Unzensiert - das denken wir über unsere Podcast-Gäste #10 Sania & Charlotte
Shownotes
In dieser Episode reflektieren Sania und Charlotte ehrlich über vergangene Interviews. Von unbeantworteten Fragen bis zu bewegenden Momenten teilen sie persönliche Einblicke. Erlebe authentisch und offen die Gedanken und Gefühle von Sania und Charlotte zu den bisherigen Interviews. Diese Reflexionsfolge bietet einen besonderen Blick hinter die Kulissen.
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Transkript anzeigen
0:00:00Stell dir vor, du kommst in einen Raum, vor dir sitzt ein Mensch und du hast keine Ahnung, wer das ist. Das passiert mir in jeder Folge bei unserem Podcast von Bohne zu Bohne. Mein Name ist Charlotte und ich weiß vorher nichts über unsere Gäste. Kein Name, keine Information, keine Themen. Also werden meine Fragen auch deine Fragen sein. Ich bin Sanja und ich suche die Gäste. Hier achte ich darauf, dass es Menschen mit spannenden Persönlichkeiten und faszinierenden Erlebnissen sind. Und genau die wollen wir mit euch teilen.
0:00:31Bist du bereit, gemeinsam mit Charlotte neue Geschichten kennenzulernen? Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge. Mein Name ist Charlotte. Mein Name ist Sanja. Und heute sprechen wir über unsere Gäste in dieser Reflexionsfolge? Das heißt im Prinzip über unsere Empfindungen und wie wir die Situation wahrgenommen haben.
0:00:57Richtig. Okay. Lass uns ganz bei Beginn starten. Tim. Tim, okay. Bei Tim ging es um Organspende. Ich muss sagen, als ich reingekommen bin in die Wohnung, ich wusste ja von nichts und als ich in die Wohnung kam, wart ihr so vertraut miteinander und ihr wart so herzlich. Und ich dachte mir, uch, was ist denn hier für eine Stimmung? Das war so locker.
0:01:24Und das hat es mir ziemlich einfach gemacht, in der Folge dann mit ihm sozusagen anzubundeln. Das heißt, ich fand die Kommunikation mit ihm sehr einfach zu führen. Die Konversation war sehr einfach mit ihm zu führen und es war sehr sehr natürlich der Redefluss. Das was er erzählt hat war wirklich viel Neues für mich, das wusste ich vieles nicht davon, einfach weil ich von Haus aus nicht viel mit Medizin bisher zu tun hatte. Er hat es aber auch fachlich, also für mein Verständnis fachlich, menschennah erklärt. Das heißt also ich konnte ihm sehr gut folgen und hatte immer so das Bedürfnis, so die nächsten Schritte zu erfahren,
0:02:04was er so, ja was ihm widerfahren ist. Also ich muss sagen, fand ich eine sehr, sehr spannende Folge, eine sehr, sehr spannende Persönlichkeit mit sehr viel positiver Energie, die er ausgestrahlt hat und sehr viel, ja, Elan hat er das präsentiert. Und er hat eine unfassbar angenehme Stimme, der man gerne zuhört tatsächlich. Ja, das ist richtig.
0:02:22Das ist richtig. Ich finde, einmal ergänzend zu dem, was du gerade gesagt hast, dass er unglaublich gut für Laien erklären kann, welches medizinische Wissen man haben muss, wenn man ein Organ transplantiert bekommt, speziell jetzt auf die Niere bezogen. Das fand ich unglaublich schön und ja, du hast recht, wir sind einander sehr vertraut. Wir kennen uns tatsächlich schon etwas länger.
0:02:48Und seit ich ihn kenne, würde ich ihn auch als einen sehr angenehmen Menschen bezeichnen, mit dem man unglaublich gut sehr humorvolle Gespräche führen kann, aber auch sehr in die Tiefe gehen kann, wie er es bei uns gemacht hat. Und ich meine, dass Tim auch im Nachhinein gesagt hat, dass er absolut nicht mehr aufgeregt war, weil wir ihm da gut die Aufregung nehmen konnten. Stimmt, er hatte ja zu Beginn gesagt, weil er gesagt hatte, ich bin aufgeregt, seid ihr
0:03:19auch so aufgeregt wie ich? Und ich dachte mir, nee, wieso sollte ich aufgeregt sein? Das ist doch eine ganz coole Situation hier. Und deswegen fand ich es so erstaunlich, dass er irgendwie aufgeregt war, weil das habe ich nicht gemerkt. Aber das haben tatsächlich fast alle Gäste im Vorgespräch mit mir gesagt, dass sie alle
0:03:36so ein bisschen aufgeregt waren, sie wollten nichts Falsches erzählen, wollten nicht irgendwie das Thema verfehlen. Aber da können wir gleich auch noch über die anderen Gäste gerne reden. Ja, aber ja, also so alles in allem, war ich tatsächlich bisher noch nie aufgeregt, aber ich weiß ja auch nie, was auf mich zukommt.
0:03:54Deswegen bin ich deswegen so aufgeregt. Warum bist du denn nicht gerade deswegen aufgeregt? Nee, also wenn ich nicht weiß, was passiert, dann kann ich nicht nervös sein, sondern wenn ich wüsste, jetzt treffe ich Person XY mit dieser krassen Geschichte, dann wäre ich nervös, weil ich mir Gedanken darüber machen würde, was würde ich fragen, wie
0:04:14würde ich es fragen, würde ich da emotional zu tief gehen. So habe ich keine Berührungspunkte damit und kann wirklich in dem Moment darauf reagieren und wenn mal eine Frage drüber ist, dann ist sie drüber, dann ist es halt passiert. Aber vorher hilft mir das viel, um keine Nervosität aufzubauen. Hattest du es denn bei einem der Gäste, als die quasi ihr Intro gesagt haben, dass du in dem Moment warst, so, oh wow, was für ein Thema?
