Trans - zu schnelle Diagnose und seine Folgen #14 Ellie
Shownotes
In unserer heutigen Folge geht es um Ellie, sie fühlte sich im Körper gefangen und wagte den Schritt der Transition – nur um festzustellen, dass ihr wahres Problem woanders lag. So fand sie ihre tatsächliche Wahrheit in der Detransition.
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Transkript anzeigen
0:00:00Stell dir vor, du kommst in einen Raum, vor dir sitzt ein Mensch und du hast keine Ahnung, wer das ist. Das passiert mir in jeder Folge bei unserem Podcast von Bohne zu Bohne. Mein Name ist Charlotte und ich weiß vorher nichts über unsere Gäste. Kein Name, keine Information, keine Themen. Also werden meine Fragen auch deine Fragen sein. Ich bin Sanja und ich suche die Gäste. Hier achte ich darauf, dass es Menschen mit spannenden Persönlichkeiten und faszinierenden Erlebnissen sind. Und genau die wollen wir mit euch teilen.
0:00:31Bist du bereit, gemeinsam mit Charlotte neue Geschichten kennenzulernen? Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge. Mein Name ist Charlotte. Mein Name ist Sanja. Mein Name ist Elli und ich bin detrans. Hi Elli, herzlich willkommen in unserer Sendung. Sehr, sehr spannend. Tatsächlich habe ich mir
0:00:45jemanden gewünscht, mit jemandem zu sprechen, der über dieses Thema sprechen kann. Deshalb bin ich sehr gespannt auf deine Geschichte. Wo beginnt deine Geschichte? Zehn Jahre, elf Jahre in etwa. 2013, wo ich mehr oder weniger entschieden habe, oder was heißt entschieden habe, aber wo ich mich als trans geoutet hatte damals und eine Transition gemacht habe. Zu welchem Geschlecht? Von Frau zu Mann.
0:01:22Und die nach ungefähr zwei, zweieinhalb Jahren wieder abgebrochen habe oder aufgehört habe und rückgängig gemacht habe und halt jetzt wieder als Frau lebe, wie vorher auch. Wie weit fortgeschritten war die Transition? Ist das so?
0:01:38Ja, schon sehr. Also ich habe eine Namensänderung gehabt und Hormone genommen über diese zwei Jahre und mehrere Operationen gehabt. Also ich hatte eine Mastektomie und eine Hysterektomie, also Uterus und Eierstöcke raus. Okay. In welchem Zeitraum ist das abgelaufen?
0:01:55Also gerade die ganzen Operationen, sind die ziemlich zeitnah aneinander gewesen? Ja, also ich habe im März 2013 mich geoutet sozusagen, also da ging es los und habe dann direkt im selben Monat schon Hormone bekommen und ein halbes Jahr später war die Namensänderung durch und ein Jahr später waren dann auch die Operationen durch. Darf ich fragen, wie es dazu kam, dass du dich überhaupt zu trans geoutet hast? Im Grunde kam es daher, dass ich schon immer Körperdysphorie hatte.
0:02:34Was heißt schon immer, aber einfach schon seit meiner frühen Jugend, späte Kindheit, da so um den Dreh. Was sich dann im Laufe meiner Jugend und des Heranwachsens dann mit Depressionen noch verbunden hat. Und das alles irgendwie aufeinander kam und ich einfach nie so wirklich zufrieden mit mir selber und meinem Körper war und auch nie wirklich
0:02:58feminin war, sondern eher, ja, maskulin kann man auch nicht sagen, aber halt bequem. Ja, also einfach, ich habe jetzt nie mit Make-up zu tun gehabt, weil es mir einfach viel zu anstrengend war. Und auch so, also es war, ich würde das mal sagen, nicht mal wirklich irgendeine bewusste Entscheidung, dass ich gedacht habe, ich finde Kleider voll scheiße, sondern einfach eher, ich finde einfach T-Shirt und Hosen gemütlicher und deswegen war das halt so meine Wahl. Und so auf die, ich sag mal, Idee, dass ich trans sein
0:03:33könnte, kam ich durch Freunde, die auch trans Männer sind. Und das hat mir im Prinzip so ein bisschen die Idee gegeben oder so die Option gegeben, etwas gegen das Gefühl, also dieses schlechte Gefühl, was ich zu mir selber habe, tun zu können. Und dass das vielleicht die Lösung ist und mir helfen kann. Und ja, habe mich dann viel mit diesen Freunden unterhalten. Einfach auch, also warum das bei denen so ist, was dazu geführt hat. Und da waren einfach viele Parallelen. Also gerade was Körperdysphorie angeht. Und dann halt wirklich dieses klassische eher Maskulin und sich einfach mehr mit in Anführungszeichen typisch männlichen Dingen
0:04:21identifizieren können. Und das war für mich dann so der Auslöser, dass ich gedacht habe, das passt. Und es ist für mich, bisher hat nichts geholfen, vielleicht ist das ja tatsächlich die Lösung, vielleicht ist das der Grund, warum es mir so schlecht geht. Und habe dann einen Termin bei einem Psychologen gemacht, der tatsächlich auch Erfahrung in diesem Thema hat und der hat direkt in der ersten Sitzung, die eine halbe Stunde war, alles bestätigt. Also der hat gesagt, auf jeden Fall, weil sie haben kurze Haare und sie tragen Hosen und sie sind lesbisch, also stehen auf Frauen und deswegen sind sie auf jeden Fall ein Mann. Und hat mir
0:05:07das dann direkt diagnostiziert und mir sofort eine Nummer für einen Endokrinologen gegeben, für Hormone und das hat es mir im Grunde nur komplett bestätigt. Also das ist einfach so diese Idee, die da war, wurde dann von einem Fachmann sofort so unterschrieben, dass es auf jeden Fall ist. Was mir dann vermittelt hat, okay, das ist tatsächlich so und ich habe das dann so für mich angenommen und mich da auch tatsächlich sehr reingesteigert, dass ich zu 100 Prozent davon überzeugt war, dass das tatsächlich das ist, wer ich bin und was mir hilft.
