meine Leidenschaft, die Arbeit mit den Leuten, die an den Rand von der Gesellschaft gehen und wenn ich da einen christlichen Bogen will machen, der Jesus Christus, wo er früher mal gelebt hat, der hat eins gemacht, der ist immer genau zu den Menschen gegangen, die am Rand von der Gesellschaft leben. Er hat immer die aufgesucht, die Aussätzigen, die Kriminellen, er ist immer zu denen gegangen.
1: 09:50Und einmal hat er ja gesagt zu seinen Jüngern, ihr habt mir etwas zum Ankleiden gegeben, ihr habt mir ein Dach über den Kopf gegeben und ihr habt mich im Gefängnis besucht. Und da sagt Jürgen, nein das haben wir nicht gemacht. Und dann sagt er ihnen, was ihr an meinen geringsten angetan habt, das habt ihr mir angetan. Und das ist etwas, was in mir jetzt auch drin ist, weil ich bin am Rand von der Gesellschaft gewesen und ich weiß wie es ist. Wie dreckig das ist, wie Menschen dich behandeln können und darum arbeite ich ja auch mit den Leuten. Also nicht nur aus Überzeugung, sondern eigentlich aus menschlicher Überzeugung, mithühlend, Empathie. Das, was ich früher nicht hatte, das habe ich jetzt genug. Schön, danke dir, danke dir, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast. Danke Rudi und wir wünschen dir alles, alles Liebe und alles Gute für deine Zukunft. Danke, danke. Hier noch eine Anmerkung, wenn du von den besprochenen Themen betroffen bist oder Unterstützung benötigst, bitte zögere nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
1: 10:55Hole dir Unterstützung bei professionellen Hilfeeinrichtungen oder dir vertrauten Personen. Bis zum nächsten Mal bei Von Bohne zu Bohne. Du wirst selbst bei uns dabei sein? Dann melde dich auf unserer Website oder unserer Social Media.
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