0:04:42Ja, definitiv. Also das hatte ich zwei, dreimal, wo ich echt dachte, oh, jetzt musst du aber aufpassen. Aber aufpassen im Sinne von, dass ich einfach in kein Fettnäpfchen trete und niemandem zu nahe trete. Und gleichzeitig aber genügend erfahre für die Zuhörenden. Es soll ja auch immer noch aufklärend sein, will aber auch nichts wecken, was vielleicht nicht geweckt werden möchte. Dann muss ich mich immer wieder daran erinnern, dass die Menschen ja freiwillig den Weg zu uns gesucht haben. Und wenn sie das tun, dann stellst du ja
0:05:26schon im Vorhinein fest, es gibt eine gewisse Grundsicherheit, so in der Art und Weise, wie sie mit der Thematik umgehen, was auch immer. Aber nichtsdestotrotz, wenn du einer Person gegenüber sitzt und sie jetzt dir das ins Gesicht sagt in einem Satz, dann löst das jedes Mal was in mir aus. Davon kann ich mich nicht frei machen und ich glaube, dieser Moment wird auch noch weiterhin für mich nachhaltend dann sehr viel in mir auslösen. Welche Situation war denn so krass, dass du dir gedacht hast, wow, jetzt will ich nicht in ein Fettnäpfchen treten.
0:06:02Also ich würde sagen, bei Johanna war auf jeden Fall das der Fall, wo ich mir so dachte, oh fuck, das ist schon ein heftiges Thema. Da habe ich auch gesagt, ich glaube, ich hatte gesagt, ich habe Gänsehaut. Ja, ich glaube, das war sogar dein erster Satz. Und das ist auch immer das Schwierigste für mich tatsächlich, weil es kommt ja auch in gewisser Art und Weise auf meine erste Reaktion an.
0:06:26Und ich möchte natürlich der Person gerecht werden und dieser Situation. Aber ich befinde mich oder befande mich in 99 Prozent der bisherigen Fälle noch nie in dieser jeweiligen Situation. Dementsprechend ist es natürlich anmaßend zu sagen, ich möchte dieser Situation gerecht werden, weil ich werde niemals dieser Situation gerecht. Nichtsdestotrotz möchte ich würdigen, was das bedeutet, sich zu trauen, bei uns zu sein und sich
0:06:54hinzusetzen und sich mit uns darüber zu unterhalten und auch vor ganz vielen Menschen das aktiv anzusprechen. Und deshalb finde ich es so schwierig, gerade den ersten Moment auszumachen, was sagt man und was gibt man für Emotionen rüber. Und tatsächlich versuche ich auch nichts zu verbergen oder zu stellen, sondern wenn das kommt, dann kommt es so. Es ist nur nicht einfach, die richtigen Worte zu finden.
0:07:17Nee, aber ich glaube, dass man das doch schon recht gut in deiner Reaktion auf den ersten Satz hört, dass du keine Ahnung hast und dass du selber versuchst, jetzt gerade bei den heftigen Themen wie Schizophrenie oder Suizidalität, dass du da ganz authentisch reagierst, aber trotzdem versuchst, bestmöglichst zu reagieren. Ich fand Johanna sehr, sehr krass, also wo es eben um Schizophrenie ging. Ich fand auch meine Reaktion im Nachhinein bei Amelie nicht gut.
0:07:49Okay, magst du noch mal sagen, wie du bei Amelie reagiert hast? Bei Amelie, ihr erster Satz war, ich habe meinen Partner noch mal nach 19 Jahren eher betrogen. Richtig, ich erinnere mich. Und meine Reaktion war, ich musste lachen. Ja, aber was erwartest du, wenn der erste Satz, den du von einer Person hörst, die du nicht kennst, die du nur einmal gesehen hast bis zu dem Zeitpunkt, wenn da kommt, jo, ich habe meinen Partner nach 19 Jahren Partnerschaft betrogen.
0:08:21Raus, ich beiß die Tür. Nein, keine Ahnung. Du kannst auch nicht von dir erwarten, dass du schon weißt, was das für eine krasse Story dahinter ist. Ja, das ist klar. Also ich dachte, es ging in eine ganz andere Richtung, dass es wirklich um Manipulation und toxischem Verhalten ging. Das konnte ich ja nicht erahnen. Aber wenn es jetzt mal nur um den Fakt gehen würde, sie hätte, und jetzt in Anführungszeichen, nur ihren Partner betrogen,
0:08:48und vorher war alles harmonisch, dann wäre die Reaktion nicht okay gewesen. Das ist richtig, das ist richtig. Aber genau, und das konnte ich ja nicht wissen. Und das ist auch der Punkt, den ich so schwierig finde, meine Reaktionsweise. Weil ich halt irgendwie, ich habe ja jetzt nicht gelacht, gelacht, aber ich musste erst mal grinsen und ja, hab das schon irgendwie zum Ausdruck gebracht. Aber nicht weil ich mir dachte, warum macht sie es, sondern es war eher so ein
0:09:18ja krass 19 Jahre ist eine heftig lange Zeit. Das war der Gedanke dahinter. Ich wollte gerade sagen, es wirkte nicht wie so ein belustigtes Lachen oder so ein spöttisches Lachen, sondern eher so ein ungläubiges Lachen. So okay, was kommt jetzt? Ich glaube, jeder kennt die Situation, dass man erst mal lacht, wenn man in einer Situation ist, in der man nicht weiß, wie man reagiert. Ja, genau. Ich glaube, das hat viel mit Unsicherheit zu tun in dieser Situation, weil du noch nicht in dieser Situation warst.
0:09:47Aber genau, das habe ich mir im Nachhinein gedacht. Ja, hätte ich gerne anders reagiert. Wie war deine Unsicherheit bei unserem Brief von Liam? Unsicherheit bei Liam? Also, ich muss sagen, in dem Fall hatte ich keine Unsicherheit verspürt, weil wir waren in einem 1 zu 1. Es gab keine Person, die mir in die Augen geschaut hat und mir gesagt hat, ich habe XYZ, ich bin XYZ, sondern es gab einen Titel.
0:10:17Und der Titel war, was ist Heimat? Richtig, aber es war ja trotzdem etwas ganz Neues für dich. Es war was... Ja, nein. Also, durch Samu war es nicht komplett neu. Das ist richtig. Aber die Verbindung, wo es halt eben ums Auswandern ging
0:10:34und darum ging, dass man nie irgendwo zu Hause ist, das war eine andere Sicht von Samu, und zwar auf eine andere Welt als bei Samu. Aber nichtsdestotrotz würde ich nicht sagen, dass es komplett neu war. Weil auch dieses Gefühl von, wer ist man, wohin geht man,
0:10:49so sich selbst seinen Platz in der Welt zu finden. Ich glaube, die Mehrheit der Menschen kann das irgendwo nachvollziehen, nur die Verbindung zu der Tatsache, dass er sehr ländlich aufgewachsen ist und dass das alles drumherum, diese Details, die er geschildert hat, dass er sehr ländlich aufgewachsen ist, dass er so keinen festen Platz hat, immer umgezogen ist, dass seine Eltern ihn nicht akzeptieren konnten, er sich selber nicht akzeptieren konnte, das
0:11:13sind alles Dinge, die natürlich neu waren. Aber der Grundfakt, es geht ja jetzt gerade nur um diesen Grundfakt, den dir preisgegeben wird, den hatte ich ja bei Liam nicht im ersten Moment. Es war ja kein, es war nicht die eine Aussage, was zu diesem Schlüsselmoment geführt hat, sondern das große Ganze ergibt ein Bild und du lernst ihn Stück für Stück etwas besser kennen und malst dir daraus das, was du dir denkst.