0:05:39Hast du da deine Ruhe gefunden innerlich? Nein. Also im ersten Moment ganz klar ja, auf jeden Fall, weil ich jetzt einen Anhaltspunkt hatte und einfach so das Gefühl hatte, okay, jetzt habe ich die Lösung. Und dadurch, dass das auch zumindest in meinem Fall so einfach war und so schnell ging, das hat sich schon gut angefühlt in dem Moment.
0:06:05Aber so ein bisschen war halt auch immer so diese Stimme da, sag ich mal, die halt war okay. Aber ist das denn... Also es fiel mir zum Beispiel auch immer sehr schwer, wirklich zu sagen, hallo, ich bin ein Mann, sondern immer so, hallo, ich bin trans, das war einfacher. Und weil irgendwie, ich glaube, also wenn ich jetzt so dran denke, war das glaube ich einfach so, weil ich vielleicht von Anfang an schon wusste, dass ich eben kein Mann bin. Und dass ich einfach dann nicht richtig angefühlt habe, das so auszusprechen.
0:06:36Aber so dieser Zweifel, der war am Anfang einfach sehr, sehr klein und sehr, sehr leise. Und dadurch, dass... Also ich war halt bei diesem Gespräch und habe die Telefonnummer von dem Endokrinologen bekommen und hab auch direkt, ich glaub ein oder zwei Wochen später, einen Termin gehabt, wo ich auch sofort ein Rezept für Hormone bekommen habe. Was halt alles so sehr in diese Überzeugung, dass das so ist und in dieses gute Gefühl, dass das tatsächlich so ist, ja, reingespielt hat und das noch mehr bestätigt hat. Wie alt warst du da?
0:07:09Da war ich 22. Genau, ich war 22, als es losging. Hast du das einmal in Frage gestellt, also dieser Prozess im Sinne von wow geht das schnell und einmal kurz reflektieren ist das gerade wirklich was für mich? Am Anfang nicht. Am Anfang habe ich mich eher gefreut, dass es so schnell ging, weil man ja sonst, also alles was man halt so an Erfahrungsberichten von anderen hört und liest, ist es halt ein super schwieriger, anstrengender, langwieriger Prozess. Und bei mir war es halt nicht so.
0:07:41Das ist halt von allem Dreck komplett durchgewunken worden. Und ich kann jetzt nicht mal sagen, woran das lag. Aber dadurch, also... Das waren so viele unabhängige Instanzen, die aber alle gesagt haben, ja, definitiv, das ist auf jeden Fall so. Hat dein Freundes- und Familienkreis da mal involviert oder gesagt,
0:07:58hör mal, achte mal drauf, das geht ein bisschen schnell? Nee, also nicht wirklich. Also das meine Freunde damals, die meisten habe ich auch jetzt immer noch tatsächlich, waren sehr unterstützend, also haben das sehr positiv aufgenommen und standen auch komplett hinter mir. Und ja, also ich habe natürlich mit denen darüber gesprochen und auch so, wieso der Weg ist und wie der Ablauf ist, aber die haben sich auch eher für mich gefreut, dass das halt so schnell
0:08:27ist und so einfach ist. Und bei meiner Familie genauso, die statten auch alle hinter mir. Das Einzige, was meine Mutter nur gesagt hat, ist, dass sie mich dazu 100 Prozent unterstützt und das alles so annimmt, wie es ist und immer hinter mir steht und hat aber da schon gesagt, dass wenn ich mich irgendwann nochmal umentscheiden sollte, ist das auch kein Problem. Und zu dem Zeitpunkt habe ich gedacht, na, das geht sowieso nicht.
0:08:51Das hat aber auf jeden Fall hinterher... es mir ein bisschen einfacher gemacht, dann auch diese Entscheidung zu treffen, das abzubrechen. Und dann mit ihr darüber zu sprechen, weil ich wusste, dass sie das positiv aufnehmen wird. Du hast jetzt grade erzählt, du warst 22.
0:09:07Du warst beim Arzt, hast die Hormone bekommen. Hast du sie in Form von Tabletten bekommen oder in Form einer Creme? Ich habe erst ein Gel bekommen, was ich jeden Tag auf den Arm schmieren musste. Das war ziemlich niedrig dosiert und das habe ich genommen für drei Monate. Und dann bin ich auf eine Spritze umgestiegen, was sehr hoch dosiert war. Was ich dann alle drei Monate bekommen habe, wo ich auch mal hinfahren musste, weil der mir das gegeben hat. Genau, und das war auch das, was ich dann bis zum Schluss bekommen habe.
0:09:41Als du sie bekommen hast und du hast ja, also man merkt ja relativ schnell diese Veränderung am Körper, war das bei dir auch so? Jein. Also manche, also das läuft ja sowieso, das was sich verändert, ist ja sowieso komplett individuell, einfach anhand der Genetik, was familiär einfach so ist.
0:09:59Und was tatsächlich relativ schnell ging, war, dass die Stimme tiefer wurde. Und alles andere war halt, kann ich nicht mal sagen, wie schnell oder wie langsam das war, weil das halt einfach sehr schleichend war. Also es ist halt, irgendwie nach einem halben Jahr hab ich so zurückgedacht, ach, das hat sich verändert. Aber, also das, was mir wirklich aufgefallen ist, was sehr schnell ging, war die Stimme. Und alles andere war mehr so sehr schleichend.
0:10:28Was hat es in dir ausgelöst? Also wenn du so drüber nachgedacht hast, hey, da verändert sich was. Hat es was in dir ausgelöst? Ja, also gerade bei der Stimme und bei der Veränderung der Körperfettverteilung. Das waren ja tatsächlich Dinge, wo ich dachte, so nice. Das war irgendwie ganz cool.