0:11:35Das heißt, es war schon eine andere Herangehensweise. Ich glaube, auch in der Folge hattest du gesagt, ich erinnere mich gar nicht mehr dran, ich glaube, da hattest du auch so etwas gesagt, dass du es sehr gut nachvollziehen kannst, wie er sich gefühlt hat durch die Universität, durch das Studium, durch diesen Zuwachs an Wissen. Genau, also genau, da gebe ich dir recht. Und deswegen, glaube ich, habe ich an vielen Punkten noch so Berührungspunkte damit gehabt,
0:11:58weil ich mir so dachte, ja, wir alle suchen unseren Platz in der Welt. Natürlich müssen mal andere mehr Dinge durchleben und mal andere weniger heftige Dinge. Aber da dachte ich mir, ja, das verstehe ich. Jeder muss da irgendwie durch seinen Weg finden. Gleichzeitig lernt man sich durchs Studium selber kennen und lernt, was einem gefällt oder was einem nicht gefällt. Zumindest war es auch in meinem Fall so. Auch die Bildung hat mir sehr viele neue Ansichten und Blickwinkel gezeigt, sodass ich das einfach gut verstehen konnte.
0:12:35Noch mal zurück zu Amelie. Amelie hatte ja zu Beginn diese Einbruchbombe platzen lassen. Und dann im Verlauf des Gesprächs, des Interviews, was wir mit ihr geführt haben, sind ja immer mehr ganz kleine Bomben bis zu riesigen Bomben geplatzt, wo sie über Sachen geredet hat, die ihr passiert sind, die ihr widerfahren sind, die sehr viel in ihr bewegt haben. Was hat das alles mit dir gemacht, gerade in Bezug darauf, dass das alles noch gar nicht so lange her war, dass sie es erlebt hat?
0:13:06Also mein erster Gedanke war tatsächlich, es ist so gut, dass wir jetzt schon darüber reden. Es ist gut, dass wir in diesem Stadium mit dir darüber sprechen. Weil ich mir dachte, hast du das alles so gut aufarbeitet und hast du das so gut verarbeitet, als dass wir jetzt hier in dieser Situation gemeinsam darüber sprechen sollten.
0:13:34Weil am Ende des Tages geht es um das, was sie gefühlt und erlebt hat. Ja. Und das, was wir tun, kann auch dazu führen, dass man sich plötzlich wieder in diesen Situationen befindet, dass man Backflashes hat. Und das möchte ich nicht und das möchtest du auch nicht.
0:13:50Ich habe nur das Gefühl, oder dass man dadurch es schneller triggern kann, weil es noch so präsent im Kopf ist. Hattest du denn den Eindruck, dass es zu früh war? Sie hatte sehr gefestigt gewirkt, in dem, wie sie es formuliert hat. Ich glaube, das hatte ich ihr auch mitgegeben. Hat sie auch gesagt, weil sie gesagt hat, sie ist jetzt in einer festen Partnerschaft und das ist stabil und das funktioniert und sie ist sehr dankbar dafür.
0:14:15Und er hat sie da rausgeholt und ich ihr dann gesagt habe, nein, das beruht an der tafften Tatsache, dass du die Stärke mitbringst und dass du die Stärke für dich ergriffen hast, und jetzt geht es hier nicht weiter. Das heißt also, so habe ich versucht ihr zu vermitteln, dass das ihre Stärke ist und dass sie von ihr kommt und nicht von einem Partner, den sie sich gewählt hat. Ich glaube, ich weiß nicht, ob ihr das da so bewusst war, weil wir dann wieder an dem Faktor sind, sie hat etwas vom Partner abhängig gemacht, aber sie hat auf mich sehr gefestigt gewirkt. Ich glaube nicht, dass sie da schon mental
0:14:45komplett durch ist. Das hat man, also wir haben ja auch eine Pause eingelegt. Und da ging es um ihre Kinder. Das ist aber verständlich und ich glaube, da kommst du nie drüber hinweg. Da ging es um ihre Tochter und sie gesagt hat, sie ist verletzt. Sie ist verletzt von ihrer Tochter. Wie denkst du jetzt so im Nachhinein darüber?
0:15:04Kannst du mehr nachvollziehen, dass sie verletzt ist? Ich kann vollkommen nachvollziehen, dass sie verletzt ist. Also ich hatte ja in der Folge gesagt, sie ist noch ein Kind. So, als sie gesagt hat, sie ist verletzt. Und ich habe zu ihr gesagt, aber dein Kind ist zwölf. Ja. Es ist ein Kind. Ja. Und der Meinung bin ich immer noch. Das ist ein zwölfjähriges Kind. Sie
0:15:23ist keine erwachsene Person. Sie ist noch stark, steht stark scheinbar unter der Manipulation des Vaters. Man kann ihr keine Sekunde irgendwas ankreiden, meines Erachtens nach. Natürlich ist die Mutter verletzt und das will ich auch nicht absprechen, so dass sie verletzt ist, aber am Ende des Tages muss sie versuchen, das von einer kühlen Seite zu betrachten, im Sinne von, sie kann auch nichts dafür. Sie ist auch in diese Situation einfach rein gewachsen. Richtig, richtig. Und ich glaube, dass Amelie das auch recht gut verstehen kann, wenn sie ein bisschen mehr Abstand zu all
0:16:01dieser ganzen Situation hat. Es ist ja jetzt wirklich nicht lange her gewesen, dass ja all das passiert ist. Und ich glaube, dass wenn ein Jahr vergangen ist, vielleicht reichen auch sechs Monate oder so, dass sie dann tatsächlich sieht, dass die Tochter enttäuscht sein darf,
0:16:37aber sie selber nicht enttäuscht sein sollte. Also dass Amelie nicht enttäuscht sein sollte, sondern hier die Priorität und der Blickwinkel auf der Tochter liegt oder auf den Kindern. Ja, auf jeden Fall gebe ich dir recht. Wie denkst du über Katharina? Die hatte ja eine, für mich wissend, ein Thema, was du vorgeschlagen hast.