0:10:56Und bei allem anderen, also gerade so was, was vermehrter Haarwuchs, also bei Körperbehaarung generell, angeht, da war ich so... Bei Bart hab ich mich gefreut, aber ich glaub, das war eher so ein... Weil man sich halt darüber freuen muss
0:11:13und nicht, weil ich das so nice fand, dass ich jetzt Haare im Gesicht habe. Das war halt eher so ein meh und ich hab's auch eigentlich noch nie wirklich getragen. Also ich hab's immer schon abrasiert. Und alles andere, so gerade Brust, Bauch und was weiß ich, das war schon ein bisschen blöd. Also das fand ich von Anfang an irgendwie nicht so toll und dachte, ist jetzt irgendwie nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe, weil die Erwartung ja auch war, dass das Körpergefühl besser wird. Und das war einfach gar nicht der Fall. Also es ist einfach eher noch schlechter geworden. Bist du parallel zur Therapie
0:11:49gegangen? Nein, also ich hätte ja eigentlich zu diesem, bei dem Psychiater, bei dem ich ganz am Anfang war, regelmäßig Sitzungen haben müssen, einfach auch für die Nahrungsänderung und auch für die Operation und sowas. Hatte ich aber tatsächlich nicht. Also es hat sich hinterher herausgestellt, dass er die nur aufgeschrieben hat, aber ich war nicht da. Also ich habe jetzt keine psychologische Betreuung gehabt, die vielleicht notwendig gewesen wäre.
0:12:14Hat er dich denn überhaupt informiert darüber, wie das jetzt ausschaut mit einer Namensänderung und dieser psychiatrischen Unterstützung? So zu sagen, also er hat mich insofern aufgeklärt, wie der Ablauf ist, also wie die Schritte sind, die ich gehen muss. Und hat mir da auch gesagt, dass ich, wenn ich die Namensänderung beantrage, muss man oder bekommt man vom Gericht zwei unabhängige Gutachter gestellt, zu denen man muss. Und da hat er schon gesagt, ich kann bei der Beantragung ihn vorschlagen. Das heißt nicht, dass er dann auch mein Gutachten
0:12:48erstellt, aber das kann man halt machen, habe ich natürlich dann auch gemacht. Und er hat dann das Gutachten ohne mein Beisein erstellt, also einfach so wie es quasi am besten formuliert ist, damit es durchgeht. Also so war das eher, was die Betreuung anging, dass er das einfach alles so gemacht hat, wie es halt aussehen muss und sein muss, damit die Transition halt funktioniert und und durchgewunken wird sozusagen. Wie viel Zeit ist zwischen den ersten Hormonen vergangen und dann der ersten Operation?
0:13:20Du hattest schon eine Brustamputation erwähnt und dann die Eierstock- und Gebärmutterentfernung. Also insgesamt vom quasi ersten Tag Hormone, was also unmittelbar nach dem ersten Gespräch war, und der Mastektomie, also Brustoperation, waren ziemlich genau zwei Jahre und die Hysterektomie,
0:13:46also Uterus, war nochmal ein halbes Jahr später. Ist das ein üblicher Zeitraum? Nein, also das ging viel zu schnell. Also normalerweise ist es so, dass man allein für die Nahmensänderung mindestens eine Monate Therapie machen muss oder halt Therapie begleitetes Alltagsleben, ich weiß nicht mehr genau, wie man es nennt, wo quasi dann therapeutisch nachgewiesen wird, dass ich tatsächlich in dem anderen Geschlecht lebe. Und danach kann ich eigentlich erst die Namensänderung beantragen
0:14:17oder danach kann sie überhaupt erst bearbeitet werden. Also anderthalb Jahre sind eigentlich Minimum, wo erstmal gar nichts passieren sollte. Und in meinem Fall war es aber so, ich habe im März das erste Gespräch gehabt und im Oktober war schon die Namensänderung durch. Und dann circa ein Jahr später, so plus minus, war dann auch schon die erste Operation, was eigentlich auch nochmal viel länger dauern müsste, weil einfach so viel mit da rein
0:14:45spielt. Man muss es halt bei der Krankenkasse beantragen, dass die das übernehmen und dann manchmal reichen die Gutachten, die man für die Namensänderung schon hatte. Manchmal wollen die aber auch neue haben, was dann auch wieder voll lange dauert. Deswegen würde ich schon sagen, dass das eigentlich so der ganze Prozess viel zu schnell war. Hast du da in irgendeiner Art und Weise mal einen Moment gehabt, wo du selber reflektiert hast, so also irgendwie passt hier gerade alles nicht ganz zusammen, also das geht alles zu schnell
0:15:13und irgendwie fühle ich mich damit, also ich habe noch nicht das Gefühl, was ich die ganze Zeit suche. Ja, das war tatsächlich unmittelbar nach der ersten Operation, also nach der Mastektomie, wo ich irgendwie gemerkt habe, okay, das ist jetzt irgendwie nicht, also tatsächlich nicht das Gefühl, was ich gedacht habe, was ich hätte, weil es halt also nicht besser geworden ist. Also weder die Dysphorie ist besser geworden, noch irgendwie die Depression ist besser geworden, noch generell das eigene Körpergefühl. Und auch so die Überzeugung davon, dass ich ein Mann bin, war halt nicht da. Das war halt eher so ein, okay, scheiße, jetzt sind die weg und jetzt fühlt es sich immer noch scheiße an.
0:15:52Aber warum hast du dann die zweite OP gemacht? Weil ich mich ein bisschen unsicher gefühlt habe, in dem Sinne, dass ich ein bisschen Angst hatte, einen Rückzieher zu machen. Weil ich dachte, ich habe das jetzt angemeldet und ich habe die Kostenübernahme und habe schon den Termin. Das waren einfach so ganz viele Gedanken, wo ich dachte, was, wenn ich das jetzt irgendwie nicht mache und dann muss ich irgendwelche Kosten erstatten, die jetzt die ganze Zeit mich unterstützt haben und hinter mir standen.
0:16:31Und irgendwie auch, oder habe ich gedacht zumindest, erwarten, dass ich es auch durchziehe. Und ich glaube, also ja, und so ein bisschen glaube ich auch die Angst, mich selber zu enttäuschen, dass ich irgendwie dachte, okay, ich wollte das doch jetzt unbedingt. Und dann habe ich es halt durchgezogen. Was vielleicht nicht so schlau war, aber ja. Wie war das Gefühl danach?
0:16:53Also nachdem du die zweite Operation durch hattest, was hast du dann gefühlt? Das war ziemlich schlecht tatsächlich. Also da habe ich mich echt sehr mies gefühlt. Einfach weil das gefühlt auf jeden Fall ein viel größerer Eingriff war als eine Mastektomie. Was jetzt auch kein kleiner Eingriff ist, aber es hat sich einfach gravierender angefühlt. Und irgendwie konnte ich das nicht so ganz umsetzen, also das Gefühl, was da war. Ich kann das auch gerade irgendwie gar nicht beschreiben.