0:16:39Wie war das für dich, da einmal dieses Interview zu führen oder neben ihr zu sitzen und alle Informationen mal aus erster Hand zu hören? Jetzt muss man, glaube ich, nochmal ein bisschen ausholen, um zu verstehen, was ich meine mit, oder was du meinst mit deinem, also deinem Thema. Wenn mir Themen, Fälle kommen, wenn ich Ideen habe, Dinge, die ich spannend finde oder von denen ich noch nichts weiß, dann reiche ich dir die einfach weiter und sage, ich fände es cool, mal den und den Menschen kennenzulernen oder ey,
0:17:07schau doch mal, recherchier mal, vielleicht findest du jemanden zu dem und dem Thema. Und das war tatsächlich in diesem Fall so. Ich glaube, hier können wir auch erwähnen, dass ich dann auch glaube, ich glaube, meine Wortwahl war danach so echt. Was? Ich glaube, so habe ich reagiert. Stimmt, stimmt. Ja, ja.
0:17:24Ich weiß es gar nicht mehr. Wieso eigentlich? Ich weiß es nicht. Samenspende so war nie in meinem Kosmos drin. Also ich kenne niemanden, der durch eine Samenspende entstanden ist. Ich weiß von keinem Mann in meinem Umfeld oder der mal in meinem Umfeld war,
0:17:40der eine Samenspende durchgeführt hat. Ich weiß nicht, das war nie in meinem Kosmos drin und ich habe da auch nicht so das Interesse daran gesehen. Als ich dann angefangen habe zu suchen und ein bisschen zu recherchieren, natürlich war da dann Interesse da. Ja, also ich muss sagen, spannendes Thema, weil ich wirklich gar keine Ahnung von diesem Thema hatte. Ich hatte ein, zwei Dokus mal dazu gesehen, wo jeweils eine betroffene Person aus der eigenen Perspektive davon erzählt hat. Also einmal war das eine
0:18:09Dokumentation, wo jemand wirklich on hand davon erzählt hat, wie es ist, selbst da hinein zu wachsen in diese Situation. Und einmal habe ich so ganz melodramatisch diese Netflix-Dokumentation wo dieser Arzt seinsam an jede zweite Patientin gefühlt abgegeben hatte. Das waren die zwei Berührungspunkte, die ich damit hatte. Einen sehr clickbaiting behafteten Moment und einen sehr realistischen. Was auch gar nicht so lange her war, bis zu dem Zeitpunkt, dass es dann dazu kam,
0:18:44was ich auch so spannend fand. Ich fand auch den ersten Moment sehr spannend, weil sie gesagt hat, ich bin ein Spenderkind. Ja. Und ich dachte mir so, Spenderkind von was? Ich hatte das gar nicht in dem Moment direkt zusammengekriegt mit Samenspende. Das war für mich so, hä, ja, okay, du hast das gespendet, aber von was hast du gespendet?
0:19:01Und hatte, glaube ich, auch genauso danach gefragt, kannst du erst mal erklären, was das bedeutet? Ja, ja, ich glaube auch irgendwie sowas von wegen, was kann ich darunter verstehen? Ja, irgendwie so. Und als ich dann gesagt habe, ach so, okay gut, jetzt weiß ich, um was es geht. Und ich muss sagen, war spannend, auch als Person war spannend, weil ich ja manchmal auch dazu neigen kann, ein bisschen kritischer zu hinterfragen. Provokativer. Ja, provokativer zu
0:19:32fragen, unbewusst provokativer Fragen zu stellen. Und ich habe schon einige Male erlebt, dass Leute sich auch davon einschüchtern lassen. Das hat sie nicht getan. Also sie hat dagegen gehalten, was ich sehr gut fand, dass sie wirklich immer wieder argumentativ dagegen gehalten hat und also auch schlüssig dagegen gehalten hat und nicht einfach nur so vor sich hin erzählt hat. Und ich mir auch dachte, ja da hat sie recht, das stimmt, da hat sie recht. Würde aber gleichzeitig auch sagen, ich glaube, welcher Punkt war das?
0:20:04Lass mich kurz überlegen. Da gab es einen Moment, wo ich im Nachhinein, nach der Aufnahme dachte, da hätte ich nochmal gegenhalten können. Ich lass mich kurz überlegen, um was ging es da? Da war es glaube ich so, dass ich gesagt hatte oder gefragt hatte im Sinne von, was, also wenn sie gesagt hat, dass es ein sehr egoistischer Gedanke ist von jemandem, der spendet.
0:20:28Ich weiß nicht, ob das genau ihre Wortwahl war, aber Kernthese war so viel wie, jemand ist oder handelt aus sehr egoistischen Gründen, wenn man im Endeffekt eine Samenspende abgibt, weil du entziehst dich kompletter Erziehung, du entziehst dich dem Kind und du stehst nicht für dein Kind ein und du weißt, irgendwo da draußen ist dein Kind. So und du bist nicht für dein Kind da. Diesen Punkt habe ich vollkommen verstanden. Und sie hatte da glaube ich zwei Argumente oder zwei Punkte hinzugefügt. Einige
0:20:58tun das wohl aus Gründen, um seine Gene zu vervielfältigen und in die Welt zu geben. Ja, so ein bisschen Macht in den Fokus setzen. Und was war der zweite Grund nochmal? Geld. Geld, genau. Da war ja was. Genau. Und sie gesagt hat, dass Leute das einfach aus Geldgründen machen, weil sie Kohle brauchen. Ja.
0:21:18Grundsätzlich vollkommen valide Punkte und so wie sie es geschildert hat auch vollkommen richtig, also für mein Verständnis. Und dann hatte ich aber auch eingeworfen, habe gesagt, weil ich es einfach in meinem Kopf war direkt, kann ja auch sein, dass jemand altruistisch handeln möchte. Okay, einen kompletten Altruismus sehe ich dahinter, ich weiß nicht, ob es das gibt, aber man könnte auch argumentieren, dass jemand komplett altruistisch handelt, weil er sagt,
0:21:43ich kann jemandem damit was Gutes tun. Ich kann einer Familie damit, oder ich kann zwei Menschen damit zu einer Familie verhelfen. Und das hat sie ja weniger in den Fokus gesehen oder so für sich angenommen. Und dann hat sie gesagt, dann bleibt der Faktor ja trotzdem. Du verlässt das Kind und da weiß da draußen gibt es ein Kind. Dann war mein Gedanke, ja du verlässt es aber in einer intakten Familie.