0:17:24Das war nicht mal so, dass ich dann ab dem Zeitpunkt oder unmittelbar nach der Operation schon gesagt hätte, nein, das war ein Riesenfehler, ich muss das jetzt alles rückgängig machen, sondern es war einfach so ein bisschen hilflos. Ich habe irgendwie so ein bisschen das Gefühl gehabt, in eine Sackgasse reingefahren zu sein und jetzt nicht mehr zu wissen, okay, es geht auf jeden Fall nicht weiter. Ich kann aber auch nicht umdrehen und zurückgehen, weil sich das alles viel zu eng anfühlt. Und es war ein ganz, ganz
0:17:59ja, auf jeden Fall ein sehr negatives Gefühl. Und das war nicht schön. Und es hat auch relativ lange trotzdem gedauert, bis ich dann zu dieser Entscheidung getroffen habe, dass das alles Mist war. Und dass ich halt eine Frau bin.
0:18:15Und dass ich jetzt irgendwie gucken muss, wie ich halt wieder zurückkomme. Ich habe eine kurze anatomische Frage. Wird das über den Bauchraum gemacht oder wird das vaginal gemacht? Also bei mir wird es vaginal gemacht. Da werden halt drei kleine Schnitte gemacht.
0:18:32Eine an den Bauchnabel und zwei an der Hüfte. Und dadurch wird das abgetrennt und dann halt durch den... Also vaginal dann rausgeholt in Stückchen sozusagen. Wurdest du über die gravierenden Folgen informiert, die mit einhergehen, wenn man dir die Gebärmutter und die Eierstöcke rausnimmt? Nein, tatsächlich nicht. Also die Aufklärung, die ich bekommen habe vor der Operation, war halt so dieses klassische
0:19:06Operationsrisiken und Narkoserisiken und was halt damit einhergeht, aber jetzt nicht, welche Folgen das tatsächlich hat, wenn ich kein Unterruss mehr habe und keine Eierstöcke mehr habe und dadurch ja auch keine natürliche Hormonbildung mehr. Was passiert, wenn ich zum Beispiel aus irgendeinem Grund kein Testosteron mehr hätte nehmen können oder sowas? Dass halt der ganze natürliche Haushalt nicht mehr funktioniert und dass da immer
0:19:36von außen halt ein Präparat genommen werden muss. Und da hat tatsächlich gar keine Aufklärung stattgefunden. Also das steht auch in meinen Berichten nirgendwo drin. Also die Krankenhaus bekommen hat er dann danach. Und das musste ich mir dann hinterher alles irgendwie selber zusammensuchen, weil ich mir dachte so, naja, aber es ist so, also ab dem Punkt, wo ich dann gedacht habe, ich will jetzt das absetzen und zurückgehen, musste ich ja erstmal gucken, okay, was mache ich denn jetzt, weil das die Hormonproduktion hauptsächlich aus den Eierstöcken
0:20:04kommt. Das wusste ich. Aber dann Infos dazu zu finden, was man gerade als junge Frau macht, wenn man keine Ultras und keine Eierstöcke hat, war sehr, sehr schwierig, weil es da kaum irgendwie Informationen gibt. Also das meiste, was man findet, ist halt dann bei 55 plus, wo eh schon oder in den meisten Fällen eh schon Wechseljahre waren, wo es halt, ich sag mal vorsichtig, nicht mehr so schlimm ist. Oder Fälle, wo dann nur der Uterus raus ist aus Krebsgründen,
0:20:35aber die Eierstöcke noch da sind, wo dann halt die Hormonproduktion weiterläuft. Aber wenn man halt so Anfang, Mitte 20 ist und alles ist weg, das war, weiß ich nicht, das hat ewig gedauert, bis ich da überhaupt mal was gefunden habe, was man da machen kann und an wen man sich wenden kann. Und habe dann gedacht, naja, ich kann ja mit meinem Endokrinologen bestimmt darüber reden, weil der ist ja Hormonarzt sozusagen, der muss das ja wissen. Aber da kam dann nur die, also ich habe mit ihm darüber gesprochen, dass ich halt das Testosteron aussetzen möchte,
0:21:07aber dass ich ja die Operation hatte. Was mache ich jetzt am besten? Kann ich Estrogen kriegen? Wie läuft das am besten ab? Und da kam tatsächlich nur die Rückmeldung, ich brauche das nicht. Also ich brauche kein Hormonpräparat nehmen und soll erst mal eine Therapie machen. Und das war auch das letzte Mal, dass ich da hingegangen bin. Also ich habe es dann selber einfach abgesetzt, bin einfach nicht mehr hingegangen
0:21:30und bin dann zu mehreren Gynäkologien gegangen, bis ich da eine gefunden habe, die mir zumindest irgendwas gegeben hat und sie war auch ein bisschen überfordert. Ich glaube, weil es grundsätzlich selten ist, dass eine junge Frau keinen Uterus und keine Eierstöcke hat. Das kommt tatsächlich scheinbar nicht so häufig vor, zumindest zu dem Zeitpunkt. Und ich glaube einfach dadurch, dass dieser Transbegriff mit dabei war, waren in meiner Erfahrung nach zumindest
0:22:00viele Ärzte und Gynäkologen überfordert, obwohl ja der rein anatomische Zustand damit erst mal überhaupt gar nichts zu tun hatte. Und sie hat mir tatsächlich dann erst mal Pflaster verschrieben, die relativ niedrig dosiert waren, aber die sozusagen verhindert haben, dass die Wechseljahre eingetreten sind. Also inklusive Symptome und dies, das, was alles dann passieren kann. Wie lange war der Abstand zwischen der Operation und dass du gesagt hast, ich möchte jetzt eigentlich doch die weiblichen Hormone haben und wie bekomme ich sie?
0:22:37Ja, ähm, fünf Monate. Oh, das ist sehr kurz. Ja. Aber dann war für dich auch innerhalb dieses Zeitraums klar, ich bin detrans? Also den Begriff kannte ich dann nicht. Also den gab es da mit Sicherheit schon, aber der war mir nicht geläufig, weil es auch zu dem Zeitpunkt noch gar nicht so viele gab.