0:22:12Du weißt ja nicht, dass da später irgendein Rattenschwanz da drinnen sitzt oder sich jemand seiner Verantwortung in dem Fall entzieht. Das kann die Person ja nicht wissen und in dem Fall ist es für die Person eine reine Samenspende. Und dann dachte ich an das Gleiche, nicht das Gleiche, aber dann dachte ich an die Frauen, die eine Leihmutterschaft eingehen. Das ist ein ähnliches Prinzip. Das ist richtig. Daran musste ich auch denken. Und ich dachte in dem Moment nicht darüber nach, aber später. Und dachte mir, es ist
0:22:45ein ähnliches Prinzip. Und habe mir die Frage gestellt, warum ist es in Deutschland nicht erlaubt? Leihmutterschaft? Aber eine Samenspende ist erlaubt. Vielleicht weil man tatsächlich den... Also das neun Monate im Mutterleib des Kindes...
0:23:00der Mutter bleibt das Kind. Weiß ich nicht, kenn ich mich nicht aus. Aber das wäre ein spannender Gedanke, den ich gerne noch mit ihr ausgeführt hätte. Und ich kann mich daran erinnern, dass ich noch einen Gedanken dazu hatte. Ich glaube, ich hatte Ihnen die auch mal erzählt.
0:23:12Dass das für mich nicht ausreichend war, die Aussage, weil man es auf alles beziehen kann. Genau, weil man es auf jedes Kind beziehen kann. Das war mein Gedanke. Im Sinne von, weil Ihre Aussage war, hat man das Kind gefragt, ob es in diese Situation möchte oder nicht.
0:23:26Ja, ich erinnere mich. Hat man das Kind gefragt, ob es in diese Situation wachsen möchte und hat man das Kind gefragt, ob es so aufwachsen möchte. Aber kein Kind. Als Spenderkind meinst du jetzt. Genau.
0:23:40Aber kein Kind wird das gefragt. Jeder Mensch wächst in diese Situation rein. Jedes Kind wird so geboren. Jeder wird dieser Situation ausgesetzt, die ja nun mal ausgesetzt wird. Es fragt ja auch keiner, ob ich möchte, dass meine Eltern was auch immer sind. Keiner fragt, ob es für mich in Ordnung ist, wenn meine Eltern als Beispiel jetzt kein Geld hätten oder sich nicht um mich kümmern. Das wünscht sich ja kein Kind. Das heißt also, die
0:24:10Argumentation zu sagen, ich wurde nicht gefragt, funktioniert nicht zu 100 Prozent, weil niemand wird irgendwann gefragt, wann er in irgendeiner Situation wächst. Ja, das sehe ich genauso und ich hatte auch überlegt, das in dem Moment anzusprechen, aber irgendwie sind wir dann abgeschweift. Ich weiß es gar nicht mehr. Aber ich sehe das genauso, weil ich wurde ja auch nicht gefragt, ob ich geboren werden will. Ja, genau. Du ja auch nicht. Ich meine, kein Mensch wurde das gefragt.
0:24:36Genau, und keiner wurde gefragt, ob man in dieser Situation gemeinsam, also keine wird gefragt, ist es für dich okay, unter diesen Umständen, Lebensumständen aufzuwachsen? Ja, ja. Also da würde ich, das hätte ich gerne im Nachhinein nochmal mit ihr ein bisschen drüber gesprochen und darüber nochmal diskutieren, aber in dem Moment ist mir das einfach nicht eingefallen und jetzt würde es mich interessieren, was sie dazu sagt.
0:25:00Wir hatten noch einen Gast und ich erinnere mich noch sehr lebhaft an die Rückfahrt. Wir sprechen von Stella. Stella haben wir in Dresden besucht und das war eine Autofahrt auf dem Weg zurück. Da waren wir beide so ein bisschen, weiß ich nicht, wie kann ich das beschreiben? Also ich hatte viele Fragezeichen im Kopf. Aber worüber ich mich im Auto geärgert hatte, das habe ich dir ja auch gesagt. Gerade weil im Vorgespräch, frage ich ja auch immer,
0:25:33gibt es irgendwelche Themen, über die du gar nicht reden möchtest? So, möchtest du nicht über deine Familie reden? Möchtest du vielleicht die Altersspanne von 13 bis 17 Jahren rauslassen, die ja eigentlich quasi für jeden Teenie, glaube ich, hart ist? Und sie war da aber ein sehr, sehr offenes Buch. Und das fand ich dann doch sehr, sehr schade, dass sie da... Ich fand nämlich nicht, dass sie ein offenes Buch war. Ich hatte nämlich das Gefühl, sie hat schon was von ihrem Leben erzählt, aber das waren so die
0:26:03ersten zehn Minuten gefühlt. Das ist richtig und was ich meine mit offenem Buch, ich hätte mir gewünscht, dass sie mehr von ihrem Leben erzählt. Dann hätten wir noch Herr Klein, der Anwalt für Kinder von suchterkranken Eltern ist.
0:26:32Ich kenne dich ja sehr gut und ich weiß ja auch, dass du auch Sachen studiert hast, die viel mit Psychologie zu tun hatten und Soziologie und deswegen glaube ich, hat dir die Folge sehr gefallen. Ich bin mir aber noch nicht ganz sicher. Erzähl mal, wie du die aufgenommen hast.
0:26:31Also der wissenschaftliche Part war natürlich voll meins. Da hab ich auch ziemlich lange nachgebohrt. Ich weiß auch nicht, ob das tatsächlich für viele so spannend war. Und dann irgendwann mal hab ich gemerkt, so, oh, wir verfangen uns hier gerade voll in so einem statistischen Experimentiermodus oder so, und dachte mir, könnte auch sein, dass das für viele gar nicht so spannend ist, was ich hier gerade mache. Ich sollte mal einen Dampfer runternehmen.
0:26:59Aber ich fand die Thematik sehr, sehr spannend, weil ich nie bisher so weit gedacht habe. Also ich fand die Wahl deines Themas super, weil ich mir dachte, stimmt, über die Kinder von Suchtkranken wird nicht nachgedacht. Man denkt in erster Instanz an die Suchtkranken und wie geht es danach weiter und was tun sie. Aber wie geht es,
0:27:21was ist mit ihrem Leben? Da gibt es Menschen, da gibt es Akteure. Wie sieht ihr Leben aus und was, welchen Einfluss hat es auf deren Leben? Ja, und nicht nur die Kinder, sondern eventuell auch die Eltern, über die wir ja auch im Gespräch gesprochen hatten. Genau, und deshalb fand ich die Wahl deines Themas sehr, sehr gut. Fand ich sehr gut gewählt, weil ich nicht so weit gedacht habe oder hätte. Und hat es dich denn gestört, dass
0:27:58wir weniger persönlich mit Herr Klein gesprochen haben? Also in jedem anderen Interview reden wir ja erst mal mit dem Gast, woher der Gast kommt, so über die persönlichen Informationen. Das haben wir ja bei Herr Klein absolut nicht gemacht. Da sind wir ja glaube ich von 0 auf 100 dazu gekommen,
0:28:05dass er Anwalt für Kinder von Suchterkranken ist und auch Psychologe ist. Genau. Also im Prinzip gab es glaube ich so zwei Minuten, wo er kurz von sich erzählt hat und er war Anfang seiner Karriere, müsste so Ende 20 gewesen sein und da hat er darüber so... Genau. Und in dem Moment gar nicht, weil du lernst sehr viel über die Thematik kennen. Und das fand ich in
0:28:33dem Moment sehr spannend und es hat mich interessiert. Aber was mich später nicht gestört hat, weil es hat mich nicht gestört, aber es passt nicht zu unserem Konzept. Also ich habe... Es gibt so wenig Persönliches? Genau, also ich habe das
0:29:01Gefühl gehabt, wir hatten nichts über Herrn Klein kennengelernt, außer die Tatsache, dass er eben durch Fügung zu diesem Thema gekommen ist, weil er eben entsprechend an der Klinik oder in der Klinik dort
0:28:59gearbeitet hat und dort das Thema eben präsent war und dass er ein Kind bekommen hat und deshalb er ein bisschen feinfühliger war für die Thematik. Ansonsten wussten wir über ihn nichts und ich war aufgeklärt über die
0:29:27Situation, aber wir treten am Ende des Tages nicht dafür an, sondern wir treten dafür an, dass wir Persönlichkeit, also die Geschichte des Menschen verbinden mit den persönlichen Empfindungen über einen Sachverhalt. Und das ist bei Herrn Klein uns nicht so gut gelungen, finde ich. Und deshalb, wenn es komplett um Expertise geht, super, ich lerne was, ich nehme was mit. Wenn es aber
0:29:33darum geht, für was wir am Ende des Tages antreten und was unser Ziel dahinter ist, und zwar wirklich Menschen eine Bühne zu geben für das, was sie machen, also für das, was sie erlebt haben, für ihre besonderen Erlebnisse, ihnen eine Möglichkeit und einen Raum zu geben, das zu präsentieren und das zu erzählen, war es nicht 100 Prozent getroffen. Aber natürlich haben wir auch hier einem Menschen die Bühne gegeben für das Thema, wofür er brennt. Ich meine, er ist eigentlich schon in Rente und tut das immer noch. Das heißt, wir haben ihm in dem Fall auch eine Bühne gegeben, aber keine persönliche.
0:30:04Und das hat mir gefehlt in dem Gespräch, was man aber nicht Herrn Klein anregen kann, sondern das war de facto, ich glaube, auch viel dem geschuldet, dass ich sehr auf seine Studie und seine Studienergebnisse gepocht habe und ich einfach interessiert daran war. Ich glaube, dass dadurch, dass wir zu Beginn, als wir den Podcast gegründet haben, haben wir ja ganz viele Ideen gehabt. Wir haben Brainstorming gemacht, unglaublich viele
0:30:38Notizen gemacht, viele Dateien geöffnet, Tabellen ausgefüllt und ich meine, dass wir da auch drin hatten, einen Experte für ein bestimmtes Thema. Und aus dem Grund habe ich mich an Herr Klein gewendet, dass er im Nachhinein nicht zu
0:31:14dem Konzept gepasst hat, was wir daraufhin aufgebaut haben, dafür kann er nichts. Gar nichts, das war Learning by Doing. Richtig, richtig. Deswegen finde ich das auch nicht verkehrt, dass wir ihn quasi als Gast haben. Wir hätten
0:31:12ja auch einfach die Folge nicht veröffentlichen können. Das wäre ja auch eine Möglichkeit gewesen, was wir nicht getan haben. Weil die Thematik, wie gesagt, ist sehr, sehr wichtig. Auf jeden Fall. Und fand ich eine
0:31:35wirklich gute Ansicht, zu sagen, hey, da gibt es Kinder, die sind davon betroffen, da gibt es Eltern, die sind von dieser Thematik betroffen. Und man darf nicht nur den Fokus auf die entsprechende betreffende Person sehen oder nehmen auf die suchterkrankende Person. Dementsprechend finde ich es auch gut und richtig und wichtig, dass wir das gemacht haben und veröffentlicht haben. Wenn es jetzt aber darum gehen würde, wenn du mich fragen würdest, sollen wir noch mal einen Sollen wir nochmal einen Experten oder eine Expertin in die Runde holen?
0:31:41Würde ich sagen, wenn der Fokus auf der Persönlichkeit liegt. Richtig. Darüber hatten wir ja dann auch im Nachgespräch im Auto geredet. Ja. Okay, du hattest vorhin noch den Samuel angedeutet, angesprochen. Samuel.
0:31:57Ein superherzlicher Mensch. Also erstmal muss man sagen, wir sind dort hingefahren und ich dachte mir, ach ist das schön hier. Unglaublich schöne Einrichtung. Das ist richtig. Er hat auch, also nicht nur die Einrichtung, sondern alles drumherum, er hat auch gesagt, ja wir haben unser kleines Häuschen, ich fühle mich wohl.
0:32:14Und ich habe wirklich dieses Haus gesehen und dachte mir, ach ist das schön hier. Das ist ein richtiges, kleines Häuschen. Ja, so ein idyllisches Zuhause. Ich dachte mir, ach ist ja nett hier. Und dann sind wir eben reingekommen und ich kannte nur seinen Namen und sonst nichts. Du hattest ihn auch gesehen?
0:32:31Ja, genau. Er hat sich vorgestellt, ich kannte damit seinen Namen und sonst nichts. Ich habe dann aufgebaut. Es ist in der Regel so, dass du dich zurückziehst, du erklärst den Leuten, was jetzt auf sie zukommt, worauf müssen sie achten, wie wird das Ganze ablaufen. Und ich baue in der Zeit die Technik auf. Und das machen wir einfach nur, damit du absolut keine Ahnung hast, was gleich passiert.