0:22:57Aber ja, ich glaube dadurch, dass einfach vorher schon Zweifel da waren und nach der OP einfach so dieses Gefühl der Reue so ein bisschen immer stärker wurde, war für mich einfach ganz schnell klar, okay, das war alles irgendwie totaler Mist und ich muss jetzt irgendwie da wieder rauskommen und hab dann erst mal versucht, ja, Gleichgewinnte zu finden sozusagen. Also irgendwen, mit dem ich darüber reden kann, der das vielleicht selber irgendwie erlebt hat, gemacht hat, der mir so ein bisschen Anhaltspunkte geben kann, was ich machen muss.
0:23:40Weil das da, also es gab halt nichts. Also ich habe online nichts gefunden. Das einzige, was ich irgendwann fand, war ein Forum, was aber also USA-zentriert war. Das hat halt geholfen, einfach sich austauschen zu können, aber hat mir halt auch nicht geholfen, was so dann das Medizinische oder das Rechtliche angeht, weil das ja einfach eine komplett andere Gesetzeslage ist. In welchem Jahr war das? 2015. Okay. Hast du denn noch mal eine neue
0:24:13Namensänderung beantragt? Wahrscheinlich. Ja, also ich habe nicht direkt eine neue Namensänderung beantragt, aber die Aufhebung des Beschlusses der Namensänderung, die ich halt hatte, beantragt, weil die so tatsächlich auch im Transgesetz drin steht, dass das geht. Also es ist rechtlich festgelegt zum Glück. Und genau, hat sie dann die Aufhebung beantragt. Und das war tatsächlich überraschenderweise wesentlich komplizierter,
0:24:41obwohl es eigentlich exakt derselbe Ablauf ist. Also auch wieder dieses, man muss 18 Monate im anderen Geschlecht leben und brauche die Gutachten und muss Therapie machen und dies, das, wo ich tatsächlich kein Verständnis für hatte, einfach weil es auf dem Hinweg, sage ich mal, so schnell ging und keiner hinterfragt hat und alle haben nur gesagt, ja, machen wir auf jeden Fall. Und da war es dann auf einmal so, ich habe das beantragt, dann hieß es, na ja, aber
0:25:07Sie müssen erst mal 18 Monate im anderen Geschlecht gelebt, reicht das nicht. Und es war dann ja viel Schriftverkehr, der sehr frustrierend war, weil einfach das Verständnis fehlte von dem Gericht, bei dem ich war, wo sich hinterher herausgestellt hat, dass ich da tatsächlich der erste Fall war, wo das so abgelaufen ist, weil die hatten einfach alle gar keine Ahnung. Das kann ich dir im Nachhinein nicht mal verübeln.
0:25:40Und das war... Also, das hat insgesamt... Ich hatte die beantragt Ende 2015. Und den finalen Beschluss habe ich Anfang 2018 bekommen. Wow. Das hat sehr lange gedauert.
0:25:54Und das hätte eigentlich noch länger gedauert, weil ich erst eine Absage bekommen habe Mitte 2016, nachdem ich 1000 Briefe mit denen geschrieben hatte, wo dann drin stand, ich muss halt anderthalb Jahre warten, bevor ich es überhaupt erst wieder beantragen kann. Das heißt, ich hätte es ja Mitte 2018 überhaupt erst wieder beantragen können und habe dann aber ungefähr ein dreiviertel Jahr später, das war so Ende 2016, Anfang 2017 spontan noch mal Post vom Gericht bekommen. Von der Richterin, bei der ich meine ursprüngliche Namensänderung hatte.
0:26:32Dass sie mich zu einer Vorladung einlädt, weil sie meine Akte noch mal in die Hände bekommen hat und sich das alles mal durchgelesen hat und einfach neugierig war. Also sie das einfach total interessant fand und sich einfach... Das gab es halt da noch nicht an dem Gericht und sie wusste nicht, was... Ja, wollte im Prinzip die Person kennenlernen, bei der das jetzt so komisch abläuft,
0:26:56weil das einfach zu dem Zeitpunkt noch seltener war, als es jetzt ist. Und das hat das dann zum Glück ein bisschen beschleunigt, weil ich bin dann dahin gefahren und dann hat sie mich ja kennengelernt, wir haben uns halt viel unterhalten und ich hab ihr einfach so die ganze Situation erklärt und... Und sie war da tatsächlich sehr verständnisvoll. Und das fand ich total schön, weil sie dann auch gesagt hat,
0:27:22weil sie ja auch einen Bericht schreiben muss, dass sie den neutral schreibt, aber halt schon so wie es ist, dass ich halt auch als Frau jetzt vor ihr sitze. Weil ich da sah ich halt auch aus wie jetzt. Also halt, sieht man jetzt nicht, ne? Eine Frau halt.
0:27:38Genau. Und ich musste dann trotzdem wieder zwei Gutachten machen und da war aber das Gleiche. Also ich glaube dadurch, dass das so neu war zu der Zeit, war einfach so die Neugier der Leute oder der Ärzte und der Gutachter und der Richterin so sehr auf meiner Seite, weil die einfach so sehr interessiert waren und glaube ich einfach auch ein bisschen selber
0:28:01sehen wollten, so was passiert denn jetzt? Und das hat aber trotzdem einfach sehr lange gedauert. Anfang 2017 war ich bei der Vorladung und dann irgendwie zwei Monate später hatte ich die Gutachten und dann war die Bearbeitungszeit ewig und dann habe ich irgendwann Anfang 2018 endlich den Beschluss bekommen. Das war schon krass, also da habe ich mich viel mehr gefreut als bei den ersten Namensänderungen. Also das war nochmal ein ganz anderes und viel euphorischeres Gefühl. Das war ganz cool.
0:28:35Wann hast du es deiner Familie und deinen Freunden gesagt, dass du deine finale Entscheidung getroffen hattest? Ich habe, bevor ich die Hormone abgesetzt habe, also irgendwann zwischen der zweiten OP und dem Absetzen, habe ich mit meiner damals besten Freundin darüber gesprochen, was mich tatsächlich sehr viel Überwindung gekostet hat, weil ich
0:28:55überhaupt nicht abschätzen konnte, wie reagieren die jetzt darauf. Aber sie war direkt, also war da direkt voll verständnisvoll und stand direkt hinter mir und hat gesagt, ja, wir kriegen das alles irgendwie hin und es klappt schon alles und gucken mal, was wir machen. Und das hat mich dann auch ermutigt, das meinen anderen Freunden zu sagen. Und die meisten waren, glaube ich, überrascht, aber keiner hat jetzt wirklich mit Ablehnung reagiert, sondern die waren alle so, ja, okay, so, dann ist das halt jetzt so.