0:32:55Über welches Thema wir sprechen. Genau. Das heißt, ich bin abgelenkt, ich mache mein Zeug und ihr seid eben in einem anderen Raum und macht andere Sachen. Und ich muss sagen, als ich in der Situation war und alles aufgebaut habe, natürlich jedes Mal denke ich, um was kann es jetzt gehen? Also ich versuche dann, bei Herrn Klein war es zum Beispiel so, ich habe versucht kein Buch zu lesen, kein Schild zu lesen, ich habe versucht mich komplett zu isolieren und mein Auge wegzunehmen von allem, was da um mich herum passiert, weil ich mir dachte, er hat ein riesengroßes Bücherregal mit ganz vielen
0:33:23Büchern, und ich dachte, wenn ich mir diese Bücher jetzt durchlese, dann werde ich ja ahnen können, höchstwahrscheinlich, um was es hier, in welche Richtung, wir jetzt gleich darüber sprechen werden. Ja, im Nachhinein, als ich die Bücher dann gelesen habe, dachte ich mir, ja, man sieht Richtung Sucht, aber was für eine Sucht konnte man nicht direkt erahnen. Und bei Samu war es so, dass ich natürlich in der Situation, als ich darüber nachgedacht habe,
0:33:46um was könnte es jetzt gehen? In der Situation befinde ich mich jedes Mal, dass ich mir die Frage stelle, um was wird es jetzt gleich gehen? Und bei ihm war das besonders, weil ich habe nichts zusammengekriegt. Ich hatte nicht so, das könnte jetzt dieses Thema sein. Es war wirklich, ich hab vorbereitet, dachte mir, ich hab keine Ahnung, was es jetzt gleich geht. Es war wirklich total blind in die Situation rein.
0:34:12Aber er war sehr offen und sehr herzlich, wie er es kommuniziert hat. Und ja, er hatte einem das Gefühl gegeben, dass man auch ein bisschen bohren darf, dass man ein bisschen nachfragen darf. Und er hat einem das Gefühl gegeben, dass er sich sicher fühlt, in dem Rahmen, den wir ihm bieten.
0:34:31Ich glaube, in keinem Vorgespräch, oder doch, in wenigen Vorgesprächen war der Gast so aufgeregt wie Samu. Ich fand, das hat man ihm nicht angemerkt. Finde ich auch, finde ich auch. Da kann das sehr gut verstecken.
0:34:46Er hatte auch gesagt, zu Beginn war er sehr aufgeregt, aber das hat sich dann direkt wiedergelegt. Hat er gesagt. Genau. Er hat auch gesagt, ach mit euch, wie hat er es gesagt, so viel wie, ach mit euch, habe ich jetzt aber mich wohlgefühlt. Genau, genau, genau. Darüber hatten wir uns noch richtig gefreut, glaube ich. Ja, ja, genau. Weil wir, es war ja eine, die wir relativ zu Beginn aufgenommen hatten, richtig. Und wir natürlich auch noch eine Lernkurve haben. Gerade wenn es um gewisse schwierige Themen geht, ist natürlich nicht immer ganz einfach. Aber ja, das hat alles
0:35:17sehr gut geklappt und ich fand auch, dass es eine sehr, sehr spannende Geschichte war, die Samu mit uns geteilt hat. Du hast jetzt gerade schon schwierige Themen angesprochen. Ich hatte vorhin das Thema Suizidversuch hinter mir? Ich glaube, das war seine Wortwahl. Ich glaube, meine Reaktion war wow, weil ich hatte das Gefühl, da knallt mir jemand so ein Brett vor das Gesicht und sagt, bam, und jetzt arbeite damit. Und ich dachte mir, oh scheiße. So, das war wirklich, weil ich hatte in der Vergangenheit schon viel
0:36:02nicht mal mit dieser Thematik auseinandergesetzt und habe mir häufiger die Frage gestellt, weil wir kennen es alle, wir sitzen irgendwie im Zug und dann heißt es Personenschaden, was auch immer. Und haben uns die Frage gestellt, wie kommt ein Mensch dazu, dass er das jetzt getan hat? Oder wieso macht er das in so einem öffentlichen Raum, was öffentlich zugänglich ist? Oder man kriegt mit, dass jemand von einem Hut rausspringt und du dir die Frage stellst, wieso auf die Art und Weise. Das ist doch eine sehr brutale Art und Weise. Und hatte für mich schon häufiger festgestellt, also es
0:36:34wäre für mich, für mein Wissen einfach extrem, um meinen Horizont zu erweitern, spannend, um mit einem Menschen mal zu sprechen und zu fragen, wie hast du dich gefühlt und wie kommst du zu diesem oder wie konnte es soweit kommen? Und hatte nie in meinem Kopf, dass das mal wirklich passieren sollte, dass ich genau in dieser Situation ausgesetzt werde. Und deshalb war dieser Moment auch für mich wirklich wie so ein Brett vor dem Gesicht,
0:37:05weil ich mir dachte, scheiße, jetzt muss ich wirklich mich mit einem Menschen unterhalten, dem genau das passiert ist, der genau das getan hat. Und es ist ein sehr, sehr sensibles Thema. Und er hat mir aber eine sehr große Sicherheit gegeben, tatsächlich, dass ich mit ihm offen darüber sprechen kann. Und er hat mir sehr viel Selbstsicherheit gegeben in dem Moment, sodass ich auch sehr stark mit ihm darüber reden konnte. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er unsicher wurde oder dass ihm etwas unangenehm war, sondern er war sehr
0:37:40selbstsicher, wie er es formuliert hat. Ich fand auch sehr reflektiert. Auf jeden Fall sehr, sehr reflektiert. In der kompletten Folge war er sehr, sehr reflektiert und auch sehr ehrlich. Also wo ich mir auch denke, manchmal dachte ich, krass, hätte ich jetzt nicht so gesagt, aber okay. Deswegen, also er hatte mir schon das Gefühl gegeben, ich kann offen mit ihm kommunizieren und ich kann jegliche Fragen ihm stellen. Das heißt, ich konnte dann doch eine gewisse
0:38:05Distanz einnehmen, weil ich hatte Angst davor oder Bedenken davor, dass ich also dass ich diese Distanz im ersten Moment nicht wahren kann. Einfach weil ich das Gefühl hatte, ich habe mich schon häufiger mit dieser Frage beschäftigt und dann kriegst du das vor das Gesicht geklatscht und dann musst du dich damit auseinandersetzen und dann dachte ich, oh, kann ich da so sachlich bleiben, wie ich es bisher geblieben bin. Mit dieser Frage beschäftigt meinten aber, wie du schon beschrieben hast,
0:38:31wie denkt ein Mensch, der Suizidgedanken hat, der lebensmüde ist? Genau, also auf soziologischer Ebene. Okay. Auf soziologischer, psychologischer Ebene im Prinzip, ja. Aber ich glaube, ich kann dir sagen, dass du das sehr gut gemacht hast. Danke.