0:29:22Und manche waren auch so, die gesagt haben, ja, okay, habe ich mir irgendwie gedacht. Jetzt nicht, dass sie mich vorher nicht ernst genommen hätten, aber ich glaube, die waren nicht überrascht, dass es so gekommen ist oder dass ich mich so entschieden habe. Aber hat dich da niemand proaktiv dann darauf angesprochen? Also ich bin jetzt mal provokant. Wenn du meine Freundin wärst und ich habe Zweifel daran, dann und ich bin deine ehrliche Freundin, dann muss ich ja auch so ehrlich sein und dir das ins Gesicht sagen können im Sinne
0:29:51von du ich habe Zweifel, aber nicht weil ich dich nicht unterstütze, sondern weil ich das Gefühl habe, du machst dir einen großen Fehler. Hat das jemand bei dir gemacht? Ich glaube nicht. Also Also nicht auf die Art und Weise. Hättest du dir das gewünscht? Im Nachhinein ja. Zu dem Zeitpunkt weiß ich tatsächlich auch gar nicht,
0:30:10ob ich das so hätte aufnehmen können oder annehmen können. Im Vorgespräch hast du erwähnt, dass du in diesem ziemlichen Hype warst um das Thema Trans und dass du da gar keine Zurückweisung sehen konntest. Ja, das kam vor allem einfach, weil man ist natürlich auch viel online unterwegs und
0:30:29gerade so die Online-Community, sag ich mal, war sehr positiv. Also hat mich direkt so mit offenen Armen aufgenommen und es war nie, also von außen kam nie Zweifel, dass es so ist. Was mich natürlich dann noch mehr bestätigt hat und bestärkt hat. Und das auch bestärkt hat, dass ich mich immer mehr selber da reingesteigert habe. Und deswegen denke ich auch, dass so eine direkte Kritik wahrscheinlich nichts gebracht hätte zu dem Zeitpunkt. Gibt es dir da heute selber Schuld?
0:31:03Ja, also schon viel. Also ich... Manchmal denke ich so, dass ich gern die Schuld komplett auf die Ärzte und den Psychiater und auch das Gericht und generell alle, die das einfach durchgemogen haben, schieben würde, weil ich jetzt einfach weiß, dass sehr, sehr viel einfach auch an der Depression lag und an der Körperdysphorie lag und einfach ganz andere Ursprünge hatte. Und ich denke, dass was jemand als Facharzt eigentlich mal hinterfragen müssen oder sagen müssen,
0:31:42vielleicht reden wir erstmal generell, wer du überhaupt bist, wie geht es dir überhaupt, also was ist so deine Lebensgeschichte und könnte es vielleicht da oder da oder daran liegen. War der Arzt spezialisiert auf irgendeine Richtung? Welcher? Der Psychiater? Im Vorgespräch hattest du gesagt, ja. Ja, also der war auf jeden Fall erfahren, was die Transition angeht.
0:32:06Also er war da, ich weiß jetzt nicht, ob er nur darauf spezialisiert war, aber er war da auf jeden Fall sehr erfahren. Also hat sehr, sehr viele Fälle schon gehabt, sag ich mal. Wenn ich eine Diagnose vom Arzt bekomme, und jetzt bin ich wieder provokant, und ich nicht zu 100% sicher bin, so ich glaube dem Arzt, was er mir da sagt, dann gehe ich ja eigentlich zum zweiten Arzt, um eine zweite Meinung einzuholen. Gerade wenn es um so was Extremes oder Starkes oder etwas ist, was wirklich dein Leben so in eine bestimmte Richtung beeinflusst. Warum kam dieser Gedanke bei dir nicht auf oder kam er auf? Tatsächlich nicht, also das kam erst hinterher. Ich glaube,
0:32:43das lag daran, weil einfach dieses Support und dieses Aufgenommenwerden und so akzeptiert werden, ja nicht nur von den Ärzten kam, sondern von allen. Also meine Familie hat mich direkt so akzeptiert und aufgenommen, wie es ist, und schon hinter mir und alle meine Freunde und so die Online-Community oder Community generell, ja, standen halt alle voll dahinter. Plus dann die Fachärzte oder die Fachleute, die es ja eigentlich am besten wissen müssen, haben dann auch gesagt, ja, das ist so,
0:33:16und haben das akzeptiert und standen hinter mir sozusagen. Ja, weshalb ich mich selber dann auch, wie eben schon gesagt, einfach sehr reingesteigert habe. Und dann so jeden Zweifel, den ich hatte, gerade so in den ersten Monaten, komplett verdrängt habe.
0:33:34Also die ersten Monate war ich zu 1000% davon überzeugt, dass das so ist. Gibt dein Umfeld sich manchmal selbst die Schuld? Dass sie nicht früher agiert haben oder dass sie nicht... Weil scheinbar warst du nicht in dem mentalen Zustand, um das reflektieren zu können. Aber dein Umfeld war ja im Prinzip gesund. Gibt es sich selbst da manchmal Personen, bestimmte Personen, die Schuld?
0:33:59Nein, also ich glaube die Einzige, die da manchmal sagt, okay, ich hätte was tun müssen, ist meine Mutter. Weil... Also sie hat das halt auch direkt akzeptiert und mich unterstützt, wo ich auch tatsächlich dankbar für bin. Weil das ja am Ende in beide Richtungen so war.
0:34:17Aber ich glaub, da macht sie sich schon selber auch ein bisschen Vorwürfe, dass sie nicht ein bisschen mehr mal hinterfragt hat und gegen gesteuert hat und vielleicht wirklich mal gedacht hat, ey, ist das denn wirklich so? Sondern das einfach so hingenommen hat. Aber dann muss ich auch ehrlich sagen, dass ich ihr auch dann immer sage und was ich auch dann allen anderen sagen würde, wenn die sich selber Schuld geben würden, dass die das nicht sollen. Weil ich denke, dass die Schuld nicht bei denen liegt.