0:38:49Ja, also ich hatte nicht das Gefühl, auch im Nachhinein, als ich die Folge gesehen habe, dass ich emotional war. Ganz im Gegenteil. Von uns beiden warst du der emotionale Part. Ja. Aber... Kann ich ja, glaube ich, ganz offen zugeben, dass ich, obwohl ich die Geschichte kenne, auch geweint habe im Nachhinein. Also das Nachgespräch bestand darin, dass du mich trösten
0:39:08musstest, glaube ich. Ich habe dich sogar weniger getröstet, sondern da war eine weitere Person anwesend, die dich getröstet hat. Und ich habe mich mit André weiter darüber unterhalten, weil ich das so super spannend fand, auch wenn es jetzt irgendwie böse klingt spannend, aber weil ich es so spannend fand, einem Menschen gegenüber sitzen zu dürfen,
0:39:26die Chance zu haben, mit ihm offen darüber zu sprechen. Und da haben wir uns dann noch ein bisschen ausgetauscht und das fand ich sehr, sehr interessant. Und interessant ist das bessere Wort. Und da habe ich dich gar nicht getröstet, sondern tatsächlich eine weitere Person, so ehrlich müssen wir sein. Aber ich fand auch, dass ich da sogar, also im Nachhinein
0:39:49habe ich auch ein bisschen überlegt, ich habe sehr gefestigt gewirkt. Ja, darüber hatten wir, glaube ich, auch mal geredet. Und ich, das Gefühl hatte ich nicht, also innerlich hatte ich nicht das Gefühl, dass ich so gefestigt war. Aber in dem Moment, als ich das Video gesehen hatte und die Aufnahme gehört hatte, dachte ich mir, es kommt nicht so rüber, wie du dich gerade gefühlt hast. Und ich glaube, es hatte viel damit zu tun, was André mir für eine Sicherheit gegeben hat.
0:40:18Das glaube ich auch. Was würdest du dir denn für unsere nächsten Folgen wünschen? Mich interessiert dann immer der sachliche Faktor dahinter. Ich sehe das, ich versuche immer, wenn ich einem Menschen zum ersten Mal begegne, nicht emotionsbasiert heranzugehen und jemanden zu bewerten, zu beurteilen, sondern ich versuche immer erst den Sachverhalt komplett wahrzunehmen, aufzunehmen und aufgrund dessen eine Sympathie mit dem Menschen
0:40:46aufzubauen, wenn ich längerfristig in einer Beziehung mit der Person bin. Wenn es ein einmaliges Treffen ist, dann versuche ich das auf sachlicher Ebene zu betrachten und mich über diesen Sachverhalt zu unterhalten. Das heißt also, diese Emotionalität kommt bei mir meistens nicht in erster Instanz direkt auf, sondern ich versuche das wirklich auf das Wesentliche zu reduzieren, worum es hier gerade geht. Wofür sind wir gerade hier? Dass ich natürlich auch mal emotional werde, bleibt nicht aus. Bisher ist es mir, glaube ich, ganz gut genungen, das nicht direkt zu zeigen.
0:41:16Aber wenn ich emotional werde, dann werde ich emotional. Dann ist es auch okay, dass ich es werde. Was würde ich mir für Gäste wünschen? Schwierige Frage. Also ich werfe dir ja ständig irgendwie was zu. Hier und da und da war es aufgeschnappt und überall. Und tatsächlich war Schizophrenie ja auch auch mal mit dabei.
0:41:33Richtig, richtig. War auch mal mit auf der Liste. Viel zu spät, da hatte ich den Termin schon. Genau, also ich glaube, ich hätte gerne noch ein Gespräch mit einer Person, die im Gefängnis war und die vielleicht im
0:42:00Gefängnis war, weil sie einem Menschen etwas angetan hat. Das heißt also... Meinst du damit eher ein Gewaltverbrechen oder etwas im Sinne von Finanzen? Genau, also Finanzen oder ähnliches nicht. Du willst blutig.
0:42:04Nein, ich will nicht unbedingt blutig, aber ich würde gerne verstehen, wie man das ausblenden kann. Also den Sachverhalt, dass man einem Menschen schadet. Ich habe das Gefühl, das hat für mich sehr viel mit Empathie, Verständnis und sozialer Intelligenz zu tun. Und ich würde sehr gerne mich mit einem Menschen darüber unterhalten, wie man diese Punkte ausblenden kann. Der Moral oder Punkte der Nahbarkeit und der Verletzlichkeit eines Menschen. Und deshalb glaube ich, diesen Faktor würde ich sehr, sehr gerne mich auf neutralem Boden mit einem Menschen darüber unterhalten.
0:42:43Kann ja auch sein, dass dieser Mensch es bereut. Im besten Fall bereut er es natürlich. Aber das fände ich spannend, mich mit einem Menschen zu unterhalten, der das erlebt hat. Auf der anderen Seite finde ich es natürlich auch spannend, wenn Menschen einfach ehrlich sind. Ehrliche Geschichten von ehrlichen Menschen. Und wenn sie einfach Situationen mit uns teilen, aber nicht nur mit uns, sondern auch mit allen Zuhörenden, um anderen das Gefühl geben zu können, hey, du bist nicht alleine, du hast diese Situation nicht alleine durchgemacht
0:43:15oder du musst sie nicht alleine durchmachen. Ich habe etwas Ähnliches erlebt und ich bin auch daraus gekommen und mir hat das, das und das geholfen. Und wenn wir das schaffen, dann ist es das, wofür wir am Ende des Tages antreten mit dem, was wir hier tun. Und wenn wir das erreichen, dann bin ich mit jedem Gast zufrieden.
0:43:35Dann mache ich mich nachher mal auf die Suche. Danke dir. Ich danke dir. Du wirst selbst bei uns dabei sein? Dann melde dich auf unserer Website oder unserer Social Media.
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