0:34:47Hast du heute deinen Frieden damit geschlossen? Teils. Also zum größten Teil ja, einfach weil so viel Zeit auch schon vergangen ist seitdem und ich einfach sehr viele Möglichkeiten hatte, darüber zu sprechen. Und also ich auch jetzt in einer vernünftigen Therapie bin,
0:35:03wo ich darüber reden kann. Aber gerade so die, ich sag mal, Langzeitfolgen, die einfach nicht mehr weggehen werden, wie halt, dass ich halt für immer jetzt Hormone nehmen muss. Also einfach so die Folgen der Operationen und einfach so körperliche Veränderungen, die halt jetzt einfach da sind, wo ich lernen muss, mitzuleben. Welche zum Beispiel? Dass ich halt nach wie vor stärkeren Körper-Hairwuchs habe als jetzt die meisten anderen Frauen. Und tatsächlich auch, dass meine Stimme so tief ist, da bin ich sehr zwiegespalten, was so meine Meinung dazu ist. Weil auf der einen Seite finde ich tiefe Stimmen eigentlich ganz nice, aber dadurch, dass ich weiß, wie sie vorher war,
0:35:52und was für eine, wie nennt man das, Reichweite? Klangfarbe? Ja, das vermisse ich einfach ein bisschen, dass das nicht mehr da ist. Und ja, das sind so die Dinge, wo ich einfach weiß, da habe ich jetzt keinen Einfluss mehr drauf. Das ist halt nichts, wo ich jetzt irgendwie noch wirklich was ändern kann. Und das ist schon ein bisschen schwer manchmal, dass ich einfach denke, das waren jetzt irgendwie zwei Jahre meines Lebens, wo ich irgendwie einfach, ja, mich in irgendwas
0:36:22reingesteigert habe, was nicht richtig war, was halt jetzt einfach für immer Folgen hat. Und das ist schon ein bisschen schwierig zu verarbeiten manchmal. Was wünschst du dir von der Gesellschaft zu der Thematik? Oh, schwierig. Vielleicht ein bisschen anders gesagt, nicht unbedingt von der Gesellschaft, sondern generell, dass ein bisschen kritischer damit umgegangen wird.
0:36:56Und nicht direkt, gerade bei jüngeren Leuten, nicht direkt so Jahr und Abend gesagt wird, wenn sich geoutet wird. Und ich finde schon, dass also ein gewisser Grad Unterstützung da sein muss, weil wenn du jemanden komplett abblockst, das
0:37:23hilft halt auch nicht. Oder halt dann nur kritisierst und hinterfragst die ganze Zeit. Das ist so, bringt dann auch nichts. Und das hätte mir auch nichts gebracht, wenn es jetzt plötzlich eine Kritik gehagelt hätte. Aber das... Ja, vielleicht so dieses...
0:37:23Blinde annehmen dessen, dass jemand sich als z.B. trans outet. V.a. wenn es jemand ist, wo man vielleicht weiß, da steckt noch irgendwie... Ich weiß nicht, irgendwas anderes hinter. Oder könnte vielleicht noch was anderes hinter stecken, dass man dann einfach nicht direkt sagt, okay, jetzt kriegst du Hormone und jetzt kriegst du Operationen und jetzt kriegst du
0:37:45Salz oder Hormonblocker, je nachdem wie jung du bist. Und mach das dann einfach, ohne sich wirklich Gedanken zu machen, was für Folgen das hat oder haben kann. Und also ich finde einfach dadurch, dass es ja auch immer mehr Leute gibt, die detransitionieren, zeigt ja auch, dass es nicht selten ist, dass einfach, dass man überstürzt diese Entscheidung trifft. Jetzt bezogen auf die Folgen von den Operationen, du kannst keine Kinder mehr bekommen. Wie geht es dir mit diesen Gedanken?
0:38:18Grundsätzlich gar nicht so schlimm tatsächlich, weil ich nie Kinder haben wollte und sich das auch jetzt nicht geändert hat. Also das ist so dieser, der reine Fakt, dass ich keine Kinder kriegen kann, ist nicht schlimm für mich. Aber was mich manchmal ganz schön wurmt, ist einfach, dass ich jetzt gar nicht mehr die Entscheidung hätte. Also selbst wenn irgendwas ist, wo ich denke, jetzt ein Kind wäre nice, ging es halt nicht mehr. Also das ist so die, selbst wenn meine Entscheidung immer dagegen wäre, ist es
0:38:49jetzt keine Entscheidung mehr. Fühlst du dich dadurch manchmal vielleicht auch weniger weiblich? Tatsächlich nicht. Nein, weil es einfach, also auch wenn so dieser, das was ich eben erzählt hatte, so dieser Fall von, man ist jung, so unter 30 und hat eine komplette Hysterektomie und Eierstöcke raus, das ist halt so ein Zustand, der relativ selten ist, aber generell, dass eine Frau keinen Uterus hat zum Beispiel und dadurch keine Kinder bekommen kann, ist gar nicht so selten. Also das ist jetzt nicht irgendwie das... weiß ich nicht. Also ist
0:39:27für mich tatsächlich, zumindest von meiner Überzeugung her, sagt das nichts darüber aus, wie weiblich ich bin oder nicht bin. Du hattest schon gerade angedeutet, dass du dir mehr kritisches Hinterfragen für junge Menschen wünschst. Was würdest du gerade jungen Menschen empfehlen? Jungs oder Mädchen, die vielleicht noch gar nicht in der Pubertät sind, die aber jetzt vielleicht auch in diesem Hype zu diesem Transgender-Thema waren? Was würdest du dir da wünschen oder was würdest du denen raten? Ich glaube ganz allgemein, was ich raten würde, offener für Therapie zu sein tatsächlich,
0:40:06weil selbst wenn es dann also sich herausstellt, dass es so ist bei der entsprechenden Person, finde ich, schadet es nicht, wenn man also mehr darüber sprechen kann mit hoffentlich dann auch einem Therapeuten, der ein bisschen offener
0:40:47auch damit umgeht, weil ich finde oder ich habe den Eindruck einfach, dass sehr so ein bisschen, gerade beim Thema Trans, so eine Antitherapie-Mentalität entstanden ist, dass man so auf gar keinen Fall irgendwie das hinterfragen darf, also auch von
0:40:56medizinischer Seite nicht. Und ich finde dass das kein guter Ansatz ist. Also ich finde schon, dass man, gerade wenn man jünger ist, vielleicht ein bisschen offener sein sollte, zu einem Therapeuten oder einer Therapeutin zu gehen und darüber zu sprechen und dann vielleicht auch mal
0:40:54also über alles zu sprechen und nicht nur über das Thema, weil einfach bei einigen D-Trans-Leuten, die ich kennenlernen konnte jetzt in den letzten Jahren, steckt da einfach immer irgendwas anderes mit dahinter. Also entweder es war eine Depression oder es war eine Essstörung oder es war eine posttraumatische Belastungsstörung oder sonst irgendwas. Es war einfach oft immer irgendein anderer Faktor, der der eigentliche Auslöser war,
0:41:24wo dann die Transition ein weiteres Symptom war und nicht die Lösung. Und ich finde deswegen, oder ich würde mir einfach wünschen oder ich würde es einfach den Leuten auch raten, die Möglichkeit einer Therapie dann auch anzunehmen. Findest du, dass gesellschaftlich schon genügend über das Thema gesprochen wird? Detransition oder? Detransition.
0:41:44Nee, tatsächlich nicht, weil die meisten, ich sag mal, auch so öffentlichen Beiträge oder Berichte oder auch Interviews, Artikel, was auch immer, das sind fast immer die gleichen Leute, die die machen. Das ist eigentlich nur so eine Handvoll, die sich dazu bereit erklären. Und das einfach, weil es auch gerade im deutschsprachigen Raum so viele jetzt nicht sind. Und wenn es außerhalb von... Also hier zum Beispiel ist es ja auch so, es geht einfach um mich und meine Geschichte. Und das ist bei den... bei einigen anderen Artikeln oder Interviews
0:42:22oder wie auch immer auch so, dass ich selber dann im Mittelpunkt stehe sozusagen. Und ich habe den Eindruck, dass es, wenn es allgemeiner ist, wenn es zum Beispiel generell um Trans geht, oder um halt dieses Konzept von Transition und Detransition, wird es oft in ein sehr negatives Licht gerückt. Du meinst, dass Detransition...
0:42:48Genau. Und oft als so ein Gegenpool gesehen. Oder als so ein... Ja, als wäre das so... Ich weiß gar nicht, wie ich das jetzt genau in Worte fassen soll, aber das... Ich finde, es entsteht oft ein Konflikt. Entweder du bist auf der Seite oder du bist auf der Seite.
0:43:08Und das kann nicht gleichzeitig koexistieren miteinander. Und ich kann mir vorstellen, dass das besser wird oder besser werden könnte, wenn von der Gesellschaft mehr und neutraler darüber gesprochen wird. Dass es eben nicht, dass halt jemand, der eine Detransition gemacht hat, nicht der Feind von allen Transmenschen ist. Also nur weil ich jetzt detransitioniert habe, weil es bei mir einfach eine totale Katastrophe war und einfach total scheiße abgelaufen ist,
0:43:50heißt das ja nicht, dass es bei allen anderen auch so ist oder so sein müsste oder dass es bei allen anderen nicht echt ist in Anführungszeichen. Und das ist aber etwas, was ich zumindest online viel beobachte, dass das so interpretiert wird. Wir hatten vor einigen Folgen eine Dame, die trans ist, und die, dann hatte sie von trans gesprochen und von der Gruppe, die gegen trans ist. Und dann habe ich sie gefragt, was mit der Gruppe, die detrans ist, weil eigentlich muss
0:44:17die auch mit betrachtet werden. Und ihre Aussage war dann so viel wie, ist jetzt schon ein bisschen länger her, dass ich das habe, aber da war die Aussage meines Erachtens noch so viel wie, ja, aber die ist so klein, die Community, die Gruppe ist so klein, die ist nicht wirklich in Anführungszeichen der Rede wert. Würdest du das unterschreiben? Auf gar keinen Fall. Weil wenn man es einfach, also, im Grunde könnte ich das Spiel jetzt auch umdrehen.
0:44:37Wenn man es halt auf die gesamte Anzahl aller Menschen betrachtet, ist die Anzahl von Transmenschen so klein, ist auch nicht der Rede wert. Also, ne, ich finde das ist eine Aussage, die nicht gut ist und am Ende auch keinem hilft, weil jede Minderheit, sag ich mal, einem oft kleiner vorkommt, als sie tatsächlich ist. Nur weil das vielleicht augenscheinlich weniger Menschen sind als die aus der eigenen Community, heißt das ja nicht, dass sie weniger wert sind oder nicht genauso das Recht haben, ja zu existieren und für sich in ihre ihre Rechte und ihre Erfahrungen einzustehen.
0:45:13Und gehört zu werden. Und gehört zu werden, genau. Was wünschst du dir für deine Zukunft? Ich glaube, in dem Kontext tatsächlich mehr Frieden mit mir und meiner Erfahrung schließen zu können, dass es einfach nicht mehr so präsent ist. Und gleichzeitig aber auch, dass es gesellschaftlich präsenter wird und nicht mehr so einen negativen Beigeschmack hat,
0:45:43sozusagen. Also sowohl wenn man über Transition spricht, auch wenn man über Detransition spricht, sondern dass es einfach, ja, in Anführungszeichen normal wird. Ja und für mich persönlich wünsche ich mir einfach, dass ich abschließen kann. Das wünschen wir dir auch. Vielen lieben Dank, dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast. Gerne. Danke dir und ich wünsche dir oder wir wünschen dir und deiner Familie alles, alles Liebe und ganz viel Gesundheit. Dankeschön.
0:46:12Hier noch eine Anmerkung. Wenn du von den besprochenen Themen betroffen bist oder Unterstützung benötigst, bitte zögere nicht Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hole dir Unterstützung bei professionellen Hilfeeinrichtungen oder dir vertrauten Personen. Bis zum nächsten Mal bei von Bohne zu Bohne. Du bist selbst bei uns dabei sein? Dann melde dich auf unserer Website oder unsere Social Media.
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